188/J XXIV. GP

Eingelangt am 19.11.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Gernot Darmann, Ursula Haubner

Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend

betreffend Bewegung und Sport als Kosten reduzierende Faktoren

Der bewegte Mensch ist ein gesunder Mensch und gesunde Menschen entlasten das Krank-heitssystem. Diese an sich lapidare Erkenntnis wird in konkretem Bezug auf die medizinisch-ökonomische Wirksamkeit von vermehrter Bewegung und Sportausübung von immer zahl-reicher werdenden einschlägigen Studien[1] bestätigt. Bewegung und Sport erhalten im Rah-men der derzeit geführten politischen Diskussion um die Finanzierbarkeit des Gesundheits-systems jedoch nicht jene Aufmerksamkeit in Hinblick auf die in ihnen schlummernden Kos-ten sparenden Potentiale, die ihnen eigentlich zukommen sollte. Tatsächlich wurden diese Potentiale bereits in Bezug auf die österreichische Situation konkret errechnet. So berechne-te das Institut für Höhere Studien[2] unter der Annahme, dass alle Erwerbstätigen durch be-triebliche Gesundheitsförderungsprogramme erreicht werden und alle erwerbstätigen Perso-nen denen auf sie individuell zugeschnittenen Empfehlungen Folge leisten, volkswirtschaftli-che Einsparungseffekte in der Höhe von bis zu 3,64 Milliarden (= 1,7% des BIP). Die posi-tiven Auswirkungen dieser Effekte, die als theoretische Annahme beschrieben werden, er-fahren durch interdisziplinäre Untersuchungen der volkswirtschaftlichen Kosten-Nutzen Rechnung des bestehenden Breiten- und Freizeitsportverhaltens einen denkbaren Realisie-rungsaspekt. Der bereits jetzt vorhandene Level an Sportausübung in Österreich bringt auch nach Abzug der sozioökonomischen Kosten - verursacht durch Sportunfälle - einen positiven volkswirtschaftlichen Saldo in der Höhe von 263,7 Mio. pro Jahr.

Bei der Nutzung des Präventionspotentials von Bewegung und Sport für den Gesundheitsbe-reich stehen wir allerdings erst am Anfang. Der Bereich Früherkennung, Gesundheitsförde-rung, Gesundheitsfestigung und Krankheitsverhütung macht bei den Ausgaben der Kranken-versicherungen nur einen sehr geringen Anteil aus, womit das Einsparungspotential aus die-sem Bereich als enorm zu bezeichnen ist. Der Anteil der Prävention nimmt im Vergleich


betreffend die einzelnen Ausgaben der Krankenversicherung mit den Bereichen Früherken-nung und Gesundheitsförderung sowie Gesundheitsfestigung und Krankheitsverhütung le-diglich 1,2% in Anspruch, das sind rund 145 Millionen. Stellt man dies den o. a. Einspa-rungspotentialen gegenüber, lässt sich leicht eine signifikante Manövriermasse" für eine quantifizierbare Argumentation zugunsten einer verstärkten Prävention mittels Bewegung und Sport herauslesen. Zudem wird die Individualverantwortung der Versicherten über eine Verschiebung der Finanzierungslasten zu deren Ungunsten verstärkt in Anspruch genom-men. Hinweise bzw. ein Angebot von Bewegung und Sport als Präventivmaßnahme auch zur Kostenreduktion für den privaten Haushalt erfolgen jedoch nicht in jenem adäquaten Aus-maß, das notwendig wäre, um Kostenreduktionspotentiale in relevanter Weise anzuspre-chen. D.h. ein gesunder Lebensstil findet in der Tarifgestaltung der Krankenkassen keinen Niederschlag.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend folgende

Anfrage:

1.              Sind Ihnen die eingangs erwähnten Studien von Prof. Dr. Othmar Weiß bzw. von Dr. Christian Helmenstein bekannt?

