Parlament Österreich

 

 

 

IV-30 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

Beratungen des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

Mittwoch, 23. Oktober 2013

 


Beratungen des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

XXIV. Gesetzgebungsperiode               Mittwoch, 23. Oktober 2013

 

 

 

Tagesordnung

 

 

 

 

12389/13 CO EUR

Europäischer Rat (Tagung am 24./25. Oktober 2013) – Entwurf der erläuterten Tagesordnung

(125985/EU XXIV.GP)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der EU-Hauptausschuss im Vorfeld des Europäischen Rats am 24. und 25. Oktober 2013 stand einmal mehr im Zeichen der Bewältigung der Wirtschafts- und Finanzkrise, die vor fünf Jahren nach der Pleite von Lehman Brothers ihren Ausgang genommen hatte. Vor allem die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt durch die schwächelnde Konjunktur bereiten den Abgeordneten Sorge. Es gehe daher darum, sich Gedanken zu machen, wie man langfristig den sozialen Ausgleich schaffen kann, zumal in vielen Ländern die Budgetmittel dafür fehlen, betonte in diesem Zusammenhang Bundeskanzler Werner Faymann. Die Frage einer Balance zwischen Budgetkonsolidierung, der Ankurbelung der Wirtschaft und der Entwicklung zu einer Sozialunion wurde daher in der Diskussion immer wieder aufgeworfen, jedoch mit unterschiedlichem Zugang.

 

In einem mehrheitlich angenommenen Antrag auf Stellungnahme wird die Bundesregierung aufgefordert, für eine rasche Umsetzung der Bankenunion einzutreten und die Verhandlungen über die Einführung einer Finanztransaktionssteuer zu forcieren. Ein Antrag der Grünen zu dem Thema blieb jedoch in der Minderheit.

 

Thema im Ausschuss war zudem die Flüchtlingspolitik, die die Grünen vor dem Hintergrund der jüngsten dramatischen Ereignisse in Lampedusa zur Sprache brachten. Ihr diesbezüglicher Antrag auf Stellungnahme fand ebenfalls keine ausreichende Unterstützung.

 

 

Bankenunion

 

Eine konkrete Antwort auf die krisenhafte Entwicklung der letzten Jahre stellt die Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion dar, zu der als wesentliches Element die Bankenunion zählt. Eine gemeinsame Aufsicht auf europäischer Ebene wurde bereits beschlossen, für einen einheitlichen Bankenabwicklungsmechanismus liegt ein Vorschlag vor, der zum Ziel hat, zukünftige Bankenpleiten nicht nur vom Staat sondern in erster Linie von den Aktionären, Gläubigern und Anlegern mit Einlagen über 100.000 € tragen zu lassen (sogenanntes Bail-in).

 

In einem Antrag auf Stellungnahme, eingebracht von den Abgeordneten Kai Jan Krainer (S) und Werner Amon (V) drängen die Koalitionsparteien darauf, diese Instrumente so rasch wie möglich wirksam werden zu lassen. Sie fordern die Bundesregierung weiters auf, für eine höhere Eigenkapitalausstattung der Banken und die Trennung zwischen Investment- und Geschäftsbanken einzutreten. Erst wenn der Bankensektor saniert ist, werde man auch die Kreditklemme beheben können, zeigen sie sich überzeugt. Im gleichen Antrag, der letztendlich von SPÖ, ÖVP und BZÖ mehrheitlich angenommen wurde, machen sich die Abgeordneten zum wiederholten Mal für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer, wie sie die Europäische Kommission vorgeschlagen hat, stark. Die daraus lukrierten Mittel sollten dazu verwendet werden, Arbeitslosen und insbesondere jungen Menschen ohne Beschäftigung eine Perspektive zu bieten.

 

Abgeordneter Kai-Jan Krainer erklärte dazu, viele Probleme des Finanzsektors seien nicht von einzelnen Staaten lösbar. Steuerflucht im Unionsraum beispielsweise könne nur durch EU-weit gültige Regeln verhindert werden. Die derzeitigen nationalen Mechanismen zur Bankenaufsicht sollten schrittweise in ein europäisches System übergeführt werden, war seine Empfehlung.

