1498/J XXIV. GP

Eingelangt am 26.03.2009
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

 

der Abgeordneten Pilz, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Finanzen

 

betreffend Offshoregesellschaften der AUA

 

 

Die EU/G20-Länder forderten am 22. Februar 2009 ein schärferes Vorgehen gegen Steueroasen und Staaten, die beim Kampf gegen Steuerbetrug und -hinterziehung nicht kooperieren. Der ORF berichtet in orf.at über die Erklärungen der Teilnehmer des Gipfels. "Ich bin dankbar, dass wir im Kommunique sagen, dass wir keine Steuerparadiese mehr wollen", sagte Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy. Man werde schnell eine Liste von unkooperativen Staaten erstellen und einen Sanktionskatalog verabschieden. "Das neue Finanzsystem muss den Steueroasen ein Ende bereiten", sagte auch Spaniens Regierungschef Jose Luis Rodriguez Zapatero.

 

Während im Rahmen der EU die Bekämpfung der globalen Steuerhinterziehung konkrete Formen annimmt, stellt sich heraus, dass große österreichische Unternehmen eben diese Oasen für ihre „Steuerpolitik“ nützen.

 

Wie sich aus der Konzernbilanz der Austrian Airlines ergibt, ist die Austrian Airlines AG zu 100% Eigentümerin der Austrian Airlines Lease and Finance Company Limited, St. Peter Port, Guernsey (Channel Islands).

 

Die offizielle Geschäftsanschrift dieser Austrian Airlines Lease and Finance Company Limited, welche in Geschäftspapieren der AUA regelmäßig als A.L.F. abgekürzt wird, lautet „PO Box 122, South Esplanade, St. Peter Port Guernsey, Channel Islands“.

 

Es besteht daher der dringende Verdacht, dass es sich bei dieser Firma um eine bloße „Briefkastenfirma“ ohne eigene Geschäftstätigkeit auf Guernsey handelt. Dieser Verdacht wird dadurch gestützt, dass nach dem auf Guernsey gültigen „Limited Liability Company-Law Code“ bestimmten Gesellschaften Steuerbefreiung gewährt wird, sofern ihre Aktien nur von im Ausland Ansässigen gehalten werden, sämtliche Sitzungen und Beschlüsse außerhalb der Kanalinseln abgehalten werden auf den Inseln keine Verträge abgeschlossen werden, keine Geschäftstätigkeit ausgeübt wird und keine Dritten zugänglichen Geschäftsstellen oder Zweigstellen unterhalten werden.

 

Wie sich aus veröffentlichten Protokollen der „Export-Import Bank of the United States“ aus den Jahren 2005, 2006 und 2007 ergibt, tritt die A.L.F. wiederholt als Leasingnehmer bei Geschäften über Boeing Flugzeuge der AUA Gruppe auf. Die Konstruktion stellt sich dabei so dar, dass Boeing die Flugzeuge an Firmen mit Namen wie etwa „SPV/Austrian Airlines Lease & Finance Co“ auf den Cayman Islands bzw. den Bermudas verkauft, und dass diese Firmen die Flugzeuge an die A.L.F. verleasen, welche die Flugzeuge letztlich der AUA zum Betrieb überlässt. Der Namensbestandteil „SPV“ bedeutet offenbar „Special Purpose Vehicle“, eine bei Flugzeuggeschäften gebräuchliche Konstruktion um die Sicherheit für die finanzierenden Banken zu erhöhen.

 

Nicht nachvollziehbar und steuerlich fragwürdig ist jedoch die Rolle der Austrian Airlines Lease and Finance Company Limited.

 

Dieses vom Finanzminister geduldete Verhalten führt dazu, dass die Steuerlast weiter auf die Menschen in Österreich, die weder die Möglichkeiten noch die Absicht zur Steuerumgehung oder Steuerhinterziehung haben, abgewälzt wird. Während große Unternehmen auf Kosten der SteuerzahlerInnen Abgaben vermeiden und Spekulationsverluste abwälzen können, werden für die Schäden ausschließlich die SteuerzahlerInnen haftbar gemacht.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

1.      Seit wann besteht die Austrian Airlines Lease and Finance Company Limited?

2.      Wer sind die Organe der Austrian Airlines Lease and Finance Company Limited?

3.      Wo wird die Geschäftsführung der Austrian Airlines Lease and Finance Company Limited ausgeübt?

4.      Wie viele MitarbeiterInnen sind bei der Austrian Airlines Lease and Finance Company Limited beschäftigt?

5.      Wo haben diese MitarbeiterInnen ihren Arbeitsplatz?

6.      Welchem wirtschaftlichen Zweck dient die Einrichtung der Austrian Airlines Lease and Finance Company Limited auf der Kanalinsel Guernsey?

