3105/J XXIV. GP
Eingelangt am 23.09.2009
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Dr. Jarolim
und GenossInnen
an die Bundesministerin für Inneres
betreffend „Das Kriegsverbrechen deutscher Gebirgsjäger: Massenmord auf der Insel
Kefalonia im September 1943"
Der
Erstfragesteller hat bereits in den letzten Jahren zu dem wohl
größten Verbrechen
deutscher
Gebirgsjäger (insbesondere durch Angehörige der 1. Gebirgsdivision
des
XXII. Gebirgs-Armee-Korps) u.a. die schriftlichen parlamentarischen Anfragen 53/J
XXIII. GP, 2445/J XXII. GP und 756/J
XXII. GP an den/die
zuständige(n) InnenministerIn
gestellt, sowie auch
weitere Anfragen an die damalige Justizministerin.
Gebirgsjäger der
deutschen Wehrmacht haben sich als Hitlers Elitesoldaten in den Angriffs-
und Vernichtungskriegen Nazideutschlands schwerster Verbrechen schuldig
gemacht,
insbesondere die der 1. Gebirgs-Division
(„Edelweiß-Division"), die auch Hitlers „Garde-
Division" bezeichnet wurde. Sie bestand zum 1.April 1938 aus dem 98., 99.
und 100.
Gebirgsjägerregiment, dem
Gebirgsjäger-Bataillon 54, der Panzer-Abwehr-Abteilung 44, dem
Gebirgs-Pionier-Bataillon 54, der Gebirgs-Nachrichten-Abteilung 54, der
Gebirgs-
Sanitätsabteilung 41 und dem Gebirgs-Artillerie-Regiment 79. Ab 1941
gehörte auch das
Feld-Ersatzbataillon 79 zur Division. Dazu kamen noch Versorgungsteile.
Standorte dieser
Einheiten waren u.a. Mittenwald, Garmisch-Partenkirchen, Murnau, Oberammergau,
Lengries, Füssen, Memmingen,
Sonthofen, Berchtesgaden, Bad Reichenhall (Wehrkreis VII).
Viele
Österreicher waren Angehörige dieser Division, deren Anteil am
Gesamtstand der
Division im Jahr 1941 zirka 17% betrug. Sofort nach dem Einmarsch - an dem u.a.
das
99. Regiment bei Salzburg beteiligt war - und dem Anschluss Österreichs
(1938) wurden
militärische Einheiten des damaligen österreichischen Bundesheeres
vollständig in die
Wehrmacht eingegliedert, auch in die 1. Gebirgsdivision. Die
Gebirgsjägereinheiten des
österreichischen Bundesheeres gingen in erster Linie in der 2., 3. und 5.
deutschen
Gebirgsdivision auf. Am 11. November 1943
dienten in der 1. Gebirgsdivision u.a. 12.657
Schwaben und Bayern sowie auch 3.401 Österreicher.
Die Rolle von Österreichern
in der 1. Gebirgsdivision - insbesondere deren Beteiligung an
den abscheulichen Kriegsverbrechen dieser Gebirgsjäger - wurde bisher
weder historisch
noch juristisch aufgearbeitet. Auch nicht
deren weitere berufliche Entwicklung und Karrieren
in der Nachkriegszeit. Das gleiche gilt für Südtiroler, die
Angehörige der 1. Gebirgsdivision
waren.
Gebirgsjäger der
1. Gebirgsdivision verübten ab April 1943 im ehemaligen Jugoslawien
(Montenegro, Serbien) sowie ab Juli 1943 in
Westgriechenland und in Albanien sowie später
in Montenegro und Serbien zahlreiche Massaker an unschuldigen
Zivilisten, führten
Geiselerschießungen durch und waren an der Ermordung von Kriegsgefangenen
aktiv
beteiligt, wie beispielsweise:
Kefalonia (zirka
5.000 ermordete italienische Kriegsgefangene), Korfu (zirka 700 ermordete
Kriegsgefangene), Serande (106 italienische Offiziere), Grahovo (22
italienische Offiziere),
Kommeno (317 Frauen, Männer und
Kinder), Lyngiades (80 Menschen), Skines (146 Männer
und 2 Frauen), Lamerivio (98 Männer und Frauen), Paramythia (49
Männer und Frauen),
Mousiotitsa (153 Männer, Frauen und
Kinder), Morphi (21 Tote), Neochoratti, Megarchi und
Tunta (20 Tote), Akmotopos (alle Zivilisten wurden erschossen). Anfang
Oktober 1943
wurden Muliana, Makates, Anoion, Tereion, Jimnopolos, Klisura, Lagatora
zerstört. „130
Banditen und Zivilisten werden getötet" (laut Kriegstagebuch). Die 1.
