1581/J XXIV. GP

Eingelangt am 01.04.2009
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A N F R A G E

 

 

der Abgeordneten Lausch, Villimsky

und weiterer Abgeordneter

 

an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend Pilotprojekt Notfallmanagement der ÖBB Infrastruktur Betrieb AG

 

 

Das Pilotprojekt Notfallmanagement wird von Seiten der ÖBB Infrastruktur Betrieb AG seit 2005 verfolgt. Die überhastete Einsparung von Fahrdienstleitern, die eine bessere Lösung verhinderte, machte die schlecht vorbereitete Einrichtung des Notfallmanagements nötig. Laut § 21 a Eisenbahngesetz müssen Ausbildungen und  Ausbildungsvorschriften für Funktionen im Bereich des Schienenverkehrs aufgrund der damit verbundenen Verantwortung von der Eisenbahnbehörde genehmigt werden. Bei dieser Genehmigung handelt es sich nicht bloß um einen Formalakt, sie ist vielmehr notwendig, da laut Eisenbahnverordnung nur taugliches Personal eingesetzt werden darf. Unseren Informationen zufolge hat weder die ÖBB Infrastruktur Betrieb AG eine derartige Genehmigung für die Ausbildung zum Notfallleiter eingeholt, noch hat die Eisenbahnbehörde den Vorschriften-Mangel bisher abgestellt.

Das Fehlen der besagten Genehmigung fällt gleich aus zwei Gründen in die Verantwortlichkeit Ihres Ministeriums. Einerseits hat das Ministerium die Aufsicht und damit die Verantwortung zur Überwachung, andererseits ist das BMVIT auch der oberste Eigentümervertreter und ist daher auch zum Handeln aufgerufen.

Ob eine derartige Genehmigung für die extrem spärliche Ausbildung überhaupt erteilt werden darf, ist darüber hinaus stark in Zweifel zu ziehen. Die Ausbildung zum Notfallmanager war laut den uns vorliegenden Informationen in sieben Stunden abgeschlossen, als einzige Unterlage für den Notfall stand dem Notfallleiter ein Satz Powerpoint-Folien zur Verfügung. Dass nach dieser Ausbildung tatsächlich nur taugliches Personal an der entscheidenden Stelle des Notfallleiters eingesetzt wird, ist daher mehr als fraglich.

Unseren Informationen zufolge fällt dem Notfallleiter lediglich administrative, jedoch keine operative Verantwortung zu. Im Fall Lochau konnte sogar die explizite Anordnung von Notfallübungen nachgewiesen werden. Es haben dennoch keine Notfallübungen stattgefunden, was eine Gefahr für die Eisenbahn, ihre Kunden, aber auch für Anrainer und Einsatzkräfte darstellt. Die Funktion des Notfallleiters wurde weder in die Betriebsvorschrift, noch in die Unfallvorschrift implementiert. Daraus ist klar zu erkennen, dass das System Notfallleiter keineswegs nur eine Ausführungsbestimmung zur Betriebsvorschrift war bzw. ist. Vielmehr handelt es sich dabei um eine neue Arbeitsmethode, die daher der Genehmigungspflicht nach § 21 a Eisenbahngesetz unterliegt. Schlussendlich fehlt die Arbeitsplatzevaluierung der Notfallleitstellen völlig.

Wie aus den Gerichtsakten hervorgeht, hat das Verkehrs-Arbeitsinspektorat der ÖBB-Infrastruktur Betrieb AG mit seinen Schreiben vom 28.08.2007, 19.10.2007 und 26.02.2008 zahlreiche schwere Organisationsverschulden vorgeworfen. Daraus resultierend wurde der klare Auftrag erteilt, den den Rechtsvorschriften entsprechenden Zustand herzustellen. Dabei geht es konkret um die generelle Regelung über die zu treffenden Schutzmaßnahmen beim Einsatz bahnfremder Dritter im Gefahrenraum der Geleise unter Berücksichtigung der Grundsätze der Gefahrenverhütung, über die organisatorische Umsetzung der Schutzmaßnahmen und über die Umsetzung der Koordination mit den beteiligten Arbeitgebern. Wie dem Gerichtsakt zu entnehmen, war über die getroffenen Maßnahmen dem Verkehrs-Arbeitsinspektorat zu berichten, die generelle Regelung war dem Verkehrs-Arbeitsinspektorat vorzulegen. Selbst mehr als 14 Monate nach dem Anlassfall lagen die eingeforderten Unterlagen immer noch nicht vor, fraglich ist, ob die geforderten Regelungen überhaupt getroffen wurden. Dabei ist hervorzustreichen, dass das Verkehrs-Arbeitsinspektorrat allein tätig wurde und versuchte, einen ordnungsgemäßen Zustand herzustellen. Von Seiten der eisenbahnpolizeilichen Abteilungen wurde bis dato nichts unternommen!

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie folgende

 

 

Anfrage:

 

 

 

1)     Seit wann existiert die Funktion des Notfallleiters?

 

2)     Wie lauten die Ausbildungsvorschriften für die Ausbildung zum Notfallleiter?

 

3)     Welche Ausbildungszeit ist in den Ausbildungsvorschriften vorgesehen?

 

4)     Welche Ausbildungsinhalte sind in den Ausbildungsvorschriften verankert?

 

5)     Wie wurden die Ausbildungsinhalte festgelegt (Art des Ermittlungsverfahrens)?

 

6)     Sind Ausbildungsvorschriften und die Ausbildung zum Notfallleiter nach § 21 a Eisenbahngesetz genehmigungspflichtig?