 

Ein Antrag der Grün-Abgeordneten Bruno Rossmann, Werner Kogler und Alev Korun zu dem Thema wurde von den anderen Fraktionen abgelehnt und blieb damit in der Minderheit. Die Grünen sprechen sich dabei ebenfalls für die rasche Vollendung der Bankenunion aus, plädieren aber für eine zeitgleiche Umsetzung aller Säulen. Insbesondere wenden sie sich dagegen, die Bail-in Instrumente nicht erst wie geplant 2018 in Kraft treten zu lassen. Gefordert wird wie im Koalitionsantrag die Forcierung der Verhandlungen über die Finanztransaktionssteuer. Eine strikte Absage kommt seitens der Grünen zum sogenannten "Pakt für Wettbewerbsfähigkeit".

 

Klar gegen die Bankenunion trat Abgeordneter Johannes Hübner von den Freiheitlichen auf. Der Kern der Bankenunion sei ein europäischer Haftungsverbund für Pleitebanken, hielt er fest, man würde dann für marode Banken anderer Länder zahlen müssen, die eigentlich zu liquidieren wären.

 

 

Soziale Dimension der Wirtschafts- und Währungsunion

 

Die Notwendigkeit, die soziale Dimension der Wirtschafts- und Währungsunion zu stärken, wurde gleich zu Beginn von Bundeskanzler Werner Faymann hervorgehoben. Dabei stelle sich auch das Problem, dass der Bewegungsspielraum angesichts knapper Haushalte klein ist, bemerkte er. Einen sozialen Ausgleich werde man auch nur über einen langen Zeitraum herstellen können, da man dafür auch Strukturen brauche. Deshalb sei es sinnvoll und realistisch, etwa mit Pilotprojekten zu starten, wie man es in einigen Ländern mit Programmen zur Etablierung eines dualen Ausbildungssystems im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit versuche. Beim kommenden EU-Gipfel werde man daher darüber nachdenken, wie man derartige wesentliche und tiefgreifende Änderungen langfristig umsetzen kann.

 

Besonders SPÖ und Grüne gingen näher auf das Vorhaben der EU-Kommission ein, die soziale Dimension der Wirtschafts- und Währungsunion auszuweiten. Um die Wirtschaftsentwicklung im Euroraum stabil zu halten, sei es notwendig, auch den Sozial- und Beschäftigungsbereich in der Unionspolitik zu berücksichtigen, so SPÖ-Klubobmann Josef Cap. SPÖ-Abgeordnete Christine Muttonen wiederholte in diesem Zusammenhang ihre Forderungen nach einer aktiven Beschäftigungs- und Sozialpolitik auf europäischer Ebene. Für eine soziale Dimension sei es notwendig, soziale Indikatoren in die makroökonomische Überwachung einzubeziehen, führte sie aus. Der bisherige Fokus auf neoliberale Strukturreformen habe die Situation bislang nur verschlechtert, die ersten Anzeichen einer wirtschaftlichen Erholung seien in den meisten Ländern an den Menschen vorbeigegangen. Der Arbeitsmarkt sei weiter schwach und die soziale Lage prekär. Folgen seien steigende Armut und mangelhafte gesundheitliche Versorgung. Muttonen trat daher mit Nachdruck auch dafür ein, die Sozialpartner auf EU-Ebene stärker miteinzubeziehen.

 

Ähnlich sah dies Abgeordneter Bruno Rossmann (G). Wenn man das bisherige Krisenmanagement der EU nicht in Frage stellt, dann werde man auch nicht zu einer aktiven Beschäftigungs- und Sozialpolitik kommen. "Wir brauchen eine Weiterentwicklung der sozialen Systeme in Europa", sagte er und forderte neue Instrumente wie eine eigene Fiskalkapazität oder eine europäische Arbeitslosenversicherung als zusätzlichen Krisenmechanismus zu den nationalen Sicherungssystemen.

 

Der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit fällt für ihn bisher zu zögerlich aus, die Ursache dafür sieht er in dem Irrglauben der Union, dass durch Strukturmaßnahmen, insbesondere auf dem Arbeitsmarkt, die Wirtschaft automatisch wieder anspringen wird. Seiner Meinung nach ist aber genau das Gegenteil der Fall, weil durch die meisten Arbeitsmarktreformen und Bemühungen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit die Nachfrage geschwächt wird. Die Grünen lehnen aus diesem Grund die geplanten bilateralen Verträge für einen Wettbewerbspakt ab, da diese ihrer Auffassung nach die Konjunktur abwürgen. Sie seien auch demokratiepolitisch bedenklich, weil damit einmal mehr die EU-Verträge umgangen würden.