Gebirgsdivision
brannte am 6. Oktober 1943 beim „Unternehmen Tiger" 40 Ortschaften
nieder,
40 „Feindtote" werden laut Divisionsbericht gezählt. Im
Epirusgebiet unterstützten die
Gebirgsjäger die geheime Feldpolizei
bei der Deportation der griechischen Juden in Joannina.
Hermann
Frank Meyer veröffentliche 2008 die erste umfassende Darstellung der
Kriegsverbrechen
der 1. Gebirgs-Division im 2. Weltkrieg.
In seinem Buch „Blutiges
Edelweiß" belegte H.F. Meyer akribisch mit neuen Quellen und
Dokumenten dutzende unvorstellbare Kriegsverbrechen (insbesondere bei
„Sühne- und
Vergeltungsmaßnahmen"), die von diesen Gebirgsjägern ab
Kriegsbeginn bereits im
Polenfeldzug und im Russlandfeldzug, dann
im ehemaligen Jugoslawien (Montenegro) und in
Folge in Griechenland, Südalbanien sowie wieder in Montenegro und
Serbien begangen
wurden. Verantwortliche deutsche Offiziere und Soldaten werden namentlich
genannt.
Dabei
beschrieb und analysierte H.F. Meyer auch die Wehrmachtsverbrechen in
Griechenland
und Albanien nach dem
Bruch der deutsch-italienischen Achse und dem
Waffenstillstandsabkommen Italiens unter der Regierung von Marschall Pietro
Badoglio mit
den Alliierten (08.09.1943). Der deutsche
Geheimplan mit dem Code „Achse" sah die
Entwaffnung der italienischen Verbände
und die Machtübernahme durch deutsche Truppen in
Griechenland und Albanien vor. Ausführlich werden - nach der
Weigerung der italienischen
Division Aqui (33a Divisione de Fanteria da
Montagna) zu kapitulieren - die Kämpfe und die
folgenden brutalen Massenexekutionen italienischer Kriegsgefangener auf der
ionischen Insel
Kefalonia (und auch auf Korfu und Levkas) dargestellt.
Es sind gerade durch dieses Buch
nicht nur die einzelnen Einheiten bekannt, es sind
auch die an Verbrechen beteiligten
Gebirgsjäger u.a. namentlich genannt. Es liegt daher
allein an der österreichischen Justiz, gegen die noch lebenden
Gebirgsjäger, die an
diesen Verbrechen beteiligt waren, wegen nicht verjährter Straftaten
vorzugehen.
Die Justizversäumnisse der letzten Jahrzehnte müssen endlich
korrigiert werden.
„... Die
1. Gebirgsdivision - Hitlers Gardedivision - zerstörte und brannte 184
Ortschaften
allein in den
Monaten Juli und August 1943 in Griechenland nieder, 1759 Zivilisten wurden
dabei durch Gebirgsjäger ermordet. Die Zahl der eigenen Gefallenen betrug
22. Das an
unschuldigen Opfern größte Verbrechen an Zivilisten verübte
diese Division im griechischen
Dorf „Kommeno", wo am 16. August 1943 Angehörige der 12.
Kompanie des 3. Bataillon
(98. Regiment) unter Führung des Bataillonskomandanten Major Reinhold
Klebe und
Leutnant Willy Röser - ohne beschossen
zu werden oder auf Feindwiderstand zu treffen — in
den Ort eindrangen und drei Stunden lang ein Massaker anrichteten, bei
dem sie
317 Menschen ermordeten. Nach Aussagen von Überlebenden, aber auch von
Angehörigen
dieser Kompanie kam es bei den Morden zu sadistischen Exzessen von
Gebirgsjägern. Am
Tag zuvor war in diesem Dorf nicht nur das
Fest zu „Maria Himmelfahrt" begangen, sondern
auch eine große Hochzeit gefeiert worden... "
(Buchbesprechung
Blutiges Edelweiß, Prof. Dr. Walter Manoschek, Österreichische
Zeitschrift für Politikwissenschaft, 2009).
