2651/J XXIV. GP

Eingelangt am 09.07.2009
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Anfrage

der Abgeordneten Petzner,

Kolleginnen und Kollegen

 

an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur

 

betreffend Wassereinbruch in der Albertina - Ursachen, Folgen und Konsequenzen

 

Mit der Buchpreisbindung soll die Aufrechterhaltung der Büchervielfalt durch Verhinderungen von Beeinträchtigungen des lauteren Wettbewerbs garantiert und so zur Erhaltung des Kulturguts Buch beigetragen werden. Andere momentan in ihrer Existenz bedrohte Kulturgüter sind Skizzen, Zeichnungen und Gemälde, die sich im Depot der Albertina befunden haben.

 

Am 23.06.09 informierte die Albertina über einen „Wasserschaden“ im Depot der Albertina, in welchem sich 950 000 Kunstwerke, darunter Zeichnungen von Albrecht Dürer, Michelangelo, Leonardo, Raphael, Rembrandt, Rubens, Egon Schiele und Gustav Klimt befinden: „Im  Hauptdepot der Albertina ist es zu einem Wassereintritt gekommen. Sämtliche Maßnahmen wurden getroffen, um die Sicherheit der Kunstwerke zu gewährleisten ...“

 

In der Folge stellte sich heraus, dass es sich nicht wie anfangs dargestellt um einen harmlosen  „Wasserschaden“ handelte, sondern einen „sintflutartigen“ (Zitat Schröder) Einbruch von über 2000 Liter Wasser in das Depot, was eine Total-Evakuierung der Kunstschätze  umgehend erforderlich machte, welche wiederum auf Grund der gänzlich computergesteuerten und automatisierten Lagerung der Kunstschätze nur schleppend vonstatten ging und bis dato noch immer nicht abgeschlossen ist.

 
Die Ursachen für den Wassereintritt sind nach wie vor völlig unbekannt, wobei seitens der Albertina darauf verwiesen wird, dass sowohl Bundesministerin Schmied als auch alle zuständigen Stellen im Bundesministerium für Bildung, Kunst und Kultur laufend über die aktuellen Entwicklungen informiert werden. Weder das Museum, die zuständigen Ministerien noch der Bauherr, die Burgahauptmannschaft oder die Baufirmen wollen die Verantwortung übernehmen. Verhängte Nachrichtensperren und widersprüchliche Informationen nähren aber den Verdacht, dass gröbste Fehler bei Planung, Bau und Betrieb des Depots passiert sind. Restlose Aufklärung und Konsequenzen für die Verantwortlichen im Sinne der Steuerzahler, Sponsoren und vor allem aus Sorge um die jetzige und zukünftige Sicherheit der wertwollen Sammlung sind notwendig und werden durch Aussagen von Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder ("So wichtig es ist, zu eruieren, was zu diesem Wassereinbruch geführt hat - Planungsfehler, Baumängel, Materialermüdung oder anderes - so sehr steht doch für mich der Schutz der Kunstwerke im Vordergrund"; 24.06.2009, "Es ist ein Armutszeugnis, es hätte nicht geschehen dürfen. Was wir bestellt haben war ein einbruchs-, ein brand- und wassersicheres Gebäude"; 01.07.2009) und Ministerin Claudia Schmied („Wer ist schuld?; 01.07.2009) untermauert.

 

 

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten daher an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur nachstehende

 

 

                                                           Anfrage:

 

 

1.) Welche Schritte werden Sie konkret unternehmen, um die Schuldfrage sowie die Verantwortlichkeiten betreffend des Wassereinbruchs im Depot der Albertina zu klären und welche Konsequenzen haben die Verantwortlichen zu erwarten?

 

2.) Welche Informationen haben Sie zum Zeitpunkt der Anfragebeantwortung betreffend Fehler bei Bau, Planung und Betrieb des Depots als Ursachen für den Wassereinbruch?

 

3.) Direktor Schröder hat sich betreffend der baulichen Mängel, die zu dem Wassereinbruch im Tiefspeicher geführt haben könnten, folgendermaßen geäußert: „Um die großen Maschinen in das Depot unter der Bastei transportieren zu können, hatte die Betondecke anfangs vier Öffnungen. Sie wurden zwar geschlossen und abgedichtet, über die gesamte Länge des Depots brachte man eine 60 Zentimeter dicke Isolierschicht auf. Dennoch scheinen die undichten Stellen in diesen Bereichen zu sein“.

 

Kann ausgeschlossen werden, dass die betreffenden Öffnungen den Wassereinbruch verursacht haben?

 

4.) Direktor Schröder hat in einer Pressekonferenz (01.07.09) die Ansicht geäußert, dass überprüft werden müsse, ob die Ö-Norm als Baurichtlinie für Gebäude wie zum Beispiel den Tiefenspeicher der Albertina hinreichende Sicherheit gewährleistet.

 

a) Stellt der Wassereinbruch in den Tiefspeicher der Albertina für Sie Anlass dar eine sofortige Überprüfung der Ö-Norm in Hinblick auf mögliche bestehende Risiken bei der Errichtung von Gebäuden die Kunstwerke beherbergen, zu veranlassen?

