32/J XXIV. GP
Eingelangt am 29.10.2008
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ANFRAGE
der Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie
betreffend Ausbau und Attraktivierung des Schienenverkehrs - oder doch das Gegenteil?
Erdölknappheit und Klimaschutz erfordern eine Umorganisation unserer Mobilitätsformen. Unbestritten kommt dem Öffentlichen Verkehr dabei vor allem auch aus sozialen Gründen eine enorme Bedeutung zu: Die weitaus bessere Energieeffizienz im Vergleich zum motorisierten Individualverkehr ist Garant für kalkulierbare Kostenentwicklung und damit sozial leistbare Mobilität für alle.
Der Ausbau des Öffentlichen Verkehrs per Schiene und Bus und der dafür nötigen Infrastruktur stärkt zugleich auch den Arbeitsmarkt und sorgt für langfristige Standortvorteile.
Die Qualität des öffentlichen Verkehrs steht und fällt mit einem bestmöglichen Angebot, dem ein Gesamtkonzept auf Basis einer Analyse des Bestehenden vorausgehen soll.
In der Anfragebeantwortung 4822/AB XXIII.GP äußerten Sie sich in der Beantwortung der Fragen 1, 4 und 5 rein defensiv und gaben keine Hinweise auf die nötige Offensivreform. Zu den Fragen 6 und 7 blieben Sie uns ebenfalls die Antwort über Vorgaben wie in der Schweiz schuldig. Auch die zu Frage 12 aufgemachte Rechnung steht mit der Fragestellung nur in sehr indirektem Zusammenhang, wenn Verkehrsminister Faymann meint: "Ungeachtet dessen möchte ich darauf hinweisen, dass die Mittel für die Bestellung von gemeinwirtschaftlichen Leistungen des Bundes bei den ÖBB und bei den Privatbahnen für das Jahr 2008 um insgesamt rd. 60 Mio. € aufgestockt wurden und im Regierungsprogramm für die Jahre 2009 bzw. 2010 eine weitere Erhöhung um 15 bzw. 25 Mio. € vorgesehen war." Schließlich ist damit nicht gesichert, dass auch nur ein einziger Zug oder Bus zusätzlich fährt. Demgegenüber handelt es sich bei der von den Anfragestellern angesprochenen Bestellerförderung nach ÖPNRV-G um Förderungen für zusätzliche Zugs- und Busangebote. Ob aber zusätzliches öffentliches Geld auch zu zusätzlichem Öffi-Angebot führt oder nicht, macht für Fahrgäste einen gewaltigen Unterschied!
Nun soll es erfreulicherweise mit dem Fahrplanwechsel der ÖBB im Dezember 2008 zu Angebotsverbesserungen kommen, nämlich zur Ausweitung der Zugskilometer und zu Schritten in Richtung bundesweit integrierter Vertaktung. Allerdings mehren sich - beispielsweise seitens des bisher dafür zuständigen, der ÖVP nahestehenden ÖBB-PV-Managers und künftigen ÖBB-Finanzvorstands Josef Halbmayr - Hinweise, dass es spätestens ab Sommer 2009 zu massiven Angebotsreduktionen kommen soll. Dies wurde beispielsweise im Rahmen der Diskussion über die geplante ÖBB-Tariferhöhung bzw. die Konsequenzen der ÖBB im Falle der politischen „Untersagung“ dieser Tariferhöhung ziemlich unverblümt in den Raum gestellt.
Besonders im Nahverkehr der Ost-Region sollen bis zu 2 Mio Zugskilometer eingespart werden. Gerade hier ist jedoch das PendlerInnenaufkommen erheblich und zugleich der Stau auf der Straße gelebter Alltag im Berufsverkehr und sollten daher die offenkundig vorhandenen zusätzlichen Potenziale für die Schiene erschlossen werden. Die Ost-Region profitierte in den letzten Jahren von einer dem Fahrgastaufkommen bereits spürbar dienlichen und somit sowohl sinnvollen als auch rechtskonformen, wenn auch nicht in Verkehrsdiensteverträgen extra finanzierten Ausweitung des Angebots. Dies droht nun ab 2009 wieder zurückgenommen zu werden. Sowohl durch interne Optimierungsmaßnahmen als auch durch Ausweitung der Bestellermittel kann dieser Rückschritt, der geradezu einer Fahrgast-Vertreibungs-Aktion gleichkäme, verhindert werden.
Vor allem angesichts der Milliarden-Investitionen in den Infrastruktur-Ausbau der Schiene sollten nach Fertigstellung mehr Züge unterwegs sein und nicht gleich viele oder weniger. Eine Angebotsausweitung Ende 2008 und eine Angebotsrücknahme Mitte 2009 würde von Fahrgästen und Öffentlichkeit zudem mit Sicherheit als das wahrgenommen, was es ist – eine Hü-Hott-Politik, die die Frage nach der politischen Verantwortung dafür laut werden ließe.
Sollte – was offensichtlich die Motivation eher buchhalterisch als verkehrspolitisch denkender Verantwortlicher ist - ernsthaft beabsichtigt werden, die in Spekulationen verlorenen Millionen (allein für 2007 musste der ÖBB-Personenverkehr diesbezüglich fast 70 Mio Euro in der Bilanz „unterbringen“) über eine Ausdünnung des Zugsangebots hereinzubringen, so wäre am Sachverstand der Verantwortlichen zu zweifeln. Mit noch weniger statt mehr Angebot für die Fahrgäste trotz Milliardeninvestitionen in Infrastruktur-Großprojekte und trotz schon heute evidenter Mängel wie Stehplätze in Spitzenzeiten u.dgl. würde eine Abwärtsspirale auf der Nachfrageseite in Gang gesetzt. Dies ließe erst recht die Einnahmen schmelzen und würde die Finanzproblematik verschärfen, nicht lösen.
Statt einer solchen „Buchhalter-Rückzugspolitik“ muss endlich die unter GD Huber mit Billigung durch AR-Vorsitzenden Pöchhacker und Eigentümervertreter BM Faymann entstandene aufgeblähte Holding-Struktur auf das nötige Maß reduziert werden und beispielsweise die DLG wie gesetzlich vorgesehen zügig stillgelegt werden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
a) Welche Gelder werden konkret im Rahmen dieser „Umschichtung“ herangezogen?
b) Können Sie ausschließen, dass dafür andere für den Öffentlichen Personenverkehr budgetierte Gelder eingesetzt werden?
c) Wenn nein, wie erklären Sie dies - beim ÖBB-Angebot würde ja nichts besser durch dieses Geld, es würde nur nichts teurer?