3072/J XXIV. GP

Eingelangt am 23.09.2009
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DRINGLICHE ANFRAGE

gem. § 93 Abs. 2 GOG-NR

 

der Abgeordneten Ursula Haubner, Dr. Strutz, Dr. Spadiut
Kollegin und Kollegen

an den Bundesminister für Gesundheit

betreffend „Steuererhöhungen statt zukunftsweisender Gesundheitsreform“

 

Im Regierungsprogramm der SPÖVP Retrokoalition findet sich zum Thema einer „zukunfts­weisenden Gesundheitsreform“ – angesichts der bereits zum Abschluss der Regierungs­ver­hand­lungen im Herbst 2008 dramatischen Lage der Krankenkassen mit einer Finanzierungs­lücke in Höhe von 500 Millionen Euro – lediglich folgende (milde) Vorgabe:

 „Die Bundesregierung bekennt sich zum schrittweisen Abbau des negativen Reinvermögens der Krankenversicherungsträger und knüpft diese an eine erbrachte oder fix vereinbarte, nachvollziehbare Dämpfung der Ausgabendynamik und neue Verteilungsmodelle unter stärkerer Berücksichtigung von Strukturfragen.“

Des weiteren wird eine einnahmenorientierte Ausgabenpolitik und das Heben aller Effizienz­potentiale im Gesundheitswesen angestrebt. Diese werden vom Rechnungshof mit immerhin 3 Milliarden Euro beziffert.

Dem Bundesminister für Gesundheit, SPÖ-Minister Alois Stöger diplomé - nunmehr fast ein Jahr im Amt – gelingt es dennoch, sogar die Minimalerfordernisse dieses ohnehin nicht sehr ambitionierten Programms durch politisches Unvermögen und Versagen zu unterlaufen:

Nach monatelangem, ergebnisarmen Ringen um Vorschläge für eine umfassende Kassen­reform bzw. Reform des nicht mehr finanzierbaren österreichischen Gesundheitssystems kam sein Vorschlag „sämtliche Kapitalerträge künftig gleich hoch wie Arbeitseinkommen zu besteuern“. In einem „Standard“-Interview vom 16. September 2009 meinte der Minister, „dass er sich eine Verdoppelung des derzeitigen 25%-igen Steuersatzes auf Kapitalerträge auf 50% vorstellen könne“. Dies interpretiert man sogar im koalitionär ÖVP-geführten Finanzministerium als Verdoppelung der Kapitalertragssteuer (die bekanntlich auch auf Sparbuchzinsen eingehoben wird) von 25 auf 50 Prozent. Bundeskanzler Faymann scheint ob des „wahnwitzigen Vorschlages“ vom Gesundheitsminister aus Oberösterreich das Lachen eingefroren zu sein. Auch das (ehemalige) SPÖ-Leibblatt „Kronenzeitung“ will mittlerweile Stögers Ablöse.

Die von Bundesminister Stöger offen gelebte Überzeugung, dass das Gesundheitssystem weiterhin mit massiven Steuergeldern zusätzlich finanziert werden muss, schlägt sich schon darin nieder, dass er die Ausschüttung von 600 bis 900 Millionen Euro an Zuschüssen für die maroden Krankenkassen gegenüber den österreichischen Steuerzahlern und Steuerzahlerinnen als Verhandlungserfolg darstellt. Die vom Finanzminister zu Recht zumindest in Ansätzen eingemahnten Einsparungsziele werden aber offenkundig bestenfalls halbherzig verfolgt.

Die Politik von Bundesminister Stöger ist bis dato lediglich geprägt durch:

·         seine Wünsche nach finanziellen Belastungen der Steuerzahler,

·         die mangelnde Fähigkeit zu erkennen, welche Auswirkungen sein Untätigsein in Reformfragen auf die Gesundheit der heute jungen Österreicherinnen und Österreicher hat,

·         die seltsam einseitige Taktik, mit lediglich zwei Stakeholdern der Gesundheitspolitik - dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger und der Ärztekammer - über Einsparungen zu „verhandeln“ sowie

·         das Unvermögen, die Sozialpartner zu nachhaltigen Reformschritten in die Pflicht zu nehmen.

 

Fast ein Jahr nach seinem Amtsantritt als Bundesminister für Gesundheit hat Alois Stöger diplomé somit eindeutig unter Beweis gestellt, dass er den ihm gestellten Aufgaben - der Führung des Gesundheitsressorts und der Umsetzung von nachhaltigen Strukturreformen im Österreichischen Gesundheitssystem - nicht gewachsen ist und deshalb als Bundesminister versagt hat. Aufgrund seiner Inkompetenz hat sich Bundesminister Stöger endgültig verzichtbar gemacht, weshalb ihm auch vom Nationalrat das Vertrauen entzogen werden sollte.

