3062/J XXIV. GP

Eingelangt am 22.09.2009
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Martin Graf, Gartelgruber, DDr. Königshofer

und weiterer Abgeordneter

 

an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung

 

betreffend Praxis der Anerkennung von in Drittstaaten erbrachten Studienleistungen durch österreichische Staatsbürger

 

Die Angelegenheiten der Universitäten werden im Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten und ihrer Studien (Universitätsgesetz 2002), BGBl. I Nr. 120/2002 geregelt: So legt § 2 leg. cit. die leitenden Grundsätze für die Universitäten bei der Erfüllung ihrer Aufgaben fest und führt dabei u.a. die „nationale und internationale Mobilität der Studierenden, der Absolventinnen und Absolventen sowie des wissenschaftlichen und künstlerischen Universitätspersonals“ (Z. 7), die soziale Chancengleichheit (Z. 10) und die Gebote der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit der Gebarung (Z. 12) an.

Nach § 3 leg. cit. erfüllen die Universitäten im Rahmen ihres Wirkungsbereichs unter anderem folgende Aufgaben:

2. Bildung durch Wissenschaft und durch die Entwicklung und Erschließung der Künste;

3. wissenschaftliche, künstlerische, künstlerisch-pädagogische und künstlerisch-wissenschaftliche Berufsvorbildung, Qualifizierung für berufliche Tätigkeiten, die eine Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden erfordern, sowie Ausbildung der künstlerischen und wissenschaftlichen Fähigkeiten bis zur höchsten Stufe;

4. Heranbildung und Förderung des wissenschaftlichen und künstlerischen Nachwuchses;

7. Unterstützung der nationalen und internationalen Zusammenarbeit im Bereich der wissenschaftlichen Forschung und Lehre sowie der Kunst;

 

Gemäß § 5 leg. cit. erfüllen die Universitäten ihre Aufgaben gemäß § 3 im Rahmen der Gesetze und Verordnungen nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Organisation der Universitäten (UOG 1993), BGBl. Nr. 805/1993, oder des § 2 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Organisation der Universitäten der Künste (KUOG), BGBl. I Nr. 130/1998, weisungsfrei und geben sich ihre Satzungen im Rahmen der Gesetze (§ 7 Abs. 1 UOG 1993 und § 8 Abs. 1 KUOG).

Zwar erlässt gemäß § 19 Abs. 1 jede Universität durch Verordnung (Satzung) die erforderlichen Ordnungsvorschriften im Rahmen der Gesetze und Verordnungen selbst. Die vom UG vorgegebenen Ziele müssen dabei erfüllt werden. In dieser Satzung sind insbesondere die Einrichtung eines für die Vollziehung der studienrechtlichen Bestimmungen in erster Instanz zuständigen monokratischen Organs und die studienrechtlichen Bestimmungen nach Maßgabe des II. Teils dieses Bundesgesetzes zu regeln.

Gemäß § 54 UG sind die Universitäten berechtigt, Diplom-, Bachelor-, Master- und Doktoratsstudien einzurichten. Neu einzurichtende Studien dürfen grundsätzlich nur als Bachelor- und Masterstudien eingerichtet werden. Die am 31. Dezember 2003 in der Anlage 1 zum Universitäts-Studiengesetz  (UniStG), BGBl. I Nr. 48/1997, genannten Studien dürfen als Diplomstudien neu eingerichtet werden. Lehramtsstudien und Humanmedizinische Studien sowie Zahnmedizinische Studien dürfen nur in Form von Diplomstudien angeboten werden. Für die Diplomstudien sind jeweils die in der Anlage 1 zum  UniStG genannten akademischen Grade festzulegen. Der Arbeitsaufwand für Bachelorstudien hat 180 ECTS-Anrechnungspunkte und für Masterstudien mindestens 120 ECTS-Anrechnungspunkte zu betragen. Im Curriculum ist für Lehrveranstaltungen mit einer beschränkten Zahl von Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Anzahl der möglichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie das Verfahren zur Vergabe der Plätze festzulegen. Dabei ist zu beachten, dass den bei einer Anmeldung zurückgestellten Studierenden daraus keine Verlängerung der Studienzeit erwächst. Im Bedarfsfall sind überdies Parallellehrveranstaltungen, allenfalls auch während der sonst lehrveranstaltungsfreien Zeit anzubieten. Studien dürfen auch gemeinsam mit anderen Universitäten durchgeführt werden.

