1124/J XXIV. GP

Eingelangt am 02.03.2009
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Dr. Haimbuchner

und weiterer Abgeordneter

 

an den Bundesminister für Finanzen

 

betreffend das Kreditvolumen österreichischer Banken in Osteuropa

 

Nach Berichten diverser Medien haben österreichische Banken bzw. deren Tochtergesellschaften in osteuropäischen Ländern Kredite im Volumen von 230 bis 240 Milliarden EURO vergeben. Die Rückzahlung dieser vielfach in Fremdwährung vergebenen Kredite soll insbesondere angesichts der Abwertung der osteuropäischen Währungen gegenüber dem EURO, des Rückzugs ausländischer Investoren  und der Entwicklung der Arbeitsmärkte auf tönernen Füßen stehen.

 

In dem genannten Kreditvolumen sollen zudem die Kreditforderungen von Tochtergesellschaften solcher österreichischer Banken, deren Mutterbanken ihren Sitz im Ausland haben, nicht berücksichtigt sein. Beispielsweise die der Bank Austria, einer Tochter der italienischen Uni Credit, oder die der Hypo Alpe Adria, einer Tochter der Bayerischen Landesbank.

 

Das Verhältnis dieses Gesamtkreditvolumens in Relation zum österreichischen BIP ist von höchstem volkswirtschaftlichen Interesse: Österreichische Steuerzahler dürfen nicht für die unverantwortliche Vorgangsweise einiger hochbezahlter Bankmanager zur Kasse gebeten werden.

 

Dabei geht es um mögliche Folgen einer großflächig notwendig werdenden Abwertung von Kreditforderungen in den Büchern der österreichischen Banken selbst, um die Konsequenzen aus einer möglichen Verstaatlichung von Tochtergesellschaften österreichischer Banken durch ihre osteuropäischen Sitzstaaten, um die Konsequenzen allfälliger Insolvenzen von Tochtergesellschaften österreichischer Banken in Osteuropa, insbesondere um mögliche Durchgriffshaftungen österreichischer Banken im Fall der Insolvenz von osteuropäischen Tochtergesellschaften und – nicht zuletzt – um die Konsequenzen für österreichische Sparer und Kreditnehmer.

 


Damit ist angesprochen, dass offensichtlich ein erheblicher Teil der Bürgschaften, Kapitalaufstockungen und ähnlicher Stützungsmaßnahmen von den auf der Primärstufe tätigen Geldinstituten der einzelnen Sektoren, also von Raiffeisen-Genossenschaften, Sparkassen oder Volksbank-Genossenschaften,  aufgebracht werden muss, was letztlich wiederum nur über eine Reduzierung der Habenzinsen für österreichische Sparer und eine Erhöhung der Kreditzinsen für österreichische Kreditnehmer finanzierbar erscheint.

 

In diesem Zusammenhang ist der in den letzten Jahren vollzogene Strukturwandel im Sparkassensektor als besonders problematisch zu bewerten: Mit Ausnahme einer einzigen Regionalsparkasse sind mittlerweile – unter Anwendung entsprechenden Drucks und mit Hilfe interessierter Politiker („Lex Treichl“) - alle österreichischen Sparkassen in den „Haftungsverbund“ der Ersten Bank der Österreichischen Sparkassen AG integriert worden, was bewirkt, dass die traditionsreichen Vereins- und Gemeinde-Sparkassen nun für die Osteuropa-Abenteuer ihres Spitzeninstituts aufzukommen haben, statt die Finanzierung des Wohnungsbedarfs junger Familien oder der Investitionen der mittelständischen Wirtschaft forcieren zu können.

 

Die  unterzeichnenden Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE

 

  1. Welche österreichischen Banken sind mit welchen Kreditvolumina direkt oder indirekt (über Tochtergesellschaften) in osteuropäischen Ländern engagiert?

 

  1. Ist in dem medial kolportierten Gesamtkreditvolumen österreichischer Banken an osteuropäische Kunden von  230 bis 240 Milliarden Euro auch das – direkte und indirekte - osteuropäische Kreditvolumen solcher österreichischen Banken eingerechnet, die eine ausländische Muttergesellschaft haben (etwa die Bank Austria oder die Hypo Alpe Adria)?

 

  1. Wenn nein, wie hoch sind die in Osteuropa aushaftenden Kredite aller österreichischen Banken (mit Sitz in Österreich) und deren Tochtergesellschaften?

 

  1. Wie groß ist das Volumen jener Kredite, die österreichische Banken direkt (also nicht über eine regionale Tochtergesellschaft) an Kunden in Osteuropa vergeben haben, das also „in österreichischen Büchern“ zu führen und gegebenenfalls abzuwerten ist?

 

  1. In welcher Form und mit welchen Konsequenzen hat ihr Haus und/oder die Finanzmarktaufsicht die österreichischen Banken in den letzten Jahren angehalten, Lehren aus der „Asienkrise“, also der Finanz-, Währungs- und Wirtschaftskrise Ostasiens in den Jahren 1997 und 1998, zu ziehen und eine riskante Übergewichtung in einem Wirtschaftsraum (z.B.: Osteuropa) zu vermeiden?

 

  1. Von welchem Abwertungsbedarf geht ihr Ressort und/oder die Finanzmarktaufsicht bei österreichischen Banken bzw. deren osteuropäischen Tochtergesellschaften per 31.3., 30.6., 30.9. und 31.12.2009 aus?

 

  1. Welche Planungen werden in ihrem Ressort und/oder der Finanzmarktaufsicht für den Fall angestellt, dass eine wirtschaftlich bedeutende Tochtergesellschaft einer österreichischen Bank in ihrem Sitzland verstaatlicht werden sollte?

 

  1. Hat ihr Haus und/oder die Finanzmarktaufsicht überprüft, welche Risiken bestehen, dass eine österreichische Bank im Falle der Insolvenz einer ihrer osteuropäischen Tochtergesellschaften von Gläubigern dieser Tochtergesellschaft direkt in Anspruch genommen wird?

 

  1. Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

 

  1. Haben Sie ihr Haus und/oder die Finanzmarktaufsicht angewiesen, die relevanten Unterlagen, insbesondere betreffend schuldhaft gesetzwidriges Verhalten von Bankmanagern mit unabsehbaren Konsequenzen für die Steuerzahler, insbesondere die nächste Generation der Steuerzahler, zur Überprüfung an der Staatsanwaltschaft Wien weiterzuleiten?

 

  1. Würden Sie eine Initiative der unterzeichneten Abgeordneten unterstützen, im Falle einer überdimensionalen Belastung des gesamten Sparkassen-Sektors durch das Osteuropa-Geschäft der Ersten Bank der Österreichischen Sparkassen AG durch entsprechende gesetzgeberische Maßnahmen die bewährten österreichischen Vereins- und Gemeinde-Sparkassen wieder aus dem Haftungsverbund mit der Erste Bank der Österreichischen Sparkassen AG herauszulösen (allenfalls eine „Bad Bank“ zurückzulassen) und damit die Voraussetzungen für eine weiter solide Finanzierung österreichischer Familien sowie Klein- und Mittelunternehmen zu sichern?