29/J XXIV. GP

Eingelangt am 29.10.2008
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

 

betreffend Konsulentenvertrag mit Ex-ÖBB-Vorstand Mag. Martin Huber

 

 

Derzeit trägt die Republik Österreich mit einem 110 Milliardenpaket zur Sicherung des Kapitalmarktes in Österreich bei und damit auch indirekt die Haftung für diverse Spekulationsverluste von österreichischen Banken. Für die Spekulationsverluste des ÖBB-Managements mussten bis jetzt an die 300 Mio Euro Rückstellungen in der ÖBB-Bilanz vorgenommen werden, die ebenfalls die SteuerzahlerInnen trifft. Für die Ablöse des alten ÖBB-Vorstand waren die äußerst riskanten Spekulationsgeschäfte mit der Deutschen Bank maßgeblich.

 

Im Zusammenhang mit dem umstrittenen Konsulentenvertrag von Ex-ÖBB-Vorstand Mag. Martin Huber liegt nun eine Klage beim Handelsgericht gegen die ÖBB und das Präsidium des Aufsichtsrates vor. Als Eigentümervertreter sind Sie ebenfalls involviert, da der Abschluss des Vertrages mit Mag. Huber durch Ihre engsten Vertrauten und Stellvertreter im Vorstandspräsidium erfolgte. In der Beantwortung der Anfrage Nr. 4365/J-NR/2008 (4406AB/XXIII.GP) beantworteten Sie meine Fragen 4 und 5: „Inwiefern erscheint Ihnen die Abfertigungsregelung für die ÖBB-Vorstände angesichts dieser Sachlage (ev. Gesetzesverstöße) noch gerechtfertigt? In welcher Höhe und für welche Tätigkeiten bewegen sich die Zahlungen für Mag. Huber bis Ende Oktober 2009?“ wie folgt:

 

„Die ÖBB-Holding ist eine Aktiengesellschaft. Als Eigentümervertreter ist es meine Aufgabe, in der Hauptversammlung gem. § 87 Aktiengesetz die Kapitalvertreter des Aufsichtsrates zu bestellen.

Der Aufsichtsrat wiederum hat gem. § 75 Aktiengesetz die Vorstandsmitglieder zu bestellen bzw. deren Bestellung zu widerrufen.

 

Entsprechend der Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat der ÖBB Holding AG, obliegt es dem Präsidenten, also dem Vorsitzenden des Aufsichtsrates und seiner Stellvertreter, Regelungen der Beziehungen zwischen der Gesellschaft und den Mitgliedern des Vorstandes, insbesondere Abschluss, Änderung und Auflösung der Dienstverträge mit den Vorstandsmitgliedern zu treffen. Die Aufsichtsratsmitglieder und damit auch das Präsidium sind gem. § 99 Aktiengesetz entsprechend ihrer organschaftlichen Treuepflicht zur Verschwiegenheit verpflichtet.


Da der Abschluss von Vorstandsverträgen nicht in meine Ingerenz fällt, ist mir die Beantwortung Ihrer Frage nicht möglich und außerdem von der rechtlichen Verschwiegenheitspflicht umfasst. Außerdem wurde ich informiert, dass die Auflösungsvorschläge eine Verschwiegenheitsklausel beinhalten und ich daher auch gegen zivilrechtliche Verpflichtungen verstoßen würde. (…. )

 

Ich ersuche Sie daher um Verständnis, dass ich nicht gegen gesetzliche Bestimmungen und vertragliche Verpflichtungen verstoßen kann.“

 

Wiederholt ersuchte ich Sie auch im Verkehrsausschuss und im Plenum des Nationalrats um Information über die Abfertigungsregelungen, was Sie mit obiger Begründung stets abwiesen.

 

Nun liegen der Öffentlichkeit wesentliche Teile der Vertragsinhalte vor und verstärken das empörende Gesamtbild eines völlig ungerechtfertigten „golden handshake“ auf Kosten der SteuerzahlerInnen; sie umfassen:

 

-        Abfertigung in der Höhe von 397.393,13 Euro

-        Prämie in der Höhe von 62.214,44 Euro

-        Einmalerläge in die ÖBB-Pensionskasse in der Höhe von insgesamt 56.096,57 Euro

-        ein monatliches Beratungssalär von 20.400 Euro brutto bis Dezember 2009 (in Summe 408.000 Euro, praktisch ein Jahresgehalt, wobei der reguläre Vertrag im Oktober 2008 ausgelaufen wäre), ohne zu Leistungen verpflichtet zu sein.

-        eine eventuelle Erfolgsprämie in der Höhe von bis zu 357.212,10 Euro für Spekulationsgeschäfte, die per Gefälligkeits-Rechtsgutachten als „ungewollte Geschäfte“ dargestellt wurden, um aktienrechtliche Verstöße es Managements zu verharmlosen. Dazu heißt es im Punkt 6 der Vereinbarung: „Für ein nach Ablauf der Laufzeit der im Jahr 2005 im Rahmen eines Portfolio Credit Default Swap im Volumen von 612,9 Mio Euro gekauften Asset Backed Securities und Collateralized Debt Obligations (CDOs), die eine Laufzeit für 47,4 Mio Euro bis Ende 2013 und für 565,5 Mio Euro bis Ende 2015 aufweisen, positives Ergebnis erhält der Konsulent ein Erfolgshonorar in der Höhe von Euro 357.212,10.“

 

Für den Fall einer früheren „positiven Entwicklung“ oder Auflösung des Vertrags mit der Deutschen Bank werden bis zu drei Viertel der Prämie fällig.