Nach Ansicht des
österreichischen Justizministeriums kommt es bei der strafrechtlichen
Verfolgung von mutmaßlichen Kriegsverbrechern im wesentlichen darauf an,
dass der
Betreffende zur Tatzeit das 20. Lebensjahr
vollendet und einen durch bestimmte Motive oder
durch die Art der Tötung qualifizierten Tatbestand des Mordes im Sinne des
§ 211 des RStGB
entweder unmittelbar selbst begangen oder einen anderen dazu bestimmt
hat, wobei noch die
Frage des Befehlsnotstandes zu prüfen
bleibt (siehe AB 2185/XXII. GP vom 10.12.2004).
• Die ionische Insel Kefalonia im September 1943
Tatort des zahlenmäßig
wohl größten „Einzelkriegsverbrechens" der deutschen
Wehrmacht
im Zweiten Weltkrieg („Eccido di
Cefalonia"), vergleichbar mit dem Massenmord von Katyn.
Nach schweren - aber erfolglosen -
Kämpfen mit deutschen Wehrmachtstruppen und der
Kapitulation durch General Antonio Gandin wurden tausende italienische
Soldaten der
Division Aqui, die sich ergeben und ihre Waffen niedergelegt hatten sowie deren
Unteroffiziere und Offiziere auf ausdrücklichem Führerbefehl
niedergemetzelt, erschossen
und dabei sogar noch ihrer Wertsachen beraubt. Ein Massenmord an unbewaffneten
und
wehrlosen Soldaten, der seinesgleichen
sucht.
Trotz des eindeutigen
Befehls vom „Comando Supremo" vom 11. September 1943 („die
deutschen Truppen als feindlich zu betrachten") und gegen den Willen der
Division wurde
von General Antonio Gandin ab 10. September
täglich stundenlang mit Wehrmachtsoffizieren
verhandelt (Oberstleutnant Johannes Barge, Festungsgrenadierregiment 966
und General
Hubert Lanz). Die Offiziere und alle Einheiten der Division hatten sich jedoch
in einer
Abstimmung gegen eine Kapitulation entschieden und eine Entwaffnung abgelehnt
(14. Septemberl943). Sie waren nicht
bereit, sich den deutschen Kapitulationsbedingungen zu
unterwerfen. Die zuerst vorgesehene Entwaffnung der italienischen
Truppen (18. Regiment
der Division Aqui unter Oberst Luigi Lusigniani)
auf Korfu scheiterte. Die deutschen Truppen
mussten sich am 13. September 1943 von der Insel zurückziehen,
während am Festland die
Entwaffnungsaktionen italienischer Truppenteile vorerst ohne große
Probleme verliefen.
Anders die
Situation auf Kefalonia: Es folgten nach einem Artilleriefeuergefecht in der
Bucht
von Argostoli und ergebnislosen Kapitulationsverhandlungen schwere Kämpfe
zwischen den
ehemaligen
Bündnispartnern, an der auf deutscher Seite das Festungsgrenadierregiment
966
(mit den Bataillonen 909 und 910), die Sturmgeschützabteilung 201
(Kampfgruppe Lauth)
und Gebirgsjäger der 1. Gebirgsdivision beteiligt waren. Die
Wehrmachtseinheiten wurden
abgeschlagen, deutsche Soldaten gerieten in Gefangenschaft, die Entwaffnung
italienischer
Truppen war vorerst misslungen.
Bereits am
13. September 1943 kam vom Oberkommando der Wehrmacht (OKW) der Befehl
„wegen des
gemeinen und verräterischen Verhaltens auf Kefalonia keine italienische
Gefangene zu machen". Neue deutsche Truppen wurden übergesetzt und
der
Gebirgsjägermajor Harald von Hirschfeld mit der Gesamtoperation
beauftragt. Die Kämpfe
begannen wieder am 17. September 1943, die italienischen Truppen wurden nach
schweren
Gefechten
zurückgedrängt, zerschlagen, gefangen genommen und entwaffnet, die
ersten
blutigen Massaker an
den Unbewaffneten folgten:
Die Massentötungen an
unbewaffneten italienischen Kriegsgefangenen begannen bereits am
18. September 1943 auf der Insel, viele wurden mit Maschinengewehren niedergemäht.
Am
24. September wurden auch der kommandierende General Antonio Gandin und seine
Stabsoffiziere am Kap Theodoro erschossen. Gleichzeitig erfolgte das Massaker
an der Casa
Rossa, über 300 Offiziere wurden ohne Verfahren durch Exekutionskommandos ermordet.
