2727/J XXIV. GP

Eingelangt am 09.07.2009
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Haubner

Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend die unzureichende Förderung von Organisationen im Bereich der juristischen und psychosozialen Prozessbegleitung durch das Bundesministerium für Justiz

 

Die juristische und psychosoziale Prozessbegleitung ist ein wertvolles Instrumentarium um insbesondere Kindern und Jugendlichen in einer für diese schwierigen, und psychisch belastenden Lebenssituation effektive Unterstützung zu bieten. Mit der Wahrnehmung dieser wichtigen Tätigkeiten sind vom Bundesministerium für Justiz zahlreiche Einrichtungen beauftragt. Von diesen ist in letzter Zeit verstärkt zu vernehmen, dass es bei deren Finanzierung zu enormen Engpässen kommt, die oft dazu führen, dass diesen Einrichtungen ihre Aufgabenerfüllung faktisch unmöglich wird.

Als Beispiel ist hier das Kinderschutzzentrum WIGWAM in Steyr zu nennen, das aufgrund der Vielzahl an Aufträgen den vom BMJ bewilligten Förderungsbetrag für die Periode Oktober 2008 bis September 2009 bereits im März 2009 überschritten hat und seither beim Bundesministerium für Justiz erfolglos um eine Nachtragsförderung angesucht hat. In der Zwischenzeit hat sich die finanzielle Situation dermaßen zugespitzt, dass der Vereinsvorstand den Entschluss fassen musste per 1. Juni 2009 keine neuen Prozessbegleitungsfälle mehr übernehmen zu können, da sich der Verein, mangels der erforderlichen finanziellen Unterstützung mit öffentlichen Geldern, außer Stande sieht seinen Aufgaben der Begleitung von Kindern, die Opfer von Gewalt und Missbrauch wurden, nachzukommen.

Nachdem seit 1.1.2006 ein Rechtsanspruch auf die juristische und psychosoziale Prozessbegleitung besteht, dieser seit 1.6.2009 auch auf Zivilverfahren ausgedehnt wurde, und somit mit einem weiteren Anstieg der Anfallzahlen zu rechnen ist, ist es nicht nachvollziehbar, warum den in diesen Bereich tätigen Einrichtungen seitens des Bundesministeriums für Justiz nicht die erforderlichen finanziellen Mittel zur Aufgabenerfüllung zur Verfügung gestellt werden. In diesem Zusammenhang richten die unterzeichneten Abgeordneten an die Bundesministerin für Justiz nachstehende

 

Anfrage:

 

1.) Wie viele Einrichtungen sind in Österreich jeweils in den einzelnen Bundesländern seitens des Bundesministeriums für Justiz mit Aufgaben der juristischen und psychosozialen Prozessbegleitung beauftragt?

 

2.) Wie hoch war im Jahr 2008 das Budget des Bundesministeriums für Justiz für die juristische und psychosoziale Prozessbegleitung?

 

3.) Wie hoch waren im Jahr 2008 die tatsächlichen Ausgaben des Bundesministeriums für Justiz für die juristische und psychosoziale Prozessbegleitung?

 

4.) Wie hoch ist im Jahr 2009 das Budget des Bundesministeriums für Justiz für die juristische und psychosoziale Prozessbegleitung?

 

5.) In wie vielen Fällen wurde im Jahr 2008 jeweils in den einzelnen Bundesländern juristische und psychosoziale Prozessbegleitung gewährt?

 

6.) In wie vielen Fällen wurde mit Stichtag 1.7.2009 im Jahr 2009 jeweils in den einzelnen Bundesländern juristische und psychosoziale Prozessbegleitung gewährt?

 

7.) Wie viel an finanziellen Mitteln ist für die mit dem zweiten Gewaltschutzgesetz eingeführte Prozessbegleitung in Zivilverfahren zusätzlich für das Jahr 2009 budgetiert?

 

8.) Wie viel an finanziellen Mitteln ist für die mit dem zweiten Gewaltschutzgesetz eingeführte Prozessbegleitung in Zivilverfahren zusätzlich für das Jahr 2010 budgetiert?

 

9.) Wie ist es zu erklären, dass im Bundesvoranschlag für das Jahr 2009 bei der Position Opferhilfeeinrichtungen (worunter unter anderem auch die Prozessbegleitung fällt) gegenüber dem Bundesvoranschlag für das Jahr 2008 lediglich eine Steigerung um 0,5 Mio. € auf 5 Mio. € veranschlagt ist, während aus den Materialien zum zweiten Gewaltschutzgesetz hervorgeht, dass allein aufgrund der Prozessbegleitung in Zivilverfahren mit Mehrkosten von zumindest 5,4 Mio. € jährlich zu rechnen ist?

 

10.) Wie ist es aus Ihrer Sicht zu rechtfertigen, dass einerseits ein Rechtsanspruch auf juristische und psychosoziale Prozessbegleitung besteht, und andererseits Vereinen wie beispielsweise dem Kinderschutzzentrum WIGWAM offensichtlich nicht die erforderlichen finanziellen Mittel zur Aufgabenerfüllung zur Verfügung gestellt werden?

 

11.) Welche Gründe stehen der Gewährung einer Nachtragsförderung an das Kinderschutzzentrum WIGWAM konkret entgegen?

 

12.) Welche Schritte sind seitens des Bundesministeriums für Justiz geplant, wenn Einrichtungen wie das Kinderschutzzentrum WIGWAM, aufgrund der unzureichenden Gewährung von Förderungen, gezwungen sind ihre Tätigkeit im Bereich der Prozessbegleitung einzustellen?

 

13.) Werden sie Verhandlungen mit dem Bundesminister für Finanzen und Vizekanzler Pröll führen um für das Jahr 2009 die notwendigen finanziellen Mittel für die Gewährleistung der juristischen und psychosozialen Prozessbegleitung sicherzustellen?