2653/J XXIV. GP

Eingelangt am 09.07.2009
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ANFRAGE

der Abgeordneten Gartelgruber, Mühlberghuber
und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz
betreffend Einkommensdaten

Trotz gegenteiliger Behauptungen im öffentlichen Diskurs ist es ein Faktum, dass die Einkommensschere zwischen Frauen und Männern weniger auf Diskriminierung durch Arbeitgeber, sondern unter anderem auf unzulängliche Berechnungsmethoden der Statistik Austria und die traditionelle Berufswahl von Mädchen und Burschen zurückzuführen ist.

Die derzeit angewandten Berechnungsmethoden der Statistik Austria, deren Zahlen in diesem Zusammenhang meist verwendet werden, können nämlich die Einkommensschere gar nicht eindeutig feststellen: Zur Berechnung werden die Lohn- und Einkommensteuerdaten der Bürger von den Finanzämtern übernommen. Aus der höchsten bekannten Ausbildung und dem Jahreseinkommen werden dann Statistiken errechnet, die jedenfalls mit den Berichten der Gleichbehandlungsanwaltschaft im Bereich „Diskriminierung beim Entgelt“ kaum zusammenpassen, denn dort werden bei 3,7 Millionen unselbstständig Erwerbstätigen für 2006 lediglich 175 und für 2007 179 Beratungsfälle, also 0,05 Promilleausgewiesen.

Eine Rückfrage bei der Statistik Austria, die nach §1 Steuerstatistik-Verordnung mit der Erstellung der Rechnungshofberichte zum Einkommen beauftragt wird, bringt Klärung: Man kann und darf dort mangels gesetzlicher Ermächtigung gar nicht genauer rechnen, weil man gar nicht alle Daten für eine genauere Berechnung erhält - obwohl diese in den Firmen vorhanden wären.

Was nämlich von der Statistik Austria nicht erhoben werden kann ist zum Beispiel

•          die tatsächliche Tätigkeit im Betrieb (etwa IT-Fachkraft im KV-Handel)

•          die Einstufung in die Gehaltstafel, Beschäftigungsgruppe und Berufsjahr (Seniorität) des jeweiligen Kollektivvertrages

•          die Anzahl der Berufsjahre in den Branchen in denen der Arbeitnehmer früher tätig war (Berufsjahrlimit bei Branchenwechsel)

•          allfällige Zusatzqualifikationen die im aktuellen Betrieb oder in Vordienstzeiten erworben wurden und

•          private Engagements die ins betriebliche einfließen

Und die Statistik Austria lässt uns auch wissen, dass „es auch in Zukunft im Rahmen des Allgemeinen Einkommensberichts nicht vorgesehen ist, Kollektivverträge oder Berufsjahre in die Analyse mit einzubeziehen, da einerseits die genannten Kriterien keine gesetzlichen Gliederungsmerkmale des Art. 1 §8 des Bezügebegrenzungsgesetzes sind, auf dem die Erstellung des Allgemeinen Einkommensberichts beruht und andererseits in den verwendeten Datenquellen (Lohnsteuerdaten, Daten des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger und Daten des Mikrozensus) keine Informationen zu den kollektivvertraglichen Regelungen bereitstehen.

Tatsächlich stellt sich nun die Frage, über welche relevanten Daten zur Feststellung der Einkommensdifferenz zwischen den Geschlechtern der Hauptverband der Sozialversicherungsträger konkret verfügt:

Wie bekannt ist, erfassen z.B. die gesetzlichen Krankenversicherungsträger jene Daten, die für das Versicherungsverhältnis (einschließlich Leistungen der Arbeitslosenversicherung) und zur Bildung der Beitragsgrundlagen notwendig sind. Es sind die Angaben über das beitragspflichtige Entgelt und über die beitragspflichtigen Einkommensverhältnisse von Selbstständigen (Einkommen der Gewerbetreibenden, Versicherungswerte der bäuerlichen Sozialversicherung usw.). Nicht erfasst sind hingegen z. B. Einkommensdaten von Personen, die nicht den Sozialversicherungsgesetzen unterliegen (vgl. KFA-Mitglieder) sowie Einkommensbestandteile, die nicht beitragspflichtig sind (z. B. Einkommen über der Höchstbeitragsgrundlage).

