1712/J XXIV. GP

Eingelangt am 20.04.2009
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

 

betreffend geplante Verschlechterung für die Fahrgäste der Regionalbahn "Haager Lies" in Oberösterreich durch Investitionspläne von BMVIT und ÖBB auf der Westbahnstrecke

 

 

Ein konkretes aktuelles Beispiel aus Oberösterreich illustriert treffend, dass bei der Investitionspolitik von BMVIT und ÖBB Kundeninteressen nicht die entscheidende Rolle spielen bzw. in bestimmten Fällen tatsächlich völlig gegen die Interessen der Menschen in den Regionen Investitionen geplant bzw. entschieden werden.

 

Die Haager Lies, die Regionalbahn Haag am Hausruck – Lambach, ist ein Rückgrat der Mobilität in der Region und ist durch den Anschluss an die Eilzüge der Westbahn in Lambach sowie durch durchgebundene Direktzüge bis Wels bzw. sogar Linz ein attraktives Angebot für BerufspendlerInnen und andere Fahrgäste des Öffentlichen Verkehrs. Gerade der große Erfolg der ersten Direktverbindung nach Linz hat das Potenzial dieser Strecke erneut bestätigt. Im auch wirtschaftlich wachstumsstarken OÖ Zentralraum mit seinen durch den Straßenverkehr maßgeblich mitbedingten Problemen mit Luftschadstoffen und Verkehrssicherheit ist der Erhalt und die weitere Stärkung solcher Verbindungen ein Gebot der Stunde. Umsomehr ist dies im Sinne der Klimaschutznotwendigkeiten zu unterstreichen.

 

Die Strecke der Haager Lies trifft derzeit in Neukirchen bei Lambach auf die Westbahnstrecke und führt dann mit dieser bis Lambach.

 

Nun wurden kürzlich zB in Neukirchen bei Lambach die AnrainerInnen bei einer Info-Veranstaltung über den von den ÖBB geplanten Neubau der Westbahnstrecke in diesem Bereich informiert. Obwohl von den Plänen alle BahnbenützerInnen der „Haager Lies“ und die gesamte Region massiv nachteilig betroffen sind, wurden die Fahrgäste bzw. Anrainer-Gemeinden nicht entsprechend informiert. Es soll künftig im Zuge des weiteren Ausbaus der Westbahnstrecke von Lambach Richtung Salzburg die Westbahnstrecke so verändert werden, dass die bisherige Verbindung zwischen Regionalbahnstrecke und Westbahn gekappt und damit sowohl durchgehender Verkehr aus der Region bis Lambach, Wels oder Linz als auch durchgehender Gütertransport auf der Schiene verunmöglicht würden. Für die Aufrechterhaltung bzw. sogar Verbesserung der derzeitigen Möglichkeiten der Fahrgäste wäre der Erhalt der Bestandstrasse neben der neuen Trasse sowie zwecks Verbindung Haager Lies - Neubaustrecke der Einbau einer hochgeschwindigkeitstauglichen Weiche (bzw. einer zweiten für eine zusätzliche direkte Einbindung aus und in Richtung Salzburg) erforderlich. Das stattdessen von BMVIT und ÖBB geplante Kappen der bestehenden Verbindung würde hingegen für Fahrgäste und Güterverkehr völlig inakzeptable Verschlechterungen bringen. Da in Neukirchen bei Lambach kein Eilzug- oder gar Schnellzughalt erfolgt, wäre jede zeitlich zur Straße konkurrenzfähige Verbindung auf der Schiene verunmöglicht, detto würde mögliche Schienengüterbeförderung für das gerade erst erschlossene Betriebsbaugebiet neben der Bahn in Neukirchen bei Lambach verunmöglicht.

 

Nachvollziehbarerweise wollen sich die Betroffenen diesen höchst obrigkeitsstaatlich anmutenden, kundenfeindlichen Akt, der mit millionenteuren Baumaßnahmen von ihrem Steuergeld zugleich ihre eigenen Möglichkeiten zur Nutzung des Schienenverkehrsangebots massiv verschlechtern würde, nicht bieten lassen. Sie fragen zurecht, wieviel Umweltschutz, Lebensqualität, Schutz der Bevölkerung vor Belastungen des Straßenverkehrs die verantwortlichen PolitikerInnen in der Praxis– abseits von Sonntagsreden – tatsächlich wollen.

 

Ohne spezielle Werbemaßnahmen oder mediale Unterstützung haben rund 2.500 Menschen in kürzester Zeit gegen diesen Anschlag auf die regionale Mobilität mit ihrer Unterschrift protestiert. Zurecht stellen sie die Frage, was denn schnellere Züge auf der Hauptstrecke bringen, wenn man diese von den Zubringerstrecken aus den Regionen kommend nicht mehr nutzen kann, und wehren sich gegen das „links liegen lassen“ einer – ihrer! – Region. Menschen aus der Region formulieren richtig: „Es darf nicht sein, dass unser Steuergeld in Projekte investiert wird, die für uns Verschlechterungen bringen.“

 

Die klimafreundliche, energieeffiziente Schiene sollte für möglichst viele so attraktiv wie nur irgend möglich gestaltet werden, nur dies würde den Erfordernissen einer energieeffizienten, klimaverträglichen und leistbaren Mobilität für möglichst Alle gerecht werden, wie sie am Ende des Öl-Zeitalters ein dringendes Erfordernis ist und ja auch nicht zu Unrecht in Sonntagsreden der Bundesregierung und der ÖBB-Spitze einen ansehnlichen Stellenwert einnimmt. Diesen Worten sollten allerdings auch die entsprechenden konsistenten Taten folgen. Mit aufwendigsten Großbau-Investitionen wie beim Westbahn-Ausbau westlich von Lambach konkret geplant, die für viele Fahrgäste auf Dauer Nachteile statt Vorteile und Verbesserungen bringen, ist zwar vielleicht der Beton-Lobby, sicher aber nicht den Menschen und der Umwelt gedient.

