840/J XXIV. GP

Eingelangt am 05.02.2009
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

des Abgeordneten Grünewald, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

 

betreffend Rettungshubschrauberstützpunkt in Matrei in Osttirol

 

 

Die Marktgemeinde Matrei i. O. betreibt, auf Grund der luftfahrtrechtlichen  Bewilligung der BH Lienz vom 31.3.05, Gz. 422-120/43 auf dem Gst.603/1 KG 85104 Matrei Markt einen Hubschrauberlandeplatz.

Diese Bewilligung ist auf Not- und Katastrophenflüge sowie Einsätze der Sicherheitsverwaltung und der Verkehrsüberwachung beschränkt. Die Bewilligung wurde auf Grund des Luftfahrtgesetztes und der Zivilflugplatzverordnung erteilt.

 

Die Gemeinde Matrei hat beschlossen Teile des Gst. 603/1 (den bewilligten Zivilflugplatz) und das angrenzende Parkplatzareal im Ausmaß von ca. 50 x 50 m an die Firma Heli Tirol GmbH zu verpachten. Laut dem vom Bürgermeister der Gemeinde Matrei in Osttirol am 19.11.08 unterschriebenen Pachtvertrag beabsichtigt die Heli Tirol GmbH den Hubschrauber Landeplatz auf eigene Kosten und Rechnung zu betreiben und das angrenzende Parkplatzareal als Hubschrauberstützpunkt zu nutzen.

Nachdem der erste Antrag mangels Verbesserung zurückgewiesen wurde, stellte die Fa Heli Tirol am 29.10.08 einen neuerlichen Antrag auf Errichtung von Bodeneinrichtungen. Dieser Antrag wurde wiederum wegen Unzuständigkeit, da außerhalb des bewilligten Zivilflugplatzes, zurückgewiesen.

 

Ende November hat dann die Fa Heli Tirol GmbH. auf dem Parkplatzareal des Gst. 603/1 (neben dem bewilligten Hubschrauberlandeplatz) die Bodeneinrichtungen (ein Zelt in dem der Hubschrauber untergestellt wird und sechs Container für das Personal) für den Hubschrauberstützpunkt aufgestellt. Ab Anfang Dezember wurde dann von der Fa Heli Tirol GmbH das Parkplatzareal als Hubschrauberstützpunkt in Betrieb genommen.

Vom 8.12. 2008 bis Ende Dezember startete und landete der Hubschrauber vom Parkplatzareal des Gst.603/1. Seit Anfang Jänner ist der Hubschrauber auf der Hubschrauberpiste des bewilligten Zivilflugplatzes abgestellt. Laut Auskunft des Bgm. Dr. Andreas Köll wurde der Fa Heli Tirol für den in Matrei in Osttirol stationierten Hubschrauber von der Tiroler Landesregierung eine Bewilligung nach dem Tiroler Flugrettungsgesetz erteilt.


Damit wird die rechtswidrige Errichtung und Inbetriebnahme eines Hubschrauberstützpunktes auf dem Gst. 603/1 in Matrei in Osttirol von der Tiroler Landesregierung unterstützt. Es gibt bis heute keine Lande- und Startbewilligung für den Rettungshubschrauber der Fa Heli Tirol GmbH von und auf dem Gst.603/1 der Marktgemeinde Matrei in Osttirol. Der Zivilflugplatz für Hubschrauber wurde nur als Hubschrauberlandeplatz nicht aber als Stützpunkt bewilligt. Ein Antrag auf Erweiterung der Betriebsbewilligung nach dem Luftfahrtgesetz wurde bis heute nicht eingebracht.

 

Aus dem Luftfahrtgesetz:

 

§ 58 (1) Flugplätze sind Landflächen, die zur ständigen Benützung für den Abflug

und für die Landung von Luftfahrzeugen bestimmt sind.

§ 59. Bodeneinrichtungen sind Bauten, Anlagen und sonstige ortsfeste Einrichtungen, die sich

auf Flugplätzen befinden und für den ordnungsgemäßen Betrieb eines Flugplatzes notwendig

oder zweckmäßig sind. Flugsicherungsanlagen gemäß § 122 gelten nicht als

Bodeneinrichtungen.

§ 68. (1) Zivilflugplätze dürfen nur mit einer Bewilligung betrieben werden (Zivilflugplatz-Bewilligung). Das gleiche gilt für jede Änderung des bescheidmäßig festgelegten Betriebsumfanges eines Zivilflugplatzes.

