131/J XXIV. GP

Eingelangt am 11.11.2008
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie

 

betreffend Entwicklung des Flugverkehrs und Verkauf der AUA

 

 

 

 

Jahrelang hielten die maßgeblichen Personen in der AUA, der ÖIAG und der Regierung an der letztlich ruinösen Strategie des „Stand-alone“ fest. Bereits vor Jahren warnte ein Gutachten des Beratungsbüros Roland Berger vor dieser Unternehmenspolitik und empfahl die rechtzeitige Suche eines strategischen Partners. Sowohl die ÖIAG-Führung als auch die verantwortlichen Minister ignorierten diese Warnung und beharrten noch im Mai 2008 auf einem nationalen Alleingang der AUA. Direktor Ötsch versicherte, dass die AUA saniert sei. In der parlamentarischen Anfragebeantwortung 4397/AB vom 16. Juli 2008 wurde dazu noch folgendes auf die Frage: „Wann wurde eine entsprechende Unternehmensstrategie im Bereich der AAG eingefordert? Wann wurde sie vorgelegt und bewilligt?“ festgestellt:

 

"Im Jahr 2006 präsentierte der Vorstand der Austrian Airlines die strategische Positionierung der Gesellschaft. Auf Basis einer erfolgreichen Kapitalerhöhung im selben Jahr konnte diese Strategie - die Neuausrichtung auf den Wachstumsmärkten CEE mit dem Schwerpunkt auf Sekundärmärkten, gepaart mit einer verstärkten Vereinheitlichung der Flotte - verfolgt werden."

 

Der Flugverkehr ist strukturell, Kerosinpreis- und Konjunktur-bedingt in einer massiven Krise. Die AUA wird das österreichische Budget und damit die österreichischen SteuerzahlerInnen in einer unerwarteten Höhe belasten. Derzeit beträgt die Verschuldung der AUA 1,1 Mrd Euro, der Verlust erreicht 2008 voraussichtlich 125 Mio Euro. Steuergelder in der Höhe einer halben Milliarde sollen zur Erleichterung des völlig verspäteten Verkaufs die Schulden halbieren, damit der viel zu spät eingeleitete Privatisierungsauftrag (42% ÖIAG-Anteil) überhaupt ermöglicht wird.


Nun ist die AUA fast täglich in den Schlagzeilen, nicht zuletzt deshalb, weil das Ausschreibungsverfahren und die Bietersuche fehlerhaft verlaufen sind. Neben der Lufthansa interessierten sich die S7 und die Air France/KLM. Doch bewirkte das Vorgehen der ÖIAG-Verantwortlichen im Bieterverfahren, dass nur die Lufthansa ein Anbot legte. Darin wurde die teilweise Entschuldung der AUA als Bedingung formuliert, obwohl die mit der Ausschreibung beauftragte Investmentbank Merrill Lynch festlegte, dass alle Anbote bedingungsfrei sein müssen. Nun soll gemäß Lufthansa-Anbot die Republik Österreich eine halbe Milliarde Euro an Schulden übernehmen. Laut Pressemeldungen wurde (den) konkurrierenden Anbietern der Einblick in den bestehenden Star-Alliance-Vertrag verwehrt, was zu erheblichen Verfahrensmängel führte, wie das von den ÖIAG-Aufsichtsräten in Auftrag gegebene Gutachten von Dr. Gabriel Lansky und Dr. Heinz Mayer ergab. Diskriminierung von Bietern gilt im Europäischen Wettbewerbsrecht als schwere Rechtsverletzung. Verkäufe unter diesen Umständen werden als verbotene Beihilfe qualifiziert und mit Nachzahlungen und/oder Rückabwicklung geahndet.

 

Derzeit betonen sowohl ÖIAG als auch AUA, dass nur Lufthansa ein Angebot gelegt habe und lehnen es ab, dass weitere Bieter im nun verlängerten Verfahren noch Angebote legen können. Damit wenden sie sich gegen die Interessen des Eigentümers, dem daran gelegen sein muss, durch Wettbewerb im Bieterverfahren einen optimalen Preis zu erzielen.

 

Die Privatisierung der AUA hat nicht nur Folgen für das Unternehmen, sondern auch für das Bundesbudget, den Flughafen Wien samt Zulieferern und den Bau der dritten Piste.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

1.             Seit wann ist dem Ministerium das Gutachten des Beratungsbüros Roland Berger bekannt?

 

2.             Wussten Sie von der Erstellung des genannten Gutachtens ?

 

3.             Wenn ja, welche Konsequenzen zogen Sie wann aus dem Gutachten?

 

4.             Wie oft und wann hat Sie der Vertreter der ÖIAG auf dieses Gutachten und die strukturelle Problematik der AUA hingewiesen? Wenn nicht, wie oft sprachen Sie von sich aus die Zukunft der AUA an?

 

5.             Wenn Ihnen das Gutachten bekannt war, warum hielten Sie das Gutachten geheim und verhinderten dadurch eine rechtzeitige Aufklärung der Öffentlichkeit?

 

6.             Welche Rolle spielten die Interessen des Flughafens Wien bzw. seiner Aktionäre – vor allem seiner Groß-Aktionäre Stadt Wien und Land NÖ - bei Ihren Überlegungen?

 

7.             Ist Ihnen bewusst, dass der Flughafen in Schwechat als Drehkreuz (Hub) zu einer erhöhten Belastung der AnrainerInnen und Wiener Bevölkerung führt? Welche Maßnahmen zur Verringerung der Belastung setzten Sie?

 

8.             Welche Konsequenzen ziehen Sie aus der Tatsache des Rückgangs der Flugverbindungen für den geplanten Ausbau der dritten Piste am Flughafen Wien-Schwechat?

 

9.             Welche Schritte werden Sie setzen, damit das Bieterverfahren den europarechtlichen Bedingungen entspricht?

 

10.        Übernehmen Sie die Verantwortung dafür, dass durch die viel zu späte Lösung der Eigentümerfrage bei der AUA hunderte Millionen von Steuergeldern verschleudert werden? Wenn nicht, wer soll sie dann übernehmen?

 

11.        Werden Sie darauf dringen, dass der ÖIAG- und AUA-Vorstand eventuell zu Unrecht kassierte Erfolgsprämien rückerstattet, wenn nicht, warum nicht?

 

12.        Wie rechtfertigen Sie die Tatsache, dass gerade die AUA- und ÖIAG-Vorstände laut Rechnungshof-Bericht 07 im Jahr 2006 mit Spitzenbezügen bedacht wurden: AUA: 3 Vorstände, durchschnittlich 681.800 Euro, ÖIAG: 2 Vorstände, durchschnittlich 673.800 Euro (mit plus 200.000 Euro deutlich mehr als die ÖBB-Vorstände)?

 

13.        Wie können Sie verantworten, dass gerade die bestverdienenden Vorstände die schnellste und höchste Verschuldung zu Lasten der SteuerzahlerInnen „erwirtschafteten“?

 

14.        Sind Manager von ÖIAG und AUA tragbar, die aktiv darauf hinwirken, dass Interessenten in einem Bieterverfahren kein Anbot mehr abgeben können?

 

15.        Wie beurteilen Sie die Tatsache, dass sich die ÖIAG in den Verkaufsunterlagen das Recht einräumt, Bieter aus dem Verkaufsprozess auszuschließen, ohne Begründung den Verkaufsprozess abzuändern, von ihren eigenen Privatisierungsbedingungen abzuweichen, und den Informationszugang der Bieter unterschiedlich zu gestalten?