Gemäß § 59 Abs. 1 steht den Studierenden nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen Lernfreiheit zu. Sie umfasst insbesondere das Recht, sowohl an der Universität, an der sie zum Studium zugelassen wurden, als auch an anderen Universitäten die Zulassung für andere Studien zu erlangen. Nach Erbringung der in den Curricula vorgeschriebenen Leistungen werden die entsprechenden akademischen Grade verliehen. Nach Maßgabe des § 78 werden erbrachte Prüfungen an inländischen und ausländischen postsekundären Bildungseinrichtungen anerkannt, soweit sie den Curriculum vorgeschriebenen Prüfungen gleichwertig sind.

Nach § 60. Abs. 1 leg.cit. hat das Rektorat Personen, welche die Zulassungsvoraussetzungen erfüllen, auf Grund ihres Antrages mit Bescheid zum jeweiligen Studium an dieser Universität zuzulassen. Gemäß § 63 Abs. 1 setzt die Zulassung zu einem ordentlichen Studium die allgemeine Universitätsreife, die besondere Universitätsreife für das gewählte Studium, sowie die Kenntnis der deutschen Sprache voraus. Bei Nachweis der allgemeinen und der besonderen Universitätsreife sind österreichische Staatsangehörige unbefristet zuzulassen.

Gemäß § 78 Abs. 1 UG sind positiv beurteilte Prüfungen, die ordentliche Studierende an einer anerkannten inländischen oder ausländischen postsekundären Bildungseinrichtung, einer berufsbildenden höheren Schule, einer Höheren Anstalt für Lehrer- und Erzieherbildung, in Studien an anerkannten inländischen Bildungseinrichtungen, deren Zugang die allgemeine Universitätsreife erfordert, oder in einem Lehrgang universitären Charakters abgelegt haben, auf Antrag der oder des ordentlichen Studierenden vom für die studienrechtlichen Angelegenheiten zuständigen Organ bescheid mäßig anzuerkennen, soweit sie den im Curriculum vorgeschriebenen Prüfungen gleichwertig sind. Die an einer inländischen Universität oder an einer Universität der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes für ein Fach abgelegten Prüfungen sind für das gleiche Fach im weiteren Studium desselben Studiums an einer anderen inländischen Universität jedenfalls anzuerkennen, wenn die ECTS-Anrechnungspunkte gleich sind oder nur geringfügig abweichen. Solche Anerkennungen können im Curriculum generell festgelegt werden. Die Anerkennung von Prüfungen, die entgegen der Bestimmungen des § 63 Abs. 8 und 9 an einer anderen Universität abgelegt wurden, ist ausgeschlossen.

§ 90 des UG schreibt schließlich vor, dass die Antragstellung betreffend die Anerkennung eines ausländischen Studienabschlusses als Abschluss eines inländischen ordentlichen Studiums (Nostrifizierung) den Nachweis voraussetzt, dass die Nostrifizierung zwingend für die Berufsausübung oder die Fortsetzung der Ausbildung der Antragstellerin oder des Antragstellers in Österreich erforderlich ist. Nähere Bestimmungen sind in der Satzung festzulegen. Der Antrag ist an einer Universität einzubringen, an der das entsprechende inländische Studium eingerichtet ist. Es ist unzulässig, denselben Nostrifizierungsantrag gleichzeitig oder nach der Zurückziehung an einer anderen Universität einzubringen. Die Nostrifizierung ist vom für die studienrechtlichen Angelegenheiten zuständigen Organ mit Bescheid auszusprechen. Im Bescheid ist festzulegen, welchem inländischen Studienabschluss der ausländische Studienabschluss entspricht und welchen inländischen akademischen Grad die Antragstellerin oder der Antragsteller an Stelle des ausländischen akademischen Grades auf Grund der Nostrifizierung zu führen berechtigt ist. Die Ausfertigung des Bescheides ist auf der Urkunde, die als Nachweis des ausländischen Studienabschlusses vorgelegt wurde, zu vermerken.

 

Frau S.N. studierte von 2004 bis 2006 vier Semester Psychologie an der Universität Innsbruck, exmatrikulierte dann aber und studierte in Melbourne drei weitere Semester in Psychologie, welche sie im Juni diesen Jahres mit dem Bachelor beendete. Aus privaten Gründen würde sie nun gerne das Studium der Psychologie an der Universität Innsbruck fortsetzen. Leider musste Sie erfahren, dass die Inskription für das Magisterstudium nicht mehr möglich wäre. Da aber die Inskription für das neue Masterstudium in Innsbruck nach Auskunft der Studienabteilung erst in zwei Jahren möglich ist, steht die Genannte nun vor einem Dilemma.