Die Amtszeit von Bundesminister Stöger war bisher von folgenden Fehlleistungen gekennzeichnet:

  1. Unvermögen zur Reorganisation und zur nachhaltigen Sicherung des österreichischen Gesundheitssystems
  2. Vorschlag, sämtliche Kapitalerträge künftig gleich hoch wie Arbeitseinkommen zu besteuern
  3. Versagen in der Organisation der angekündigten Schweinegrippe-Informationskampagne und mangelnde Transparenz
  4. Übergebührliche Erhöhung der Medikamentenpreise zu Lasten der Sozialversicherten im direkten Aufsichtsbereich
  5. Nichtumsetzbarkeit der e-Medikation mit 1. Jänner 2010
  6. Fehlende Lösungskompetenz bei der Strukturreform der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES)
  7. Durchsichtiges Manöver einer mehrdeutigen Ministeriums-Kampagne vor den Wahlen

 

1.                Unvermögen zur Reorganisation und zur nachhaltigen Sicherung des österreichischen Gesundheitssystems

Die Zahlen der Statistik Austria zeigen es deutlich: Das österreichische Gesundheitssystem ist in seiner derzeitigen Form nicht mehr finanzierbar. Im Zeitraum von 1997 bis 2007 sind die Gesundheitsausgaben in Österreich um 52,4% gestiegen. Die finanzielle Lage der 19 Krankenversicherungen ist entsprechend desaströs. Die neun Gebietskrankenkassen sind mit wenigen Ausnahmen hoch verschuldet und haben zusätzlich auch noch verpflichtende Rücklagen in Höhe von insgesamt 1,1 Milliarden Euro ausgeräumt. Dazu kommen die noch nicht mit offiziellen Zahlen belegten verminderten Beitragszahlungen des Jahres 2009 und der Folgejahre aufgrund der aktuellen Wirtschaftskrise. Eines ist jedoch sicher:

Die gesamte Finanzierungslast dieses, durch Beitragszahlungen finanzierten Systems liegt auf den Schultern der arbeitenden Bevölkerung. Die heute junge Generation muss aber bereits jetzt zu Recht befürchten, in ein paar Jahren selbst nicht mehr in den Genuss von heute noch selbstverständlichen Sozialleistungen zu kommen. Die Prognose des Rechnungshofes 2009 in Alpbach machte es deutlich: Bei unveränderter Weiterführung des derzeitigen Systems ist mit einer Kostensteigerung von zusätzlichen 29% bis zum Jahr 2013 zu rechnen.

Im Regierungsübereinkommen der SPÖVP ist die Aufgabe der Kassensanierung festgeschrieben und diese fällt eindeutig in den Arbeitsbereich des Gesundheitsministers Stöger. Die in Österreich erforderlichen und vom Rechnungshof in Alpbach klar formulierten massiven Strukturänderungen des gesamten Sozialversicherungs- und Gesundheitsbereiches würden die maximale Lösungskompetenz aller am Sozialversicherungssystem beteiligten Partner erfordern, wobei der Staat hier „optimale und nachhaltig wirkende Rahmenbedingungen zu schaffen habe“. Das wurde von der Regierung bislang eindeutig verabsäumt.

Anstatt die zur Umsetzung des Regierungsübereinkommens erforderlichen Verhandlungen zur Chefsache zu erklären und selbst ernsthaft in Angriff zu nehmen, hat Alois Stöger diplomé diese gleich zu Beginn seiner Ministerschaft zur großen Irritation der sonstigen Beteiligten (Apothekerkammer, Länder und Pharmaindustrie) an den Hauptverband der Sozialversicherungsträger und die Ärztekammer delegiert.

Bereits zu Beginn der Verhandlungen, im Jänner 2009, kündigte der Vorstandsvorsitzende im Hauptverband der Sozialversicherungsträger, Hans Jörg Schelling, an, 2009 ein „Reformpapier“ vorzulegen, damit entsprechend dem Regierungsprogramm im Jahr 2010 auch weiterhin kräftig Steuermittel zur Sanierung der Krankenkassen fließen können. Allein mit dieser Aussage zu Beginn der Verhandlungen ist das ernsthafte Bemühen aller daran Beteiligten, tatsächlich Reformerfolge zur Entlastung der österreichischen Steuerzahler erzielen zu wollen, in Frage gestellt. Es wäre Aufgabe von Bundesminister Stöger gewesen hier energisch einzuschreiten und klarzustellen, dass ernsthafte Sparmaßnahmen unumgänglich sind.

Dennoch einigten sich SPÖ und ÖVP bereits bei der Regierungsklausur in Sillian am 10. Februar 2009 darauf, in den nächsten Jahren, ohne radikale Reformvorschläge einzufordern,

·         die illiquiden Krankenkassen mit drei mal 150 Millionen Euro (sohin insgesamt 450 Millionen Euro) aus Steuergeldern finanziell zu stützen,

·         ihnen weiters eine jährliche dauerhafte Überbrückungshilfe in Höhe von 30 bis 50 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen sowie

Zusätzlich konnte sich Gesundheitsminister Stöger bereits zu diesem Zeitpunkt vorstellen, diesen "Kassenstrukturfonds" später auch noch mit mehr Geld als den für 2010 vereinbarten 100 Millionen Euro auszustatten. Damit nahm Bundesminister Stöger zu Lasten der Steuerpflichtigen offiziell in Kauf, ab 2010 mit Zuschüssen aus Steuermitteln "die halbe Entschuldung" der Kassen zu schaffen, noch bevor die Verhandlungspartner ihre Reformverhandlungen überhaupt aufgenommen hatten.

Die damals widerspruchslose Billigung dieser Vorgangsweise stellt aber auch eindeutig die Lösungskompetenz des zuständigen Finanzministers, Vizekanzlers und ÖVP-Parteiobmannes DI Josef Pröll in Frage, der dieser unzureichenden Verhandlungsrichtung damit von Beginn an seine Zustimmung erteilt hat.

