516/J XXIV. GP

Eingelangt am 19.12.2008
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Justiz

 

betreffend Auslieferung des mutmaßlichen NS-Kriegsverbrechers Milivoj Ašner

 

Der in Klagenfurt wohnhafte Milivoj Ašner (Georg Aschner) war zwischen Mai 1941 und September 1942 Chef der faschistischen Ustascha-Polizei in Požega in Kroatien. Ihm wird vorgeworfen, die Deportation von Serben, Juden, Sinti und Roma in Konzentrationslager veranlasst und organisiert zu haben. Ašner flüchtete 1945 nach Österreich, wo er bereits 1946 die Staatsbürgerschaft erhielt. Nachdem Kroatien seine staatliche Selbständigkeit wiedererlangt hatte, kehrte er 1991 in seine Geburtsstadt Daruvar zurück. Als die Staatsanwaltschaft in Pozega Ermittlungen gegen ihn aufnahm, floh Ašner erneut nach Österreich und lebt seither in Klagenfurt. Durch sein Ansuchen um die kroatische Staatsbürgerschaft in den 90er Jahren, ist der österreichische Reisepass ungültig, auf das Einziehen der Dokumente wurde jedoch verzichtet.[1] Der inzwischen 95-Jährige rangiert auf der aktuellen Liste der meistgesuchten NS-Verbrecher des Simon-Wiesenthal-Centers auf Platz vier. Eine Auslieferung Ašners an seine Heimat Kroatien, wo ein Gerichtsverfahren gegen ihn  läuft, ist bisher an mehreren österreichischen Gerichtsgutachten gescheitert, die Ašner Vernehmungsunfähigkeit wegen Demenz attestieren. Auch die serbische Sonderstaatsanwaltschaft hat am 10. Oktober 2008 Ermittlungen gegen Milivoj Ašner eingeleitet.[2]

 

Die Frage der Vernehmungsfähigkeit des Angeklagten steht im Zentrum der Tätigkeit der Justiz sowie der öffentlichen Diskussion. Aufgrund ärztlicher Gutachten, die Ašner, „Vernehmungsunfähigkeit“ bescheinigen, sieht sich die Staatsanwaltschaft Klagenfurt bislang außerstande, jene Einvernahme gemäß § 31 Abs. 1 ARHG durchzuführen, die zur Klärung der Frage erforderlich ist, ob gegen den Beschuldigten ein Auslieferungsverfahren geführt werden kann.

 

Im Juni 2008 lieferte der Bericht „The Sun enters the Nazi´s lair“ der britischen Boulevard-Zeitung „The Sun“ den Anstoß zu neuen Aktivitäten. Im Interview behauptete Ašner, er sei jederzeit bereit persönlich vor einem kroatischen Gericht auszusagen. Darüber hinaus dokumentieren Bilder und Video-Aufnahmen Ašners Anwesenheit in der Klagenfurter „Fan-Zone“ der Fußball-Europameisterschaft. Am 16. Juni 2008 verlangt das Simon Wiesenthal Center Jerusalem die sofortige Auslieferung Ašners, da die „gesundheitlichen Gründe“, die seiner Auslieferung entgegen stehen, offensichtlich nicht mehr vorlägen.

Am 18. Juni 2008 hielt der Sprecher des Justizministeriums, Thomas Geiblinger, es für möglich „einen Gutachter aus dem Ausland zu nominieren“.

Laut einem Bericht der „Kleinen Zeitung“ am 22. August 2008 wurde der Schweizer Sachverständige Marc Graf mit einem Gutachten zu Ašners Gesundheitszustand beauftragt. „Damit es nicht heißt Österreich würde packeln, werden wir jetzt einen renommierten Schweizer Gutachter beauftragen, Asner zu untersuchen“, erklärte Norbert Jenny, Sprecher des LG Klagenfurt. Die Staatsanwaltschaft habe Graf vorgeschlagen, er werde in der nachfolgenden Woche vom Haftrichter offiziell bestellt.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

  1. Wurde hinsichtlich des Strafverfahrens gegen Milivoj Ašner am LG Klagenfurt bezüglich der Frage seiner Verhandlungsfähigkeit, wie medial angekündigt, ein internationaler Sachverständigengutachter bestellt?

 

  1. Wenn nein, warum nicht?

 

  1. Wenn ja, wer wurde bestellt und wann wurde der internationale Sachverständigengutachter bestellt?

 

  1. Wurde Milivoj Ašner bereits durch diesen Sachverständigengutachter untersucht?

 

  1. Wenn nein, warum nicht?

 

  1. Wenn ja, liegt bereits das erstellte Gutachten vor?

 

  1. Wenn ja, wie lautet das Ergebnis des Gutachtens?

 

  1. Wenn nein, warum liegt das Gutachten noch nicht vor und wann ist mit dem Gutachten zu rechnen?

 

 

 



[1] APA: „Fall Asner: Amtsarzt bestätigte erneut Vernehmungsunfähigkeit. Mutmaßlicher Kriegsverbrecher seit den 90er Jahren nicht mehr österreichischer Staatsbürger – „Erschlichener“ Pass ungültig“.

[2] APA: „Ermittlungen gegen Asner in Belgrad eingeleitet“, 10.10.2008