2165/J XXIV. GP

Eingelangt am 20.05.2009
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Kunasek, Dr. Kurzmann

und weiterer Abgeordneter

 

an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur

 

betreffend Einsperren von Schülern in der BHAK/BHAS Grazbachgasse

 

Am 09.05.2009 fand in der BHAK/BHAS Grazbachgasse in Graz eine „interkulturelle“ Veranstaltung statt. Für die Schüler bestand Anwesenheitspflicht. Laut Aussagen von Schülern, wurde diese Anwesenheitspflicht mit aggressiven Mitteln durchgesetzt. So wurden die Eingänge von Lehrern und extra als Ordner eingeteilten Schülern „bewacht“ um andere Schüler am Verlassen des Schulgebäudes zu hindern. Die Türen an den Seiteneingängen wurden kurzzeitig sogar mit Eisenketten versperrt.

 

Auszug von Berichten betroffener Schüler:

 

Maturantin:

 

„Musste bei Verlassen der Schule feststellen, dass der Seiteneingang mit Kette versperrt war und bei der Einfahrt das Tor zugeschoben war. Sie wollte die Schule verlassen und ging zum Haupteingang, dort stand ein Türsteher und eine Lehrkraft. Sie sagte, dass sie Schülerin der 5. Klasse ist und die Schule verlassen möchte. Nach Diskussion durfte sie gehen.“

 

Maturant:

 

„Hat die Schule normal in der Frühe betreten und wurde von einer Schülerin in Kenntnis gesetzt, dass die Schule um 10.30 Uhr wegen einer Interkulturellen Veranstaltung gesperrt wird. Überzeugte sich selbst beim Sicherheitspersonal davon, dass ein Verlassen nicht mehr möglich war. Da er noch Zeit hatte, wollte er eine Zigarette rauchen gehen, auch dies war nicht möglich. Musste feststellen, dass der Nebeneingang mit einer Kette versperrt und die Einfahrt mit dem Tor verschlossen war. Das Lehrpersonal hat die SchülerInnen aufmerksam gemacht, dass die Schule bis 14 Uhr gesperrt ist und ein Verlassen nicht möglich sei. Wollte sich beim SPAR etwas zum Trinken und Essen holen. Es wurde ihm aufgezwungen bei der Interkulturellen Veranstaltung sich mit Essen und Trinken zu versorgen. Es wird mitgeteilt, dass die Veranstaltung bis 14 Uhr gedauert hat. Das Sicherheitspersonal hat die SchülerInnen beim Kommen und Verlassen der Schule kontrolliert.“

 

Schüler:

 

„Hat die Schule besucht und bis 9.30 Uhr war nichts Auffälliges. Die Teilnahme am Interkulturellen Fest war Pflicht. Wollte um ca. 10.30 Uhr das Fest verlassen. Der Türsteher machte ihn darauf Aufmerksam gemacht, dass dies nicht möglich sei. Er teilte ihn mit, dass er nicht mehr schulpflichtig ist und das Recht habe die Schule zu verlassen. Um 11.25 Uhr gab es eine Rauchpause. Um 11.40 Uhr kam die Interkulturellen Lehrerin B.L. und forderte die Schüler auf wieder rein zu gehen, da die Pause vorbei sei, die Presse darf euch hier nicht sehen. Es war ein Zustand wir im Alcatraz. Hatte dann die Flucht ergriffen - Still und leise war der Ratschlag vom Sicherheitspersonal.“

 

Schülerin:

 

„War in der Früh, wie immer, in der Schule und hatte dann am Fest teilgenommen. Die SchülerInnen sind dann drauf gekommen, dass sie das Gebäude nicht verlassen konnten. Sie wollte sich selbst überzeugen und musste feststellen, dass es wirklich so ist. Blieb bis zum Ende der Veranstaltung  und konnte um 14 Uhr gehen. War über diesen Zustand sehr aufgebracht. Teilte mit, dass die Zeitung die mit einer Kette verschlossenen Seitengang fotografiert hat, daraufhin wurde die Kette entfernt. Das ist eine Frechheit, die können uns in der Schule doch nicht einsperren.“

 

 

Foto von Mobiltelefon

 

Für die FPÖ Graz handelt es sich in diesem Fall um Freiheitsentziehung. Die FPÖ Graz hat daher eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Graz übermittelt.

 

Der Direktor der BHAK/BHAS Grazbachgasse, Mag. Dr. Hans Wilding, hat seinerseits ein Schreiben an die Schülerinnen und Schüler verfasst.

