2790/J XXIV. GP

Eingelangt am 10.07.2009
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf

und Kollegen

 

an die Justizministerin der Republik Österreich

 

betreffend „Politische Verstrickungen im Fall Kohn/Madoff“.

 

Wie in der Tageszeitung „Der Presse“ vom Samstag, den 4. Juli 2009, berichtet, verdichtet sich die Verdachtslage gegen die österreichische Investmentbankerin Sonja Kohn zusehends.

 

So gilt es in Fachkreisen zwischenzeitlich als offenkundig, dass Kohn so genannte „Kick-back“-Zahlungen für die Vermittlung von Madoff-Fonds auf verschlungenen Wegen über ihr Untenhemen Infovaleur in der Höhe von 40 Mio. Dollar erhalten hat. Laut Medienberichten soll die Kriminalabteilung des US-Justizministeriums auf Grund dieser Zahlungen bereits ein Rechtshilfeersuchen bezüglich „Kohn, Bank Medici und Infovaleur“ an österreichische Behörden gestellt haben.

 

Darüber hinaus besteht der Verdacht, dass Sonja Kohn nicht nur Teilnehmer am Madoff-System war, sondern die dem Pyramidenspiel ähnliche Strategie, die dann über Madoffs Brokergesellschaft Cohmad und Bernard L. Madoff Investment Securities LLC in die Tat umgesetzt wurde, gemeinsam mit Madoff entwickelt haben soll.

 

Die Verstrickungen rund um den Madoff-Skandal ziehen jedoch auch in Österreich weitere Kreise, denn neben Kohn hielt die Bank Austria ein Viertel der Anteile an der österreichischen Medici-Bank mit dem Hauptgeschäftsgebiet, das fast ausschließlich aus dem Vertrieb von so genannten Madoff-Fonds bestand. Ebenso wie die Bank Medici hat auch die Uni-Credit Tochter, Pioneer Investments Fonds, die sogenannten Madoff-Fonds an österreichische Kunden vertrieben.

 

Die Nationalbank bezifferte selbst den Verlust für heimische Anleger in der Höhe von 350 Mio. Euro. Andere Quellen gehen in der Bezifferung des Schadens noch viel weiter, so soll laut Medienberichten die Schadenshöhe in die Milliarden gehen. Anzeigen der FMA wegen Verstößen gegen das Investmentfondsgesetz gegen Kohn und die Bank Austria sollen bereits bei der Staatsanwaltschaft eingelangt sein. Der Bank Medici – welche weltweit zu den vier größten Madoff-Geldbeschaffern zählt - wurde auch bereits die Banklizenz entzogen, was zur Umbenennung auf 20.20 Medici AG geführt hat.

 

Aufklärungsbedürftig in dieser Causa ist jedenfalls die Verstrickung heimischer Politgranden. So befanden sich im Aufsichtsrat der Medici Bank neben der Aufsichtsratschefin Sonja Kohn auch der SPÖ-Exminister Ferdinand Lacina und der ÖVP-Exminister Hannes Farnleitner, welche mittlerweile über die APA Ihre Unschuldsbeteuerungen kommuniziert haben.

 

Besonders grotesk ist es aber auch, dass Frau Sonja Kohn auf Grund Ihrer Verdienste um den Finanzplatz das Große Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik erhalten hat. Ein Verfahren zur Aberkennung dieses Ehrenzeichens ist auf Grund des bis dato erwiesenen Fehlverhaltens Kohns längst überfällig.

 

In Kenntnis des oben geschilderten Sachverhalts kann jeder objektiv, redliche Staatsbürger nachvollziehen, warum Sonja Kohn im Wirtschaftsblatt vom 04.11.2004 die Aussage getätigt hat: „Ich bin bei der Arbeit wahnsinnig gerne unsichtbar“.

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgende

 

Anfrage:

 

 

  1. Ist in der Sache „Kohn, Bank Medici und Infovaleur“ ein Rechtshilfeersuchen der US-Behörden eingelangt?
  2. Hat sich der Verdacht, dass Sonja Kohn aktiv mit Bernard L. Madoff das weltweite Betrugssystem entwickelt hat, erhärtet?
  3. Wie hoch beziffern Sie die wahrscheinlichen Verluste österreichischer Anleger durch das Madoff-System?
  4. Wie hoch beziffern Sie den Schaden, welchen ausländische Anleger durch die Veranlagung beim Bankhaus Medici in Österreich erlitten haben?
  5. Wie ist der Stand der Ermittlungen in der Causa Kohn im Allgemeinen?
  6. Welche Ermittlungsmaßnahmen gedenken Sie zu setzten, damit eine rasche Aufklärung des Falls Kohn gewährleistet wird?
  7. Besteht Ihrer Meinung nach dringender Tatverdacht sowie Flucht-, Verdunkelungsgefahr im Fall Sonja Kohn?
  8. Wird die Staatsanwaltschaft Untersuchungshaft für Sonja Kohn beantragen?
  9. Hat es in dieser Causa – ihnen bekannte – Interventionsversuche von Ferdinand Lacina und Hannes Farnleitner gegeben, um Ermittlungen zu verhindern?
  10. Wie ist der Stand der Ermittlungen hinsichtlich Lacina und Farnleitner?
  11. Gegen welche Personen bei der Bank Austria und der Medici-Bank werden Ermittlungen geführt?
  12. Wie ist der Ermittlungsstand hinsichtlich der Bank Austria im Zusammenhang mit dem Madoff-Skandal?
  13. Gab es in dieser Causa seitens der Bank Austria Verletzungen der Prospektpflicht?
  14. Was werden Sie tun, um die Aberkennung des Verdienstzeichens der Republik Sonja Kohns zu beschleunigen?