 

Investitionen um der Investition willen, die Verschlechterungen für Viele bedeuten, sind keine verkehrspolitische, sondern höchstens eine betonpolitische Lösung.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

1.      Wie stehen Sie zum geplanten Ausbau der Westbahnstrecke im Raum westlich von Lambach in Oberösterreich in seiner derzeit vorliegenden und kürzlich in der Region präsentierten Form, die die derzeitige Ein- und Durchbindung der Regionalbahn „Haager Lies“ bis Lambach, Wels und Linz baulich unterbinden und damit ein gut nachgefragtes und weiter ausbaufähiges Schienenverkehrsangebot für die regionale Bevölkerung mutwillig verunmöglichen würde?

 

2.      Welche Realisierungszeitraum und welche Kosten sind für dieses Projekt derzeit vorgesehen?

 

3.      Welche Alternativen, die auch künftig eine Ein- bzw. Durchbindung der „Haager Lies“ ermöglichen würden, zu dieser Westbahn-Ausbau-Variante haben Sie bzw. die ÖBB mit welchem konkreten Ergebnis untersucht?

 

4.      Falls Sie keine derartigen Alternativen untersucht haben bzw. untersuchen ließen – warum nicht?

 

5.      Was spricht gegen den Erhalt der alten Trasse neben der geplanten Neubaustrecke?

 

6.      Welche Erhaltungskosten würde der Erhalt der alten Trasse im Jahr erfordern?

 

7.      Was würde der Einbau von einer bzw. zwei hochgeschwindigkeitstauglichen Weiche/n zur auch künftigen direkten Verbindung zwischen Regionalbahnstrecke und Westbahnstrecke im Raum Neukirchen bei Lambach an Investitionen erfordern?

 

8.      Stimmt es, dass derartige hochgeschwindigkeitstaugliche Weichen in Österreich entwickelt und aus in Österreich hergestelltem Spezialstahl produziert werden und daher mit einer solchen Investition ein besonders ansehnlicher Wertschöpfungseffekt verbunden wäre?

 

9.      Können Sie ausschließen, dass die Mittel für derartige Ausbauprojekte mit höchst nachteiligen Begleiterscheinungen für regionale BahnnutzerInnen anderswo abgezogen werden, zB von der Erhaltung der Strecken insbesondere des B- und C-Netzes, in denen es immer mehr schlechte und nicht instand gesetzte bzw. unzureichend instand gehaltene Abschnitte gibt?

 

10. Wann wurden auf der Regionalbahnstrecke nach Haag am Hausruck Investitionen in die Infrastruktur von Seiten der ÖBB getätigt? Welche und mit welchen Investitionsvolumina?

 

11. Welche Zukunft sieht das mit der Zustimmung Ihrer Vertreter im Aufsichtsrat entwickelte RegioBahnen-Konzept der ÖBB in seiner aktuell gültigen Fassung (bitte um Angabe des Datums dieser Fassung) für die Strecke der „Haager Lies“ vor?

 

12. Welche rechtliche Verbindlichkeit hätte eine von LHstv. Haider gegenüber den ÖBB gegebene Zustimmung  zur Kappung der Regionalbahn von der Westbahnstrecke für das Land OÖ?

 

13. Auf welcher rechtlichen Grundlage können die ÖBB Regionalbahnstrecken von Hauptstrecken a) generell, b) entschädigungslos abschneiden?

 

14. Welche Möglichkeiten der Gegenwehr gibt es, zB für Gebietskörperschaften, die durchgehende Verkehre über den „Abschnittspunkt“ hinaus bestellen bzw. fördern?


 

15. Gibt es seitens der ÖBB bzw. von Ihrer Seite Überlegungen für eine Übertragung der Regionalbahntrasse zwischen Haag und Neukirchen zB an Stern&Hafferl, und wenn ja, welche Modalitäten (insbesondere Kaufpreisvorstellungen) würden einer solchen Übertragung zu Grunde gelegt?

 

16. Entspricht der Plan, ein extra neben der Bahn erschlossenes Gewerbegebiet durch Umbaumaßnahmen vom Schienenanschluss abzuschneiden, den verkehrspolitischen Zielen, die Sie und diese Bundesregierung sich gesetzt haben? Wird für solche Fälle hernach womöglich mit einer weiteren Spritze Steuergeld aus dem Budget oder dem Klimafonds eine Anschlussbahn eingerichtet und diese dann als politischer Erfolg verkauft?

 

17. Wie sollten Ihrer Meinung nach im Fall der baulichen Abkopplung der Regionalbahn „Haager Lies“ vom ÖBB-Schienennetz die Verkehrsbedürfnisse der derzeitigen Fahrgäste, die alternativ nicht über ein Auto verfügen können oder sich dieses für den täglichen Arbeitsweg nicht leisten können, abgewickelt werden?

 

18. Wie wollen Sie im Fall der Umsetzung des Westbahn-Ausbauprojekts und der damit verbundenen massiven Verschlechterung für die Fahrgäste der Regionalbahn „Haager Lies“ deren im Widerspruch zu den verkehrs-, umwelt- und klimapolitischen Zielen dieser Bundesregierung stehenden Umstieg aufs Auto konkret verhindern?