Die Exekutionspelotons stellte dafür das 54. Gebirgsjägerbataillon
(1. Gebirgsdivision).
Auch mehrere hundert Griechen gerieten bei
den Kämpfen zwischen die Fronten und verloren
ihr Leben, viele wurden von der Wehrmacht ebenfalls ermordet.
Dieser Massenmord durch deutsche
Wehrmachtseinheiten war ein eindeutiger Bruch des
Völkerrechts, der zweiten Genfer
Konvention 1929 sowie der Haager Landkriegsordnung. In
der österreichischen und deutschen Öffentlichkeit ist dieser
Massenmord noch immer kaum
bekannt, auch eine Folge der Tabuisierung
von Wehrmachtsverbrechen seit dem Kriegsende
und zwar bis heute. Verbrechen der Wehrmacht werden trotz
Wehrmachtsausstellung und
militärhistorischer Schriften weiter geleugnet, ehemalige
Wehrmachtssoldaten wollen noch
heute davon nichts gewusst haben.
Dies trifft nicht nur
auf Deutschland, sondern auch auf Österreich zu. Seit dem Kriegsende
werden diese Verbrechen noch immer
geleugnet, vertuscht, verharmlost und verschwiegen.
Auf Kefalonia waren als Angehörige der 1. Gebirgsdivision an den
Kampfhandlungen gegen
die Division Aqui zirka 850 Österreicher und Südtiroler beteiligt
(insbesondere aus dem
98. Regiment). Unter der Führung von
Harald von Hirschfeld waren an diesen Kämpfen - und
damit auch an den Kriegsverbrechen - neben dem III. Bataillon
des 98. Regiments mit den
Kompanien
11-15 unter dem Kommando von Major Reinhold Klebe, das Gebirgsjäger-
Bataillon
54 (Hauptmann Wilhelm Spindler), das III. Bataillon des Gebirgs-Artillerie-
Regiments 79 mit 2 Batterien (Major Franz Wagner), das deutsche
Festungsgrenadierbataillon
910 (Major Fritz
Nennstiel), sowie auch das 1. Bataillon des 724.Regiments der
104. Jägerdivision (Major Gerhard
Hartmann) beteiligt.
Überlebende
Angehörige der Division Aqui - die sich nach dem Massaker nicht der
deutschen Wehrmacht angeschlossen hatten - wurden verschleppt und in
Arbeitslagern des
deutschen Reiches (z.B. in Mühldorf/ Bayern) interniert. Viele dieser
Kriegsgefangenen
starben beim Transport auf dem Seeweg (z.B.
im Minengürtel) und in den Lagern, nur wenige
kehrten nach Kriegsende in ihre Heimat
zurück. Die völkerrechtswidrig in der deutschen
Wirtschaft eingesetzten italienischen
Kriegsgefangenen („Sklavenarbeiter") wurden bis heute
nicht entschädigt.
Nach den
Recherchen von Hermann Frank Meyer gab es gegen die Mörder von Kefalonia
bis
2007 vier Hauptverfahren: ein Verfahren in Italien sowie drei Verfahren in
Deutschland. Der
einzige Verurteilte war General Hubert Lanz, der damalige Befehlshaber der Gebirgsjäger
in
Griechenland (XXII. Gebirgs-Armee-Korps).
• Die Massaker und Gräueltaten der deutschen Gebirgsjäger
Es fehlen die Worte, um all die
Massaker und die unfassbaren Gräueltaten der deutschen
Gebirgsjäger, - dieser „Eliteeinheiten" - zu beschreiben, auch
Dokumente und
Zeugenaussagen können diese nicht wiedergeben. Die Angriffs- und
Vernichtungskriege
Nazi-Deutschlands mit den dauernden Fronteinsätzen führten zu einer
zunehmenden
Verrohung der Wehrmachtssoldaten, so auch der deutschen Gebirgsjäger. Die
laufenden
Kampfhandlungen ließen die
Hemmschwelle vor Gewaltanwendung weiter sinken. Es kam zu
unfassbaren Gewaltanwendungen und Massakern. Dies ist in Berichten
ehemaliger
Wehrmachtsangehöriger (z.B. Tagebücher) und Zeugenaussagen
dokumentiert. Auch
Einschätzungen namhafter Historiker teilen diese Schlussfolgerungen.