§ 71 (3) Bei einem bloßen Wechsel in der Person des Zivilflugplatzhalters unter Beibehaltung des bestehenden bescheidmäßig festgelegten Betriebsumfanges sind von der zur Erteilung der Zivilflugplatz-Bewilligung zuständigen Behörde (§ 68) lediglich die Voraussetzungen gemäß Abs. 1 lit. b und c zu prüfen. Werden diese Voraussetzungen vom Bewilligungswerber hinsichtlich des bestehenden Betriebsumfanges erfüllt, kann die zuständige Behörde die Zivilflugplatz-Bewilligung ohne weitere Prüfung gemäß Abs. 1 und 2 im bisherigen Umfang erteilen.

§ 73. (1) Der Betrieb eines Zivilflugplatzes darf erst aufgenommen werden, wenn die zur Erteilung der Zivilflugplatz-Bewilligung zuständige Behörde (§ 68) dies bewilligt hat (Betriebsaufnahmebewilligung). Der Bescheid über diese Bewilligung ist schriftlich zu erteilen, andernfalls leidet er an einem mit Nichtigkeit bedrohten Fehler.

§ 78. (1) Eine Bodeneinrichtung auf einem Zivilflugplatz (zivile Bodeneinrichtung) darf nur mit einer Bewilligung der gemäß Abs. 2 zuständigen Behörde errichtet, benützt sowie wesentlich geändert werden.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

1.    Ist für einen Rettungshubschrauberstützpunkt eine Bewilligung nach dem Luftfahrtgesetz erforderlich?
 
2.    Gibt es in Österreich Rettungshubschrauberstützpunkte die keine Bewilligung nach dem Luftfahrtgesetz haben?
 
3.    Wie viele Rettungshubschrauberstützpunkte gibt es in Tirol, die nach dem Luftfahrtgesetz bewilligt wurden?
 
4.    Warum hat sich die BH Lienz für unzuständig erklärt, obwohl aus den Medien und dem vom Bgm. der Gemeinde Matrei unterfertigten Pachtvertrag klar hervorgeht, dass die Fa Heli Tirol auf dem Parkplatzareal einen Hubschrauberstützpunkt errichten will?
 
5.    Aufgrund der Medienberichte und Anfragen musste der BH Lienz amtsbekannt sein, dass die Fa Heli Tirol auch den für die Marktgemeinde Matrei in Osttirol bewilligten Zivilflugplatz für Hubschrauber pachten will. Auch die Übertragung einer Bewilligung bedarf der Genehmigung nach dem Luftfahrtgesetz. Warum erklärte sich die BH Lienz trotzdem für unzuständig?
 
6.    In Tirol benötigen Rettungshubschrauber auch eine Bewilligung nach dem Tiroler Flugrettungsgesetz. Erfolgt diesbezüglich eine Abstimmung mit dem Bund, der für die Bewilligung nach dem Luftfahrtgesetz zuständig ist?
 
7.    Wie ist es möglich, dass der Fa Heli Tirol für den in Matrei in Osttirol stationierten Rettungshubschrauber eine Bewilligung nach dem Tiroler Flugrettungsgesetz erteilt wurde, obwohl die Fa Heli Tirol über keine Bewilligung nach dem Luftfahrtgesetz verfügt und damit die rechtswidrige Errichtung und Inbetriebnahme eines Hubschrauberstützpunktes unterstützt wird?
 
8.    Werden Sie dafür sorgen, dass der rechtswidrige Betrieb eines Hubschrauberstützpunktes auf dem Gst. 603/1 der Marktgemeinde Matrei eingestellt wird?
 
9.    Tirol hat österreichweit die höchste Dichte an Rettungshubschrauberstützpunkten. Der am Stützpunkt in Lengberg/Osttirol stationierte Rettungshubschrauber ist jetzt schon von allen Rettungshubschraubern in Österreich am geringsten ausgelastet (siehe beiliegendes Schreiben der leitenden Notärzte von Osttirol im Anhang). Ist bei der Erteilung einer Bewilligung nach dem Luftfahrtgesetz grundsätzlich auch der Bedarf eines weiteren Rettungshubschraubers zu prüfen? 

 
10.     Derzeit sind die Parteienrechte nach den Bestimmungen des Luftfahrtgesetzes sehr eingeschränkt. Dies trifft vor allem Betroffene bei der Errichtung eines Hubschrauberstützpunktes oder Landeplatzes. Werden sie für die Umsetzung der Öffentlichkeitsrichtlinie auch im Luftfahrtgesetz sorgen?
 
11.     Bis wann ist mit einer diesbezüglichen Novelle zu rechnen?
 
12.     Werden Sie auch dafür sorgen, dass bei der Errichtung von Hubschrauberstützpunkten generell eine UVP durchzuführen ist?

 

 

 


Anhang:

 

Stellungnahme der systemverantwortlichen Notärzte

(Notarztsprengel Lienz und NAH C7) zum geplanten NAH Stützpunkt

in Matrei i.0.