 

Dieser Zielrichtung widersprach Abgeordneter Johannes Hübner von den Freiheitlichen heftig. Wenn man eine europäische Dimension der Sozialpolitik anstrebe, dann müsse man den BürgerInnen auch ehrlich sagen, dass man dafür Transferzahlungen leisten werden müsse, und das treffe vor allem die Nettozahler wie Österreich, gab er zu bedenken.

 

 

Regionale Partnerschaften

 

Als eine zentrale Herausforderung für nationale Staaten aber auch für die EU sah Abgeordneter Werner Amon (V) den Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit. Ihm zufolge liegt der Ansatz aber bei der Sanierung der wirtschaftlichen Grundstrukturen. Er begrüßte daher die von Vizekanzler Micheal Spindelegger angekündigten Abkommen mit Ländern im Rahmen der östlichen Partnerschaft. Mit Georgien und Moldawien lägen die Verträge fertig da, sie sollen Ende November in Vilnius paraphiert werden, informierte der Vizekanzler. Bei den Verhandlungen mit der Ukraine sei man in der Zielgeraden. Spindelegger bedauerte die negative Haltung Russlands zu dieser Initiative, die es verhindert habe, auch mit Armenien zu einem positiven Abschluss zu kommen. Diese östliche Partnerschaft bringe beiden Seite viele Vorteile, warb Spindelegger für die Abkommen, da in den betreffenden Ländern wirtschaftliche Entwicklungen in die Wege geleitet würden und sich für Exportländer wie Österreich große Chancen ergäben.

 

Wirtschaftliche und damit arbeitsmarktpolitische Chancen sahen Spindelegger und Amon aber auch in den Konzepten der makroregionalen Strategien. So habe man der bisherigen Entwicklung der Donauraumstrategie ein sehr positives Zeugnis ausgestellt, merkte der Vizekanzler an, es gebe nun auch Interesse, die Mittelmeerländer zu bündeln. Für Österreich von großem Interesse werde die Alpenraumstrategie gemeinsam mit Frankreich, Italien, Deutschland, Slowenien und der Schweiz sein. Es ist davon auszugehen, dass dieser Vorschlag bei einem der nächsten Räte zur Beschlussfassung vorliegt, zeigte sich Spindelegger zufrieden, da hier ebenfalls gemeinsame Interessen im Verkehrsbereich, bezüglich Bergbauern und Umwelt umgesetzt werden können.

 

 

EU-Flüchtlingspolitik

 

Angesichts der Flüchtlingskatastrophe bei Lampedusa, bei der mehr als 300 Flüchtlinge auf der Überfahrt über das Mittelmeer den Tod fanden, warf Grün-Mandatarin Alev Korun die Flüchtlingspolitik der Europäischen Union auf. Da sie im aktuellen Entwurf für die Schlussfolgerungen des Europäischen Rats den Bereich Asyl vermisste, plädierte sie in einem Antrag auf Stellungnahme dafür, eine "solidarische und nachhaltige Asylpolitik in der EU zu etablieren". Nach Lampedusa dürfe die EU nicht zur Tagesordnung übergehen. Zudem sei das Dublin-System, mit dem Flüchtlinge in die Erstaufnahmestaaten der EU abgeschoben werden, abzuändern. Es gelte, eine auf Größe und Bruttoinlandsprodukt der EU-Mitgliedsländer abgestimmte Verteilung der Schutzbedürftigen zu erreichen, sodass "Staaten an den EU-Außengrenzen nicht alleine gelassen werden", appellierte Korun.

 

Vizekanzler Spindelegger erinnerte daraufhin, die im Oktober eingesetzte Task Force der Justiz- und InnenministerInnen aller EU-Staaten wolle schon diesen Dezember einen Beschluss über die Kooperation mit Drittländern in der Flüchtlingspolitik fassen. Dadurch sollten Katastrophen wie jene der Bootsflüchtlinge bei Lampedusa zukünftig verhindert werden. Österreich trage außerdem viel zur Entwicklungszusammenarbeit bei, damit Menschen nicht gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen. Bundeskanzler Faymann fügte an, die EU müsse eine "einigermaßen gleiche Verteilung" von Asylwerbenden in den Mitgliedsstaaten erreichen. So nehme etwa Italien im Verhältnis zur Bevölkerungszahl viel weniger Flüchtlinge auf als Österreich. Auch seien Diskussionen über die Bedingungen für Flüchtlinge im südlichen Nachbarland notwendig, befand Faymann.