Teilzeit- oder Saisonbeschäftigung sind keine für die Zwecke der Pensionsversicherung relevanten Merkmale und daher beim Hauptverband nicht gespeichert (ausgenommen hier eher seltene Spezialfälle wie Teilentgelttage nach § 242 Abs. 1 Z 2 ASVG usw.). Eine Berücksichtigung bei den Auswertungen ist daher allgemein nicht möglich und erfolgt nicht. Die Krankenversicherungsträger speichern allenfalls einschlägige Angaben als Grundlage für die Beitragsprüfung.

Grundsätzlich haben alle Sozialversicherungsträger und der Hauptverband gemäß § 444 Abs. 2 ASVG statistische Nachweisungen zu verfassen, die gemeinsam mit dem Rechnungsabschluss den Aufsichtsbehörden zu übermitteln sind.

Dem Hauptverband obliegt gemäß § 31 Abs. 2 Z 2 ASVG die Erbringung „zentrale Dienstleistungen für die Sozialversicherungsträger“. Dazu zählt nach § 31 Abs. 4 Z 2 ASVG: „die Besorgung der Statistik der Sozialversicherung sowie der Statistik der Pflegevorsorge sowohl nach den im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen zu erlassenden Weisungen des Bundesministers für Arbeit und Soziales als auch insoweit, als dies zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Hauptverbandes notwendig ist; in diesem Zusammenhang Aufbau und Führung einer Statistikdatenbank mit Hilfe der elektronischen Datenverarbeitung“

Der Hauptverband hat sich dabei ebenfalls an die Weisungen der Aufsichtsbehörden zu halten.

Der Hauptverband publiziert Auswertungen über das beitragspflichtige Einkommen der Arbeiter und Angestellten, wobei die Auswertungen den Anwendern nur in aggregierter Form übermittelt werden, d. h. die Daten sind nicht personenbezogen und lassen auch keine Rückschlüsse auf bestimmte Personen zu.

Die österreichische Sozialversicherung unterliegt der Aufsicht des Bundes. Oberste Aufsichtsbehörde sind das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz und das Bundesministerium für Gesundheit.

In diesem Zusammenhang stellen unterfertigte Abgeordnete nachstehende

Anfrage:

1. Welche Daten bzw. Parameter werden seitens des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger oder ihm nachgeordneter Sozialversicherungsträger zur Ermittlung der Differenz der Medianeinkommen von Männern und Frauen herangezogen?

2. Werden etwa Faktoren, wie die tatsächliche Tätigkeit im Betrieb (etwa IT-Fachkraft im KV-Handel), die Einstufung in die Gehaltstafel, Beschäftigungsgruppe und Berufsjahr (Seniorität) des jeweiligen Kollektivvertrages, die Anzahl der Berufsjahre in den Branchen in denen der Arbeitnehmer früher tätig war (Berufsjahrlimit bei Branchenwechsel) oder allfällige Zusatzqualifikationen die im aktuellen Betrieb oder in Vordienstzeiten erworben wurden, rechnerisch berücksichtigt?

3. Wenn nein, warum nicht?

4. Wird beabsichtigt, noch in dieser Legislaturperiode auch Daten zur Teilzeit- und Saisonbeschäftigung beim Hauptverband auszuwerten?

5. Wenn nein, warum nicht?

6. Welche Maßnahmen sind seitens der Bundesregierung in der aktuellen Legislaturperiode geplant, um die Ermittlung von Einkommensunterschieden zwischen Männern und Frauen im Sozialversicherungsbereich, etwa bei den Datensammlungen der Krankenkassen, zu präzisieren bzw. maßgebliche Parameter in dieser Ermittlung zu berücksichtigen?