1545/J XXIV. GP

Eingelangt am 31.03.2009
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Anfrage

der Abgeordneten Steier und GenossInnen

an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend Ist ein Arzt an Bord?" - Medizinische Notfälle in

Verkehrsflugzeugen

Zur Zahl medizinischer Notfälle an Bord von Flugzeugen bei 2 Milliarden
Flugreisen weltweit existieren sehr unterschiedliche Statistiken: es wird
von rund 20-100 medizinischen Zwischenf
ällen und 0,3 - 1 Todesfällen
auf eine Million Passagiere ausgegangen; andere Sch
ätzungen gehen
von acht bis 48 Zwischenf
ällen ohne Todesfolge auf eine Million Flug-
Passagiere aus. Nach Schätzungen der European Civil Aviation
Conference wird pro Tag weltweit in 350 F
ällen medizinische Hilfe im
Flugzeug benötigt.

Mangels zentraler Dokumentation existieren keine systematisch
erfassten Daten und Statistiken
über die Häufigkeit solcher Vorfälle.
Eine k
ürzlich in Europa durchgeführte Untersuchung zu medizinischen
Notf
ällen an Bord (Surgical and medical emergencies on board
European aircraft: a retrospective study of 10189 cases, Michael Sand,
Ruhr-Universit
ät Bochum) ergab, dass von 32 angefragten Airlines 27
nicht an der Studie teilnehmen konnten, weil sie die notwendigen Daten
nicht erhoben hatten.

Angesichts kontinuierlich steigendem Durchschnittsalter der Reisenden -
im Jahr 2030 soll etwa jeder zweite Passagier älter als 50 Jahre sein -
ist davon auszugehen, dass die Zahl der Erkrankungsfälle in der Luft
weiter zunehmen wird. Nicht nur das erh
öhte Lebensalter, sondern auch
die erhebliche körperliche Belastung im Flugzeug (verminderter
Luftdruck in der Kabine, Sinken der Sauerstoffkonzentration im Blut,
geringe Luftfeuchtigkeit) sowie Flugstress k
önnen zur Verschlimmerung
bestehender Erkrankungen w
ährend eines Fluges führen.

Für die Erstversorgung an Bord ist in Europa auf Basis der Joint Aviation
Requirements (JAR-OPS 1.755) eine medizinische Notfallausrüstung
vorgeschrieben; das Umfang des Equipments (Emergency Medical Kit)
richtet sich nach Zahl der Passagiere und der Flugdauer (ab 30
Passagieren oder einer Flugzeit von 60 Minuten). Weiters ist die
Vermittlung medizinischer Grundkenntnisse an die Besatzungen
vorgesehen. Fraglich ist aber, ob diese Vorkehrungen ausreichen um
eine Person zu retten, die einen Herzstillstand erlitten hat, sofern nicht
zuf
ällig ein mitreisender Arzt an Bord ist: denn die im Emergency


Medical Kit enthaltenen Arzneimittel dürfen (außer im Notfall) nur von
Ärzten, Krankenschwestern oder ähnlich qualifiziertem Personal
verabreicht werden; Defibrillatoren sind nicht durchg
ängig Teil der
medizinischen Ausstattung an Bord. Es scheint so, dass sich die
Fluggesellschaften im Notfall auf den Zufall (
Ist ein Arzt an Bord?")
verlassen.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen an die Bundesministerin für
Verkehr, Innovation und Technologie nachstehende

Anfrage:

1.           Existieren Daten über die Zahl medizinischer Zwischen- und
Notfälle, die sich im österreichischen Luftraum in den letzten 10
Jahren ereignet haben?

2.           Wenn ja, mit welchem Resultat und welche Schlüsse können aus
diesen Daten gezogen werden?

3.           Wie viele Ausweichlandungen auf österreichischen Flughäfen
aufgrund medizinischer Notfälle waren in den letzten 10 Jahren zu
verzeichnen?

4.           Wie stehen Sie zur Forderung, eine europaweit standardisierte
systematische Erhebung der Daten über medizinische Notfälle an
Bord von Flugzeugen einzuführen? Wird Ihr Ressort auf EU-Ebene
entsprechende Initiativen starten bzw. unterst
ützen?

5.     Die Zahl der Flugbewegungen und das Durchschnittsalter der
Flugzeugpassagiere werden weiter ansteigen - und damit auch
Risiko gesundheitlicher Zwischenfälle. Welche zusätzlichen
Ma
ßnahmen über die gesetzlich vorgeschriebenen, zur
Sicherheitsausrüstung eines Flugzeuges gehörende medizinische
Ausstattung hinaus w
ären aus Ihrer Sicht vorstellbar, damit akut
erkrankten Passagieren während eines Fluges möglichst effektiv
geholfen werden kann (zB im Rahmen der Telemedizin?)?


 

6.           Unsicherheit bezüglich Haftungsrecht für etwaige Kunstfehler
dürfte für zufällig an Bord befindliche Ärzte, die in einem Notfall im
internationalen Luftraum erste Hilfe leisten, bei einer Behandlung
an Bord bestehen (va hinsichtlich Regressanspr
üche nach


Landesrecht im Konnex mit Schadenersatz-Rechtsprechung). Wie
stellt sich die Rechtslage bezüglich Haftungsfragen dar?

7. Die europäische Kurz&Mittelstreckenflotte dürfte bisher nur
teilweise mit Defibrillatoren ausgestattet sein; Defibrillatoren
kommen vor allem bei Maschinen auf Langstreckenfl
ügen
standardmäßig zum Einsatz - zB bei der American Airlines, der

British Airways, der Delta, der Lufthansa,......... Wie ist die

Ausstattung der in Österreich zugelassenen Flugzeuge sowohl im
Linien- als auch im Charterflugverkehr bezüglich medizinischer
Notfallausrüstung und Defibrillatoren? Ist der Ersatz verbrauchter
Ausstattung wie Medikamente, Injektionsl
ösungen,
Verbandsmaterialien, Spritzen nur am Heimatflughafen, oder auch
an ausländischen Stationen möglich?