2838/J XXIV. GP

Eingelangt am 13.07.2009
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Zinggl, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin  für Unterricht, Kunst und Kultur

 

betreffend die Novelle des Kunstrückgabegesetzes

 

 

Die kurz vor der Sommerpause des Nationalrates im Ministerrat beschlossene Novelle des Kunstrückgabegesetzes (BGBl. 181/1998) bietet in einigen Bereichen zwar durchaus begrüßenswerte Verbesserungen, zentrale Kritikpunkte an der bisherigen Ausgestaltung des Gesetzes bleiben aber leider völlig unberücksichtigt. Dies betrifft vor allem die Unterwerfung der Leopold Privatstiftung unter das Kunstrückgabegesetz. Unabhängig von der Untersuchungstätigkeit der beiden vom Bund bestellten Provenienzforscher ist es ein Zeichen höchster politischer Kurzsichtigkeit, nicht bereits jetzt legislative Vorkehrungen betreffend die Leopold Privatstiftung zu treffen.

Ein weiteres Versäumnis betrifft die Definition des Tatbestandes der Entziehung. Dieser Tatbestand ist im Nichtigkeitsgesetz (BGBl. 106/1946) nur äußerst vage bestimmt. In seinen Argumentationen scheint sich der Kunstrückgabebeirat häufig auf das Dritte Rückstellungsgesetz (BGBl. 54/1947) zu beziehen, dem zufolge eine nichtige Vermögensentziehung dann vorliegt, „wenn der Eigentümer politischer Verfolgung durch den Nationalsozialismus unterworfen war und der Erwerber des Vermögens nicht dartut, dass die Vermögensübertragung auch unabhängig von der Machtergreifung des Nationalsozialismus erfolgt wäre“. Es wäre nur konsequent, würde diese – im Übrigen völlig nachvollziehbare – geübte Praxis des Kunstrückgabebeirates im Gesetz explizit festgehalten.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

  1. Wie viel Geld hat die Leopold Privatstiftung seit 1998 für Anwalts- und Beratungskosten im Zusammenhang mit Egon Schieles „Bildnis Wally“ ausgegeben? Wir ersuchen um Aufschlüsselung nach Jahren.
  2. Wie viel Geld hat die Leopold Privatstiftung seit 1998 für Anwalts- und Beratungskosten im Zusammenhang mit Egon Schieles „Häuser am Meer“ ausgegeben? Wir ersuchen um Aufschlüsselung nach Jahren.
  3. Wann werden die beiden unabhängigen, vom Bund bezahlten Provenienzforscher im Leopold Museum den für Jänner 2009 angekündigten Zwischenbericht über ihre Tätigkeit vorlegen?
  4. Bis wann ist mit einem vorläufigen Endbericht zu rechnen?
  5. Wie viele Kunstwerke aus der Leopold Privatstiftung wären nach Ansicht Ihres Ministeriums zu restituieren, wäre das Museum dem Kunstrückgabegesetz unterworfen?
  6. Hätte die Rückgabe von so prominenten Bildern wie „Bildnis Wally“ oder „Häuser am Meer“ nachträglich Auswirkungen auf den Preis, den die Republik für die Sammlung Leopold bezahlt hat?
  7. Wären prominente Bilder wie „Bildnis Wally“ oder  „Häuser am Meer“ nicht mehr Bestandteil der Sammlung Leopold, hielten Sie dann 160 Millionen Euro immer noch für einen günstigen Ankaufspreis für die Sammlung?
  8. Wie beurteilt Ihr Ministerium die juristischen Argumente des Verfassungsrechtlers Walter Berka, der im November 2008 ein Gutachten vorgelegt hat, demzufolge es verfassungsrechtlich unbedenklich sei, das Leopold Museum dem Kunstrückgabegesetz zu unterwerfen?
  9. Welche Argumente jenseits des Pragmatismus – eine gesetzliche Verpflichtung sei „hochriskant“ und würde „jahrelange Gerichtsverfahren mit höchst ungewissem Ausgang nach sich ziehen“, ließen Sie im November 2008 mitteilen – lassen sich zur Widerlegung des Berka-Gutachtens anführen?
  10. Wie, wenn nicht mittels eines Gesetzes, wollen Sie Rudolf Leopold zur Rückgabe geraubter Kunst überreden?
  11. In wie vielen Empfehlungen an die jeweilige Ministerin hat sich der Kunstrückgabebeirat auf § 2 Abs. 1 Drittes Rückstellungsgesetz (BGBl. 54/1947) bezogen? Wir ersuchen um Auflistung dieser Empfehlungen.
  12. In wie vielen Fällen hat der Kunstrückgabebeirat Entscheidungen der Rückstellungskommissionen der 1940er und 1950er Jahre aufgehoben und die Rückgabe der betreffenden Kunstwerke empfohlen?
  13. In wie vielen Fällen hat der Kunstrückgabebeirat eigene frühere negative Empfehlungen revidiert?
  14. Wie definieren Sie eine „nichtige Vermögensentziehung“?
  15. Aus welchen Gründen verzichten Sie in der Novelle des Kunstrückgabegesetzes auf den Bezug zum Dritten Rückstellungsgesetz?