 

5.) Wie beurteilen Sie die Tatsache, dass bei der Planung des Tiefspeichers der Albertina eine zentrale Sicherheitsmaßnahme wie das Versehen der nach oben hin offenen Regale mit Blechabdeckungen in der Planung nicht vorgesehen war, sondern auf Einzelinitiative eines Mitarbeiters hin installiert wurden?

 


6.) Direktor Schröder hat in der  Pressekonferenz vom 01.07.09 zugegeben, dass man einen Wassereinbruch in den Tiefspeicher für unmöglich gehalten habe, weil man davon ausgegangen sei, dass ein Wassereintritt aufgrund der hervorragenden Sicherheitsvorkehrungen im Tiefspeicher unmöglich sei.

 

Gab es vor dem Wassereinbruch Ihres Wissens nach in der Albertina Notfallpläne zur Evakuierung der im Tiefspeicher gelagerten Kunstwerke im Falle eines Wassereinbruchs, eines Brandes, eines Erdbebens oder eines Terroranschlages? Wenn ja, wann und von wem wurden diese Pläne ausgearbeitet, und kam der Notfallplan für einen Wassereinbruch bei der Evakuierung zum Einsatz?

 

7.) Gibt es in österreichischen Museen und Kunsteinrichtungen Notfallpläne für eine Evakuierung von untergebrachten Kunstwerken im Falle eines Wassereinbruchs, eines Brandes, eines Erdbebens oder eines Terroranschlages? Wenn ja, für welche? Wenn nein, werden sie unverzüglich darauf hinwirken dass entsprechende Pläne erstellt werden?

 

8.) Wie hoch schätzen Sie die durch den Wassereinbruch in den Tiefspeicher entstandenen Kosten?

 

9.) Ist das in der Albertina in Verwendung stehende automatische Hochregallager weltweit in einem anderen Museum, oder einer anderen Kunsteinrichtung in Verwendung? Wenn ja in welchen?

 

10.) Wurden bevor die Entscheidung für die Verwendung des automatischen Hochregalsystems in der Albertina getroffen wurde, vor allem angesichts der Tatsache, das ein solches System zuvor im Kunstbetrieb noch nicht zur Verwendung gelangt war, Experten zu Rate gezogen, die eine Eignung des in Verwendung befindlichen Hochregallagers für die Erfordernisse der Lagerung von Kunstwerken festgestellt haben?

 

Wenn ja, wer waren diese Experten und welche Schlüsse haben sie in ihren Gutachten gezogen? Wenn nein, warum nicht?

 

11.) Das automatische Hochregallager ist Medienberichten zufolge durch einen Kurzschluss, der durch den Wassereinbruch verursacht wurde, ausgefallen.

 

 Wie lange dauerte dieser Ausfall und wann konnte der genaue Standort der einzelnen Kunstwerke durch das automatische Hochregallager bestimmt werden?

 

12.) Direktor Schröder wird im Jahre 2005 in Bezug auf das in der Albertina in Verwendung stehende automatische Hochregallager wie folgt zitiert: „Was in händisch betriebenen Depotsystemen dieser Größenordnung dreißig bis vierzig Personen leisten müssen, kann nunmehr von nur einer Person geleistet werden“.

 

Kann ausgeschlossen werden, dass Kostengründe dafür ausschlaggebend waren, dass auf die Anstellung entsprechend geschulter Mitarbeiter zugunsten des automatischen Hochregallagers verzichtet wurde?

 


13.) Das vollautomatische Hochregallager ist darauf ausgelegt nur bei routinemäßigen Überprüfungen und zu Kontrollzwecken von Menschen betreten zu werden. War dieser Umstand Ihres Wissens nach für die Evakuierung der Kunstwerke förderlich?

 

14.) Bezug nehmend auf das automatische Hochregallager wird Direktor Schröder mit den Worten „Man weiß nicht wo der Dürer-Hase liegt“ zitiert.

 

Ist Ihrer Ansicht nach der Umstand, dass bei einem Ausfall des vollautomatischen Hochregallagers der Standort einzelner Kunstwerke nicht lokalisiert werden kann, problematisch?

 

15.) Wie kann bei einem Ausfall des automatischen Hochregallagers bei einer Gesamtanzahl von 950.000 gelagerten Kunstwerken eine gezielte Evakuierung einzelner Kunstwerke vonstatten gehen, wenn eine gezieltes Auffinden einzelner Kunstwerke nicht möglich ist, da deren Standort sich aufgrund des Ausfalles des automatischen Hochregallagers nicht eruieren lässt?

 

16.)Werden Sie in Zukunft darauf hinwirken, dass der Direktor der Albertina laufend über den genauen Aufbewahrungsort derart wichtiger Kunstwerke wie z.B des Feldhasen von Dürer informiert zu sein hat?