 

Besonders sittenwidrig erscheint, die Regelung der Kündigung, die völlig einseitig zu Lasten der ÖBB getroffen wurde:

 

„Der Konsulentenvertrag kann seitens der Gesellschaft vor dem 1. September 2009, seitens des Konsulenten vor dem 1. Juni 2009 nicht ordentlich gekündigt werden. Wird er seitens des Konsulenten nach /am 1. Juni 2009 gekündigt, so wird das bis 31. Dezember 2009 jedenfalls ausbezahlt. Im Falle einer Kündigung vor dem 1. Juni 2009 besteht dieser Anspruch nicht.“

 

Auf diese Weise sicherte sich Mag. Huber praktisch zwei Jahresgehälter samt ev. Prämie ohne jegliche Gegenleistung. Der Vertrag wurde höchstwahrscheinlich mit Ihrer Kenntnis von den Vorsitzenden des Aufsichtsrates, Mag. Pöchhacker und Dr. Saxinger, unterfertigt und kann angesichts der Fehlleistungen von Mag. Huber


 

-        bei der Bahn-Reform (vgl. Rechnungshofbericht: Verstöße gegen das Aktienrecht),

-        beim Immobilienmanagement (vgl. Rechnungshofbericht) und

-        bei den Spekulationsgeschäften der ÖBB (CDOs, die vom Rechnungshof mittels einer Sonderprüfung durchleuchtet werden)

 

von einer breiten Öffentlichkeit nur als sittenwidrig empfunden werden. Diese Sichtweise bestätigt das Verhalten der ÖBB, die laut Auskunft von Mag. Pöchhacker im Rechnungshofausschuss erst den Konsulentenvertrag in Erwägung ziehen und abschließen könnte oder auch nicht; sowie der Hinweis von Mag. Pöchhacker, der Vertrag sei mangels Inanspruchnahme durch die ÖBB nicht wirksam. Außerdem existiert ein Gesprächsprotokoll, in dem Mag. Pöchhacker Mag. Huber ersucht haben soll, in den Monaten Mai bis September aus Rücksicht auf Sie, Hr. Minister Faymann, keine Honorarnoten zu legen.

 

Statt das Management trotz Verstößen gegen das Aktienrecht und ev. Untreue (laufende Anzeige) bedingungslos zu entlasten, verantworten Sie ein Millionen Schilling schweres Abfertigungspaket für einen Manager, der sich durch die Spekulationsgeschäfte mit Steuergeldern an den desaströsen Praktiken des internationalen Finanzsystems beteiligte und trotz drohender sechstelliger Millionen-Euro-Verluste noch Erfolgsprämie verlangt. Nun ist restlos klar, warum die Verträge unbedingt geheim gehalten werden mussten.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

 

1.      Seit wann ist Ihnen der Text des Abfertigungs-Vertrags von Mag. Huber bekannt?

 

2.      Aus welchem Grund wurde noch ein Sideletter zum Vertrag vereinbart?

 

3.      Wie können Sie

a)      die Abfertigung

b)      die Prämie

c)      die monatlichen Honorare für den Konsulentenvertrag

d)      die Prämienregelung für die Spekulationen gegenüber den SteuerzahlerInnen rechtfertigen (ausführliche Antwort auf a) bis d))?

 

4.      Werden Sie darauf dringen, dass die ÖBB ihren vertraglichen Verpflichtungen gegenüber Mag. Huber nachkommen? Wenn nein, warum nicht?

 

5.      Wie können Sie sich die Tatsache erklären, das Mag. Huber Erfolgsprämien für ein Spekulationsgeschäft verlangen kann, das laut einem Rechtsgutachten als „ungewolltes Geschäft“ eingestuft wurde, damit es zu keinen aktienrechtlichen Konsequenzen kommt und wo er sich stets öffentlich von diesen Geschäften distanzierte?


 

6.      Im Sideletter zum Konsulentenvertrag wird festgehalten, dass trotz Kündigung des Konsulentenvertrags das Erfolgshonorar bei positivem Ergebnis der Spekulationsgeschäfte (ABS und CDOs) fällig wird. Handelt es sich hierbei nicht um eine völlig sittenwidrige Vereinbarung, liegt nicht „Untreue“ vor?

 

7.      Wie ist die Formulierung des Konsulentenvertrags über die Erfolgsprämie des Spekulationsgeschäfts: „bei positivem Ergebnis“ zu verstehen? Heißt dies, wenn es keine Rückstellungen für die Swap-Geschäfte mehr geben muss, heißt dies, dass sie zu maßgeblichen Gewinnen führen müssen, um eine Erfolgsprämie zu rechtfertigen?

 

8.      Wie beurteilen Sie die oben zitierte Kündigungsklausel im Sideletter, die völlig ungleiche Regelungen vorsieht?

 

9.      Welche Konsequenzen wird die Unterzeichung dieses von der Öffentlichkeit als sittenwidrig empfundenen Vertrags für die dafür verantwortlichen Vorsitzenden des Aufsichtsrates, Mag. Pöchhacker und Dr. Saxinger, nach sich ziehen?

 

10.    Werden Sie Schadenersatz fordern? Wenn nicht warum nicht?