2047/J XXIV. GP

Eingelangt am 13.05.2009
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Gartelgruber, Neubauer

und weiterer Abgeordneter

 

an den Bundesminister für Finanzen

 

betreffend Privatstiftungen

 

Privatstiftungen sind Rechtsträger, denen vom jeweiligen Stifter ein Vermögen gewidmet ist, um durch dessen Nutzung, Verwaltung und Verwertung der Erfüllung eines erlaubten, vom Stifter bestimmten Zwecks zu dienen. Sie genießen Rechtspersönlichkeit und müssen ihren Sitz im Inland haben.

 

Stifter einer Privatstiftung können eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen sein. Eine Privatstiftung von Todes wegen kann nur einen Stifter haben. Hat eine Privatstiftung mehrere Stifter, so können die dem Stifter zustehenden oder vorbehaltenen Rechte nur von allen Stiftern gemeinsam ausgeübt werden, es sei denn, die Stiftungsurkunde sieht etwas anderes vor.

 

Der Privatstiftung muss ein Vermögen im Wert von mindestens 70.000 Euro gewidmet werden. Begünstigter ist der in der Stiftungserklärung als solcher Bezeichnete. Ist der Begünstigte in der Stiftungserklärung nicht bezeichnet, so ist Begünstigter, wer von der vom Stifter dazu berufenen Stelle, sonst vom Stiftungsvorstand als solcher festgestellt worden ist. Letztbegünstigter ist derjenige, dem ein nach Abwicklung der Privatstiftung verbleibendes Vermögen zukommen soll. Die Privatstiftung wird durch eine Stiftungserklärung errichtet; sie entsteht mit der Eintragung in das Firmenbuch. Die Stiftungserklärung hat jedenfalls die Widmung des Vermögens, den Stiftungszweck, die Bezeichnung des Begünstigten oder die Angabe einer Stelle, die den Begünstigten festzustellen hat, den Namen und den Sitz der Privatstiftung, den Namen sowie die für Zustellungen maßgebliche Anschrift des Stifters, bei natürlichen Personen das Geburtsdatum, bei Rechtsträgern, die im Firmenbuch eingetragen sind, die Firmenbuchnummer sowie die Angabe, ob die Privatstiftung auf bestimmte oder unbestimmte Zeit errichtet wird, zu enthalten.

 

Die Privatstiftung ist aus dem Rechts- und Wirtschaftsleben nicht mehr wegzudenken. An der Spitze der wichtigsten Unternehmensgruppen Österreichs stehen überwiegend Privatstiftungen. Privatstiftungen leisten aber auch einen unverzichtbaren Beitrag im gemeinnützigen Bereich. Per 31.12.2006 waren in Österreich 2.875 Privatstiftungen in das Firmenbuch eingetragen. Die Privatstiftung hat sich damit als die wichtigste Stiftungsform in Österreich etabliert. Als Motive zur Errichtung einer Privatstiftung sind insbesondere zu nennen: die Gestaltungsmöglichkeiten (die freie Festlegbarkeit des Stiftungszweckes und der übrigen Bestimmungen der Stiftungserklärung, so insbesondere auch Rechte, die sich ein Stifter auf Lebzeiten vorbehalten kann, mit welchen er sich eine gewisse Einflussnahme auf die Stiftung sichern kann), die Absicherung des Vermögens vor Fremdeinflüssen, die Versorgung der Familie, erbrechtliche Überlegungen, Nachfolgeregelungen für Betriebe sowie nicht zuletzt abgabenrechtliche Aspekte.

 

Zu den Motiven aus steuerlicher Sicht war bisher insbesondere auf den Schenkungssteuersatz von 5% (bei Liegenschaftsübertragung vom dreifachen Einheitswert zuzüglich 3,5%) für Vermögenswidmungen des Stifters an die von ihm errichtete Privatstiftung und – für die Privatstiftung selbst – auf die günstige Besteuerung bei Kapitalerträgen hinzuweisen. 2008 wurde der Eingangssteuersatz für Zuwendungen an eine inländische Privatstiftungen 2008 generell auf 2,5% gesenkt. Für Zuwendungen an Begünstigte bleibt prinzipiell der Steuersatz von 25% aufrecht, wobei wie bisher die 12,5-prozentige Zwischensteuer innerhalb der Stiftung auf die bei der Ausschüttung fällige Kapitalertragsteuer angerechnet wird. Mit dem Auslaufen von Erbschafts- und Schenkungssteuer kommt es allerdings in diesem Bereich zu einer Neuerung: Die Zuwendung von Substanzvermögen (= Substanzauszahlung) aus einer Stiftung wird steuerfrei gestellt.

