2639/J XXIV. GP

Eingelangt am 08.07.2009
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Grosz, Stadler,

Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend Amtsmissbrauch und Nötigung bei der ASFINAG Maut Service GmbH

 

Die ASFINAG Maut Service GmbH wurde zum Zwecke der Einhebung der Mautabgaben für Pkws und LKWs auf dem höherrangigen Straßennetz als Einrichtung des Bundes geschaffen und tritt diesbezüglich im Rahmen der beliehenen Hoheitsverwaltung mit Imperium auf.

 

Dem BZÖ wurden Originalunterlagen der ASFINAG übermittelt, die eindeutige Fälle von Amtsmissbrauch und Nötigung belegen. Diese Unterlagen sind der Anfrage angeschlossen.

 

1.     Skandal: Vorgegebene Strafhöhen/Tag/Person

 

Mautaufsichtsorgane wurden seitens der Unternehmensführung angewiesen, pro Tag und Mitarbeiter verpflichtende Strafgelder in einer jeweilig festgelegten Höhe einzuheben. Unternehmensinterne Mails belegen, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die diese täglichen Strafhöhen nicht erreicht haben, mit Kündigung bedroht wurden bzw. gekündigt worden sind.

 

Die Leistungsvorgaben waren pro Person und Monat mit 4.000 Euro Pkw-Maut und zusätzlich 3.000 Euro LKW-Maut festgelegt. Zudem erhöhten sich die festgelegten Mautstrafen pro Region. In der Steiermark sind überhaupt krasse Beispiele mit bis zu 700 Euro täglich/Person zu Tage getreten. Auf der anderen Seite wurden Mautstrafen nicht mehr eingehoben, wenn der im Unternehmen titulierte „Umsatz“ erreicht wurde.

 

Aus zahlreichen weiteren Protokollen und Dienstanweisungen der ASFINAG wird deutlich, dass den SKD-Mitarbeitern der ASFINAG, die im Straßenkontrolldienst eingesetzt werden, klare „Umsatzvorgaben“ aufgetragen werden, die nur durch die Eintreibung einer hoheitlichen Mautabgabe erzielbar sind.

Dass die Verantwortlichen der ASFINAG eine hoheitliche Abgabe als Umsatzziel betrachten, beweist die völlige Verkennung der Aufgabenstellung als beliehener Hoheitsträger.


2.     Skandal: Prämien- und Provisionssystem bei hoheitlichen Abgaben

 

Desweiteren belegen Auszüge  von Handbüchern ein gesetzwidriges Prämiensystem bei der Einhebung von hoheitlichen Strafen der Republik. Aus zahlreichen Besprechungsprotokollen der ASFINAG (beispielsweise die Protokolle der Dienstbesprechung Stützpunkt Gleinalm/Plabutsch vom 20.2.2007, der Dienstbesprechung SKV-Süd vom 13.3.2008 sowie der Aktenvermerk vom 25.2.2008) geht hervor, dass es bei der ASFINAG Maut-Service GmbH ein Prämiensystem für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gibt, welches für Ersatzmauteinnahmen Prämienpunkte zwischen mindestens 20 Punkten und maximal 50 Punkten vorsieht. Diese Prämien werden aus den Mauteinnahmen finanziert. Dies stellt einen völligen missbräuchlichen Verwendungszweck einer hoheitlichen Abgabe dar, welche keinerlei gesetzliche Deckung besitzt. Auch dieser Umstand stellt im Ergebnis einen Amtsmissbrauch zum Nachteil der Republik Österreich dar. Aus dem zitierten Protokoll vom 20.2.2007 (Seite 2) geht im Übrigen hervor, das „für LKW-Delikte die Einnahmen wie im Vorjahr 2006 zu halten sind“. Dies ist eine weitere Form der Bestimmungstäterschaft zum Amtsmissbrauch zum Nachteil der Republik Österreich, für den Fall, dass weitere LKW-Delikte über das festgelegte 2006er Niveau hinaus nicht zu ahnden sind. Aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich exakt diese Deutung.

 

Für die Prämienfestsetzung hat die ASFINAG sogar ein eigenes Formular für ihre Mitarbeiter entwickelt, welches unter Punkt 1. Prämienpunkte für „Amtshandlungen“ vergibt.

 

Hierbei ist es unerheblich, dass im vorliegenden Formular von „max. 25 % Punkten“ ausgegangen wird und die Punkteanzahl anderenorts zwischen 20 und 50 % Punkten ausgewiesen wird. Die Vorgehensweise ist insgesamt gesetzlich nicht gedeckt – unabhängig von der Höhe der vergebenen Punkteanzahl.