 

 

 

Forschung und Innovation

 

Zum Punkt Forschung und Innovation in der EU-Politik meinte der Bundeskanzler, Österreich habe im vergangenen Jahr den zweithöchsten Anstieg der Forschungsquote in der Union aufgewiesen. Vor diesem Hintergrund müsse man sich dafür einsetzen, auch Mitgliedsländern mit Budgetproblemen den finanziellen Spielraum für Investitionen in Bildung und Forschung zu geben. Bedingung für mehr Forschungsmittel aus dem EU-Budget sei allerdings, so Faymann, dass die Abmachungen zur Budgetkonsolidierung in den Krisenstaaten eingehalten werden. Er konnte sich in diesem Zusammenhang auch höhere Beiträge zum EU-Forschungsbudget vorstellen, denn schließlich gebe die Forschung wichtige Impulse für eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik der EU.

 

Den Themenbereich Forschung und Innovation hatte zuvor Abgeordnete Katharina Cortolezis-Schlager (V) angesprochen, indem sie den messbaren Nachweis für unterstützenswerte Innovationsleistungen in EU-Mitgliedsländern hinterfragte. Völlig unterschiedlich fassten die Abgeordneten Hans-Jörg Jennewein (F) und Johann Maier (S) die Behandlung der Thematik Innovation in den geplanten Schlussfolgerungen des Europäischen Rats auf. Für Jennewein verdeutlichte sich im entsprechenden Dokumentsteil die Haltung der EU, seien darin doch nur "Stehsätze" enthalten. Auf die tatsächlichen Probleme der BürgerInnen werde dagegen nicht eingegangen. Dem widersprach Maier mit dem Hinweis auf aus seiner Sicht detailliert dargestellte Maßnahmen, beispielsweise gegen die Steuerverschiebung von IT-Firmen, im EU-Dokument.

 

 

Zukunft der EU

 

Kurz wurden im Ausschuss auch grundsätzliche Fragen zur Zukunft der Union angesprochen. So berichtete Bundeskanzler Werner Faymann über die Diskussion, wie verbindlich nationale Parlamente Kommissionsvorschläge diskutieren und ernst nehmen sollen. Dabei sprach sich der Kanzler strikt gegen Überlegungen aus, ein Bonus-Anreizsystem einzuführen. Skeptisch zeigte er sich hinsichtlich der vorliegenden Vorschläge zu einem gemeinsamen Budget der Euroländer. Für Österreich werde das keinen direkten Vorteil bringen, hielt er fest.

 

Abgeordneter Stefan Petzner (B), der das letzte Mal in dem Ausschuss vertreten war, warnte seine KollegInnen vor der großen Diskrepanz zwischen den BürgerInnen einerseits und der europäischen Entwicklung andererseits. In ganz Europa seien die europakritischen Parteien im Vormarsch, betonte er, und wer das nicht erkenne, für den werde es bei den Europawahlen ein böses Erwachen geben. Er appellierte daher, den Ansatz von Angela Merkel ernsthaft zu überlegen, den einzelnen Nationalstaaten wieder mehr Souveränitätsrecht zurückzugeben.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag von SPÖ und ÖVP auf Stellungnahme wurde von beiden Faktionen und dem BZÖ angenommen und erhielt damit die erforderliche Mehrheit:

 

ANTRAG AUF STELLUNGNAHME

gemäß Art. 23e Abs. 3 B-VG

 

 

der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Werner Amon

 

betreffend Tagung des Europäischen Rates (24./25.Oktober 2013) - Entwurf der erläuterten Tagesordnung (125985/EU XXIV. GP)

 

eingebracht in der Sitzung des Hauptausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 23.10.2013

 

 

Die Vertiefung der Wirtschafts-und Währungsunion fünf Jahre nach der Pleite von Lehman Brothers und den damit verbundenen Bankenrettungen in Europa nimmt immer konkretere Formen an. Ein wichtiges Element dabei ist die Bankenunion, deren erster Pfeiler auf europäischer Ebene beschlossen wurde. Auch für einen einheitlichen Bankenabwicklungsmechanismus liegt ein Vorschlag vor. Angesichts der bisher aufgelaufenen budgetären Kosten für die Rettung von Banken ist es wichtig, dass diese Instrumente so rasch wie möglich wirksam werden sollen. Außerdem muss sich die Bundesregierung für eine höhere Eigenkapitalausstattung der Banken und die Trennung zwischen Investment- und Geschäftsbanken eintreten. Erst eine Sanierung des Bankensektors kann die Kreditklemme beenden.