2.      Wurden von Ihnen oder von Seiten Ihres Ressorts deren Ergebnisse bzw. gleichwer-tige Erkenntnisse anderer Studien bei der Gestaltung gesundheitspolitischer Vorga- ben berücksichtigt?


a.    Wenn ja,

i.   in welchem Ausmaß erfolgte die Berücksichtigung?

ii.   welche Experten wurden beigezogen?

iii.   welche Ergebnisse wurden angestrebt?

iv.   welche Ergebnisse wurden tatsächlich erreicht?

b.    Wenn nein, warum nicht?

3.              Wie hoch schätzen Sie die Kosten sparenden Potentiale von Bewegung und Sport für den Gesundheitsbereich ein?

4.              Gibt es von Ihnen oder von Seiten Ihres Ressorts Überlegungen, diese Potentiale zu nutzen?


a.    Wenn ja,

i.   welcher Art sind diese Überlegungen?

ii.   werden dazu externe Experten aus anderen Fachbereichen wie etwa der Krankenkassen und Sozialversicherungen herangezogen?

iii.   bestehen in diesem Zusammenhang Kooperationen mit anderen Res-sorts?

iv.   werden Erkenntnisse aus der privatwirtschaftlichen Praxis miteinbezo-gen?

b.    Wenn nein, warum nicht?

5.    Können Sie sich die Aufnahme von präventiven Bewegungs- und Sportangeboten in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen vorstellen?

a.    Wenn ja, wie kann eine solche in der Praxis aussehen?

b.    Wenn nein, warum nicht?

6.    Hat es in dieser Frage Kontakte zu den Kassen bzw. Sozialversicherungsträgern ge-geben?

a.    Wenn ja,

i.   wann erfolgten diese?

ii.   auf welcher Ebene wurden die Gespräche geführt?

iii.   welche Ergebnisse erbrachten die Gespräche?

b.    Wenn nein, warum nicht?


 

7.    Halten Sie eine ressortübergreifende Zusammenarbeit hinsichtlich der Förderung von Bewegung und Sport zur Reduktion der Krankheitskosten für sinnvoll?

a.   Wenn ja,

i.   mit welchen Ressorts können Sie sich eine solche Zusammenarbeit vorstellen?

ii.   wie kann eine solche Zusammenarbeit aussehen?

iii.   wären Sie bereit, dafür von Seiten Ihres Ressorts finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen?

8.    Ist Ihnen die Bewegungsinitiative des Bundeskanzlers und der BSO Fit für Öster-reich" bekannt?


9.   Gab bzw. gibt es Kooperationen von Seiten Ihres Ressorts mit dieser Initiative?

a.   Wenn ja, welche Ergebnisse erbrachte diese Kooperation bzw. wird diese wei-tergeführt?

b.   Wenn nein, warum nicht?

10.      Welche Möglichkeiten sehen Sie für den Fonds Gesundes Österreich", um diesen mehr als bisher für die Prävention durch Bewegung und Sport auszurichten?

11.      Halten Sie die derzeitigen Initiativen Ihres Ressorts zur Nutzung der Kosten sparen- den Effekte von Bewegung und Sport für ausreichend?

a.   Wenn ja, wie begründen Sie diese Beurteilung?

b.   Wenn nein, welche weiteren Möglichkeiten sehen Sie, um die Kosten sparen-den Potentiale von Bewegung und Sport für das österreichische Gesund-heitswesen zu nutzen?

12.  Können Sie sich unter Berücksichtigung bereits bestehender Selbstbehalte, Zuzah-lungen und Kostenbeteiligungen ein Bonussystem" in der Krankenversicherung, d.h. tarifbezogene Vorteile für einen gesunden Lebensstil", vorstellen?

a.   Wenn ja, wie müsste eine solche Gesundheitsversicherung" aussehen?

b.   Wenn nein, warum nicht?



[1] Weiß, Otmar et al: Sport und Gesundheit. Die Auswirkungen des Sports auf die Gesundheit - eine sozio-ökonomische Analy-se (Institut für Sportwissenschaften; Wien 2000);

 

[2] Helmenstein, Christian et al: Ökonomischer Nutzen betrieblicher Gesundheitsförderung (Institut für Höhere Studien, Wien

2004)