296/J XXIV. GP
Eingelangt am
27.11.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
des Abgeordneten Zanger, Neubauer und weiterer Abgeordneter
an den Bundesminister für Finanzen betreffend Pensionskassengesetz
Die Basis der Altersvorsorge in Österreich ist unbestritten das bewährte Umlageverfahren, welches ursprünglich zu einem Drittel vom Staat mitfinanziert wurde. Da sich aber immer mehr die Grenzen der Belastbarkeit des Staates abzeichneten, wurde bereits 1990 mit dem Pensionskassensystem eine „Zweite Säule" der Altersvorsorge installiert, welche sich ausschließlich selbst finanzieren sollte und das auf dem „Generationenvertrag" basierende Umlageverfahren ergänzen sollte. Die von den Pensionskassen zu erwirtschaftenden Erträge sollten nicht nur eine stabile Zusatzpension garantieren, sondern darüber hinaus auch die Kaufkraft der Pensionen durch alljährliche Pensionserhöhungen sichern.
Die neue Altersvorsorge über Pensionskassen wurde nach zögerlichem Beginn mit großen Kapitalübertragungen zu Ende der 1990er-Jahre und Anfang 2000 stark ausgebaut. Die Ergebnisse seither zeigen nun jedoch, dass die „Zweite Säule" ihre wichtigste Funktion, nämlich eine leistungsfähige und verlässliche Ergänzung zur staatlichen Pensionsversicherung zu werden, nicht erfüllen kann.
Von einer Inflationsabgeltung kann keine Rede mehr sein, vielmehr sind die Pensionskassenpensionen eines großen Teils der Berechtigten in den letzten Jahren beträchtlich gekürzt worden. Es gibt eine wachsende Zahl von Pensionsbeziehern, deren Zusatzpension inflationsbereinigt bereits 30 % unterhalb der Zielgröße liegt, wobei die effektive Kürzung der Pensionskassenpension seit dem Jahr 2000 in der Größenordnung von rund 20% liegt.
Diese Entwicklung wird sich unaufhaltsam fortsetzen, da die den Berechnungen zugrunde liegenden Ertragsannahmen, wie sich jetzt zeigt, unrealistisch waren und sind.
Zusätzlich ist eine Reihe von bedenklichen Schwachpunkten des Pensionskassengesetzes sichtbar geworden. Die Börsenkrisen der letzten Monate haben alle Kritiker des bestehenden Pensionskassensystems in ihrer Meinung bestärkt, dass Handlungsbedarf dringend geboten ist. Zehntausende Bezieher von Pensionen aus Pensionskassen stehen vor abermaligen Pensionskürzungen, gut eine halbe Million noch berufstätiger Anwartschaftsberechtigter wird künftig mit deutlich gekürzten Pensionen in den Ruhestand treten müssen.
Diese Entwicklung war zur Zeit der Koalitionsverhandlungen den Regierungsparteien bereits bewusst, weshalb sie in das Regierungsprogramm (Seite165) folgenden unmissverständlichen Absatz aufgenommen haben: „Zur Hebung der Glaubwürdigkeit und des Vertrauens in den österreichischen Kapitalmarkt soll im Bereich der Pensionskassen eine Verbesserung des Gesamtnutzens für die Pensionskassenpensionisten und -anwartschaftsberechtigten, auch im Hinblick auf die Konsequenzen der schlechten Veranlagungsergebnisse in der Vergangenheit, erreicht werden."
Im Pensionskassensystem sind für die Berechtigten keinerlei Absicherung und keinerlei Kontrollrechte vorgesehen. Die Pensionskassen wirtschaften mit nur einem Prozent Eigenkapital, das ihnen anvertraute Pensionsdeckungskapital ist also ungesichert, das unternehmerische Wagnis ist minimal. Kein anderes Finanzdienstleistungsunternehmen kann derart freihändig mit Treuhandkapital umgehen. Es gibt keine Haftung oder ansatzweise Garantie gegen leichtfertiges Vorgehen oder Inkompetenz des Managements. Falls das Deckungskapital der Berechtigten verzockt wird, bleiben einzig die Pensionskassenberechtigten auf der Strecke.
Pensionskassen haben das Deckungskapital gegen Zusage von hohen jährlichen Veranlagungserträgen zugeteilt erhalten. Die Finanzmarktaufsicht bzw. ihre Vorgängerinstitution im Finanzministerium haben die überhöhten Ertragsannahmen (Parameter) genehmigt, die bis heute bereits zu Zielverfehlungen von bis zu mehr als 30 % geführt haben. Ohne Gegensteuern wird die Mehrheit der Pensionskassenberechtigten in weiterer Zukunft mit einer bis auf die Hälfte der ursprünglichen Pension schrumpfenden Pensionskassenpension leben müssen.
Der einzelne Pensionskassenberechtigte ist auf Lebenszeit an die ihm zugeteilte Pensionskasse gebunden. Es gibt kaum Wahlmöglichkeiten und Mobilität zwischen den einzelnen Kassen. Dazu kommt noch, dass die Kostenstrukturen und die Ergebnisse der Pensionskassen nicht hinreichend transparent sind.
Die Pensionskassenpension setzt sich aus Kapitalübertragung in die Pensionskasse (mehrheitlich - steuerfrei - durch den Arbeitgeber als sogenannter vorenthaltener Lohn oder „deferred payment", aber auch durch Arbeitnehmerbeiträge) und die darauf erwirtschafteten Kapitalerträge zusammen. Die ausgezahlte Pension unterliegt dann voll dem jeweiligen Höchststeuersatz (Lohn- bzw. Einkommensteuer) des Pensionisten, obwohl sie sich zum überwiegenden Teil aus Kapitalerträgen herleitet, die nur der 25 %-KESt unterliegen bzw. als Kursgewinne überhaupt steuerfrei sind.
In diesem Zusammenhang stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgende
Anfrage:
1.
Wie weit sind die im Regierungsprogramm festgeschriebenen Vorhaben zur
Korrektur
des
Pensionskassengesetzes gediehen?
2.
Ist diese bedenkliche Situation, wie im Absatz sieben beschrieben, der
Regierung
bewusst?
3. Welche Maßnahmen planen Sie zur Behebung dieses Haftungsdefizits?
4.
Welche Maßnahmen
sind in Aussicht genommen,
um den hunderttausenden
Betroffenen,
trotz dieser unrealistischen Parameter, die von der FMA bis zum Jahre 2004
genehmigt
wurden, die ihnen zugesagte
Pensionskassenpension auf Lebenszeit
einigermaßen zu sichern?
5.
Warum gelten für Pensionskassen nicht vergleichbare Publizitätsvorschriften
wie für
Investmentfonds?
6.
Welche Maßnahmen fassen Sie ins Auge,
um einen echten Qualitätswettbewerb
zwischen
den Pensionskassen
sicherzustellen und
darauf aufbauend den
Pensionskassenberechtigten
die Wahlmöglichkeit zwischen den Pensionskassen zu
ermöglichen?
7.
Ist Ihnen
diese Verletzung der Steuersystematik, die steuerrechtlich anfechtbar ist und
die Nettopension überproportional
verkürzt, bewusst?
8.
Gedenken Sie, diese Frage aufzugreifen und damit zu
einer Entspannung in der
Pensionsproblematik
beizutragen?