1898/J XXIV. GP

Eingelangt am 29.04.2009
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ANFRAGE

der Abgeordneten Lunacek, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten

 

betreffend Informationspolitik und Öffentlichkeitsarbeit der Regierung zur EU und Hebung der Wahlbeteiligung zu den Europa-Wahlen 2009

 

Die neueste Eurobarometer-Umfrage lässt für Österreich eine historisch niedrige Wahlbeteiligung bei den Wahlen zum Europäischen Parlament (EP) am 7. Juni befürchten. Nur jede/r Fünfte (21%) wird wahrscheinlich an den Wahlen teilnehmen. Damit liegt Österreich an vorletzter Stelle unter den EU-Mitgliedsstaaten. Darüber hinaus ist das Misstrauen gegenüber dem Europäischen Parlament in Österreich EU-weit am zweithöchsten. 42% der Österreicherinnen und Österreicher misstrauen dem EP und mehr als ein Drittel bezeichnet sich selbst als Gegner der EU. Betrachtet man das Interesse der ÖsterreicherInnen an den EU-Wahlen seit dem Beitritt, so ist der Wert von 67,73% im Jahr 1996 dramatisch gesunken. Bereits bei den vorangegangenen Eurobarometer-Umfragen war Österreich als eines der EU-kritischsten Länder hervorgegangen.

 

Die Bundesregierung trägt eine maßgebliche Verantwortung für die EU-Informationspolitik in Österreich. Bereits im Regierungsprogramm der letzten SPÖ/ÖVP-Koalition war dazu zu lesen: „Die Stärkung des Vertrauens der Österreicherinnen und Österreicher in das europäische Projekt ist ein besonderes Anliegen der Bundesregierung. Sie wird zu diesem Zweck verstärkt neue Wege der Vermittlung suchen“ (Regierungsprogramm 2007-2010, S.6) Im aktuellen Regierungsprogramm verspricht die Bundesregierung wieder, diesmal jedoch erst im letzten Kapitel, sich für die Stärkung des Vertrauens in die Europäische Union einzusetzen und: „[Sie] verpflichtet sich zur umfassenden und beständigen Informationsarbeit zur EU und zum umfassenden Dialog mit den Bürgern. Diese Verantwortung nimmt die Bundesregierung und jedes ihrer Mitglieder wahr“ (Regierungsprogramm 2008-2012, S. 227).

 

Medienberichten zufolge scheiterte eine zunächst ohne Ausschreibung geplante EU-Kampagne der Bundesregierung, die auch die Wahlbeteiligung beworben hätte, angeblich aus zeitlichen Gründen (siehe Kurier Seite 2 vom 15. März 2009).

 

Stattdessen wurde am 25. Februar 2009 im Amtsblatt der Wiener Zeitung ein Konzept zur „Unterstützung der Informationstätigkeit der Regierung“ ausgeschrieben. Damit soll für den Zeitraum 2009-2010 (optional bis 2011) „die Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger für die wirtschafts- und arbeitspolitischen Maßnahmen der Regierung  erreicht werden“.

 

Angesichts der anhaltend besorgniserregenden Ergebnisse der Eurobarometerumfragen, die im Gegensatz zu den Ankündigungen im Bereich der EU-Informationspolitik der letzten beiden Regierungsprogramme stehen, sollte die Regierung ihre bisherige Informationspolitik evaluieren und ihre selbst proklamierte Verantwortung alsbald übernehmen.


 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

  1. Gab es von Seiten der Bundesregierung, bzw. des Ministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten das Vorhaben eine EU-Informationskampagne im ersten Halbjahr 2009, die auch die Wahlbeteiligung zu den Europawahlen beworben hätte, in Auftrag zu geben?
    1. Wenn ja: Welcher finanzielle Rahmen war dafür vorgesehen?
    2. Wenn ja: Woran scheiterte dieses Vorhaben?

 

  1. Ist es richtig, dass die geplante Aufklärungskampagne der Bundesregierung zur Europapolitik nun als reine Regierungsbewerbungskampagne im Herbst, rechtzeitig vor den nächsten Landtagswahlen stattfinden soll, wie eine entsprechende Ausschreibung im Amtsblatt der Wiener Zeitung vom 25. Februar 2009 nahelegt?

 

  1. Wann wurde die bislang letzte EU-Informationskampagne Ihres Ressorts umgesetzt?
    1. Was war der inhaltliche Schwerpunkt derselben?
    2. Welche Ausgaben entstanden dadurch für das Budget?

 

  1. Erkennen Sie einen Zusammenhang zwischen dem laut Eurobarometer EU-weit überdurchschnittlichen Misstrauen der Österreicherinnen und Österreicher gegenüber den EU-Institutionen und der EU-Informationspolitik der Regierung?

 

  1. Im Regierungsprogramm steht auf Seite 227, dass die Bundesregierung und jede Ministerin/jeder Minister die Verantwortung für die umfassende und beständige Informationsarbeit zur EU wahrnehmen wird. Welche konkreten Vorhaben wurden seit Ihrem Amtsantritt in die Wege geleitet? Bitte um genaue Auflistung der entsprechenden Maßnahmen und deren Kosten.
    1. Welcher finanzielle Rahmen steht Ihrem Ressort dazu pro Jahr zur Verfügung?
    2. Welche Summe wurde von Ihrer Vorgängerin im Bereich der EU-Informationspolitik ausgegeben? Bitte um detaillierte Auflistung pro Jahr. 

 

  1. Welche der im Regierungsprogramm unter dem Kapitel „Stärkung des Vertrauens in Europa“ angeführten Maßnahmen werden von Ihrem Ressort umgesetzt?
    1. Wann werden diese Maßnahmen umgesetzt und was werden sie kosten? Bitte um detaillierte Auflistung der Kosten pro Vorhaben.

 

  1. Im Regierungsprogramm (S. 230) ist zu lesen, dass Ihrem Ressort „zusätzliche personelle und finanzielle Mittel“, auch zum Aufbau einer öffentlich zugänglichen Informationsstelle zur Verfügung gestellt werden. Welche personellen und finanziellen Mittel stehen Ihrem Ressort dafür zur Verfügung?
    1. Wurde davon bereits Geld ausgegeben? Wenn ja, wie viel und wofür?
    2. Umfassen die „zusätzlichen personellen Mittel“ neue Anstellungen in Ihrem Ressort und was sind die Aufgabenprofile dieser Neuanstellungen?
    3. Wann wird der Aufbau einer öffentlich zugänglichen Informationsstelle abgeschlossen sein und welche finanziellen Mittel wurden dafür bereits veranschlagt bzw. ausgegeben?