Offenbar unsicher in seinen eigenen Entscheidungen, lässt Vizekanzler Pröll ab diesem Zeitpunkt aber immer wiederkehrend, durch ÖVP und ÖVP-nahe Einrichtungen diese, nur noch als „Alibi-Verhandlungen ohne tatsächlichen Reformwillen“ zu bezeichnenden Verhandlungen zwischen dem Hauptverband und der Ärztekammer medial torpedieren.

Die „Verhandlungen“ selbst waren von den Verfassungsklagen zweier Bundesländer wegen der mit dem Budget für 2009 und 2010 beschlossenen Verwendung des Katastrophenfonds (!) zum Befüllen der Finanzlücken der besonders stark verschuldeten Wiener Gebietskrankenkasse überschattet. Die Proteste der Bundesländer, wie auch der Apothekerkammer, des Verbands der Pharmazeutischen Industrie sowie sonstiger Stakeholder der Gesundheitsprävention, die allesamt von den Verhandlungen ausgeschlossen waren, verhallten wirkungslos.

Bereits am 16. Juni 2009 war laut „Presse“ das Thema Gesundheit innerhalb der rot-schwarzen Koalition ein offener Konfliktherd; mit gezielter ÖVP-Taktik übte VP-Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner noch vor der Präsentation des Verhandlungsergebnisses offen Kritik am Koalitions­partner.

Die Präsentation des „Reformpapiers“ am 26. Juni 2009, welche Bundesminister Stöger gemeinsam mit dem Hauptverbandschef Hans Jörg Schelling und Ärztekammer-Vizechef Günther Wawrovsky vornahm, geriet so zum Desaster. Die Kritiken an dem vorgelegten Papier, das lediglich eine Aneinanderreihung von Absichtserklärungen (ohne konkrete gesetzliche Vorschläge), Zeitplänen, Finanzierungshintergründen und einer Darstellung der langfristigen Finanzierung des österreichischen Gesundheitssystems war, brachte der langjährige Verhandlungspartner und Kenner des Hauptverbandes „Pharmig“ auf folgenden Punkt: „Die Vorschläge zeugen von Verantwortungslosigkeit.“

Auch die durchsichtige Verteidigung von Hauptverbandschef Schelling als auch von Ärztekammer-Vizechef Wawrowsky „dass es sich ohnehin um kein Sparpaket handle, vielmehr gehe es nur darum, den Anstieg der Kosten zu bremsen“, lässt den Gesundheitsminister ungerührt.

Bundeskanzler Faymann persönlich verhinderte am 1. Juli 2009 den Untergang seines SPÖ-Bundesminister Stöger durch Ziehen der medialen Notbremse und Vertagung der Klärung des Problems auf Herbst 2009. Stöger selbst war nämlich mittels OTS-Aussendung aus dem Finanzministerium ausgerichtet worden, dass seine Reform „nicht ausreichend“ sei. Letztendlich wurde der von Stöger als „Erfolg“ dargestellte Reformvorschlag durch VP-Finanzminister Pröll mit der Forderung nach „Nachbesserungen“ klar abgelehnt. Ein Kommentator der neuen „Kärntner Tageszeitung“ schrieb dazu: „Niemand beherrscht das Sich-selbst-in-Szene-Setzen derart perfide wie ein Josef Pröll“ sowie „und dabei hätte es ein schlichtes Nein im ersten Akt auch getan“.

Von dieser letzten SPÖVP-Posse vor den Sommermonaten bleibt zu Lasten der österreichischen Steuerzahler das unbefriedigende Ergebnis, dass nach monatelangen Verhandlungen weder ein für die Zukunft Österreichs tragbarer Verhandlungserfolg mit einem Strukturwandel zur langfristigen Absicherung des Gesundheitssystems erzielt wurde noch Einsparungen geplant sind, die sich dem Entlastungsziel von drei Milliarden Euro auch nur angenähert hätten.

In den Sommermonaten wurde dieses „Kassenpaket“ sogar von der Tagesordnung des Sommer-Ministerrats entfernt; dafür gab es erneuten medialen Zuruf (diesmal von der jungen ÖVP) nach „mehr Mut zur Strukturänderung“ an den mit der Situation offensichtlich heillos überforderten Gesundheitsminister. Zur Wirtschaftskompetenz des Hauptverbands wie auch der Krankenkassen gab es seitens der „Pharmig“ in einer Pressekonferenz am 27. August 2009 ein vernichtendes Urteil (näher dazu später), welches jedenfalls eines aufzeigt: Bundesminister Stöger ließ auch diese zweite Chance, mit entsprechenden Argumenten im Rücken die Neuorganisation des österreichischen Gesundheitssystems einerseits wie auch die Kassenreform andererseits zur Chefsache zu erklären und die von beiden Sozialpartnern in den Hauptverband entsandten Vertreter in die Pflicht zu nehmen, ungenutzt verstreichen.

Am 15. September 2009 wurde schließlich genau das vom Hauptverband am 26. Juni 2009 vorgelegte Papier zur Finanzkonsolidierung der Krankenkassen mit den im Budgetbegleitgesetz bereits beschlossenen Mitteln als Einigung des Regierungsgipfels präsentiert: 450 Millionen Euro, welche in drei Tranchen zur Schuldentilgung überwiesen werden sollen, 50 Millionen Euro als Soforthilfe sowie zusätzlich 100 Millionen Euro jährlich für einen Kassenstrukturfonds. Die Kassen müssen lediglich bei der Auszahlung nachweisen, dass sie ihr Einsparungsziel auch tatsächlich erfüllen.