„Die 1. Gebirgsdivision war, gemessen an Maßstäben
militärischer Disziplin, eine total
verluderte Truppe, und das ist ihrer
Führung anzulasten, Vorgesetzten wie dem Kommandeur
des 98. Gebirgsjägerregiments, Salminger, dem Major Reinhold Klebe, und
dem berüchtigten
Kampfgruppenführer von Hirschfeld. Ein disziplinäres
Einschreiten, wie es in anderen
Einheiten gelegentlich noch zur Aufrechterhaltung dessen angedroht wurde, was
im
Landserjargon die Manneszucht genannt wurde, gab es nicht. Mordorgien wie die
von
Kommeno, Plünderungen und Leichenfledderei wurden stillschweigend
geduldet, sollten
Kampfgeist und Motivation der Truppe erhöhen, zu einem
Höchstmaß an Brutalität wurde
expressis verbis aufgefordert, ganz im
Sinne des Obersten Kriegsherrn Hitler, der befahl,
„alle europäischen
Hemmungen abzustreifen. "
(Historiker Mark Mazower,
Großbritannien).
Besonders
berüchtigt waren in der 1. Gebirgsdivision die Einheiten des 98. Regiments
(unter
Oberstleutnant Josef Salmhofer). Die
Kompanien des III. Bataillons (unter Major Reinhold
Klebe) - die 11. bis 15. Kompanie - waren an vielen Massakern,
Vergeltungsaktionen und bei
Sühnemaßnahmen gegenüber der Zivilbevölkerung beteiligt
und für unglaubliche
Grausamkeiten
bekannt. So war beispielsweise die 12. Kompanie unter Oberleutnant Willy
Röser in
Griechenland an den beiden brutalen Massakern von Mousiotitsa (25. Juli und
22. August 1943) und am Massaker in Kommeno
(16. August 1943) beteiligt, wie auch auf
Kefalonia (23/24. September 1943) u.a.
Auch danach,
in den folgenden Monaten hinterließen diese Gebirgsjäger am Balkan
eine Spur
der Verwüstung,
es kam zu weiteren unfassbaren Gräueltaten und Kriegsverbrechen (z.B. in
Albanien und Montenegro). Hunderte Dörfer wurden niedergebrannt und
zerstört, Geiseln
erschossen, tausende unschuldige Zivilisten
umgebracht oder deportiert. Die Repressalien der
Gebirgsjäger richteten sich ohne Einschränkung auch gegen Kinder,
Frauen und Greise, auch
diese wurden massakriert.
• Österreicher waren nach den vorliegenden
Informationen in dieser Zeit
Angehörige dieser 12. Kompanie, wie beispielsweise:
Leutnant
Karl Delacher (Linz), Rudolf Fellner (Linz), Otto Goldmann (Wien),
Obergefreiter
Karl Defregger
(Lienz), Anton Seitner (Bad Ischl), August Seitner (Bad Ischl), Johann
Haslauer (Aigen), Franz Tomaschitz (Gruisla bei Klöch), Karl Sagmeister,
Johann Ecker
(Graz), Adolf Neumann (Salzburg), Karl Wendl (Salzburg), Siegfried Springl
(Salzburg),
Paul Hagel (Dornbirn), Herbert Hofer (Dornbirn), Alfred Hofer (Dornbirn), Franz
Hofer
(St.Pölten/Waltersdorf), Andreas Ebner (Elsbethen), Hermann Delacher
(Straßwalchen),
Wolfgang Kitterle (Wien) u.a.
• Die deutsche Justiz lässt dieses
abscheuliche Kriegsverbrechen auf Kefalonia
weiterhin ungesühnt.
Am 27. Juli 2006
stellte die Staatsanwaltschaft München I (Staatsanwalt
August Stern) das
strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen Wehrmachtsleutnant
Othmar
Mühlhauser (Dillingen) mit der skandalösen Begründung ein, dass
Totschlag bereits verjährt
sei („Totschlag-Argumentation").
Für eine Anklage wegen Mordes (der nie verjährt) fehle es
an den „niedrigen Beweggründen", so der Tenor der
Entscheidung.
