41/J XXIV. GP

Eingelangt am 03.11.2008
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

 

betreffend Brandschutz beim "Railjet" der ÖBB

 

 

Im Rahmen der Zulassung des „Railjet“, des künftigen Premium-Angebots der ÖBB im Bereich des Rollmaterials, waren bzw. sind auch Sicherheitsnachweise gegenüber der Aufsichtsbehörde erforderlich. Unter anderem war eine Evakuierungsübung durchzuführen, um den Beleg zu erbringen, dass die Garnitur bzw der einzelne „Railjet“-Wagen im Brandfall von allen Insassen in einem sicherheitsrelevanten Zeitraum geräumt werden kann.

 

Damit die Ergebnisse einer solchen Übung zur Beweisführung auch aussagekräftig sind, muss die Übung unter praxisnahen und – gerade bei einer solchen potentiell Leib und Leben gefährdenden Fragestellung – unter Annahme der ungünstigsten im künftigen Normalbetrieb zu erwartenden Bedingungen für einen entsprechenden Zwischenfall erfolgen. Dies wäre beim „Railjet“, der auf der Westbahn eingesetzt werden soll, etwa ein Brandausbruch in einem der 76 Plätze umfassenden Großraumwagen der Economy-Klasse bei Höchstgeschwindigkeit und an einer Stelle, bei der der Zug nach dem bei 200km/h gegebenen langen Anhalteweg in einem der langen Neubautunnel zum Stehen kommt, wobei anzunehmen ist, dass der Wagen bis zum Stillstandszeitpunkt bereits verraucht wäre. Neben der damit gegebenen eingeschränkten Lichtverhältnisse wäre von Vollbesetzung, repräsentativer Zusammensetzung der Fahrgäste (also auch älteren und mobilitätseingeschränkten Fahrgästen) und Gepäckstücken im Mittelgang auszugehen. Für das Verlassen des Wagens müssten die Brandschutztüren - die automatisch geschlossen hätten wie vorgesehen - per Hand geöffnet werden. Zuletzt wäre schließlich ein ansehnlicher Höhenunterschied beim Ausstieg zu überwinden.

 

Das Railjet-Konzept, Großraumwagen mit 76 Sitzplätzen mit nur einem Türenpaar am hinteren Wagenende auszustatten, wurde nicht zuletzt im Hinblick auf die Sicherheit in einem solchen oder ähnlichen Fall bereits in der Konzeptions- und Bauphase wiederholt kritisiert. Es war diesbezüglich auch bereits davon die Rede, dass laut Sicherheitsvorschriften für derartige Waggons mit Ausstieg an nur einem Ende diese maximal 40 Sitzplätze haben dürften.

 

An die hoffentlich gerade im BMVIT noch erinnerlichen Ereignisse in Kaprun ist an dieser Stelle ebenso zu erinnern wie an den Evakuierungstest für den „Talent“ in einem Wiener Schnellbahntunnel, bei dem es bei den – praxisgerecht – nicht vorinformierten Teilnehmern zu Panikszenen und Verletzungen beim Ausstieg kam.

 

Der für die Zulassung geforderte Evakuierungstest für den „Railjet“-Großraumwagen wurde am 11.8.2008 durchgeführt. Offenbar wurde die Problematik seitens des Herstellers und der ÖBB im Vorfeld erkannt, die Konsequenzen daraus waren jedoch höchst eigenartig. Denn die besagte Evakuierungsübung wurde dem Vernehmen nach untertags bei schönstem Wetter am Südbahnhof am Bahnsteig durchgeführt, mit deutlich weniger als 76 TeilnehmerInnen, die noch dazu alle jung und sportlich und zusätzlich noch vorinformiert und ohne Gepäck im Waggon waren.

 

Diese Übung war somit nicht geeignet, Rückschlüsse auf einen Evakuierungs-Ernstfall unter realen Bedingungen zuzulassen. Dennoch sprechen die beteiligten Unternehmen von einem gelungenen, erfolgreichen Test. Es wäre angesichts der Sachlage überraschend, wenn die Aufsichtsbehörde dies ähnlich sieht.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

1.      Können Sie bestätigen, dass der Evakuierungstest für den Railjet-Großraumwagen am 11.8.2008 unter praxisfremden Bedingungen ablief?

 

2.      Beharrt die Zulassungsbehörde auf einen praxisgerechten Test? Wenn nein, warum nicht?

 

3.      Stimmen Sie zu, dass ein solcher Test dann praxisgerecht ist, wenn er auf der Annahme der - von höherer Gewalt abgesehen - ungünstigsten sich aus geplanter Einsatzart und Einsatzstrecke ergebenden Bedingungen beruht? (also zB auf der Annahme eines Brandausbruchs in einem der 76 Plätze umfassenden Großraumwagen der Economy-Klasse bei 200km/h und an einer Stelle, bei der der Zug nach dem gegebenen Anhalteweg in einem der langen Westbahn-Neubautunnel zum Stehen kommt, wobei anzunehmen ist, dass der Wagen bis zum Stillstandszeitpunkt bereits verraucht wäre; neben den damit gegebenen eingeschränkten Lichtverhältnisse wäre von Vollbesetzung, repräsentativer Zusammensetzung der Fahrgäste - also auch älteren und mobilitätseingeschränkten Fahrgästen - und Gepäckstücken im Mittelgang auszugehen; für das Verlassen des Wagens müssten die Brandschutztüren - die automatisch geschlossen hätten wie vorgesehen - per Hand geöffnet werden; zuletzt wäre schließlich ein ansehnlicher Höhenunterschied beim Ausstieg zu überwinden.)

 

4.      Falls Sie andere Bedingungen als die in Frage 3 skizzierten für praxisgerecht halten – welche, und auf welcher konkreten rechtlichen Grundlage?

 

5.      Wurde bzw. wird ein weiterer Evakuierungstest mit praxisgerechten Bedingungen durchgeführt?

 

6.      Wenn ja: mit welchen konkreten Bedingungen und welchem konkreten Ergebnis?

 

7.      Ist die Zulassung der Railjet-Wagen mittlerweile erfolgt, wenn ja wann?

 

8.      Wurde die Zulassung mit Auflagen erteilt, wenn ja mit welchen?