 

Zuwendungen aus einer Privatstiftung gelten insoweit als (steuerneutrale) Substanzauszahlung, als sie einen gesetzlich definierten "maßgeblichen Wert" übersteigen. Solange die Zuwendungen daher im "maßgeblichen Wert" Deckung finden, sind sie steuerpflichtig. Der "maßgebliche Wert" ist gesetzlich definiert. Als maßgeblicher Wert gilt der am Beginn des Geschäftsjahres vorhandene unternehmensrechtliche Bilanzgewinn (§ 224 Abs. 3 A IV UGB) zuzüglich der gebildeten Gewinnrücklagen (§ 224 Abs. 3 A III und IV UGB) und zuzüglich der steuerrechtlichen stillen Reserven des zugewendeten Vermögens. Erst wenn die Zuwendung aus der Stiftung diesen "maßgeblichen Wert" überschreitet, liegt insoweit eine steuerfreie Substanzauszahlung vor, sofern die Substanzauszahlung in dem von der Stiftung zu führenden Evidenzkonto Deckung findet.

 

Stiftungen stellen einen bedeutenden Teilaspekt der Zivilgesellschaft dar. Sie verwalten insgesamt gesehen ein bedeutendes Vermögen, besonders seit 1993 das Privatstiftungsgesetz beschlossen wurde. Es erlaubte neben den ca. 900 Bundes- und Landesstiftungen, deren Gemeinnützigkeit festgeschrieben ist, auch Stiftungen für private Zwecke. Aber während es in den meisten EU-Ländern eine rege Szene an privaten Stiftungen für die Gemeinnützigkeit gibt, bekennt sich in Österreich nur ein verschwindend kleiner Anteil der privaten Stiftungen zur Gemeinnützigkeit - etwa 5 - 10 %, um konkreter zu sein. Eine empirische Untersuchung der ersten 365 Stiftungsurkunden aus dem Jahr 1996 zeigt, dass bis dato nur rund jede zehnte Privatstiftung eine primär nach außen gerichtete, gemeinnützige Zwecksetzung aufwies. Eine telefonische Umfrage von The World of NGOs im Jahr 2002 bei in Wien ansässigen Stiftungen ergab, dass den meisten Stiftungen die Gemeinnützigkeit inhaltlich kein großes Anliegen ist. Für die Anliegen der Zivilgesellschaft ist in den meisten Privatstiftungen also kein Platz. Das ist schade, denn der Sektor benötigt durch den stetigen Rückzug des Staates aus der Finanzierung gesellschaftlicher Aufgaben dringend mehr privates Kapital für soziale, kulturelle und sonstige gesellschaftliche Zwecke. Zum Vergleich der Stiftungsszene in Deutschland: dort gibt es nach aktuellen Meldungen rund 14.000 Stiftungen, und davon sind überwältigende 95 % als gemeinnützig registriert.

 

Das Privatstiftungsgesetz wurde 1993 ins Leben gerufen, um Kapital nach Österreich zu holen bzw. es zu halten, denn die hohen Steuerlasten vor allem in der Nachfolge und Übergabe von Besitz hatten viele Vermögen abwandern lassen, z.B. nach Liechtenstein und in die Schweiz. Der Gründungsboom lässt sich daran ablesen, dass am 01.01.1996 bereits rund 200 Privatstiftungen gezählt wurden und es mit Stand Februar 2007 2.893 Privatstiftungen gibt (Stiftungsrecht. Jahrbuch 2007, Maximilian Eiselsberg, Hg.), weit mehr, als die Marktforschung in den 90er Jahren für diesen Bereich erwartete.

 

Eine offizielle Liste aller Privatstiftungen gibt es laut Verband Österreichischer Privatstiftungen jedoch nicht. Der Grund: „Wahrung der Diskretion.“

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Finanzen nachstehende

 

ANFRAGE

 

1.     Wie viele Privatstiftungen existieren in Österreich, aufgeteilt nach Bundesländern?

 

2.     Wie lauten die Namen bzw. Bezeichnungen dieser Stiftungen?

 

3.     Welchen Zweck haben diese Stiftungen?

 

4.     Wie viel Geld wird derzeit in Privatstiftungen verwaltet?

 

5.     Welcher Euro-Betrag an Steuern und Abgaben wurde seitens dieser Stiftungen im abgelaufenen Jahr 2008 entrichtet?

 

6.     Wie viel Prozent des Bruttoinlandsprodukts sind das?

 

7.     Ist es für Stiftungen möglich, um Subventionen bei der „öffentlichen Hand“ anzusuchen?

 

8.     Wie viele Privatstiftungen wurden von Gebietskörperschaften, Sozialpartnern und politischen Parteien bzw. deren Vorfeldorganisationen errichtet?

 

9.     Um welche Stiftungen handelt es bei den in Frage 9 angeführten?

 

10. Können Sie ausschließen, dass die Stiftung L 36 den Verlag Gutenberg unterstützt, fördert oder leitet?

 

11. Darf die Privatstiftung L 36 als Gesellschafter der W 2 Beteiligungs-verwaltungs GmbH auftreten?