1583/J XXIV. GP
Eingelangt am 01.04.2009
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Anfrage
des Abgeordneten Mag. Stefan
und weiterer Abgeordneter
an die Frau Bundesminister für Justiz
betreffend die Überprüfung von Geschworenenurteilen
Nach der aktuellen Verfassungsrechtslage haben im Strafverfahren über schwerste und über politische Straftaten Geschworene zu urteilen (d.h. nur Laienrichter entscheiden über die Schuldfrage), über weniger schwere Delikte Schöffengerichte (Laienrichter und Berufsrichter gemeinsam) und über die leichtesten Delikte Einzel- und Bezirksrichter.
Dies hat einerseits positive Bewertung – insbesondere bei der Anwaltschaft und zum Teil auch in der Fachliteratur – erfahren, weil auf diese Weise die unmittelbare Beteiligung des Volkes an der Wahrheitsfindung im Strafverfahren sichergestellt wird und – historisch betrachtet – die Errungenschaft der Volksbeteiligung an der Rechtsprechung ein wesentliches Bollwerk gegen Politjustiz geschaffen hat.
Andererseits ist die Rechtsbelehrung, welche die Geschworenen von den Berufsrichtern erhalten, für die Geschworenen meist nicht immer verständlich und auch das komplizierte Frageschema mitunter geeignet, manche Geschworenen zu verwirren. Der sogenannte „Wahrspruch“ der Geschworenen ergeht überdies ohne Begründung. Laienrichter haben ja in der Regel keine juristischen Kenntnisse und keine forensische Erfahrung. Insbesondere ist auch die Anfechtbarkeit von Geschworenenurteilen extrem eingeschränkt, was auch in der juristischen Fachwelt rechtsstaatliche Kritik hervorgerufen hat (vgl. dazu eingehend Adrian Hollaender, Grundrechte und Verfassungsprinzipien im österreichischen Strafprozessrecht – Wege zur Gerechtigkeit, Neuer Wissenschaftlicher Verlag, S. 104 – 109, „Die Laienbeteiligung im Strafverfahren“ samt den dort verzeichneten weiteren Quellenangaben und Nachweisen der einzelnen Pro- und Contra-Argumente zur Geschworenengerichtsbarkeit).
Reformvorschläge stehen viele im Raum: Der frühere Präsident des Obersten Gerichtshofs Johann Rzeszut etwa hatte eine Sondierung von Geschworenen vor jedem Prozess vorgeschlagen. Der Wiener Strafrechtslehrer Manfred Burgstaller empfahl, die Rechtsbelehrung und Fragenbesprechung sollte künftig parteiöffentlich erfolgen. Andere wie etwa der Innsbrucker Strafprozessexperte Christian Bertel haben hingegen vorgeschlagen, die Geschworenengerichtsbarkeit überhaupt abzuschaffen. Andere wiederum traten für eine gesetzliche Verankerung einer überprüfbaren Begründung von Geschworenengerichtsurteilen ein.
Der OGH-Richter Hans Valentin Schroll bezeichnete ein begründungsloses Urteil, wie es im Geschworenenverfahren ergeht, gar als ein "Unding".
Andere Experten und vor allem Vertreter der österreichische Rechtsanwaltschaft sind wiederum für die Bedeutung der Laienbeteiligung im Strafverfahren und insbesondere auch für die Beibehaltung des Geschworenenverfahrens eingetreten, um die eingangs erwähnte unmittelbare Beteiligung des Volkes an der Wahrheitsfindung im Strafverfahren weiterhin in gebührender Weise sicherzustellen und die Stimme des Volkes in die Rechtsprechung einfließen zu lassen.
Angesichts dieser im aufgezeigten Umfang konträren Standpunkte in der Fachwelt zum Thema der Geschworenengerichtsbarkeit richten die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Justiz nachstehende
Anfrage