 

7)     Wenn nein, warum nicht?

 

8)     Wurde um Genehmigung der Ausbildungsvorschriften und der Ausbildung zum Notfallleiter angesucht?

 

9)     Wenn ja, wann wurde durch welche Stelle angesucht?

 

10) Wenn nein, warum wurde dies unterlassen?

 

11) Wurden Ausbildungsvorschriften und die Ausbildung zum Notfallleiter durch die Eisenbahnbehörde genehmigt?

 

12) Wenn ja, wann?

 

13) Wenn nein, warum nicht?

 

14) Welche Ausbildungen für Funktionen im Verantwortungsbereich der ÖBB Infrastruktur Betrieb AG sind nach § 21 a Eisenbahngesetz genehmigt?

 

15) Seit wann werden die angeführten Ausbildungen vorgenommen, aufgelistet nach Datum und Ausbildung?

 

16) Wann wurde die Genehmigung für die angeführten Ausbildungen erteilt, aufgelistet nach Datum und Ausbildung?

 

17) Gibt es weitere Ausbildungen für Funktionen im Verantwortungsbereich der ÖBB Infrastruktur Betrieb AG, die nach § 21 a Eisenbahngesetz genehmigungspflichtig sind, jedoch über keine Genehmigung verfügen?

 

18) Für welche Eisenbahnberufe ist eine Mindestausbildungsdauer vorgeschrieben, aufgelistet nach Beruf und Mindestausbildungsdauer?

 

19) Wie lange dauert die Ausbildung der oben genannten Eisenbahnberufe in der Praxis?

 

20) Wie lange dauert die Ausbildung zum Notfallleiter?

 

21) Welche Lehrunterlagen stehen für die Ausbildung zum Notfallleiter zur Verfügung?

 

22) Wie viele Personen wurden seit 2005 zum Notfallleiter ausgebildet?

 

23) Fällt dem Notfallleiter im Notfall operative Verantwortung zu?

 

24) Wie häufig müssen Notfälle zumindest geübt werden?

 

25) Wie häufig wurden seit 2005 Notfallübungen vorgenommen, aufgeschlüsselt nach Datum, Ort und beteiligten Einsatzkräften?

 

26) Wurde die Funktion des Notfallleiters in die Betriebsvorschrift implementiert?

 

27) Wenn ja, wann und in welcher Form?

 

28) Wenn nein, warum nicht?

 

29) Wurde die Funktion des Notfallleiters in die Unfallvorschrift implementiert?

 

30) Wenn ja, wann und in welcher Form?

 

31) Wenn nein, warum nicht?

 

32) Welche Notfallleitstellen existieren in Österreich?

 

33) Nach welchen Kriterien wurden die Notfallleitstellen ausgewählt?

 

34) Nach welchen Kriterien wurden die Notfallleitstellen genehmigt?

 

35) Mit wie vielen Personen sind die Notfallleitstellen besetzt, aufgeschlüsselt nach Notfallleitstellen?

 

36) Fand eine Arbeitsplatzevaluierung der Notfallleitstellen statt?

 

37) Wenn ja, wann, aufgeschlüsselt nach Notfallleitstellen?

 

38) Wenn nein, warum nicht?

 

39) Hat die ÖBB Infrastruktur Betrieb AG die Verantwortung für die durch das Verkehrs-Arbeitsinspektorat kritisierten Organisationsverfehlungen übernommen?

 

40) Existiert eine generelle Regelung über die zu treffenden Schutzmaßnahmen beim Einsatz bahnfremder Dritter im Gefahrenraum der Geleise unter Berücksichtigung der Grundsätze der Gefahrenverhütung?

 

41) Wenn ja, ist diese Regelung mit den Einsatzkräften abgestimmt?

 

42) Wenn ja, seit wann und in welcher Form?

 

43) Wenn nein, warum nicht?

 

44) Existiert eine generelle Regelung über die organisatorische Umsetzung der Schutzmaßnahmen beim Einsatz bahnfremder Dritter im Gefahrenraum der Geleise unter Berücksichtigung der Grundsätze der Gefahrenverhütung?

 

45) Wenn ja, seit wann und in welcher Form?

 

46) Wenn nein, warum nicht?

 

47) Existiert eine generelle Regelung über die Umsetzung der Koordination mit den beteiligten Arbeitgebern beim Einsatz bahnfremder Dritter im Gefahrenraum der Geleise unter Berücksichtigung der Grundsätze der Gefahrenverhütung?

 

48) Wenn ja, seit wann und in welcher Form?

 

49) Wenn nein, warum nicht?

 

50) Wird die Koordination mit bahnfremden Dritten regelmäßig geübt?

 

51) Wenn ja, wann fanden diese Übungen statt, aufgeschlüsselt nach Datum und beteiligten Einsatzkräften?

 

52) In welchem Zeitraum muss ein Bahnübergang mit defekter Signalanlage spätestens gesichert sein?

 

53) In welchem Zeitraum musste ein Bahnübergang mit defekter Signalanlage am 1.1.2007 spätestens gesichert sein?

 

54) Gab es zu einem Zeitpunkt vor 2007 bereits Vorschriften, die eine Sicherung in einem konkreten bzw. kürzeren Zeitraum vorschrieben?

 

55) Wenn ja, wann, aus welchem Grund und durch wen wurden diese Regelungen jeweils aufgehoben?

 

56) Welche konkreten Verbesserungen wurden seit der Kritik des Verkehrs-Arbeitsinspektorats in den kritisierten Bereichen vorgenommen?

 

57) Welche Aktivitäten wurden von der Eisenbahnaufsicht gesetzt?