189/J XXIV. GP

Eingelangt am 19.11.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Gernot Darmann, Ursula Haubner
Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur
betreffend Bewegungserziehung an Schulen

Renommierte internationale Experten machen seit Jahren auf die fatale gesundheitliche Entwicklung österreichischer Jugendlicher aufmerksam. Laut einschlägiger Studien erkran-ken immer mehr Kinder an Typ 2-Diabetes (ehemals "Altersdiabetes"). Vor allem Überge-wicht macht diese Variante der Zuckerkrankheit immer mehr zur Lifestyle-Erkrankung“ jün-gerer Menschen. Adipositas bei Kindern ist keine Seltenheit mehr, Hauptgrund ist neben falscher Ernährung der eklatante Bewegungsmangel. Neuere Studien bringen erschrecken- de Fakten zu Tage: rund 40% der 11- bis 17-Jährigen können beim Rumpfbeugen den Bo-den mit den Fingerspitzen nicht mehr berühren. Beinahe die Hälfte der 6- bis 10-Jährigen hält auf einem Balken nicht das Gleichgewicht. 40% brechen den Fahrradausdauertest ab, bevor der Puls den gewünschten Wert von 190 erreicht. Die Freizeit der Kinder und Jugend-lichen wird von bewegungsarmer Gestaltung dominiert. Computer- und Konsolenspiele so-wie Fernsehen sind die Spitzenreiter in der Beliebtheitsskala. In den Schulen wurden die Bewegungseinheiten reduziert, der Rechnungshof[1] zeigt auf, dass - ungeachtet steigender Schülerzahlen - die stärksten Stundenkürzungen in Kärnten, in der Steiermark und in Wien festzustellen waren. Von den Kürzungen waren die berufsbildenden mittleren und höheren Schulen stärker betroffen als die allgemein bildenden höheren Schulen.“ Der Rechnungshof identifiziert das BMUKK und die Schulen als Hauptverantwortliche für diesen Negativtrend: Das BMUKK und die Schulen - im Rahmen ihrer Schulautonomie - trugen die Verantwor-tung für Stundenkürzungen in Bewegung und Sport. Diese Kürzungen standen im Wider-spruch zu den Empfehlungen der Europäischen Kommission und den vorliegenden Erkennt-nissen über den Gesundheits- und Fitnesszustand von Schülern.“


Die Erkenntnisse des Rechungshofes sind zum Teil niederschmetternd und zeigen eklatan-ten Mangel an Vorausschau, das Fehlen systemischer Voraussetzungen für qualitativ hoch-wertigen Sport- und Bewegungsunterricht sowie ungenügendes Verständnis für die Bedeu-tung von Bewegung- und Sport gegenüber dem gesamtstaatlichen Wohl bei den Verantwort-lichen:


Es bestanden keine Bildungsstandards für Bewegung und Sport. Die in den Lehrplänen ent-haltenen Ziele waren abstrakt formuliert und daher im Sinne einer Qualitätssicherung kaum überprüf- bzw. evaluierbar.“

Das Fehlen einheitlicher, systematisch erhobener und strukturierter Daten machte den Schulbehörden des Bundes eine effiziente Steuerung unmöglich.“

Mangels geeigneter Unterlagen konnte die Schulaufsicht die Unterrichtsqualität und die Ein-haltung der Lehrpläne nicht beurteilen. Lehrerinspektionen und Unterrichtsbeobachtungen fanden nur selten statt. Drei Fachinspektoren - in Niederösterreich, Oberösterreich und in der Steiermark - hatten bundesweit rund die Hälfte der Bewegungserzieher an den Bundesschu-len zu betreuen. Für die andere Hälfte standen hingegen acht Personen zur Verfügung.“

Die Entwicklung der Curricula für die Ausbildung zum Bewegungserzieher an den Pädago-gischen Hochschulen erfolgte unter großem Zeitdruck und ohne Einbeziehung von erweiter-ten Expertenkreisen.“

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an die Bundesministerin für Unterricht Kunst und Kultur folgende

Anfrage:

1.              Wie schätzen Sie die Bedeutung von Bewegung und Sport für die gesellschaftliche Entwicklung ein?

2.              Halten Sie das derzeitige Ausmaß von Sport- und Bewegungsunterricht an Öster-reichs Schulen für ausreichend?

a.    Wenn ja, was veranlasst Sie zu dieser Beurteilung?

b.    Wenn nein, welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um diesem Umstand wirkungsvoll zu begegnen?