7.      Gibt es außer dem Vermeiden von Gebühren und Steuern in Österreich einen weiteren Geschäftszweck?

8.      Liegt dieser Zweck im öffentlichen Interesse?

9.      Wurde der Aufsichtsrat der AUA AG über die Geschäfte der Austrian Airlines Lease and Finance Company Limited informiert?

10.  Seit Juni 2006 ist Peter Michaelis Vorsitzender des Aufsichtsrats der AUA AG. Hat Michaelis das BMF über Geschäftstätigkeit und Geschäftszweck der Austrian Airlines Lease and Finance Company Limited informiert?

11.  Bestehen Geschäftsräumlichkeiten der Austrian Airlines Lease and Finance Company Limited auf Guernsey?

12.  Handelt es sich bei Austrian Airlines Lease and Finance Company Limited um eine reine Briefkastenfirma?

13.  Hat die AUA Gruppe eine offizielle Meldung an das Finanzministerium erstattet, wonach die Geschäftsführung der Austrian Airlines Lease and Finance Company Limited in Österreich ausgeübt wird?

14.  Wenn nein, ist aus diesem Grund ein Verfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung eingeleitet worden?

15.  Wie viele Flugzeuge hat die AUA-Gruppe (inkl. Lauda Air und Tyrolean) über die Austrian Airlines Lease and Finance Company Limited erworben oder geleast?

16.  Wie hoch ist der Wert bzw. Kaufpreis dieser Flugzeuge?

17.  Bei wie vielen dieser Flugzeuge handelt es sich um solche der Marke „Boeing“?

18.  Bei wie vielen dieser Flugzeuge handelt es sich um solche der Marke „Airbus“?

19.  Wo werden die Leasingverträge der Austrian Airlines Lease and Finance Company Limited mit den „Special Purpose Verhicle“-Gesellschaften an offshore-Finanzplätzen verwahrt?

20.  Haben sich diese Leasingverträge – wenn auch nur kurzfristig – je in Österreich befunden?

21.  Wo werden die Leasingverträge der Austrian Airlines Lease and Finance Company Limited mit der AUA AG verwahrt?

22.  Haben sich diese Leasingverträge – wenn auch nur kurzfristig – je in Österreich befunden?

23.  Wie hoch sind die jährlichen Leasingraten, welche von der Austrian Airlines Lease and Finance Company Limited bezahlt werden?

24.  Wie hoch sind die jährlichen Leasingraten, welche von der Austrian Airlines AG an die Austrian Airlines Lease and Finance Company Limited bezahlt werden?

25.  Wurde für diese Leasingverträge nach den Fragen  19 bis 24 Mietvertragsgebühr in Österreich entrichtet?

26.  Falls nein: Auf welche Höhe beläuft sich der daraus resultierende Steuerausfall in Österreich?

27.  Hat das BMF geprüft, ob durch den Umstand, dass die Geschäftstätigkeit der Austrian Airlines Lease and Finance Company Limited in Österreich stattfindet und sich Leasingverträge in Österreich befunden haben, Mietvertragsgebühr und KÖSt in Österreich anfallen?

28.  Wenn nein, warum nicht?

 

 

 

 

29.  Laut Konzernbilanzen der Austrian Airlines für die Jahre 2000 bis 2008 erzielte die Austrian Airlines Lease and Finance Company Limited Jahresüberschüsse in folgender Höhe

2000

9,6 Millionen Euro

2001

16,6 Millionen Euro

2002

29,5 Millionen Euro

2003

65,5 Millionen Euro

2004

18,6 Millionen Euro

2005

36,3 Millionen Euro

2006

28,7 Millionen Euro

2007

46,6 Millionen Euro

2008

43,8 Millionen Euro

Summe

295,2 Millionen Euro

 

Auch in Jahren, in welchen der Konzern Verluste in dreistelliger Millionenhöhe schrieb (2001, 2005, 2006, 2008) erzielte somit die A.L.F. Millionengewinne.