 

 

3.     Skandal: Amtsmissbrauch durch Nötigung mittels Kündigungsdrohung

 

Die vorgegebenen „Umsatzziele“ bei der Einnahme von Strafen haben laut betriebsinternen Aktenvermerken zu Amtsmissbräuchen geführt. Überhöhte Mautstrafen wurden eigehoben obwohl Ersatzmautzahlungen möglich gewesen wären. Wie sich aus dem Besprechungsprotokoll der SKD-Stützpunktleiter vom 20.1.2005 (Beilage zum Besprechungsprotokoll der Sitzung vom 20.1.2005) ergibt, wurde aufgrund des Leistungsdruckes der ASFINAG-Führung auf die Mitarbeiter festgestellt, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ASFINAG „ungerechtfertigte Delikte“ abhandeln und „Ersatzmaut kassieren, obwohl eine Nachzahlung möglich gewesen wäre“.

 

Dass auf die Mitarbeiter der ASFINAG durch leitende Organwalter unzulässiger Druck ausgeübt wurde – und offensichtlich nach wie vor wird – geht beispielsweise aus Besprechungsprotokollen Dienstbesprechung Guggenbach 19.6.2008 Seite 3 und 4 hervor, wo es unter Pkt. 6 wörtlich heißt: „Der Abteilungsleiter erwartet sich von diesen MA eine deutliche Leistungssteigerung bis 31. August 2008. Sollte dies nicht der Fall sein, ist mit Maßnahmen bis hin zur Kündigung zu rechnen.“


Die Drohung mit „Maßnahmen bis hin zur Kündigung“ für den Fall, dass die amtsmissbräuchlich festgelegten „Umsatzziele“ nicht erreicht werden, stellt einerseits eine Nötigungshandlung dar und ist andererseits wohl als Bestimmungstäterschaft zum Amtsmissbrauch durch die verantwortlichen Führungsorgane der ASFINAG zu werten.

 

Das Abhandeln „ungerechtfertigter Delikte“ stellt jedoch für sich selbst einen offenkundig fortgesetzten Amtsmissbrauch der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ASFINAG dar, welcher nicht nur zu Lasten des Hoheitsträgers Republik Österreich geht, sondern vor allem zu Lasten und zum Nachteil der gesetzwidrig bezogenen und deliktisch behandelten Verkehrsteilnehmer. Letztere sind auch die Geschädigten des Kassierens einer Ersatzmaut (inklusive eines Strafzuschlages), obwohl noch eine Nachzahlungen möglich gewesen wäre.

 

Dass die Organwalter der ASFINAG ihre amtsmissbräuchliche Tätigkeit nicht nur vorsätzlich, sondern auch wissentlich ausgeübt haben, geht aus der Dienstanweisung vom 27.9.2004, Seite 4 hervor, wo den SKD-Mitarbeitern klar gemacht wird, dass diese ihre Tätigkeit „als vereidigte Organe der Mautaufsicht für die Bezirksverwaltungsbehörden“ ausüben und „somit Amtstätigkeiten“ vollziehen.  In dieser Passage der Dienstanweisung ist gleich mehrfach von Amtstätigkeit bzw. Amtshandlung die Rede.

 

Besonders pikant ist vor diesem Hintergrund der Umstand, dass die ASFINAG in ihrem Besprechungsprotokoll vom 13.3.2008 auf Seite 6 selbst wörtlich die Bestimmung des § 302 StGB – Missbrauch der Amtsgewalt anführt und eigens ergänzt: „Auch Mautaufsichtsorgane sind funktionell Beamte während der Amtshandlung und als solche strafbar!!!!!!!“.

 

Der Vorsatz und die Wissentlichkeit des Amtsmissbrauches gehen ferner aus dem Besprechungsprotokoll der Dienstbesprechung Gleinalm/Plabutsch vom 23.3.2007 Seite 3, hervor, wo unter dem Titel „Vignettenkontrollen – Parkplätze“  im Imperativ angewiesen wird, dass „die Zahl der Erlagscheine und Anzeigen so gering wie möglich zu halten ist“ und dass der Anteil der Erlagscheine und Anzeigen von 50 % der Delikte in allen vier Regionen auf unter 10 % zu kommen hat.