Als deutscher Wehrmachtsoffizier erteilte Othmar Mühlhauser am 24.
September 1943 auf
der griechischen Insel Kefalonia den
Hinrichtungsbefehl zur standrechtlichen Erschießung des
kommandierenden italienischen Generals Antonio Gandin und dessen
Stabsoffiziere an der
Casa Rossa, nachdem Major Heinrich Klebe (später Oberstleutnant in der neu
gegründeten
Bundeswehr) das Todesurteil verlesen hatte. Das Hinrichtungskommando
kommandierte der
2006 verstorbene Feldwebel Johann Dehm, der
damit diesen Hinrichtungsbefehl von Leutnant
Mühlhauser vollstreckte.
Auch ein
Einspruch gegen die Einstellung des Verfahrens wurde Ende Oktober 2007 in
letzter
Instanz vom 2.
Strafsenat des Münchner OLG abgelehnt. Damit waren alle möglichen
Rechtsmittel ausgeschöpft.
Nach Ansicht
deutscher Gerichte handelte es sich bei diesem völkerrechtswidrigen
Massaker an unbewaffneten Offizieren und
Soldaten der Division Aqui auf Kefalonia
nicht um Mord aus niedrigen
Beweggründen, sondern um „Totschlag", der allerdings
längst verjährt sei. Eine Argumentation der deutschen Justiz,
die auch aus anderen
Verfahren bekannt ist und zur Nichtaufarbeitung von Wehrmachtsverbrechen
beigetragen hat.
Nach den
Entscheidungen der Münchner Justiz war die Erschießung der
italienischen
Offiziere zwar „rechtswidrig und
schuldhaft" gewesen und als „Totschlag" zu werten. Dieser
sei aber verjährt. Die Italiener seien überdies „keine
normalen Kriegsgefangenen" gewesen,
sondern „Verräter". Deren
Tötung sei mit der Hinrichtung deutscher Deserteure vergleichbar.
Ein unfassbarer Rückgriff auf die Argumentation aus der Zeit des
Nationalsozialismus.
Gerichtsentscheidungen,
die die Wahrheit der Fakten und das Urteil der Geschichte auf den
Kopf stellten.
Tiefste Empörung und Fassungslosigkeit in Italien, die darin eine schwere
Beleidigung für die tausenden
italienischen Opfern und deren Angehörigen sahen. Deutsche
Antifaschisten demonstrierten nach diesen Entscheidungen gegen die
Straflosigkeit der
Mörder von Kefalonia und gegen die
ungesühnten Verbrechen der deutschen Gebirgsjäger.
Mit
diesen beiden Entscheidungen wurde auf revisionistische Weise versucht, die
Geschichte
des 2. Weltkrieges umzudeuten und dieses abscheuliche Wehrmachtsverbrechen
defacto zu
legitimieren. Sie stellen den Versuch einer Entkriminalisierung dieses
Verbrechens und einer
offenen Rehabilitierung der dieses Kriegsverbrechens beschuldigten
Gebirgsjäger dar.
Darüber hinaus bedeuten sie aber auch einen nachträglichen Freibrief
für zahllose bisher nicht
geahndete Kriegsverbrechen und für tausende ungesühnte Morde in der
Zeit des
Nationalsozialismus. Der Mythos der „sauberen Wehrmacht" wurde
damit für viele
Altnazis und Neonazis wieder gefestigt.
• Die Justiz und die Kriegsverbrechen der Wehrmacht
Dieser Massenmord von
deutschen Gebirgsjägern an entwaffneten und wehrlosen
Kriegsgefangenen der Division Aqui wurde bislang - wie viele andere
Wehrmachtsverbrechen unter der Zivilbevölkerung - in Österreich,
Deutschland, Italien und
Griechenland strafrechtlich nie ernsthaft
verfolgt. Ermittlungen der Justiz gegen Nazi-Militärs
wegen Kriegsverbrechen in den besetzten Ländern galten in der
Nachkriegszeit
außenpolitisch und innenpolitisch
unerwünscht. Daher kam es zur Verschleppung, Einstellung
und damit zur Niederschlagung der meisten strafrechtlichen Ermittlungen
und Verfahren
gegen NS- Militärs. Kriegsverbrecherprozesse in diesen Ländern
hätten in den fünfziger
Jahren - so damals die Regierungsvertreter -
die Wiederbewaffnung und den Aufbau der
Deutschen Bundeswehr gefährdet. Die deutschen Täter aus der
Wehrmacht hatten somit
nichts zu befürchten.