Und genau über diesen Punkt tobte hinter den Kulissen bereits der nächste Kampf:

Die Einigung hielt, wie die „Kronen Zeitung“ vom 16. September genüsslich berichtet, genau zwei Stunden, da – so die Aussagen aus dem Büro von Finanzminister Pröll – bereits im kommenden Jahr zusätzlich 197 Millionen Euro gespart werden müssen, wovon Bundesminister Stöger aber angeblich nichts wusste. Finanzminister Pröll rühmte sich aber, 900 Millionen Euro an Rückvergütungsforderungen von Hauptverband und Ärztekammer an das Finanzministerium verhindert zu haben – interessanterweise gab es laut Gesundheitsminister Stöger jedoch nie eine derartige Forderung.

Die Ergebnisse dieses prolongierten Chaos sind für die Österreicherinnen und Österreicher aber von weit reichender und schmerzlicher Bedeutung:

Das von Bundesminister Stöger mit der Duldung aller anderen Regierungsmitglieder vorgelegte „Sanierungskonzept für das österreichische Gesundheitssystem“ widerspricht jeglichem wirtschaftlichen Reformgedanken.

Erzielbare Reformpotentiale, wie eine Zusammenlegung aller Sozialversicherungsträger oder deren Finanzierung aus einer Hand, werden nicht genutzt. Dazu gehören weiters auch die österreichweit vergleichbare Finanzierung und Bezahlung von Gesundheitsleistungen, die Realisierung bundesweit einheitlicher Ab­rechnungs­modalitäten im Rahmen des bereits bestehenden Krankenanstalten­finanzierungs­systems, die Lösung der Schnittstellenproblematiken zwischen intra- und extramuralem Bereich sowie bundesweit einheitliche Standards in der Leistungserbringung.

Durch Nutzung dieser Einsparungspotentiale könnten auch Maßnahmen im eigenen Bereich des Gesundheitsministeriums, wie Senkung der Personal-, Infrastruktur-, EDV- und Verwaltungskosten ermöglicht werden.

Die von Bundesminister Stöger als reines „Kostensenkungspaket“ vorgelegten Maßnahmen sind aber völlig ungeeignet um das derzeitige Leistungsangebot und die zu erwartenden Ausgabensteigerungen im Gesundheitssystem abzusichern, weil es im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung viel zu wenig berufstätige Vollzahler gibt. Somit ist eine langfristige Absicherung unseres Gesundheitssystems überhaupt nicht in Sicht. Im Gegenteil: Die Forderung nach einer höheren Besteuerung von Vermögen gleich einen Tag nach Bekanntgabe seiner „Reform“ entlarvt die wahren Finanzierungs­absichten von Bundesminister Stöger.

Selbst externe Fachleute richten dem Gesundheitsminister mittlerweile schon öffentlich aus, dass schon allein die reine Sicherung der Finanzierbarkeit (ganz abgesehen von einer echten Gesundheitsreform mit Mehrwert für die Bevölkerung) beherztere Reformschritte verlangt:

Der langjährige Verhandlungspartner und Kenner des Hauptverbandes „Pharmig“ schlägt Bundesminister Stöger in seiner Presseunterlage vom 27. August 2009 eine Reduktion von 19 auf fünf Krankenversicherungsträgern mit vier österreichweiten Standorten sowie massive interne Reformen vor.

Der Rechnungshof zeigte in einer Prognose in Alpbach am 3. September 2009 folgende konkretee Zukunftsszenarien auf: Bei Beibehaltung der derzeitigen „Reform“ werden

·         die Leistungserbringung zwischen den Akteuren weiterhin nicht abgestimmt wird.

Bundesminister Stöger lässt aber weiterhin ungerührt alle Fähigkeiten zur Durchführung dieser unbedingt notwendigen Reformen vermissen: klarer politischer Wille zu einer echten Reform, außer Streit stellen fundierter Entscheidungsgrundlagen, Einbeziehung und In-die-Pflicht-Nehmen aller staatlichen Ebenen in gesamthafter Sicht und zielstrebiges Verhandeln mit dem Ziel einer nachhaltigen Sanierung des österreichischen Gesundheitssystems ohne finanzielle Mehrbelastung der Versicherten.

 

2.                Sämtliche Kapitalerträge künftig gleich hoch wie Arbeitseinkommen zu besteuern

Der kontraproduktive Vorschlag von Bundesminister Stöger, die Österreicherinnen und Österreicher in Zeiten einer internationalen Wirtschaftskrise mit einer bis zu 50-prozentigen Steuer auf Kapitalerträge noch mehr zu belasten, ist aus Sicht des BZÖ vollkommen inakzeptabel.

Dieser Vorschlag zeigt nur die wahre Gesinnung dieses rein parteipolitisch motivierten SPÖ-Ministers, der offensichtlich davon ausgeht, dass es im Zweifelsfall zur Lösung der Probleme im Gesundheitswesen reicht, den Sparstrumpf des immer kleiner werdenden Mittelstandes der österreichischen Steuerzahlers heranzuziehen.

Diesem Wunschdenken Stögers kann im Interesse der Betroffenen aber nur eine klare Absage erteilt werden, zumal es sich bei den veranlagten Geldern um bereits versteuertes Geld handelt.