 

 

Daher richten die unterzeichneten Abgeordneten an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie nachstehende

 

 

Anfrage:

 

1.      Sind Ihnen die in der Anfrage zitierten Vorgänge innerhalb der ASFINAG Maut Service GmbH bekannt?

a)    Wenn ja, seit wann?

b)    Wenn nein, warum nicht?

c)     Welche konkreten Schlüsse und Konsequenzen haben Sie aus diesen Informationen gezogen und welche Maßnahmen haben Sie getroffen?


 

2.      Sind Ihnen die in der Beilage der Anfrage übermittelten Unterlagen bekannt?

a)    Wenn ja, seit wann?

b)    Wenn nein, warum nicht?

c)     Welche konkreten Schlüsse und Konsequenzen haben Sie aus diesen Informationen gezogen und welche Maßnahmen haben Sie getroffen?

 

3.      Ist Ihnen bekannt, dass Mautaufsichtsorgane seitens der Unternehmensführung angewiesen wurden, pro Tag und Mitarbeiter verpflichtende Strafgelder in einer jeweilig festgelegten Höhe einzuheben?

a)    Wenn ja, seit wann?

b)    Wenn nein, warum nicht?

c)     Welche konkreten Schlüsse und Konsequenzen haben Sie aus diesen Informationen gezogen und welche Maßnahmen haben Sie getroffen?

 

4.      Ist Ihnen bekannt, dass die Organwalter der Asfinag Maut Service GmbH ein gesetzwidriges Prämiensystem bei der Einhebung von hoheitlichen Strafen der Republik angeordnet haben?

a)    Wenn ja, seit wann?

b)    Wenn nein, warum nicht?

c)     Welche konkreten Schlüsse und Konsequenzen haben Sie aus diesen Informationen gezogen und welche Maßnahmen haben Sie getroffen?

 

5.      Ist Ihnen bekannt, dass die von der Asfinag Maut Service GmbH vorgegebenen „Umsatzziele“ bei der Einnahme von Strafen laut betriebsinternen Aktenvermerken zu Amtsmissbräuchen geführt haben?

a)    Wenn ja, seit wann?

b)    Wenn nein, warum nicht?

c)     Welche konkreten Schlüsse und Konsequenzen haben Sie aus diesen Informationen gezogen und welche Maßnahmen haben Sie getroffen?

 

6.      Ist Ihnen bekannt, dass innerhalb der Asfinag Maut Service GmbH überhöhte Mautstrafen eigehoben wurden obwohl Ersatzmautzahlungen möglich gewesen wären?

a)    Wenn ja, seit wann?

b)    Wenn nein, warum nicht?

c)     Welche konkreten Schlüsse und Konsequenzen haben Sie aus diesen Informationen gezogen und welche Maßnahmen haben Sie getroffen?

 

7.      Ist Ihnen bekannt, dass auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Asfinag Maut Service GbmH unzulässiger Druck ausgeübt wurde und wird, indem man sogenannte „Leistungssteigerungen“ bei den „Umsätzen“ durch Strafgelder mit Kündigungsdrohungen in Verbindung gebracht hat.

a)    Wenn ja, seit wann?

b)    Wenn nein, warum nicht?

c)     Welche konkreten Schlüsse und Konsequenzen haben Sie aus diesen Informationen gezogen und welche Maßnahmen haben Sie getroffen?


 

8.      Welche Schritte haben Sie bereits gesetzt bzw. werden Sie setzen, damit die Verdachtsmomente auf Amtsmissbrauch und Nötigung überprüft und die entsprechenden Konsequenzen gezogen werden?

 

9.      Ist Ihnen die diesbezügliche Strafanzeige der Abgeordneten Mag. Stadler und Grosz vom 20.3.2009 bekannt?

a)    Wenn ja, seit wann?

b)    Wenn nein, warum nicht?

 

10. Werden Sie angesichts der in der Anfrage zitierten Vorgänge und der Ihnen beiliegend übermittelten Unterlagen die Organwalter der Maut Service GmbH bei der Staatsanwaltschaft wegen Verdachts der Nötigung und des Amtsmissbrauches anzeigen?

a)    Wenn ja, wann?

b)    Wenn nein, warum nicht?

 

 

11. Haben Sie die nötigen Veranlassungen getroffen, dass die in der Anfrage zitierten „Unternehmensgebräuche“ innerhalb der Asfinag Maut Service GmbH umgehend eingestellt werden?

a)    Wenn ja, wann und wie?

b)    Wenn nein, warum nicht?

 

 

 

 

 

 

Anmerkung der Parlamentsdirektion:

 

Die von den Abgeordneten übermittelten Anlagen stehen nur als Image (siehe Anfrage gescannt) zur Verfügung.