 

Um die Bemühungen zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer ist es ruhig geworden, die österreichische Bundesregierung muss auch weiterhin darauf drängen und dieses auf europäischer Ebene zügig vorantreiben.

 

Um den Arbeitslosen, insbesondere jungen Menschen ohne Beschäftigung, und den in Armut lebenden Menschen in Europa eine Perspektive bieten zu können, braucht es notwendige Mittel.

 

 

Vor diesem Hintergrund stellen die unterfertigten Abgeordneten daher folgenden

 

ANTRAG AUF STELLUNGNAHME

gemäß Art. 23e Abs. 3 B-VG

 

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler, wird aufgefordert, folgende Vorschläge auf europäischer Ebene mit Nachdruck einzubringen und sich für gemeinsame europäische Wege zur raschen Umsetzung derselben einzusetzen:

 

·         Die gemeinsame Bankenaufsicht und ein europäischer Restrukturierungs- und Abwicklungsrahmen muss rasch umgesetzt werden. Beim EU-weit einheitlichen Bankeninsolvenzrecht ist zu gewährleisten, dass zukünftige Bankenpleiten nicht nur vom Staat, sondern in erster Linie von den Aktionären, Gläubigern und Anlegern mit Einlagen über 100.000 Euro getragen werden (Bail-in). Der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Bail-In Instrumente ist im Sinne der Stabilität zu prüfen.

·         Die Verhandlungen über die Finanztransaktionssteuer müssen forciert und rasch im Sinne des Vorschlags der Europäischen Kommission abgeschlossen werden.

 

Das gegenständliche Vorhaben ist auf die Erlassung eines verbindlichen Rechtsaktes gerichtet, der sich auf die Erlassung von Bundes(verfassungs)gesetzen auf dem im Rechtsakt geregelten Gebiet auswirken würde.

Folgende Anträge der Grünen auf Stellungnahme wurden von den anderen Fraktionen abgelehnt und blieben somit in der Minderheit:

 

 

ANTRAG AUF STELLUNGNAHME

gemäß Art. 23e Abs. 3 B-VG

 

 

der Abgeordneten Bruno Rossmann, Werner Kogler und Alev Korun

betreffend Tagung des Europäischen Rates (24./25.Oktober 2013) - Entwurf der erläuterten Tagesordnung (125985/EU XXIV. GP)

 

eingebracht in der Sitzung des Hauptausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 23.10.2013

 

 

 

Fünf Jahre nach der Pleite von Lehman Brothers und den damit verbundenen Bankenrettungen in Europa wurde nun auf europäischer Ebene mit der einheitlichen Bankenaufsicht durch die EZB der erste Pfeiler der europäischen Bankenunion beschlossen. Auch für ein einheitliches Insolvenzrecht für Banken mit einem einheitlichen Abwicklungsmechanismus und -fonds sowie eine gemeinsame Einlagensicherung - die zwei weiteren Pfeiler der Bankenunion - liegen Vorschläge vor. Solange diese Vorschläge jedoch nicht beschlossen sind, stehen nach wie vor die europäischen SteuerzahlerInnen im Fall von Bankenpleiten in der Ziehung. Um das zu beenden, kommt bei der Abwicklung einer Bank den Bail-in Instrumenten eine zentrale Rolle zu. Diese sorgen dafür, dass die Kosten von zukünftigen Bankenpleiten in erster Linie von den Aktionären, Gläubigern und Anlegern mit Einlagen über 100.000 Euro zu tragen sind und der Staat nur mehr in Ausnahmenfällen einspringt. Angesichts der bisher aufgelaufenen budgetären Kosten für die Rettung von Banken ist es skandalös, dass diese Instrumente erst 2018 voll wirksam werden sollen - also zehn Jahre nach der Insolvenz von Lehman Brothers. Die österreichische Bundesregierung muss sich daher mit aller Vehemenz dafür einsetzen, dass die Bail-In Instrumente gleichzeitig mit Verabschiedung eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus und einem von den Banken finanzierten Abwicklungsfonds  in Kraft gesetzt werden und dass dieser Zeitpunkt mit den Beginn der einheitlichen Aufsicht zusammenfällt. Außerdem muss sie die Umsetzung einer harmonisierten Einlagensicherung auf europäischer Ebene forcieren und weiters für eine höhere Eigenkapitalausstattung der Banken und die Trennung zwischen Investment- und Geschäftsbanken eintreten. Erst eine Sanierung des Bankensektors kann die Kreditklemme beenden. Das Zusammenspiel zwischen Austeritätspolitik und Kreditklemme wirkt wie eine Wachstumsbremse in den Staaten der Eurozone und verzögert damit die Reduktion der Arbeitslosigkeit und der Staatsschulden.