 

In diesem Schreiben geht er in die Offensive und greift Schüler, die sich über die Zustände in ihrer Schule beschweren und sich an die Öffentlichkeit wenden, verbal an, anstatt die Angelegenheit sachlich aufzuklären.

 

Dir. Mag. Dr. Wilding weist darauf hin, dass es sich bei der BHAK/BHAS Grazbachgasse um eine UNESCO-Schule handelt, welche der CHARTA verpflichtet ist.

 

Jene Schülerinnen und Schüler, die an der genannten Veranstaltung nicht teilnehmen wollten, bezeichnet Wilding wörtlich als „destruktiv“ und „uninformierte Hitzköpfe“. Wilding will in Zukunft darauf achten, dass „alle beantragten Schulveranstaltungen in ganz besonderem Maße der CHARTA der UNESCO-SCHULEN entsprechen, um eine Horizonterweiterung im multikulturellen Kontext der Kulturen (…) zu bewirken.

 

Der Direktor weist auch darauf hin, dass er „jederzeit eine Abmeldung von unserer UNESCO-Schule aus Gewissensgründen“ akzeptiert.

 

Zum Schluss seines Schreibens belehrt Wilding die Schülerinnen und Schüler noch folgendermaßen:

Wer über den Tellerrand nicht hinauszublicken im Stande ist, wird auch im späteren Wirtschaftsleben in seinem Job eine nur sehr beschränkte Rolle einnehmen können. Wir benötigen aber für die Herausforderungen des nächsten Jahrzehntes kreative Menschen mit Toleranz, respektvollem Umgang, Herz und Weitblick und keine engstirnigen Mitläufer ohne eigene Ideen.“

 

Weiters liegen uns Berichte vor, laut denen seitens der Schulleitung Druck auf die Schülerinnen und Schüler ausgeübt wurde, diese Vorfälle nicht an die Öffentlichkeit zu tragen.

 

 

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur folgende

 

 

 

Anfrage:

 

 

1.      Ist Ihnen der beschrieben Vorfall bekannt?

 

2.      Wenn nein, warum nicht?

 

3.      Wenn ja, welche Maßnahmen werden Ihrerseits ergriffen?

 

4.      Ist es mit den Zielen einer UNESCO-Schule vereinbar, Schüler im Schulgebäude einzusperren und am Verlassen des Gebäudes zu hindern?

 

5.      Steht es einem Direktor zu, Schüler, die eine bestimmte Veranstaltung nicht besuchen wollen, als „uninformierte Hitzköpfe“ zu bezeichnen?

6.      Ist es vertretbar, dass der Direktor behauptet, dass Schüler, welche an derartigen Veranstaltungen nicht teilnehmen wollen, „im späteren Wirtschaftsleben“ eine „beschränkte Rolle“ einnehmen können?

 

7.      Hat der genannte Vorfall und/oder das Schreiben an die Schüler Konsequenzen für Dir. Wilding?

 

8.      Wenn ja, welche?

 

9.      Wenn nein, warum nicht?

 

10. Ist es zulässig, dass Lehrer Schülern eine „Schweigepflicht“ auferlegen?

 

11. Wie oft wurde eine derartige Veranstaltung in dieser Schule bereits durchgeführt?

 

12. Wurde eine derartige Veranstaltung auch in anderen Schulen durchgeführt?

 

13. Wenn ja, in welchen?

 

14. Welchen Zweck sollte die interkulturelle Veranstaltung erfüllen?

 

15. Was genau wurde bei dieser interkulturellen Veranstaltung durchgeführt?

 

16. Welche Kosten entstanden durch die Veranstaltung?

 

17. War die Veranstaltung von Schülern geplant und durchgeführt?

 

18. Wenn ja in welchem Schulfach wurden die Vorbereitungen getroffen und wie viel Unterrichtsstunden wurden dadurch in Anspruch genommen?

19. Wenn ja, welches Lehrpersonal wurde zur Unterstützung der Schüler herangezogen?

 

20. Wenn nein, wer war für die Organisation und Durchführung verantwortlich?

 

21. Waren durch das Versperren der Tore mit Ketten die Brand- Fluchtwege frei?

 

22. Wenn nein welche Maßnahmen wurden seitens der Schulleitung unternommen um im Brandfall für die Sicherheit der Schüler zu sorgen?

 

23. Seit wann ist Dir. Mag. Wilding mit der Schulleitung betraut?

 

24. Ist für Sie im Schreiben des Dir. Mag. Wilding an die Schüler eine bewusste Druckausübung auf die Schüler erkennbar?

 

25. Wenn ja, ist dies für sie vertretbar und welche Maßnahmen werden Sie setzten?