2525/J XXIV. GP

Eingelangt am 18.06.2009
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein

und weiterer Abgeordneter

 

an den Bundesminister für Gesundheit

betreffend Verschweigen eines schweren Laborzwischenfalls durch mit H5N1 verseuchten Grippeimpfstoff - Folgeanfrage

 

 

 

Die Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein und weitere Abgeordneten haben am 20. März 2009 an den Bundesminister für Gesundheit die parlamentarische Anfrage 1437/J betreffend Verschweigen eines schweren Laborzwischenfalls durch mit H5N1 verseuchten Grippeimpfstoff eingebracht:

 

Laut einem Bericht des Wissenschaftsforum Aviäre Influenza kam es Meldungen tschechischer Medien zufolge in einem Labor der 70 km östlich der Hauptstadt Prag gelegenen Biotest Ltd. in Konarovice zu einem schwerwiegendem Zwischenfall durch mit hoch pathogenen H5N1 Viren kontaminiertem Impfstoff.

 

Nach dem Wissenschaftsforum Aviäre Influenza (WAI) vorliegenden Informationen ereignete sich der Vorfall bereits am 6. Februar diesen Jahres. Der experimentelle Impfstoff war am 30.01.2009 von der Avir Green Hills Biotechnology GmbH im Auftrag des Wiener Pharma Herstellers Baxter an das Labor der Biotest Ltd. in Tschechien geliefert worden, wo dieser im Tierversuch an Frettchen getestet werden sollte.

 

Als im Rahmen der Tierversuche die Frettchen begannen Krankheitssymptome zu zeigen und einige der Tiere starben, wurde der aus Österreich gelieferte Impfstoff untersucht und eine Kontamination mit dem auch für Menschen gefährlichen Vogelgrippe-Erreger H5N1 festgestellt. 13 Labormitarbeitern der Biotest Ltd., welche über einen Zeitraum von annähernd einer Woche im Rahmen ihrer Arbeit Kontakt zu dem hoch pathogenen Erreger hatten, wurden präventiv antivirale Medikamente verabreicht. Zu einer Infektion des Laborpersonals kam es offenbar glücklicherweise

nicht.

 

Bislang ungeklärt sind auch die Zusammenhänge des Laborzwischenfalls in Tschechien zu einer Meldung des Presse- und Informationsdienstes der Stadt Wien vom 11.2.2009 in welchem es heißt, dass im Wiener Otto-Wagner-Spital, Zitat: „18 MitarbeiterInnen eines externen Unternehmens ambulant behandelt [wurden], da vorerst nicht ausgeschlossen werden konnte, dass sie im Rahmen ihrer Arbeit mit einem Vogelgrippe-Erreger in Kontakt gekommen seien.“

 

Nach Auffassung des WAI ergibt sich indes möglicherweise ein Kausalzusammenhang mit einer zeitgleich in Wien stattfindenden Phase I Studie eines H5N1-Lebendimpfstoffs des österreichischem Pharmaherstellers Baxter, im Rahmen derer ein als „Nasenspray“ konzipierter Vogelgrippeimpfstoff an Menschen getestet wird. Ob sich die Kontamination der Impfstoffe tatsächlich auf die an Menschen durchgeführte Phase I Studie in Wien ausgewirkte ist ungeklärt, würde aber plausibel zu erklären vermögen, warum am 11.02. – fünf Tage nach einem Laborzwischenfall durch kontaminierten Impfstoff in Tschechien – im österreichischem Wien 18 Menschen im Otto-Wagner-Spital präventiv gegen H5N1 behandelt werden müssen.

Obwohl der Laborzwischenfall mittlerweile als „Biological Hazard“ vom EDIS („Emergency and Desaster Service“) unter der Kennung BH-20090217-20552-CZE gelistet ist, sah sich Baxter bislang zu keiner öffentlichen Stellungnahme genötigt.

 

Das Wissenschaftsforum Aviäre Influenza fordert daher mit Nachdruck eine vollständige und detaillierte Offenlegung der Umstände, welche zur Kontamination eines Impfstoffs mit hoch pathogenen Erregern geführt haben.