 

Um die Bemühungen der österreichischen Bundesregierung zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer ist es ruhig geworden. Die österreichische Bundesregierung muss dieses Thema zur Chefsache erklären und die Verhandlungen auf europäischer Ebene zügig vorantreiben, soll sie unter dem Einfluss mächtiger Finanzlobbys nicht noch weiter verwässert werden.

 

Trotz minimaler Verbesserung der Konjunktur in Europa steigt die Arbeitslosigkeit und die Armut nimmt zu. Von einem nachhaltigen Konjunkturaufschwung kann daher nicht gesprochen werden. Im Vergleich zu den Anstrengungen zur Haushaltskonsolidierung im Rahmen einer europaweiten Austeritätspolitik sind die Vorhaben zur Ankurbelung der Wirtschaft und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit nach wie vor viel zu zögerlich und zu wenig ambitioniert. Das gilt im Besonderen für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. Die Krisenstrategie der Union beruht auf dem Irrglauben, dass durch Strukturmaßnahmen (insbesondere auf dem Arbeitsmarkt)  die Wirtschaft automatisch wieder anspringen wird. Genau das Gegenteil ist der Fall, weil durch die meisten Arbeitsmarktreformen und Bemühungen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit die Nachfrage geschwächt wird. Aus genau diesem Grund lehnen wir die geplanten bilateralen Verträge für einen Wettbewerbspakt ab. Sie würgen die Konjunktur ab und sind demokratiepolitisch bedenklich, weil einmal mehr die EU-Verträge umgangen werden.

 

Um aus der Krise herauszuwachsen, braucht es daher einen Kurswechsel in Europa, der mit Hilfe der ökologischen Wende und einem Investitions- und Steuerpakt zu nachhaltigem Wachstum führt. Im vorliegenden Entwurf der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates reduziert sich die soziale Dimension der Wirtschafts- und Währungsunion auf die Implementierung von sozialen Indikatoren in das europäische Semester sowie auf die Forcierung des sozialen Dialogs. Diese Vorhaben sind zwar grundsätzlich begrüßenswert, was aber fehlt ist entschlossenes Handeln in der Weiterentwicklung der Europäischen Sozialunion mit dem Ziel, alle Systeme der sozialen Sicherheit zu stärken. Dafür braucht es neue Instrumente wie z.B. eine eigene Fiskalkapazität oder eine europäische Arbeitslosenversicherung als zusätzlichen Krisenmechanismus zu den nationalen Sicherungssystemen. Um den Arbeitslosen, insbesondere jungen Menschen ohne Beschäftigung, und den in Armut lebenden Menschen in Europa ein Perspektive bieten zu können, müssen nun endlich auch die notwendigen Mittel eingesetzt werden.

 

 

Vor diesem Hintergrund stellen die unterfertigten Abgeordneten daher folgenden

 

ANTRAG AUF STELLUNGNAHME

gemäß Art. 23e Abs. 3 B-VG

 

 

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler, wird aufgefordert, folgende Vorschläge auf europäischer Ebene mit Nachdruck einzubringen und sich für gemeinsame europäische Wege zur raschen Umsetzung derselben einzusetzen:

 

·         Die Vollendung der Bankenunion mit ihren weiteren Säulen Abwicklungsmechanismus und Einlagensicherung muss rasch und gemeinsam in einem Schritt umgesetzt werden. Beim EU-weit einheitlichen Bankeninsolvenzrecht ist zu gewährleisten, dass zukünftige Bankenpleiten nicht vom Staat, sondern in erster Linie von den Aktionären, Gläubigern und Anlegern mit Einlagen über 100.000 Euro getragen werden (Bail-in).  Diese Bail-in Instrumente  müssen zeitgleich mit der Verabschiedung in Kraft treten und nicht erst - wie geplant - 2018.