 

Osttirol hat nach den mühsamen Anfängen in den 90er Jahren nun ein recht gut

funktionierendes Notarztsystem, das sich auf drei Säulen stützt - dem NAH C7 in Nikolsdorf,

dem NEF-Stützpunkt Lienz und dem Rendez-vous-System der niedergelassenen Allgemein-und Notärzte in Matrei, Hochpustertal und St.Jakob i. D.

 

Die Hilfsfristvorgabe, dass der Notarzt in mehr als 90% der Einsätze innerhalb von 15

Minuten beim Patienten eintreffen sollte ,wird in ganz Osttirol erreicht, allen Notarztsystemen

wird sowohl von der Bevölkerung als auch dem Stützpunktkrankenhaus in gutes Zeugnis

ausgestellt, und die Einsatzfrequenz von etwa 2 Einsätzen/l000 Einwohnern entspricht etwa

dem mitteleuropäischen Durchschnitt. Lediglich die Finanzierung der Systeme ist trotz

sparsamster Gestaltung und der in Tirol niedrigsten Notarzttarife prekär.

 

Dies und die beschränkte Anzahl  von Notärzten im Bezirk führt zwar zu schwierigen

Dienstplangestaltungen, hat aber auch den Vorteil, dass sich alle Notärzte und Helfer, sei es

vom Roten Kreuz, Berg- und Wasserrettung, Feuerwehr oder der NAH-Crew, gut kennen.

Diese gute Kameradschaft und gegenseitige Wertschätzung ist einer der wichtigsten Faktoren für erfolgreiche Rettungseinsätze.

 

Die Notfallmedizin ist ja wie die Luftfahrt als Hochrisikobereich  durch einen hohen

Komplexitäts- und Technisierungsgrad, aber auch durch viele Fehlerquellen und, gerade hier in Osttirol, durch oft schwierige alpine Gegebenheiten gekennzeichnet. Das Zusammenspiel gut eingespielter Notfallteams, die erwähnte Kameradschaft und das Wissen um die Kompetenz der kooperierenden Rettungsorganisationen kann hier Risiko mindern und die medizinische Versorgung des Patienten optimieren.

 

Die Einsätze in Osttirol sind auf Grund der Besiedelungsdichte, der wirtschaftlichen und

Touristischen Struktur, verglichen mit den meisten anderen Regionen Westösterreichs, gering, die Notfallsysteme also keineswegs ausgelastet.

 

Sollte nun ein weiteres Notarztsystem durch den Rettungshubschrauber in Matrei

dazu kommen, würden sich die Einsätze für jedes Notfallteam, sei es am Boden oder in der

Luft, weiter verringern, die Gesamtkosten allerdings dadurch beträchtlich steigen.

In Zeiten des Sparstifts v.a. im Gesundheitssystem  sicher ein falsches Signal an die

Bevölkerung.

 

Neben diesen gesundheitsökonomischen Aspekten stellt sich uns auch die Frage nach

Kontinuität der notfallmedizinischen Versorgung in Osttirol. Wenn infolge unregelmäßiger

oder eingeschränkter Stationierungs- bzw. Bereitschaftszeiten eine der wichtigsten

Voraussetzungen für ein organisiertes Notarztsystem, nämlich die durchgehende

Verfügbarkeit des Rettungsmittels (in diesem Fall Hubschrauber), nicht gegeben wäre. Wir

Haben auch Bedenken, ob die medizinische Qualität bei weiterer Abnahme der Einsatzzahlen für die jeweiligen Notfallteams aufrechterhalten werden kann. Geringe Einsatzfrequenzen, tagelanges Warten auf Einsätze, so wünschenswert es für die Bevölkerung ist,  tragen  weder zur Professionalität, noch zur Erfahrung und Motivation der Notärzte  bei.

 

Wir befürchten, dass es bei immer sparsamer  werdenden Krankenkassen, „ reformiertem

Gesundheitssystem“, stagnierendem Tourismus einerseits  und rapid steigenden

Treibstoffpreisen, Notärztemangel andererseits zu einem  beinharten Verdrängungswettbewerb kommt, der uns in wenigen Jahren ein beschädigtes Notarztsystem in ganz Osttirol zurücklassen wird.

Im Interesse der uns anvertrauten Notfallpatienten möchten wir die am Genehmigungsprozess beteiligten Behörden und Personen bitten, unsere geschilderten Ängste und Bedenken bei ihrer Entscheidung in Befrachtacht zu ziehen.

 

 

Die systemverantwortlichen Notärzte Dr. Helmut Latscher und Dr. Franz Krösslhuber

 

 

Lienz,15.7.2008