1577/J XXIV. GP

Eingelangt am 01.04.2009
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

 

betreffend fragwürdige Prioritäten beim ÖBB-Güterverkehr: Luxus-Einladung für VIP-Kunden, zugleich Schließung von zig Güterannahmestellen "aus Kostengründen"

 

 

Wie die Tageszeitung „heute“ in der Ausgabe vom 23.3.2009 dokumentierte, ist es bei der RCA-Tochter Chemfreight offenbar Usus, Großkunden mit luxuriösen Einladungen bei der Stange zu halten. Aktuell wird von einer Einladung für Kunden aus der Chemie- und Mineralölbranche zu einem fünftägigen Schi-Aufenthalt im Zillertal samt Unterbringung im Finkenberger Luxushotel eines ehemaligen Schi-Olympiasiegers berichtet.

 

Zugleich nimmt der ÖBB-Güterverkehr (Rail Cargo Austria, RCA), also die Chemfreight-Mutter, unter Verweis auf Kosten- und Erlösprobleme Angebotsverschlechterungen in der Fläche vor. Mindestens 26 Güterannahmestellen in 6 Bundesländern sollen aktuellen Berichten zufolge schon ab 6. April 2009 geschlossen werden.

 

Es ist im Güterverkehrsbereich der ÖBB somit zwar genug Geld für Luxus-Einladungen an VertreterInnen „besonderer“, großer Unternehmen da, aber zugleich zuwenig Geld für das Sicherstellen der Güterverladung vor Ort für die „normalen“ Klein- und Mittelbetriebe in der Fläche, die der Regierung sonst in allen Sonntagsreden so wortreich am Herzen liegen.

 

Dieselbe mehr als schiefe Optik regiert bei den ÖBB auch insgesamt: Generell wird bei den ÖBB derzeit gerne eingespart - weniger Pendlerzüge, Schließungspläne für Regionalbahnen – bzw. soll demnächst in Wege einer kräftigen Tariferhöhung wieder mehr für das gerade für tägliche Kunden oft nicht befriedigende Bestands-Angebot kassiert werden. Auch hier wird erstaunlicherweise die Kostensituation als Begründung strapaziert, obwohl die aktuellen Finanzprobleme der ÖBB bis hin zum kolportierten 2008er-Defizit von 840 Mio Euro zum Großteil nicht auf das laufende ÖBB-Geschäft zurückgehen, sondern auf krasses Managementversagen, wie zB die Spekulationsverluste von weit über 600 Mio Euro. Während die für diese Riesenverluste verantwortlichen Manager aber unversehrt und mit Millionen-Abfertigungen im Gepäck den ÖBB-Konzern verlassen durften oder sogar weiterwerken können, wird bei den Kunden die finanzielle Daumenschraube angesetzt und das Angebot verschlechtert.

 


Zudem wird mit der Schließung von Güterannahmestellen an bestimmten Schienenstrecken Geschäft aktiv abgelehnt, die daraus resultierende, vorsätzlich selbst verursachte Verschlechterung bei der Kostendeckung der jeweiligen Strecke wird dann – wie Erfahrungen an vielen ÖBB-Strecken in der Vergangenheit zeigen – als Argument für die Einschränkung des Betriebs bzw. überhaupt fürs Einstellen und Zusperren benutzt.

 

Zu diesen Vorgängen und zur höchst schiefen Optik zwischen Geldvergeudungs- und Einsparungsmaßnahmen im ÖBB-Geflecht war bisher seitens der Bundesministerin als Eigentümervertreterin oder des BMVIT als Aufsichtsbehörde keinerlei klärendes Wort zu vernehmen.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

 

 

1.      Waren Ihnen die in „heute“ am 23.3.2009 dokumentierten kostspieligen VIP-Einladungspraktiken im ÖBB-Güterverkehrsbereich – Beispiel Chemfreight – bekannt? Wenn ja, seit wann? Wenn nein, warum nicht, wo doch zahlreiche Vertrauensleute und Ressortbedienstete in diversen Aufsichtsräten nach dem Rechten sehen sollten?

 

2.      Heißen Sie als Eigentümervertreterin bei den ÖBB derlei gut?

 

3.      Was waren die Kosten dieser konkreten Einladung, und wie viele Personen waren eingeladen?

 

4.      Bei welchen weiteren a) Teilunternehmen der ÖBB, b)Tochterunternehmen von ÖBB-Teilunternehmen sind derartige Einladungen Usus?

 

5.      Um wie viele Fälle und Einladungen dieser oder vergleichbarer Art handelte es sich seit Jahresbeginn 2007 a) insgesamt, b) im Bereich des Güterverkehrs, c) bei der konkreten Güterverkehrs-Tochter?

 

6.      Halten Sie die Optik für günstig, dass im ÖBB-Güterverkehr (trotz beträchtlicher finanzieller Förderungen des Bundes für diesen Zweck!) das flächendeckende Angebot an Güterverladestellen für Klein- und Mittelbetriebe unter Verweis auf Kostenargumente spürbar reduziert werden soll, während zugleich für Luxus-Einladungen für VIP-Vertreter von Großunternehmen sichtlich genug Geld da ist und auch die für die Finanzprobleme der ÖBB ursächlich verantwortlichen Manager unbehelligt und teilweise mit Millionenabfertigung ziehen konnten?

 

7.      Was a) haben Sie bereits unternommen, b) werden Sie bis wann unternehmen, um diese Schieflage gerade zu rücken?

 

8.      Wieviel im einzelnen kann einmalig sowie jährlich eingespart werden durch die ab 6.4.2009 vorgesehene Schließung der Abfertigungsmöglichkeit für Wagenladungsverkehre an folgenden Güterverladestellen: a) Kötschach-Mauthen, b) Uttendorf-Helpfau, c) Mining, d) Mauerkirchen, e) Völs, f) Oberdrauburg, g) Weitersfeld an der Mur, h) Mureck, i) St. Andrä-Wördern, j) Hörbranz-Lochau, k) Hard-Fussach, l) Neumarkt in der Steiermark, m) Payerbach-Reichenau, n) Gurten, o) Obernberg-Altheim, p) Stein-Mautern, q) Spitz an der Donau, r) Langenlois, s) Furth-Palt, t) Wels Lokalbahn, u) Steinhaus bei Wels, v) Sattledt, w) Haag, x) Aschbach, y) St.Peter-Seitenstetten, z) Hilm-Kematen?


9.      Halten Sie die Optik für günstig, dass bei den ÖBB unter Verweis auf Kostenargumente einerseits bei Pendlerzügen, Regionalbahnstrecken u.dgl. eingespart und bei den Tarifen mehr kassiert werden soll, zugleich aber im ÖBB-Konzern VIP-Kunden Luxusaufenthalte gezahlt werden und auch die für die Finanzprobleme der ÖBB ursächlich verantwortlichen Manager unbehelligt und teilweise mit Millionenabfertigung ziehen konnten?

 

10.  Was a) haben Sie bereits unternommen, b) werden Sie bis wann unternehmen, um diese Schieflage gerade zu rücken?