 

17.) Der Hauptspeicher der Albertina sollte eine Temperatur von 19 Grad Celsius und eine Luftfeuchtigkeit von 50% aufweisen, um eine optimale Lagerung der untergebrachten hochempfindlichen Kunstwerke zu gewährleisten. Auch bei der geplanten Verbringung der Kunstwerke wurde auf die zu schaffenden klimatischen Rahmenbedingungen hingewiesen. Kann ausgeschlossen werden, dass sich durch den unkontrollierten Einbruch von rund 2.500 Litern Wasser die Raumtemperatur von 19 Grad Celsius und die angepeilte Luftfeuchtigkeit von 50%  verändert haben und dadurch Schäden an den gelagerten Kunstwerken entstanden sind?

 

18.) Kann ausgeschlossen werden, dass durch den Wassereinbruch Schäden an den gelagerten Kunstwerken entstanden sind, die zwar nicht unmittelbar zu Tage treten, jedoch in weiterer Folge entstehen könnten (zB Schimmel)?

 

19.) Die gelagerten Kunstwerke wurden in Kartons verpackt aufbewahrt. Selbige wurden durch den Wassereinbruch teilweise, beziehungsweise gänzlich durchnässt. Ist Ihres Wissens nach eine Metallkassette eher dazu geeignet Feuchtigkeit abzuweisen, als Karton?

 

20.) Hätten die gelagerten Kunstwerke, insbesondere die Gemälde, auch in Metallkassetten verpackt werden können, wenn nein warum nicht?

 

21.) Ist es zutreffend, dass die Verpackung in Kartons kostengünstiger ist, als die Verpackung in Metallkassetten?

 

22.) Kann ausgeschlossen werden, dass die Verpackung in Kartons aus Kostengründen jener in Metallkassetten vorgezogen wurde?

 


23.) Ist es zutreffend, das sämtliche Kunstwerke in Kartons verpackt waren, wenn nein, welche Kunstwerke wurden nicht in Kartons verpackt und welche anderen Verpackungsmaterialien wurden verwendet?

 

24.) Welche Kosten sind für die Verpackungsmaterialen aus Karton für die im Hauptspeicher der Albertina gelagerten Kunstwerke angefallen und welche Kosten wären durch eine Verpackung der im Hauptspeicher der Albertina gelagerten in Kartons verpackten  Kunstwerke in Metallkassetten entstanden?

 

25.) Welche Kosten entstehen Ihres Wissens nach für das Verpackungsmaterial eines Gemäldes mit den Abmessungen 25x22,5 cm, wenn dieses in einer wasserdichten Metallkassette verpackt wird?

 

26.) Welche Kosten entstehen Ihres Wissens nach für das Verpackungsmaterial eines Gemäldes mit den Abmessungen 25x22,5 cm wenn dieses in einem Karton verpackt wird?

 

27.) Sind eventuelle Mehrkosten die bei einer Verpackung in einer Metallkassette im Vergleich zu einer Verpackung aus Karton entstehen Ihrer Ansicht nach vertretbar, wenn es sich bei dem zu verpackenden Gegenstand um ein Gemälde, wie z.B. den Feldhasen von Albrecht Dürer handelt, dessen Wert von Kunstexperten als „unschätzbar“ beziffert wird?

 

28.) Werden sie darauf hinwirken dass in Zukunft im Bundeseigentum befindliche Kunstwerke in wasserdichten Metallkassetten verpackt werden, wenn nein, warum nicht?

 

29.) Wurde seitens der Bauverantwortlichen beim Bau des Depots entsprechende Maßnahmen getroffen, um das Eindringen von Wasser zu verhindern? Falls ja, durch wen, wann und mit welcher Maßnahme? Falls nein, warum nicht?

 

30.) Hat Facility Manager Robert Myslik entsprechende Maßnahmen getroffen, um das Eindringen von Wasser zu verhindern? Falls ja, welche und in wessen Auftrag?

 

31.) Hat der ehemalige Vize-Chef Alfred Weidinger entsprechende Maßnahmen getroffen, um das Eindringen von Wasser zu verhindern? Falls ja, welche und in wessen Auftrag?

 

32.) Laut der am Bau des Depots beteiligten Baufirma PORR AG hat es nach der Fertigstellung 2001 zu "weiteren Ein- und Umbaumaßnahmen" gekommen.

 

a)     Um welche „Ein- und Umbaumaßnahmen“ handelt es sich?

b)     Wer hat diese beauftragt und umgesetzt?

c)      Wie hoch sind für diese die Kosten und durch wen werden diese getragen?

 

33.) Laut Informationen der APA vom 03.07.2009 ließt die Bauverwaltung „vier Einlassöffnungen in die Decke schneiden, um die Speicher-Roboter nach Schweizer Vorbild zu implantieren.“ Können Sie das bestätigen und wenn ja ausschließen, dass es hierbei zu schleißigen Abdichtungen kam?

 


34.) Im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum sorgte vor vier Jahren ein kleiner Defekt in der Klimaanlage für rund 200 verschimmelte Objekte, darunter etwa 50 barocke Gemälde. Als Konsequenz trat der gesamte Vorstand des Museums zurück. Werden Sie dafür sorgen, dass die Verantwortlichen der Albertina auch entsprechende Konsequenzen ziehen?