Wesentlich für diesen Überschuss ist die Differenz zwischen Mieteinnahmen und Abschreibungen plus Kreditzinsen bzw. zwischen den Leasingraten, die Austrian Airlines Lease and Finance Company Limited bezahlt und den Leasingraten, die AUA an Austrian Airlines Lease and Finance Company Limited bezahlt. Damit vermindert sich der von der AUA AG in Österreich zu versteuernde Überschuss um eben diese Summe. Woraus resultieren diese Überschüsse?

30.  Wurden diese Jahresüberschüsse in Österreich versteuert?

31.  Falls nein: Ist es zutreffend, dass sich daraus ein Steuerausfall an Körperschaftssteuer von über 53.500.000 Euro ergibt?

32.  Auf welche exakte Höhe beläuft sich der Steuerausfall?

33.  Im Rechnungshofbericht 2007-1-11 findet sich folgende Passage auf S. 27 zur AUA:

Der RH gab zu bedenken, dass der Anteil von liquiditätswirksam verwertbarem Vermögen stark gesunken war. Neben verfügbaren Kreditlinien könnten durch den Verkauf von Beteiligungen, z.B. an der Airest Restaurant– und Hotelbetriebsgesellschaft m.b.H. (erfolgt im März 2006), und durch bestehende Ausschüttungsreserven im Bereich der Austrian Airlines Lease and Finance Company Ltd. weitere Barmittel frei gemacht werden. Letztlich würde aber bei anhaltenden operativen Verlusten ein hohes Liquiditätsrisiko eintreten.“

 

Wurden die Gewinne der Austrian Airlines Lease and Finance Company Limited an die AUA ausgeschüttet?

 

34.  Wenn nein, wofür wurden diese Gewinnen bzw. Ausschüttungsreserven verwendet?

35.  Sind diese Reserven in der Höhe von fast 300 Millionen Euro für Spekulationen verwendet worden?

36.  Wenn ja, mit welchen wirtschaftlichen Ergebnis?

37.  Wurden die Geschäfte der Austrian Airlines Lease and Finance Company Limited in finanzstrafrechtlicher Hinsicht geprüft?

  1. Falls ja: mit welchem Ergebnis?

 

  1.  Seit wann wissen Sie, dass die AUA einerseits Steuergelder in der Höhe von 500 Millionen Euro von der Republik Österreich annehmen will und andererseits auf die beschriebene Art „Steuervermeidung“ betreibt?

 

  1. Von welchen weiteren Unternehmen, die Staatshilfe annehmen bzw. beantragt haben, ist ihnen der Betrieb von Subunternehmen oder Briefkastenfirmen in Steueroasen bekannt?

 

41.  Ist es richtig, dass Alfred Ötsch als Vorstandvorsitzender der AUA AG für die Geschäfttätigkeit der Austrian Airlines Lease and Finance Company Limited verantwortlich war?

  1. Ist es richtig, dass Alfred Ötsch als Vorstandvorsitzender der AUA AG für die fehlende Absicherung der AUA AG gegen steigende Treibstoffpreise verantwortlich war?

 

  1. Ist es richtig, dass Alfred Ötsch als Vorstandvorsitzender der AUA AG damit für die schweren Managementfehler, die aus einem gesunden Unternehmen einen Konkursfall gemacht haben, verantwortlich ist?

 

  1. Ist es richtig, dass Alfred Ötsch als Vorstandvorsitzender der AUA AG für diese „Leistungen“ nicht fristlos entlassen, sondern mit einer Abfertigung von 1,1 Millionen Euro belohnt wurde?

 

  1. Ist es richtig, dass Peter Michaelis über einen Dienstvertrag verfügt, der der Schablonenverordnung widerspricht und damit gesetzwidrig ist?

 

  1. Wer trägt die politische Verantwortung für diesen Vertrag?

 

  1. Wie hoch ist der vertraglich vereinbarte Jahresbezug für Michaelis?

 

  1. Wie hoch ist die vertraglich vereinbarte Abfertigung für Michaelis?

 

  1. Wie hoch ist die vertraglich vereinbarte Pension für Michaelis?

 

  1. Wann werden Sie Michaelis in der ÖIAG durch eine fachlich geeignete Person ersetzen?