·         Weiterhin abzulehnen sind die angedachten individuellen Vereinbarungen vertraglicher Art zwischen den Eurostaaten und den EU-Organen ("Pakt für Wettbewerbsfähigkeit") und damit verbundene Änderungen der EU-Verträge.

·         Die Verhandlungen über die Finanztransaktionssteuer müssen forciert und rasch im Sinne des Vorschlags der Europäischen Kommission abgeschlossen werden, weil sie unter dem Druck der mächtigen Finanzlobbys Gefahr läuft, verwässert bzw. zu Fall gebracht zu werden.

 

 

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist auf die Erlassung eines verbindlichen Rechtsaktes gerichtet, der sich auf die Erlassung von Bundes(verfassungs)gesetzen auf dem im Rechtsakt geregelten Gebiet auswirken würde.

 

 

 

 

 

ANTRAG AUF STELLUNGNAHME

gem. Art 23e Abs. 3 B-VG

 

 

der Abgeordneten Alev Korun, Werner Kogler und Bruno Rossmann

 

betreffend Tagung des Europäischen Rates (24./25.Oktober 2013) - Entwurf der erläuterten Tagesordnung (125985/EU XXIV. GP) - eine nachhaltige und solidarische Flüchtlingspolitik

 

eingebracht in der Sitzung des Hauptausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 23.10.2013

 

 

 

Weltweit sind derzeit 45,2 Millionen Menschen auf der Flucht. Laut UN-Flüchtlingshochkommissar Guterres tritt Vertreibung durch Konflikte zusehends gemeinsam mit Faktoren wie Klimawandel, Bevölkerungswachstum, Verstädterung, Wassermangel und knappen Ressourcen auf.  Das führt zu Instabilität und Konflikten, die wiederum zu Migration und Flucht führen.  In einer Welt, die immer kleiner wird, müsste es einen entschlossenen internationalen Willen geben, um Lösungen zu finden, sagte Guterres Juni 2012.

 

Bisher tragen Entwicklungsländer die Hauptlast der Flüchtlingskrisen: Vier Fünftel der Flüchtlinge befinden sich in Entwicklungsländern. Die Flüchtlingskrisen der Welt spielen sich also nicht in Europa ab. Dennoch besteht die EU- Flüchtlingspolitik immer mehr darin, Grenzen abzuschotten und Flüchtlingen von vorneherein die Einreise zu verweigern anstatt zu helfen. Die tragischen Konsequenzen dieser EU-Politik sah die Öffentlichkeit als vor ein paar Wochen vor Lampedusa wieder einmal ein überfülltes Flüchtlingsboot sank und 300 Menschen dabei ertranken. Kurz darauf kenterte ein weiteres Boot vor der Küste, 35 Menschen starben.  Gleichzeitig nimmt die Grenzschutzagentur FRONTEX  immer noch Rückschiebungen auf hoher See vor und verweigert damit die Möglichkeit, einen Asylantrag zu stellen. Ebenso ist bekannt, dass unterlassene Hilfeleistung bei Flüchtlingen in Seenot zur beschämenden Alltäglichkeit vor den Küsten Europas geworden ist. Auch bei dem gesunkenen Flüchtlingsboot vor Lampedusa dürfte die verzögerte Hilfeleistung vielen Menschen das Leben gekostet haben. Dieses Vorgehen widerspricht den Grundwerten und Grundrechten Europas und untergräbt zudem die Glaubwürdigkeit der EU in Menschenrechtsfragen.

 

Die derzeitige Abschottungspolitik kann keine Lösung sein, auch wenn jedes Land das Recht hat, seine Grenzen zu kontrollieren. Denn ein bedeutender Teil jener Menschen, die über die Grenze kommen, fliehen vor Gewalt und Verfolgung - Abschottung und die Errichtung von Zäunen lindern keinen Fluchtdruck. Im Gegenteil: Diese Politik zwingt Asylsuchende auf noch riskantere Routen und auf bezahlte Schlepper auszuweichen. Somit treibt die besagte EU-Politik Asylsuchende immer weiter in die Hände jener Schlepper, die sie gleichzeitig mit viel Aufwand bekämpft.

