1999/J XXIV. GP

Eingelangt am 07.05.2009
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Pilz, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Inneres

 

betreffend Polizeigewalt in Linz

 

 

Am 1. Mai 2009 fand in Linz eine Demonstration statt.

 

Im Zuge dieser Demonstration wurden nachweislich rund 50 Jugendliche von Polizeikräften umstellt („eingekesselt“), und mehrere Stunden an Ort und Stelle festgehalten. Schließlich kam es zu Eskalationen, und es wurden lt. Medienberichten insgesamt fünf Personen festgenommen. Mehrere Personen sowohl unter den DemonstrantInnen als auch auf Seiten der Polizeikräfte wurden verletzt.

 

Die Tageszeitung „Oberösterreichische Nachrichten“ berichtet über die Darstellung der Exekutive:

 

[oö. Sicherheitsdirektor, Anm] Lißl hielt indes fest, die Beamten hätten konsequent gehandelt. Die Demonstranten seien immer wieder aufgefordert worden, ihre Vermummung aufzuheben. Erst als die Demonstranten dem nicht nachkamen, sah man sich zum Einschreiten gezwungen, zumal gegen die Beamten auch bereits Pfefferspray eingesetzt worden sei.

 

Die angebliche Vermummung dieser 50 Personen wird jedoch von AugenzeugInnen glaubwürdig bestritten.

 

So berichtet etwa ein Augenzeuge:

 

Als wir den Treffpunkt für den Abmarsch des Demonstrationszuges (Blumauplatz) um ca. 10:40h erreichten, befanden sich unter den bereits anwesenden Demonstranten schon ein paar Jugendliche, welche sich mit Sonnenbrillen, Schals oder Kapuzen unkenntlich gemacht hatten, was gegen das Vermummungsverbot verstößt. Auch die Polizei war zu diesem Zeitpunkt schon mit einem guten Dutzend Beamter vor Ort.


Die Beamten hielten einige der vermummten Personen an, entsprechende Kleidungsstücke abzulegen, was manche der Angesprochenen sofort befolgten. Gegen diejenigen, die den Anweisungen nicht Folge leisteten, gingen die Beamten aber vorerst nicht weiter vor.

 

Erst als sich um 11:00h der Demonstrationszug zum Abmarsch bereit machte, begann die Polizei - jetzt mit deutlich höherem Personalaufwand - jenen Teil des Zuges (ca. 40 bis 50 Personen) großräumig einzukesseln, in welchem sich die verbleibenden vermummten Personen (etwa 5), außerdem auch mein erwähnter Freund und ich, befanden. Der Großteil der hiermit auf engstem Raum umzingelten Personen hatte sich demnach gar nichts zu Schulden kommen lassen.

 

Eine unabhängige Zeugin fotografierte die Situation noch bevor es zur Eskalation kam, und auf den im Internet veröffentlichten Bildern sind keine vermummten DemonstrantInnen zu sehen, sondern Jugendliche, die friedlich auf dem Boden sitzen und von Polizei umstellt sind.

 

Es gibt auch mehrere Privatvideos, die im Internet veröffentlicht wurden, auf welchen ebenfalls keine Vermummungen zu erkennen sind. Sehr wohl ist auf den Videos jedoch zu erkennen, wie Polizisten mit Schlagstöcken auf DemonstrantInnen einschlagen. Dasselbe Bild zeigt sich bei Fernsehbildern des ORF in den Sendungen ZIB und Oberösterreich Heute am 1. Mai 2009: keine Vermummten, sehr wohl aber Polizisten, die mit Schlagstöcken ohne erkennbaren Grund auf DemonstrantInnen einschlagen.

 

Die erwähnte Zeugin berichtet im Internet weiters:

 

KEINE/R dieser Youngsters war vermummt! (Ich fotografierte sie alle!) Also stellte ich mich mitten unter die sog. "Vermummten", um, wenn nötig, als Zeugin da zu sein.

 

Nach gut zwei Stunden Einkesselung wurde die Situation immer angespannter. Die Jugendlichen schrien, wurden zusehends ungeduldiger, wollten raus und plötzlich brach die Hölle los: Polizisten schnappten sich einzelne aus der Gruppe, warfen sie zu Boden, droschen mit Schlagstöcken auf sie ein.

 

Der oben bereits zitierte Augenzeuge berichtet dazu:

 

Kurz darauf versuchten die Beamten der Polizei, die ohnehin schon zusammengepferchten Personen noch weiter zusammenzudrängen und da dies aus physikalischen Gründen nicht mehr möglich war, fingen sie damit an, mit Gummiknüppeln ziellos auf die Menge einzuschlagen.

 

Außerdem setzte die Polizei bei dieser Aktion Tränengas bzw. Pfefferspray ein, es gab in der Folge Verletzte, auch auf Seiten der Polizei.

 

Erst nachdem die Polizei die vielleicht 2-minütige Prügelattacke beendet hatte, begann sie endlich, scheinbar wahllos einzelne Personen aus der Menge herauszugreifen, festzunehmen und dann deren Personalien aufzunehmen. Dies hätten sie allerdings schon ganz zu Beginn machen können, und zwar zielgerichtet mit den vermummten Personen.


Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

 

1. Welchen Zweck hatte die Einkesselung von ca. 50 DemonstrantInnen bei der Demonstration des „Aktionskomittee 1. Mai“ am 1. Mai 2009 in Linz?

 

2. Wieviele der eingekesselten Personen waren zu Beginn der Einkesselung „vermummt“?

 

3. Wieviele Personen wurden aufgefordert, die Vermummung zu entfernen?

 

4. Wieviele Personen sind dieser Aufforderung nachgekommen?

 

5. Weshalb wurden die eingekesselten Personen stundenlang festgehalten?

 

6. Unter welchen Voraussetzungen wurde es Personen gestattet, den „Kessel“ zu verlassen?

 

7.  Ist es zutreffend, dass Polizisten mit Schlagstöcken auf die eingekesselten DemonstrantInnen eingeschlagen haben?

 

8. Ist es zutreffend, dass Polizisten gegen die DemonstrantInnen Pfefferspray bzw. Tränengas eingesetzt haben?

 

9. Können Sie ausschließen, dass jene Polizisten, welche nach Behördenangaben durch Pefferspray verletzt wurden, im Gedränge tatsächlich selbst Opfer des Einsatzes von Pefferspray bzw. Tränengas durch andere Polizeikräfte wurden?

 

10. Nach welchen Kriterien wurden jene Personen ausgewählt, die in der Folge festgenommen wurden?

 

11. Handelte es sich dabei ausschließlich um vermummte Personen?

 

12. Wieviele DemonstrantInnen wurden durch den Einsatz von Schlagstöcken verletzt?

 

13. Um welche Verletzungen handelte es sich?

 

14. Wieviele DemonstrantInnen wurden durch den Einsatz von Pefferspray bzw. Tränengas verletzt?

 

15. Wieviele Polizisten wurden von den eingekesselten DemonstrantInnen verletzt?

 

16. Um welche Verletzungen handelte es sich?

 

17. Erlitten jene Polizisten, die Verletzungen davon trugen, diese vor oder nachdem die Situation durch den Einsatz von Schlagstöcken und Pfefferspray eskaliert war?

 

18. Welche Maßnahmen haben Sie ergriffen, um die Vorfälle in Linz umfassend aufzuklären?


 

19. Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um derartige Vorfälle in Zukunft zu vermeiden?