 

3.                Versagen in der Organisation der angekündigten Schweinegrippe-Informationskampagne und mangelnde Transparenz

Die Österreicherinnen und Österreicher wurden in allen Belangen rund um die Schweinegrippe buchstäblich „im Regen stehen gelassen“. Die von Bundesminister Stöger groß angekündigte „Informationskampagne“ zu Schulbeginn beschränkte sich bislang lediglich auf ein paar teure Plakate in Schulen. Weder Eltern schulpflichtiger Kinder noch sonstige Steuerzahlerinnen und Steuerzahler haben bis dato irgendeine fundierte Information seitens des Gesundheitsministers erhalten.

Eine sinnvolle Aufklärung ist bis heute definitiv unterblieben. Nach wie vor können die zur Verteilung in Form einer „Hygienekampagne“ des Gesundheitsministeriums vorgesehenen Informationen die wichtigste Frage, die sich derzeit alle Österreicherinnen und Österreicher aus gegebenem Anlass stellen: „Soll ich mich impfen lassen oder nicht?“ nicht beantworten.

Nun sollen immerhin die weiland von Bundesministerin Rauch-Kallat angeschafften Gesichtsschutzmasken an die österreichische Bevölkerung verteilt werden. Der Treppenwitz dabei ist jedoch, dass diese aufgrund ihrer zu großen Poren für den Schutz vor Viren vollkommen ungeeignet sind.

Trotz berechtigter Hinweise seitens Fachexperten, dass die „Schweinegrippe“ für den Normalverbraucher eine Grippe wie jede andere darstellt, ja sogar im Vergleich zur jährlich regelmäßig auftretenden herbst- und winterlichen Grippewelle eine äußerst milde Verlaufsvariante zeigt, wurden mit der Pharmaindustrie Vorverträge zum Ankauf von Impfstoffen in Höhe von 16 Millionen Euro abgeschlossen. Transparente Informationen an die österreichischen Steuer­zahlerinnen und Steuerzahler (die das alles immerhin finanzieren) über die daraus tatsächlich zu erwartenden Kosten bzw. allfällige Ver­trags­strafen bei Nichtabnahme des Impfstoffes sowie über die sonstigen Auswirkungen der sich bald täglich ändernden „Schweinegrippe-Politik“ erfolgen aber nicht.

Erwartet man nun jedoch, dass nunmehr in Österreich aufgrund dieser bereits abgeschlossenen Vorverträge zumindest ausreichend Impfstoff vorrätig ist, liegt man weit ab von der bitteren Realität. Nach Berichterstattung der APA soll Österreich in den nächsten Wochen rund 300.000 Dosen an Impfstoff erhalten – falls dieser zugelassen wird... Dann sollen pro Woche lediglich maximal 100.000 Dosen nachgeliefert werden. Streng nach der bekannten Maxime „zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel“ ist dies aber im Ernstfall einer tatsächlichen Pandemie schlicht zu wenig und enthüllt nur einmal mehr die derzeit von Bundesminister Stöger zu verantwortende Politik der „Mutmaßungen“ und „halben Lösungen“ statt eines starken Bekenntnisses zu einer an den Bedürfnissen der Betroffenen interessierten politischen Linie.

Experten der Universität Wien schätzen weiters, dass mittlerweile mehrere Hundert Produkte auf dem Markt sind, welche künstliche Nanoteilchen – also Partikel mit einer Größe von unter 100 Nanometern – enthalten. Diese besitzen aufgrund ihrer Kleinheit ganz besondere Eigenschaften in Verarbeitungsprozessen. Risikoforscher wiederum wiesen aber darauf hin, dass zB Nanoteilchen aus Titandioxid - wie sie bereits etwa in Sonnenschutzmitteln oder Lacken eingesetzt werden - negative Auswirkungen auf die Mikrobiologie von Gewässern haben. Die Präsentation eines Vortragenden der Universität Graz zeigte, dass Nanoteilchen bereits jetzt versuchsweise als Hilfsstoffe (lat. Adjuvantien) in Impfstoffen Verwendung finden. Der Wunsch der österreichischen Bevölkerung hier im Lichte einer allenfalls bevorstehenden Massenimpfung gegen das Schweinegrippe-Virus Aufklärung über die Inhaltsstoffe des von Österreich angekauften Impfstoffes zu erhalten, ist zwar evident, wird aber von Bundesminister Stöger offensichtlich ignoriert.

 

4.                Übergebührliche Erhöhung der Medikamentenpreise im direkten Aufsichtsbereich

Mit 1. Jänner 2009 wurde die Mehrwertsteuer auf Medikamente von 20 % auf 10 % gesenkt. Gleichzeitig erfolgte aber bereits eine Preiserhöhung bei rund 900 Arzneimitteln. Damit wurde aber verhindert, dass die sonst notwendige Verbilligung der Arzneimittel aufgrund einer vorangegangenen 10-prozentige Mehrwertsteuersenkung tatsächlich für den Konsumenten spürbar erschien, womit diese zu Gunsten der Pharmaindustrie auf Kosten der Beitragspflichtigen wieder ad absurdum geführt wurde.

