1140/J XXIV. GP

Eingelangt am 04.03.2009
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Neubauer, Ing. Hofer, Mag. Haider, Kitzmüller

und weiterer Abgeordnete

 

an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten

betreffend ergänzende Fragen im Zuge der Anfragebeantwortung 511/AB betreffend Nichtdurchführung eines ordentlichen UVP-Verfahrens im Zuge der Erweiterung des AKW-Temelin

 

 

Ergänzend zur schriftlichen parlamentarischen Anfrage betreffend Nichtdurchführung eines ordentlichen UVP-Verfahrens im Zuge der Erweiterung des AKW-Temelin vom 22. Dezember 2008 wird folgender Sachverhalt nochmals in Erinnerung gerufen.

Trotz der unzähligen Störfälle und der massiven Sicherheitsbedenken ist der Energiekonzern ČEZ dabei, das AKW Temelin auszubauen und um die geplanten Blöcke 3 und 4 zu erweitern. Die Fertigstellung der Blöcke 3 und 4 könnte bis zu 130 Milliarden Kronen, d.h. umgerechnet rund 5,53 Milliarden (!) Euro, kosten; Baubeginn soll 2013 sein.

Aktuelles Problem dabei ist die Durchführung eines ordentlichen UVP-Verfahrens, das seitens Tschechiens bisher verweigert wurde. Die Europäische Kommission hat Tschechien bereits im Mai 2007 bezüglich der Durchführung einer UVP nach tschechischem Recht eine Absage erteilt und die Regierung aufgefordert, die europäische Richtlinie 85/337/EEG, 10a anzuwenden sowie eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme von zwei Monaten eingeräumt. Geschehen ist bis heute nichts. Damit ist Tschechien also bei der Temelin-UVP seit über 1½ Jahren säumig. Seitens der Europäischen Union wurden bislang keine Schritte gesetzt.

Tschechien setzt sich damit im Rahmen der Energieversorgung durch Atomkraft über alle Regeln und Gesetze des europäischen Geistes hinweg. Eine Geisteshaltung, die sich bereits beim Melker Abkommen klar gezeigt. Damals distanzierte sich Tschechien vom Inhalt und von der völkerrechtlichen Verbindlichkeit des Abkommens.

Vom 22. September bis zum 11. Oktober 2008 fand in Bayern und Sachsen zwar ein grenzüberschreitendes „Vorverfahren zur Umweltverträglichkeitsprüfung" statt; Teilnehmer dieses UVP-Verfahrens zur Errichtung neuer AKW-Blöcke in Temelin - drei Anti-Atomgruppen aus Bayern, Tschechien und Oberösterreich - haben eine Beschwerde gegen die Verletzung des EU-Rechts und wegen Missachtung von Europarichtlinien zur Regelung von Umweltverträglichkeitsprüfungen bei der EU-Kommission eingebracht.

Die tschechische Regierung hat die im Rahmen eines offenen Schreibens übermittelten Vorschläge zur außergerichtlichen Beilegung des Konfliktes abgelehnt. Die Regierung Tschechiens toleriert damit wissentlich den Bruch des EU-Rechts und dies trotz der kurz bevorstehenden EU-Präsidentschaft Tschechiens.

In Tschechien ist das UVP-Verfahren nämlich kein Teil des Genehmigungsverfahrens, sondern hat eine ganz isolierte Stellung. Der UVP-Bescheid ist nicht im tschechischen Verwaltungsrecht verankert, sondern stellt lediglich eine „fachliche Grundlage" für die „nachfolgenden Verfahren" (z.B. baurechtliche Verfahren) dar. Er stellt auch keinen Bescheid im rechtlichen Sinne dar und kann somit gerichtlich nicht angefochten werden.

Dies hat zur Folge, dass auch ein negativer UVP-Bescheid nicht automatisch zum Aus für das Projekt führen muss. Diese Regelung widerspricht dem EU-Recht, konkret dem Artikel 10a der UVP-Richtlinie 85/337/EWG, welcher den Zugang der Verfahrensteilnehmer zur gerichtlichen Überprüfung regelt.

In der Anfragebeantwortung 511/AB vom 23. Februar 2009 wurde unter anderem mitgeteilt, dass die Bundesregierung an Reformen hinsichtlich EURATOM arbeiten wird.

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten folgende

ANFRAGE

 

1.      Welche Experten hat die Bundesregierung für das Reformvorhaben hinsichtlich EURATOM-Vertrag beigezogen?

2.      Mit welchen europäischen Staaten hat die Bundesregierung bisher Kontakt aufgenommen, um über diese Reformen zu sprechen bzw. zu verhandeln?

3.      Welche europäischen Staaten haben bisher ihre Zusage für eine Mithilfe bei einer allfälligen Reform gegenüber der Bundesregierung zugesagt?

4.       Welche Planungen wurden seitens der Bundesregierung bereits getroffen, das Regierungsprogramm umzusetzen?

5.      Welchen Zeithorizont hat sich die Bundesregierung für diese Aufgabe gesetzt?

6.      Wie hoch ist der EURATOM-Vertrag Beitrag, den Österreich jährlich zu leisten hat?

7.      Was wird die Bundesregierung unternehmen, damit die Republik Tschechien bzw. der Betreiber von Temelin eine UVP nach europäischem Recht, also nach objektiven Kriterien vornimmt?

8.      Welche Initiativen werden Sie setzen, um den Ausbau der Stufen 3 und 4 beim AKW Temelin zu verhindern?

9.      Wird die Bundesregierung wegen des Verstoßes Tschechiens gegen EU-Recht (Missachtung von Europarichtlinien zur Regelung von Umweltverträglichkeits-prüfungen) eine Klage bei der EU-Kommission einbringen?

10. Sollte das nicht der Fall sein, warum nicht?

11. In welcher Form soll oder wird die österreichische Beteiligung an dieser UVP erfolgen?

12. In welcher Form soll oder wird die österreichische Beteiligung hinsichtlich der Bundesländer an dieser UVP erfolgen?

13. Gibt es zur Temelin-UVP bereits eine Stellungnahme der

      a)        Länder oder des

      b)        Bundes                     

als a)        Partei

als b)        Beteiligte?