126/J XXIV. GP

Eingelangt am 10.11.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Mag. Stefan

und weiterer Abgeordneter

an den Herrn Bundeskanzler

betreffend verfassungsrechtliche Probleme durch die Briefwahl bei der Nationalratswahl 2008

Die Briefwahl war mit einigen wahlrechtlichen Problemen behaftet. So sollen alleine in der Bezirkshauptmannschaft Linz/Urfahr an die 200 Wahlkarten (Briefwahlkarten) abgegeben worden sein. Bei der Annahme der Briefwahlkarten wurde der Wähler nicht aufgeklärt darüber, dass die Briefwahl nur per Post bei der Behörde einlangen darf. Probleme gab es auch in der Steiermark. Dort waren in einigen zugesandten (Brief-)Wahlkarten keine Stimmzettel enthalten. Weiters wurden Briefwahlkarten, die bei der Post hinterlegt wurden, nicht mehr aufgefunden. Auf der Verständigung der Hinterlegung wurde schließlich von Mitarbeitern der Post vermerkt „nicht auffindbar".

Ein weiteres Problem der Briefwahl, von der FPÖ durch den letzten Verfassungssprecher Dr. Aspöck im Verfassungsausschuss und über die APA darauf verwiesen, sind die Briefwahlkarten, die nach der ersten Hochrechnung und dem Schließen der letzten Wahllokale um 17 Uhr per Post aufgegeben werden. In der Tageszeitung „Die Presse" schreibt Philipp Aichinger, am 9.10.2008, in seinem Artikel " „Schummelwähler" halfen bei den Grünen kräftig nach" folgendes: „10,4 Prozent erreichten die Grünen bei der Wahl insgesamt, 14,5 Prozent bei den Briefwählern, deren Stimme bis Dienstag nach dem Urnengang bei den Behörden ankam. Bei den rund 51.000 Briefwählern, deren Post erst nachher einlangte, erreichte die Öko-Partei aber sogar 26 Prozent, wie eine Auswertung der "Presse" ergab.

Möglicher Grund: Einige der Spätwähler nahmen es mit dem Gesetz vielleicht nicht so genau und machten ihr Kreuzerl erst nach der Hochrechnung - im Wissen darum, dass die Grünen Hilfe brauchten. Der Brief mit der Stimme musste ja erst acht Tage nach dem eigentlichen Wahlschluss bei der Behörde eintreffen.

Die weiteren Spätwählerresultate: Die ÖVP kriegt 26,8 Prozent und war damit schwächer als bei frühen Briefwählern (31 Prozent). Die SPÖ schnitt bei Spätwählern mit 18,85 Prozent sehr schlecht ab. Bei den früh abgegebenen Briefwahlstimmen hatte sie 25,7 Prozent erreicht. Die FPÖ schneidet bei Spätwählern mit rund 11 Prozent noch schlechter ab als bei frühen Briefwählern, das BZÖ mit 8,67 Prozent etwas besser."


 

Derzeit sind es vier gravierende Probleme, die bei der Briefwahlkartenwahl bei der Nationalratswahl 2008 aufgetreten sind:

1.  Briefwahlkarten die direkt bei der zuständigen Wahlbehörde abgegeben und daher nicht gültig eingebracht wurden

2.            Verloren gegangene Briefwahlkarten.

3.            Keine Stimmzettel bei denen von den Wahlbehörden zugesandten Briefwahlkarten

4.            Die „Schummelwähler"

 

Gemäß Art 26 Abs. 1 B-VG sind die Mitglieder des Nationalrates durch das Bundesvolk zu wählen. Voraussetzung, um wählen zu gehen ist, dass der Österreichische Staatsbürger am Wahltag das 16. Lebensjahr vollendet hat. Der Art. 26 Abs. 1 B-VG ist in Verbindung mit dem Art. 1 B-VG zu sehen, welcher besagt, dass Österreich eine demokratische Republik ist und das das Recht vom Volk aus geht, um den Gedanken der demokratischen Staatsorganisation zu verwirklichen können. Die Erzeugung des Rechts kann daher nur durch vom Volk gewählte Repräsentanten, das heißt von Nationalratsabgeordneten, geschehen.
Neben dem geheimen und persönlichen Wahlrecht sind zwei weitere Prinzipen des Wahlrechts massiv verletzt worden.

         Das allgemeine Wahlrecht (26 Abs. 1 und 4 B-VG sowie Art. 8 Staatsvertrag von Wien) bedeutet, dass alle Staatsbürger das Recht zu wählen und gewählt zu werden haben.  Durch verloren gegangene Briefwahlkarten und nicht zugestellte Stimmzetteln sowie durch das Nichtaufklären der zuständigen Behörden, dass der Postweg einzuhalten ist, ist dieses Prinzip verletzt worden.

         Das freie Wahlrecht (Art. 26 Abs. 1, Art. 8 Staatsvertrag von Wien und Art. 3 1. Zusatzprotokoll der Menschenrechtskonvention) besagt grundsätzlich, dass die demokratische Willensbildung voraussetzt, dass der Wahlberechtigte seine politische Überzeugung möglichst unbeeinflusst von äußerem Zwang und unzulässiger Beeinflussung, was bei einer Stimmabgabe nach der ersten Hochrechnung möglich wäre, Ausdruck verleihen kann.  Weiters muss es gewährleistet sein, dass politische Gruppierungen frei und ungehindert um die Zustimmung   der   Bevölkerung   werben   können.   Auch   das   wurde   nicht gewährleistet, da die erste Hochrechnung wohl für so manche Briefwahlwähler ausschlaggebend war, wem sie ihre Stimme geben werden.

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Herrn Bundeskanzler nachstehende

Anfrage:

1.  Wie viele Briefwahlkarten wurden bei der zuständigen Wahlbehörde direkt, ohne Postweg, abgegeben?

2.                 Wie viele (Brief-)Wahlkarten wurden ohne Stimmzettel verschickt?

3.                 Was werden sie unternehmen, dass Wähler bei den nächsten Wahlen, ohne ihr Verschulden, von vornherein von einer Wahl ausgeschlossen werden?

4.                 Welche legistischen Schritte werden sie einleiten?

5.                 Welche legistischen Schritte werden Sie einleiten, um „Schummelwähler" zu vermeiden?

6.                 Welche verfassungsrechtlichen Schritte werden sie einleiten, dass Wahlberechtigte

wieder ihr allgemeines und freies Wahlrecht ausüben können?

> 

7.    Welchen Parteien haben die „Schummelwähler" durch ihr Verhalten geschadet?