3.    Wie beurteilen Sie die eingangs erwähnte gesundheitliche Entwicklung der österrei-chischen Jugend?

a.    in persönlichkeitsbildender Hinsicht,

b.    hinsichtlich sozialintegrativer Auswirkungen,

c.    unter Berücksichtigung möglicher volkswirtschaftlicher Auswirkungen.


4.              Wie hoch schätzen Sie den derzeitigen Anteil des schulischen Sport- und Bewe-gungsunterrichts für die Entwicklung eines gesunden Lebensstils im Erwachsenenal-ter ein?

5.              Halten Sie diesen Anteil für ausreichend?


a.    Wenn ja, was veranlasst Sie zu dieser Bewertung?

b.    Wenn nein, was werden Sie unternehmen, um diesen Anteil zu erhöhen?

6.    Der Rechnungshof empfiehlt die autonome Stundenkürzung zu überdenken“. Wer-den Sie dies tun?

a.    Wenn ja, welche Vorstellungen haben Sie dazu?

b.    Wenn nein, warum nicht?

7.               Welche Maßnahmen werden sie ergreifen, um Schulaufsicht und Schulleiter anzuhal-ten, möglichst wenig Bewegungs- und Sportstunden entfallen zu lassen?

8.               Halten Sie eine ressortübergreifende Zusammenarbeit hinsichtlich der Förderung von Bewegung und Sport an Österreichs Schulen für sinnvoll?

a.  Wenn ja,

i.   mit welchen Ressorts können Sie sich eine solche Zusammenarbeit vorstellen?

ii.   wie kann eine solche Zusammenarbeit aussehen?

iii.   wären Sie bereit, dafür von Seiten Ihres Ressorts finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen?

9.               Ist Ihnen die Bewegungsinitiative des Bundeskanzlers und der BSO Fit für Öster-reich“ bekannt?

10.        Gab bzw. gibt es Kooperationen von Seiten Ihres Ressorts mit dieser Initiative?

a.    Wenn ja, welche Ergebnisse erbrachte diese Kooperation bzw. wird diese wei-tergeführt?

b.    Wenn nein, warum nicht?

11.      Welche ressortübergreifenden Initiativen hinsichtlich der Förderung von Bewegung und Sport an Österreichs Schulen bestehen bereits bzw. sind geplant?

12.      Welche Ziele verfolgen diese Initiativen?

13.  Ist für diese Initiativen eine eigene Budgetierung vorgesehen?


a.    Wenn ja, halten Sie die Höhe dieser Budgetierung ausreichend, um die Ziele dieser Initiativen zu realisieren?

b.    Wenn nein, was werden Sie tun, um die Mittel zu erhöhen?

14.  Welche Ergebnisse wurden bis dato erbracht?


15. Haben die Ergebnisse Eingang in die Adaption der Lehrpläne zu Bewegung und Sport gefunden?

a.    Wenn ja, welcher Art waren die Umsetzungsmaßnahmen?

b.    Wenn nein, warum nicht?

16. Haben Sie bereits damit begonnen, gemäß den Empfehlungen des Rechnungshofes bei Überarbeitungen der Curricula für die Ausbildung zum Bewegungserzieher er-weiterte Expertenkreise systematisch einzubeziehen“?

a.    Wenn ja, welche Experten wurden bis dato miteinbezogen, aus welchen Fachbereichen kommen diese und welche wollen Sie noch mit der Überarbei-tung der Curricula befassen?

b.    Wenn nein, warum nicht?

17.     Haben Sie bereits damit begonnen, gemäß den Empfehlungen des Rechnungshofes für den Unterrichtsgegenstand Bewegung und Sport überprüfbare Bildungsstandards zu definieren und regelmäßig zu evaluieren“?

18.     Wenn ja, wie sehen diese Bildungsstandards aus, wie erfolgt die Evaluierung und welche Experten nehmen die Evaluierung vor?

19.     Wenn nein, warum nicht?



[1] Rechnungshof Bericht Bund 2008/09 Bewegungserziehung an Schulen"