Seit 30. Juni 2009 steht Frau N. in Kontakt mit den Vertretern der Universität Innsbruck, namentlich Frau Nina Schrott vom Büro der zuständigen Vize-Rektorin und Frau Jasminka Katkic. Mit E-Mail vom 27. August 2009 wurde Frau N. mitgeteilt, dass Frau Jasminka Katkic, Leiterin der Studienabteilung, sich mit dem Fakultätsstudienleiter der psychologischen Fakultät rückgesprochen habe und als nächster Schritt noch die Absprache mit Vizerektorin Prof. Friedrich nötig wäre, um die Möglichkeit zur Weiterführung des Diplomstudium zu entscheiden.

Am 3. September 2009 wurde Frau N. per E-Mail folgendes mitgeteilt:

„Sehr geehrte Frau N,

über Ihre Anfrage bzw. Ihr Ansuchen um Wiederzulassung zum Diplomstudium Psychologie wurde wie folgt entschieden:

Die (Wieder-)Zulassung zum Diplomstudium Psychologie ist nicht mehr möglich, da zwischenzeitlich das Nachfolgestudium Bachelorstudium Psychologie in Kraft ist (kundgemacht im Mitteilungsblatt vom 21.04.2008).

Dennoch wurde geprüft, wie viel an Studienleistungen erbracht werden müssten, damit ein möglicher Wiedereinstieg ins Diplomstudium als gerechtfertigt erscheint. Nach Überprüfung der im Ausland erbrachten Studienleistungen sowie der Prüfungen, die Sie während des Studiums an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck absolviert haben, fehlen noch viele Lehrveranstaltungen, zusätzlich die Diplomarbeit sowie die kommissionelle Abschlussprüfung. Für den Abschluss des ersten Abschnittes ca. 12 Semesterstunden, für den zweiten Abschnitt knapp 60 (!!) Semesterstunden. Es fehlt somit noch knapp dreiviertel für den Abschluss des zweiten Abschnittes. Die Absolvierung der Prüfungen ist frühestens nach drei Semestern realistisch, dazu kommt noch die Diplomarbeit, die je nach Thema und Aufwand zusätzlich Zeit beansprucht, ein Wiedereinstieg in das Diplomstudium Psychologie ist daher nicht möglich.

Sie haben daher die Möglichkeit sich für das Bachelorstudium Psychologie einzuschreiben und sich Prüfungen, die Sie im Rahmen Ihres absolvierten Studiums in Australien erbracht haben, anerkennen zu lassen. Nach Abschluss des Bachelorstudiums Psychologie ist die Zulassung zum Masterstudium Psychologie möglich, das im Wintersemester 2010 spätestens jedoch im Wintersemester 2011 in Kraft tritt.

Sollten Sie noch Fragen haben, können Sie sich gerne an mich wenden.

Verbleibe mit freundlichen Grüßen,

Jasminka Katkic“.

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung nachstehende


Anfrage:

 

 

1.      Inwieweit ist die Aussage in der E-Mail der Leiterin der Studienabteilung der Universität Innsbruck an Frau N. vom 03.09.2009 mit den Zielsetzungen der leitenden Grundsätze und Aufgaben in §§ 2 und 3 des Universitätsgesetzes 2002 zu vereinbaren?

 

2.      Inwieweit ist die Aussage in der E-Mail der Leiterin der Studienabteilung der Universität Innsbruck an Frau N. vom 03.09.2009 „Sie haben daher die Möglichkeit sich für das Bachelorstudium Psychologie einzuschreiben“, obwohl diese den Bachelor-Grad bereits erworben hat, mit den Bestimmungen der §§ 59 Abs. 1 und 78 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002 zu vereinbaren?

 

3.      Welche Maßnahmen werden seitens des BMWF ergriffen, um solche offenbar dem Geist des UG 2002 widersprechenden Vorgangsweisen, wie jene der Leiterin der Studienabteilung der Universität Innsbruck im gegenständlichen Fall, zu unterbinden?

 

4.      Ist es rechtlich zulässig, dass Studierende einen gleichsam „unterrichtsfreien“ Zeitraum von mehreren Semestern, der dadurch entsteht, dass sie nicht mehr nach einem alten Studienplan studieren dürfen, gleichzeitig aber der neue Studienplan noch nicht in Kraft getreten ist, nach Aussage einer Universität einfach „hinnehmen“ müssen?

 

5.      Wenn nein, welche Maßnahmen werden seitens des BMWF dagegen ergriffen?

 

6.      Wenn ja, auf welcher rechtlichen Grundlage?

 

7.      Welche Übereinkommen bezüglich des Hochschulwesens und der Anerkennung von diesbezüglichen Bildungsabschlüssen bestehen zwischen der Republik Österreich und dem Commonwealth von Australien?