Diese
ungesühnten Kriegsverbrechen werfen bis heute ein bezeichnendes Licht auf
die
Nachkriegspolitik
und die deutsche und österreichische Justiz. Eine Schande für die
Justiz in Deutschland und Österreich,
eine Vergangenheitsbewältigung die keine war.
Der
ehemalige Kommandant des XXII. Gebirgsjägerkorps und der 1.
Gebirgsdivision General
Hubert Lanz wurde
zwar 1948 in Nürnberg im sog. „Südostgeneralprozess" unter
anderem
wegen der Erschießung von General Antonio Gandin und dessen
Stabsoffiziere sowie für
Geiselerschießungen im Epirus zu 12 Jahren Gefängnis verurteilt. Zum
Prozesszeitpunkt
waren aber längst nicht alle
Verbrechen bekannt, Dokumente noch nicht öffentlich sowie von
Zeugen unwahre eidesstattliche Erklärungen abgegeben. Die
Zeugenaussagen wurden
koordiniert und waren abgesprochen. Daher die weichen Urteile für die
damals angeklagten
Offiziere. Nach knapp 3 Jahren (1951) im
Zuge der deutschen Aufrüstung und aufgrund des
beginnenden Kalten Krieges wurde Hubert Lanz durch den Amerikanischen
Hochkommissar
John J. Mc Clay frei gelassen. Das folgende Entnazifierungsverfahren durch die
Hauptkammer München wurde - ohne entsprechende Ermittlungen über die
Massaker auf
Kefalonia durch die Richter - mit lapidaren Begründungen eingestellt.
Später war Hubert Lanz als
wehrpolitischer Sprecher der FDP tätig sowie natürlich auch bis
zu seinem Tod 1982 führend im „Kameradenkreis der
Gebirgstruppe".
Die
politische Nachkriegsentwicklung beeinflusste die strafrechtlichen Verfolgungen
und alle
Gerichtsverfahren gegen Kriegsverbrechen verdächtigte Angehörige der
Gebirgsjägertruppe
in Griechenland, Italien, Deutschland und Österreich.
Skandalös die Lustlosigkeit und
Ignoranz der unabhängigen Justiz in Deutschland und
Österreich, nach 1945 wegen
Kriegsverbrechen gegen verdächtigte NS-Militärs zu ermitteln.
Es waren Pseudoermittlungen, oft waren zudem auch noch ehemalige
Nazi-Staatsanwälte mit
diesen Ermittlungen befasst (z.B. in Dortmund). Juristen, die zur
Tatzeit Komplizen dieses
verbrecherischen Nazi-Systems waren, sollten also die verbrecherischen Taten
von
Wehrmachtsangehörigen verfolgen. Dies erklärt letztendlich vieles:
So ist es auch nach über 64 Jahren seit Ende des 2. Weltkrieges - auch
der
österreichischen Justiz - nicht gelungen, eine einzige Mordtat von
Gebirgsjägern der
1. Gebirgsdivision in den besetzten Ländern aufzuklären. Keiner der
namentlich
bekannten Täter von damals wurde je vor einem österreichischen
Gericht angeklagt
und verurteilt.
Nicht verfolgte, nicht angeklagte
und verurteilte Kriegsverbrecher - deren Taten nach
Auffassung der Justiz verjährt waren - konnten sich in Deutschland und
Österreich ab Ende
der 40-iger Jahre über Jahrzehnte ungestört in Kameradenkreisen und
bei Veranstaltungen
ihrer „Traditionspflege" und der Wehrmachtsverherrlichung widmen.
Dies mit materieller
und ideeller Unterstützung der
deutschen Politik (Bayern) sowie der Deutschen Bundeswehr.
Der Kameradenkreis der ehemaligen Gebirgstruppe e.V. bekannte sich zur
„Kameradenhilfe"
und war damit nichts anderes als auch eine „Selbsthilfegruppe
für NS-Kriegsverbrecher".
• Die italienische Justiz und Kefalonia („Eccido di Cefalonia")
In Italien
wurden die Ermittlungen zu den Massakern auf Kefalonia, zwar bereits Anfang der
50-iger Jahre
aufgenommen. Das italienische Außenministerium lehnte es aber 1956 ab,
die
Auslieferung der verantwortlichen deutschen Militärs zu verlangen.
