45/J XXIV. GP
Eingelangt am 03.11.2008
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ANFRAGE
des Abgeordneten Pirklhuber, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend
betreffend Höchstmengenregelung für Pestizidrückstände in Lebensmitteln
Im September 2008 traten durch die Verordnung 396/2005/EG europaweit für über 200 Wirkstoffe neue Höchstmengen für Pestizidrückstände in Lebensmitteln in Kraft. Obwohl die Intention der Verordnung ist, dass die Rückstandshöchstgehalte auf dem niedrigsten erreichbaren Niveau festgesetzt werden und besonders gefährdete Gruppen wie Kinder und Ungeborene geschützt werden sollen, kehrte die EU-Kommission diese Prinzipien ins Gegenteil um: Die bis dato existierenden Höchstmengen aus allen Mitgliedsländern wurden gesammelt und in der Regel die höchsten dieser Werte als Maßstab für die harmonisierten EU-Grenzwerte genommen.
Eine von GOBAL 2000 im Mai 2008 präsentierte Studie[1], welche die Auswirkungen der mit 1. September in Kraft tretenden Höchstmengen-Harmonisierung auf die in Österreich geltenden Pestizid-Grenzwerte untersuchte, kommt zum Ergebnis, dass 4% der harmonisierten Grenzwerte herabgesenkt, aber 65% angehoben wurden, und das bis zum 1000-fachen des ursprünglichen Werts.
In einer weiteren, von GLOBAL 2000 und Greepeace Deutschland beauftragten Studie[2] wurde untersucht, ob und in welchem Ausmaß die europaweit geltenden Pestizidhöchstmengen eine Gesundheitsgefährdung für KonsumentInnen darstellen. Mit Unterstützung umfassender Pestizid-Datenbanken führte der Studienautor Lars Neumeister für alle Pestizidgrenzwerte eine Bewertung des chronischen sowie des akuten Gesundheitsrisikos, das mit dem einmaligen Verzehr großer Portionen bzw. mit dem regelmäßigen Verzehr kleiner Portionen pestizidbelasteter Lebensmittel einhergeht. Angewendet wurden hierfür jene Berechnungsmodelle und Daten, die auch Grundlage für die Risikobewertung der Europäischen Lebensmittelagentur (EFSA) waren.
Die Berechnungen ergaben, dass bei rund 570 der von der EU erlassenen Höchstmengen die Akute Referenzdosis (ARfD) für Kinder zum Teil massiv überschritten wird, wenn diese erlaubte Höchstmenge ausgeschöpft wird. Gemessen an den Maßstäben der EU-Kommission müssen diese Höchstmengen als „nicht sicher“ eingestuft werden. Besonders betroffen sind Äpfel, Birnen und Trauben, bei denen eine Belastung in Höhe der erlaubten Dosis in 8-9% der Fälle möglicherweise schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit von Kindern hat.
Die Bewertung der chronischen Toxizität deckte in 94 Fällen Überschreitungen der Akzeptablen täglichen Aufnahme (ADI) auf und zeigte, dass der regelmäßige Verzehr belasteter Lebensmittel die Gesundheit potentiell gefährden kann. Beim Überschreiten der ADI sind chronische Gesundheitsschäden wir Krebs, Fortpflanzungsstörungen oder Hormonstörungen möglich.
Grundsätzlich weisen laut Studie 121 der 443 untersuchten Pestizidwirkstoffe einen oder mehr Höchstwerte auf, die als potentiell gesundheitsschädigend bezeichnet werden müssen. Weiters wurden von den EU-Behörden die sich verstärkenden Wechselwirkungen unter mehreren Pestiziden nicht ausreichend berücksichtigt.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
[1] Wolfgang Reuter: Vergleich der EU-Höchstmengenregelungen (MRLs) mit den Höchstwerten der österreichischen SchäHöV
[2] Lars Neumeister: „Die unsicheren Pestizidhöchstmengen in der EU – Überprüfung der harmonisierten EU-Höchstmengen hinsichtlich ihres potenziellen akuten und chronischen Gesundheitsrisikos“, Report im Auftrag von Greenpeace e.V. und GLOBAL 2000, August 2008