Während im Jänner 2007 für rund 600 Arzneimittel und im Jänner 2008 für rund 300 Artikel die Preise erhöht wurden, sind die Preise mit Jahresbeginn 2009 für rund 900 Arzneimittel gestiegen. Diese ungewöhnlich hohe Anzahl – immerhin das 3-fache im Vergleich mit dem Vorjahr - ist kaum nachvollziehbar. Bei rund 700 Artikeln liegt die Preiserhöhung noch innerhalb der Mehrwertsteuersenkung, was dazu führt, dass von der Senkung der Mehrwertsteuer nicht mehr viel übrig blieb. Bei rund 200 Arzneimitteln übersteigt die Preiserhöhung aber sogar die Mehrwertsteuerreduktion.

Bundesminister Stöger bevorzugt jedoch auch in dieser Frage trotz Kenntnis dieser offensichtlichen Benachteiligung lieber den geschützten „Deckungsbereich“ seines Ministeriums, anstatt schleunigst – trotz mehrmaliger medialer Aufforderung – im Rahmen seiner Aufsichtspflicht oder im Zuge von Verhandlungen Änderungen im Interesse der Bürgerinnen und Bürger herbeizuführen.

 

5.                Nichtumsetzbarkeit der e-Medikation mit 1.1.2010

Die bereits mehrfach erwähnte mangelnde Bereitschaft zur Verhandlungsführung wie auch die mangelnde Organisationsfähigkeit und Termintreue von Bundesminister Stöger führen auch bei dieser, ebenfalls im Regierungsprogramm vorgesehenen Maßnahme dazu, dass weder die für Ende 2009 angekündigte österreichweite Umsetzung der e-Medikation, also der elektronischen Überprüfung der Sinnhaftigkeit der Verschreibung eines Medikamentes, noch die damit erreichbare Kostenersparnis in Höhe von 150 Millionen Euro/Jahr erfolgen kann.

Der Aufbau von eHealth in Österreich scheitert laut Manfred Müllner, Geschäftsführer-Stellvertreter des Fachverbandes der Elektro- und Elektronikindustrie (FEEI) „an einem fehlenden Dachmanagement mit den notwendigen Kompetenzen und an der mangelhaften Vernetzung der verschiedenen Stakeholder“.

Zu viele offene Fragen bei den Stakeholdern und stagnierende Arbeitsgruppen in diesem Bereich lassen bereits jetzt einzelne Länder - wie z.B. Wien - zu Selbstmaßnahmen greifen und erneut eigene „Pilotprojekte“ einrichten.

 

6.                Fehlende Lösungskompetenz bei der Strukturreform der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES)

Das Missmanagement der letzten Jahre hat ohne Zweifel die Pleite der AGES herbeigeführt. Internen Berichten und Diskussionen im Landwirtschaftsausschuss zufolge benötigt die AGES in den nächsten zwei Jahren Zuschüsse in Höhe von bis zu 30 Millionen Euro, um ein mit den tatsächlichen Gegebenheiten übereinstimmendes Budget zusammenzubringen.

Beinahe wöchentliche Meldungen über billig erzeugte Lebensmittelimitate wie „Analogkäse“ und „Schummelschinken“ lassen die österreichische Bevölkerung ohnehin schon an der Kompetenz der AGES zweifeln. Die Situation wird für die Verbraucherinnen und Verbraucher noch bedrohlicher, wenn sie nun auch noch finanziell in Gefahr gerät, ihre Aufgaben nicht einmal mehr im bisherigen Umfang wahrnehmen zu können.

Kurios sind dabei in diesem Zusammenhang die Aussagen von BM Stöger, der in ein und derselben Fragestunde im Parlament, am 10. Juli 2009 einerseits erklärte, dass die AGES kein Sanierungsfall sei, andererseits aber die Fragesteller mit der Information verblüffte, dass er bis Herbst 2009 sehr wohl ein Sanierungskonzept für die AGES in Auftrag gegeben habe.

Laut parlamentarischer Anfragebeantwortung möchte Bundesminister Stöger die wirtschaftliche Entwicklung der AGES zwar tatsächlich „überprüfen“ - hat aber, wie er selbst eingesteht, im laufenden Budget 2009/2010 leider keine Ressourcen mehr zur Verfügung, um sie budgetär zu unterstützen.

Fest steht jedenfalls, dass die AGES mit 1. Oktober 2009 nicht mehr liquide sein wird, und die Geschäftsführerhaftung eintritt. Damit wird die ohnehin schon fragliche Ernährungssicherheit in Österreich weiter gefährdet.

 

7.                Durchsichtiges Manöver einer mehrdeutigen Ministeriums-Kampagne vor den Wahlen

 

Großflächige und teure, mit Steuergeldern finanzierte Inserate des Gesundheitsministeriums „erfreuen“ die Österreicherinnen und Österreicher in österreichischen Printmedien kurz vor den laufenden Landtagswahlen. Das Ziel solch teurer verdeckter Parteiwerbung in einem Ressort, das eigentlich die Gelder der Steuerzahler sinnvoller einsetzen sollte als es für bunte Plakatflächen zu verprassen, ist aber unklar, weil weder nachvollziehbar ist, in welchem Themenbereichen seines Ressorts Bundesminister Stöger nunmehr den Schwerpunkt seiner Arbeit sieht noch ob er sein Ministerium generell als staatlich finanzierte Partei-Vorfeldorganisation wahrnimmt.

