2562/J XXIV. GP
Eingelangt am 26.06.2009
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ANFRAGE
der Abgeordneten Alev Korun, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Inneres
betreffend Abschiebung langjährig integrierter AsylwerberInnen, im besonderen der Fall des Westafrikaners Peter Paul
Nach den ersten Monaten nach in Kraft treten der Bleiberechtsnovelle verdichten sich die Verdachtsmomente, dass langjährig integrierte Personen nun gehäuft abgeschoben werden.
So auch im Fall des Herrn Peter Paul. Am 2. Juni 2009 wurde der in Leogang wohnhafte Asylwerber nach achtjährigem Aufenthalt und vollständiger Integration in der Gemeinde aufgrund eines negativen Asylgerichtshof-Erkenntnisses von der Fremdenpolizei nach Westafrika abgeschoben. Die Entscheidung über die Ausweisung oblag der Fremdenpolizei, welche offensichtlich keine der gesetzlich vorgesehenen „Bleiberechtsgründe“ (das sind solche gemäß § 66 FPG, bzw. § 44 ff NAG) für Herrn Paul gelten ließ. So wurde Peter Paul, welcher geradezu ein Musterbeispiel eines integrierten Asylwerbers war, ausgewiesen, dies trotz seiner außerordentlich guten Integration in die Gemeinde, welche sich auch durch den engagierten Einsatz der dortigen BewohnerInnen und PolitikerInnen für den Verbleib von Peter Paul zeigte. Auch auf seine Selbsterhaltungsfähigkeit (Arbeit in Wäscherei), sein soziales Engagement (Betreuung alter Menschen), sowie seine sozialen Bindungen wurde bei der Ausweisungsentscheidung offenbar keine Rücksicht genommen. Es wurde kurzerhand und formelhaft das „Überwiegen öffentlicher Interessen“ von der Sicherheitsdirektion Salzburg angenommen und die Abschiebung sodann schnellstmöglich durchgeführt.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Wie viele Bleiberechtsverfahren gem. §§ 43, 44 ff NAG (nachfolgend „Bleiberecht“)) sind seit 1. April 2009 anhängig?
2. Wie viele Bleiberechtsanträge gem. § 43 Abs 2 NAG wurden seit 1. April 2009 gestellt?
a. Was war die genaue Zahl der Erledigung dieser Anträge?
b. Wie viele dieser Anträge wurden positiv entschieden?
c. Wie viele dieser Anträge wurden negativ entschieden?
3. Wie viele Bleiberechtsanträge gem. § 44 Abs 3 NAG wurden seit 1. April 2009 gestellt?
a. Was war die genaue Zahl der Erledigung dieser Anträge?
b. Wie viele dieser Anträge wurden positiv entschieden?
c. Wie viele dieser Anträge wurden negativ entschieden?
4. Wie viele Bleiberechtsanträge gem. § 44 Abs 4 NAG wurden seit 1. April 2009 gestellt?
a. Was war die genaue Zahl der Erledigung dieser Anträge?
b. Wie viele dieser Anträge wurden positiv entschieden?
c. Wie viele dieser Anträge wurden negativ entschieden?
5. Wie viele Anträge auf Inlandsantragstellung aus humanitären Gründen (gem. §19, 21 Abs 3 NAG) wurden seit 1. April 2009 gestellt?
a. Was war die genaue Zahl der Erledigung dieser Anträge?
b. Wie viele dieser Anträge wurden positiv entschieden?
c. Wie viele dieser Anträge wurden negativ entschieden?
6. Wie viele Aufenthaltsgenehmigungen aus humanitären Gründen wurden im Zeitraum von 1.Jänner 2009 - 31.März 2009 (gem. § 72 ff NAG alte Rechtslage) erteilt?
7. Wie oft haben die zuständigen Behörden in anhängigen Ausweisungsverfahren seit 1. April 2009 ausgesprochen, dass die Ausweisung auf Dauer unzulässig ist (gem. § 66 Abs 3 FPG)?
8. In wie vielen Fällen hat das Bundesasylamt seit 1. April 2009 bescheidmäßig ausgesprochen, dass die Ausweisung auf Dauer unzulässig ist (gem. § 10 Abs 5 AsylGH) ?