 

Der EU-Rat der InnenministerInnen formt wesentlich die Asylstrategie Europas. Spätestens nach den letzten Flüchtlingstragödien müssen die InnenministerInnen endlich eine nachhaltige und solidarische Asylpolitik beschließen. Diese würde eine verstärkte Krisenprävention vor Ort vorsehen (u.a. durch Entwicklungszusammenarbeit), eine legale Einreise für die Stellung von Asylanträgen ermöglichen und damit das Sterben im Mittelmeer und das Fördern der Schlepperei beenden. Auch würde eine solche solidarische Flüchtlingspolitik das Dublin System umgestalten: Eine Aufteilung der Schutzsuchenden auf alle EU-Länder nach jeweiliger Einwohnerzahl und Bruttoinlandsprodukt würde eine faire Verteilung in der EU sicherstellen, anstatt die Staaten an den Außengrenzen allein verantwortlich zu machen. Gleichzeitig würde es keinen Anreiz mehr geben, den Standard der Asylverfahren und Unterbringung in gewissen EU Staaten möglichst niedrig zu halten, um Schutzsuchende zum Weiterwandern zu zwingen. Ein einheitlicheres und höheres Niveau bei Asylverfahren würde dadurch entstehen. Bisher schwankt zB die Spanne der Anerkennungsraten in der EU immer noch zwischen 1,6 Prozent und 44 Prozent.

 

Aufgrund des bereits mehr als zwei Jahre anhaltenden Bürgerkriegs in Syrien flüchten immer mehr SyrerInnen auch in die EU, um dort um Schutz anzusuchen. Die angrenzenden Nachbarländer Syriens beherbergen wesentlich mehr SyrerInnen als die ganze EU und sind mittlerweile am Limit ihrer Aufnahmekapazitäten angelangt. Es ist abzusehen, dass diese Situation noch länger andauernd und die Massenflucht von SyrerInnen in die EU anhalten wird. Will die EU vorausschauend agieren, sollte sie die Aktivierung der Richtlinie 2001/55 EG über Mindestnormen für Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle des Massenzustroms von Vertriebenen in Betracht ziehen. Die/der InnenministerIn sollte dies im Rat der InnenministerInnen zur Diskussion stellen.

 

Über die Jahre hat sich herausgestellt: Eine "Festung Europa", bewacht, patrouilliert und nach außen abgeriegelt durch Frontex samt einer "Asyllotterie" ist extrem kostspielig, ineffizient und keine Lösung für die Ursachen des Problems. Der Bundeskanzler und die Innenministerin sollten sich daher auf europäischer Ebene für ein solidarisches und nachhaltiges Asylsystem in Europa einsetzen, das sein Augenmerk auf Krisenprävention legt, eine legale Einreise und Antragstellung in der EU ermöglicht und eine faire Verteilung der Schutzsuchenden auf ganz Europa vorsieht.

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

Antrag auf Stellungnahme

gemäß Art 23e Abs 3 B-VG

 

 

Der Ausschuss wolle beschließen:

 

 

Die zuständigen Mitglieder der österreichischen Bundesregierung - insbesondere der Bundeskanzler und die Innenministerin - werden aufgefordert auf EU-Ebene folgende Positionen zu vertreten:

 

1.    Eine solidarische und nachhaltige Asylpolitik der EU ist zu etablieren. Diese umfasst Krisenprävention, die Möglichkeit der legalen Einreise und Asylantragstellung für Schutzsuchende sowie eine faire Verteilung der Schutzsuchenden auf die EU-Mitgliedsstaaten (nach Einwohnerzahl und BIP des jeweiligen EU-Staates) durch Abänderung des Dublin Systems.

 

2.    Rückschiebungen ohne eine Chance auf Stellung eines Asylantrags, wie dies immer wieder auf hoher See geschieht, sind unverzüglich einzustellen.

 

3.    Die humanitären Katastrophen vor den Küsten der EU und im Mittelmeer müssen viel entschiedener verhindert werden. Zügige Hilfe für Boote in Seenot ist sicherzustellen.

 

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist auf die Erlassung eines verbindlichen Rechtsaktes gerichtet, der sich auf die Erlassung von Bundes(verfassungs)gesetzen auf dem im Rechtsakt geregelten Gebiet auswirken würde.