 

 

Wie aus diesen Ausführungen erhellt, hat Alois Stöger diplomé fast ein Jahr nach seinem Amtsantritt als Bundesminister für Gesundheit nach Ansicht der unterzeichneten Abgeordneten damit eindeutig unter Beweis gestellt, dass er den ihm gestellten Aufgaben - Führung des Gesundheitsressorts, Organisation von nachhaltigen Strukturreformen im österreichischen Gesundheitssystem sowie Schutz und sachgerechte Information der österreichischen Bevölkerung - nicht gewachsen ist und als Bundesminister für Gesundheit versagt hat.

 

Aus gegebenem Anlass stellen daher die unterfertigten Abgeordneten an den Herrn Bundes­minister für Gesundheit folgende

Dringliche Anfrage:

 

1.                  Ist der Vorschlag zur Erhöhung der Kapitalertragsteuer auf 50% als Ausfluss koalitionsinterner Vereinbarungen zu verstehen oder handelt es sich um einen nicht abgestimmten Vorstoß Ihrer Person?

2.                  Gibt es insgesamt neue Besteuerungsvorhaben der Bundesregierung, wenn ja welche, wenn nein, können Sie diese dezidiert ausschließen?

3.                  Ist dieser Vorstoß zur Erhöhung der Kapitalertragssteuer der Versuch Ihrer Partei, neue „Kanten“ zu zeigen und wie lautet die Meinung Ihres Koalitionspartners zu diesem Vorschlag?

4.                  Welche aktuellen Zahlen über die demografische Entwicklung in Österreich, die Entwicklung der Finanzierungssituation des Gesundheitssystems und die Wirtschaftslage sind Ihnen bekannt und welche Aufgaben leiten Sie daraus für eine 5-jährige Ministertätigkeit ab?

5.                  Welche ernstzunehmenden Vorschläge zur Reform des österreichischen Gesundheitssystems wie z.B. vom Rechnungshof, der Pharmig, der Wirtschaftskammer sowie von Experten aus der Versicherungswirtschaft liegen derzeit vor und warum halten Sie bei aller Kritik aus Expertenkreisen an dem derzeitigen System fest?

6.                  Ist die Verhandlungsführung für eine umfassende Gesundheitsreform Angelegenheit des zuständigen Bundesministers? Wenn ja, warum haben Sie diese Aufgabe bisher nicht ernsthaft wahrgenommen, sondern von Anfang an den Hauptverband der Sozial­versicherungs­träger mit offenbar ungenügenden Vorgaben verhandeln lassen? Wenn nein, warum meinen Sie, dass sich ein Gesundheitsminister nicht selbst direkt mit dieser Aufgabe zu befassen hat?

7.                  Die Verhandlungsvorgaben zur Gesundheitsreform wurde von Anfang an von allen Beobachtern und Medien als „zu wenig ambitioniert“ kritisiert; warum haben Sie sich entschieden, sie dennoch in dieser Form weiterzuführen?

8.                  Welches Fernziel verfolgen Sie mit der jetzt laufenden Reform: Mehrbelastungen der Beitrags- bzw. Steuerzahlerinnen und -zahler oder eine Sicherung der Leistungsfinan­zierung mit den bisher zur Verfügung stehenden Mitteln?

9.                  Ist eine Mehrbelastung in der bestehenden Wirtschaftskrise der Bevölkerung ausgerechnet in einem Bereich zumutbar, in dem die Fehlallokation eines beachtlichen Anteils der zur Verfügung stehenden Mittel schon seit Jahren evident ist?

10.              Österreich ist europaweit führend bei der Anzahl an Spitalsbetten, die Akutbettendichte ist um 70% höher als in der EU, 60% der Fondskrankenanstalten haben weniger als 300 Betten und bei den Ausgaben für den stationären Bereich liegt Österreich im europäischen Spitzen­feld. Welche Maßnahmen zur österreichweiten und sektorübergreifenden Spitalsplanung sind möglich und warum waren diese nicht Thema bei den Verhandlungen zur Gesundheitsreform?

11.              Welche konkreten Maßnahmen werden Sie zur Finanzierung des Gesundheitssystems bis 2013 setzen?

12.              Welche Prognosen sind Ihnen zur Finanzierung des Gesundheitssystems von 2013 bis 2025 bekannt?

13.              Welche konkreten Maßnahmen werden Sie aufgrund dieser Prognosen zur Finanzierung des Gesundheitssystems von 2013 bis 2025 setzen?

14.              Welches Detailergebnis wurde bisher von der Bundesregierung in Sachen Gesundheitsreform erreicht und welche Punkte sind aus Ihrer Sicht bzw. aus Sicht des BMF noch offen?

15.              Wie beurteilen Sie die laufenden Zurufe Ihres Ministerkollegen DI Josef Pröll „bis zum ersten Juli 2009 keine umfassende Reform zustande gebracht zu haben“ und die erneuten Ungereimtheiten bezüglich des vereinbarten Einsparungspotentiales am 14. September 2009 im Lichte der Tatsache, dass sich dieser bei der Regierungsklausur in Sillian am 10. Februar 2009 zu dem von Ihnen eingeschlagenen – unserer Meinung nach ungenügenden – „Reformweg“ bekannte?

16.              Mit Verfassungsklage wiesen zwei Bundesländer-Kassen darauf hin, dass sie in der Lage sind, ihren Betrieb wirtschaftlich zu führen. Wird Ihrer Meinung nach mit dem Beschluss der SPÖVP-Koalition zur Verwendung der Steuermittel des Katastrophenfonds zum Ausgleich der Finanzierungslücken in der besonders stark verschuldeten Wiener Gebietskrankenkasse der Leistungsgedanke oder die Qualität des Führungspersonals der genannten Kasse gestärkt oder verbessert? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum wurden diese Mittel ohne notwendigen Druck auf Strukturreformen zur Verfügung gestellt?