9. Wann hat sich der Beirat nach § 44 NAG konstituiert?
10. Wer sind die Beiratsmitglieder und von welchen Institutionen wurden diese entsendet?
11. Wann haben Beiratssitzungen stattgefunden?
12. Wie viele Beiratsempfehlungen wurden ausgesprochen?
13. Wie viele der Antragsteller nach §§ 43, 44 NAG wurden im laufenden Verfahren abgeschoben?
14. Hat Herr Peter Paul aus Leogang einen Antrag auf Niederlassungsbewilligung (Bleiberecht), gestützt auf sein Recht auf Privat und Familienleben, gestellt?
a. wann wurde über diesen Antrag entschieden?
b. bei welcher Behörde und wie wurde dieser Antrag entschieden.?
15. Weshalb kam es im Falle des Herrn Paul zu einer überlangen Asyl- Verfahrensdauer von acht Jahren?
16. Wurde im Ausweisungsverfahren des Herrn Paul das „Bleiberecht“ gestützt auf das Recht auf Familie & Privatleben gem. § 66 FPG geprüft?
a. Falls nein, weshalb nicht?
b. Welche Kriterien des „Bleiberechts“ hat die Sicherheitsdirektion in ihrem Bescheid als erfüllt angesehen?
c. Wie wurden Dauer und Art des bisherigen Aufenthalts des Herrn Paul in dem Bescheid der Sicherheitsdirektion Salzburg berücksichtigt?
d. Wie wurde der Grad der Integration des Herrn Paul in dem Bescheid der Sicherheitsdirektion berücksichtigt?
e. Wie wurde die strafrechtliche Unbescholtenheit des Herrn Paul in dem Bescheid der Sicherheitsdirektion berücksichtigt?
f. Wie wurde die legale Beschäftigung und damit die Selbsterhaltungsfähigkeit des Herrn Paul berücksichtigt?
g. Welche Kriterien des „Bleiberechts“ (§ 66 Abs 2 FPG) hat Herr Paul nach Ansicht der Sicherheitsdirektion nicht erfüllt?
17. Wie begründete die Sicherheitsdirektion in diesem Fall das Überwiegen eines öffentlichen Interesses?
18. Existiert eine Weisung des BMI zur zulässigen Höchstverfahrensdauer bei Bleiberechtsverfahren?
19. Wie lautet diese?
20. Hat Herr Paul während seiner Anhaltung in Schubhaft gegenüber den Beamten den Wunsch geäußert, einen Antrag auf Asyl stellen zu wollen?
21. Wurde ein Antrag auf Asyl des Herrn Paul während seiner Schubhaft aufgenommen?
a. Mit welchem Datum?
b. Wurde dieser Antrag an das Bundesasylamt weitergeleitet?
c. Wann wurde dieser Antrag weitergeleitet?
22. Gibt es seitens des BMI Weisungen, wie mit einer neuerlichen Asyl- Antragstellung eines Schubhäftlings zu verfahren ist?
a. Wie lauten diese?
b. Falls nein, wie stellen Sie sicher, dass Asyl-Anträge von Schubhäftlingen tatsächlich von den BeamtInnen entgegengenommen bzw. unverzüglich an das Bundesasylamt weitergeleitet werden?
23. Ist es von Ihnen erwünschte Praxis, dass Personen wie Herr Paul, denen ein
Recht auf Familienleben zukommt, durch den restiktiven Vollzug des Beleiberechts regelrecht dazu gezwungen werden, einen unerwünschten Folgeasylantrag zu stellen?
24. Gibt es eine Weisung des BMI zur zulässigen Höchstdauer für die Weiterleitung eines Asylantrages des Schubhäftlings an das Bundesasylamt?
25. Wird den RechtsberaterInnen von Schubhäftlingen jederzeit Zugang zu Ihren Klienten gewährt?
26. Falls nein, welche Maßnahmen treffen Sie um sicherzustellen, dass den RechtsberaterInnen tatsächlich ein rechtzeitiger Zugang zu „ihren“ Schubhäftlingen gewährt wird?