 

Bereits im Jahre 2004 kam es zu einer Kontamination von Impfstoffen. Der Pharmahersteller Chiron (heute Teil der Schweizer Novartis AG) hatte damals 46 Millionen Dosen des Grippeimpfstoffs „Fluvirin“ auf Grund bakterieller Verseuchung vernichten müssen.

 

 

In der Beantwortung 1457/AB dieser Anfrage wurde seitens des Bundesministers für Gesundheit unter anderem ausgeführt, dass diese Beschreibung eines Vorfalls bei dem angeblich ein „Grippeimpfstoff“ mit Vogelgrippe-Virus (Influenza A/H5N1) kontaminiert wurde, nur teilweise zutreffe.

 

Unter weiter: … Seitens der jeweils national zuständigen Gesundheitsbehörde wurden die notwendigen Erhebungen und Untersuchungen durchgeführt und Veranlassungen getroffen, um proaktiv eine allfällige Gefährdung von Mensch und Tier zu verhüten.

Der Vorfall wurde nicht im Ministerrat besprochen, da für die Öffentlichkeit keine Gefährdung gegeben war.

Nach Bekanntwerden des Vorfalls wurden unverzüglich alle Ein- und Ausfuhren von Influenzaerregern durch Weisung an die Grenzen und durch Information der beteiligten Firma unterbunden, da zu diesem Zeitpunkt eine aufrechte Bewilligung für innergemeinschaftliches Verbringen von erregerhältigem Material (für Influenzaviren H5N1) vorlag.

Es bestand und besteht kein Anlass, die Öffentlichkeit über die Kontamination eines für Forschungszwecke hergestellten Materials mit Vogelgrippe-Virus (Influenza A/H5N1) zu informieren. Für die Öffentlichkeit war keine Gefährdung gegeben.

… Am 9. Februar 2009 erfolgten medizinische Untersuchungen von, potentiell durch die Kontamination betroffene, Personen in einem Wiener Spital….

 Es konnten keine Hinweise für Erkrankungen mit dem Vogelgrippe-Virus (Influenza A/H5N1) festgestellt werden.

 

 

Da die Beantwortung 1457/AB der Anfrage 1437/J aus Sicht der Anfragesteller einige Fragen offen lässt, stellen die unterfertigen Abgeordneten an den Bundesminister für Gesundheit folgende

 

ANFRAGE

 

 

1.      Wenn die Arbeiten im Labor in Tschechien ausschließlich Forschungszwecken dienten, wie ist es zu Kontaminierung von 18 Personen gekommen bzw. weshalb wurden diese vorsorglich behandelt?

 

2.      Warum wurden die betroffenen Personen in Wien und nicht in Tschechien behandelt und somit unnötig weitere Personen (Transport, Ärzte usw.) einer potentiellen Gefahr ausgesetzt?

 

3.      Wie sind die 18 Personen von Tschechien nach Österreich gebracht worden?

 

4.      In welcher Form, an welchen und wie vielen Tieren ist das Forschungsmaterial im Tierversuch getestet worden?

 

5.      Wie haben die Tiere auf den Tierversuch reagiert?

 

6.      Inwieweit bestand die Gefahr, dass aufgrund unterschiedlicher Reaktionen von Tieren und Menschen der kontaminierter Impfstoff an Menschen getestet worden wäre?

 

7.      Wohin wurde das für Forschungszwecke bestimmte, kontaminierte Material zur Vernichtung gebracht?

 

8.      Wie ist dieses kontaminierte Material vom Forschungslabor „in die Firma zurück“ gebracht worden?

 

9.      Wo und aus welchen Gründen wurde das für Forschungszwecke bestimmte Material sofort vernichtet?

 

10. Welches Ziel hatte die Forschungstätigkeit in Tschechien und weshalb wurde die Forschungstätigkeit nach diesem Zwischenfall abgebrochen und offensichtlich nicht mehr weiter verfolgt?

 

11. Weshalb gibt es seitens der Firma Baxter noch keine öffentliche Stellungnahme zu diesem Vorfall?

 

12. Wäre es aus Ihrer Sicht bei entsprechenden Vorfällen nicht - ähnlich wie bei Unfällen in grenznahmen Atomkraftwerken - wünschenswert und üblich, eine öffentliche Stellungnahme abzugeben?