17.              Halten Sie den Sozialpartner-dominierten Hauptverband der Sozialversicherungsträger (der schon bisher aus Eigeninteresse der beteiligten Gruppen ein deutliches Engagement für effiziente Strukturen eher vermissen ließ) für das geeignete Gremium, um den Gesundheits­bereich in Österreich mit einer geeigneten Struktur zu maximaler Effizienz für den stationären und niedergelassenen Bereich zu führen? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum haben Sie ausgerechnet dieser Institution den Auftrag zur Verhandlung eines Reformkonzepts erteilt?

18.              Werden Sie den Rechnungshof, der bereits umfangreiche Vorschläge für die Gesundheits­reform gemacht hat, umgehend einladen, eine Strukturreform im österreichischen Gesundheitswesen im Rahmen seiner verfassungsrechtlichen Möglichkeiten zu begleiten? Wenn nein, warum nicht?

19.              Welche Meinung haben Sie zu dem in der Öffentlichkeit dominierenden Bild, auf Kosten der Steuerzahler nach monatelangen Verhandlungen keinen für die Zukunft Österreichs tragbaren Verhandlungserfolg erzielt zu haben?

20.              Aufgrund welcher Entscheidungsgrundlage oder Beratung sollen Österreicherinnen und Österreicher Ihrer Meinung nach eine qualifizierte Entscheidung treffen, ob sie sich gegen Schweinegrippe impfen lassen sollen oder nicht?

21.              Wird der in Österreich gegen die Schweinegrippe für den Menschen zur Verfügung stehende Impfstoff Nanopartikel als Adjuvans beinhalten? Wenn nein, wie können Sie das garantieren? Wenn ja, wie werden Sie die österreichische Bevölkerung über die damit verbundenen Risiken informieren?

22.              Die Mehrwertsteuersenkung auf Medikamente um 10 Prozentpunkte wurde bereits im ersten Jahr durch die Erhöhung der Medikamentenpreise egalisiert. Welche Aufsichtspflicht obliegt Ihnen in dieser Angelegenheit als zuständiger Minister, wie nehmen Sie diese wahr, wie beurteilen Sie diese unerfreuliche Entwicklung und welche Maßnahmen werden Sie setzen, damit die Mehrwertsteuersenkung den Bürgern und nicht der Pharmaindustrie zugutekommt?

23.              Das Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode kündigte die Umsetzung der e-Medikation für Ende 2009 an. Welche konkreten Maßnahmen haben Sie bisher gesetzt um diese Vorgabe zu erreichen und warum waren diese bislang nicht von Erfolg gekrönt?

24.              Im als Kommunikationsplattform eingerichteten Teil des Intranet der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit berichten Mitarbeiter resignierend „sie hätten es sich abgewöhnt ein schlechtes Gewissen zu haben am Abend ausgeruht von der Arbeit nach Hause zu kommen“. Wann beenden Sie die Managementfehler der AGES mit ihrem überbordenden Verwaltungssystem und sorgen dafür, dass die AGES sich ihren eigentlichen Aufgaben – Stichworte Analogkäse und Schummelschinken – im Interesse der Bevölkerung mit mehr Wirksamkeit widmet?

25.              Halten Sie eine Schuldzuweisung an die verbliebenen Beamten in der AGES, ihre „Unflexibilität“ sei der Grund für die Managementfehler der AGES und die dadurch herbeigeführte Situation der Unfinanzierbarkeit für einen geeigneten Ansatz um diese Fehler zu beheben bzw. die Situation der Unfinanzierbarkeit zu lösen, und wenn ja, warum? Welche konkreten Maßnahmen werden Sie setzen, um die finanzielle Basis der AGES abzusichern?

26.              Halten Sie den Rechnungshof für eine geeignete Einrichtung, um die Neustrukturierung der Bereiche Lebensmittel, Veterinär-Medizin und Pharm-Med der AGES mit dem Ziel maximaler Effizienz im Rahmen seiner verfassungsrechtlichen Möglichkeiten zu begleiten? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, werden Sie ihn bei der Planung der überfälligen Reformen einbeziehen?

27.              Das Vertrauen in die Qualität Ihres eigenen Ministeriums ist offensichtlich schon so weit gesunken, dass Kampagnen im Stile Ihrer Vorgängerin Kdolsky gemacht werden. Sind Ihrer Meinung nach die Informationen des Gesundheitsministeriums wirklich so unbedeutend und uninteressant, dass sie nur noch mit Hilfe zweideutiger Textierungen von den Menschen gelesen werden?

28.              Welche Assoziationen sollen Ihrer Erwartung nach mit der zur Zeit laufenden Ernährungskampagne Ihres Hauses ohne die Abbildung von zum Verzehr geeigneten Lebensmitteln aber einer Betonung der Farbe Rot geweckt werden?

29.              Welche Gesamtkosten entstehen durch diese Kampagne Ihres Ressorts?

 

 

In formeller Hinsicht wird gemäß § 93 (2) GOG-NR verlangt, diese Anfrage dringlich zu behandeln und der Erstanfragestellerin Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.

 

 

Wien, den 23. September 2009