Letztendlich wurden
daher die Verfahren gegen 30 deutsche Offiziere 1957 bzw. 1960 eingestellt,
obwohl damals
detaillierte Unterlagen und Beweise
für deren Verbrechen vorlagen. Die Untersuchungsakten
wurden nach den Einstellungen im Justizministerium im so genannten
„Schrank der Schande"
(„armadio della vergogna") versteckt. Nach offizieller
Sprachregelung reichten damals dem
italienischen Militärgerichtshof in Rom die Unterlagen und Beweise
für eine Anklage nicht
aus.
Italien
verzichtete in Wirklichkeit aus Gründen der Staatsräson auf eine
weitere Verfolgung
deutscher
Kriegsverbrecher. Der (zukünftige) NATO-Partner Deutschland sollte nicht
in
Misskredit gebracht werden. Andererseits
hatte auch Italien schwerste Kriegsverbrechen im
2. Weltkrieg begangen (z.B. Griechenland)
und hätte mit zahlreichen Verfahren und
Anklagen gegen italienische
Armeeangehörige rechnen müssen.
Diese politische Nachkriegsentwicklung verhinderte damit eine gezielte
strafrechtliche
Verfolgung von NS-Kriegsverbrechen in
Italien. Die damaligen Verfahrenseinstellungen und
eklatanten Fehlurteile führten aber 2003 in einer heftigen
Diskussion in Italien zu einer
parlamentarischen Untersuchungskommission in der italienischen
Abgeordnetenkammer.
Presseberichten
zufolge wurden nun allerdings im Jahr 2007 Ermittlungen wegen des
Massenmords an
italienischen Kriegsgefangenen auf Kefalonia und Korfu wieder
aufgenommen.
• Die deutsche Justiz und das Kriegsverbrechen auf Kefalonia
In den 60-iger Jahren wurden der
deutschen Staatsanwaltschaft in Dortmund Beweise für
dieses Kriegsverbrechen an italienischen
Kriegsgefangenen auf Kefalonia vorgelegt, nachdem
auch Simon Wiesenthal entsprechende Informationen weitergeleitet hatte. 1964 wurden
zwar
231 ehemalige Gebirgsjäger einvernommen, italienische und griechische
Zeugen wurden aber
nicht (!) einvernommen.
Diese Verfahren wurden am 13.
September 1968 durch die Staatsanwaltschaft Dortmund
eingestellt, wobei die Einstellungsverfügung 75 ehemalige deutsche
Offiziere betraf
(„mangels Beweises" oder
„weil der in Frage kommende Tatbestand Totschlag verjährt
sei").
Mord aus niedrigen Beweggründen, konnte nicht nachgewiesen werden.
Der Arbeitskreis,
„Angreifbare Traditionspflege" und die „Vereinigung der
Verfolgten des
Naziregimes - Bund der Antifaschisten"
von Nordrhein-Westfalen (VVN-BdA)" haben über
Jahre intensiv eine Wiederaufnahme von Strafverfahren gegen
Kriegsverbrecher in den
Kreisen der ehemaligen 1. Gebirgsdivision
gefordert. Erst am 12.09.2001 wurden nach vielen
Jahren des Stillstands strafrechtliche Ermittlungen gegen verdächtige
Wehrmachtsangehörige
u.a. wegen der Tötung entwaffneter und gefangen genommener
italienischer Soldaten und
Offiziere auf Kefalonia durch die Staatsanwaltschaft Dortmund wieder
aufgenommen
(Oberstaatsanwalt Dr. Ulrich Maaß).
Zudem wurde bekannt, dass bisher nicht bekannten
Tatorte und Tatverdächtige sowie einzelne Tatgeschehen, die von
antifaschistischen
Organisationen benannt wurden, nunmehr auch Gegenstand von Ermittlungen werden.
Die
Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes hatte der Landesregierung Nordrhein-
Westfalen Anfang 2003
eine umfassende Dokumentation über die Verbrechen der
Wehrmacht in
Kefalonia - samt Namen von Täter - vorgelegt und eine unverzügliche
Strafverfolgung der
Mörder von Kefalonia gefordert. Anlass dafür war die öffentliche
Aussage von Oberstaatsanwalt Ulrich
Maaß, dass die Staatsanwaltschaft nicht in der Lage
wäre, die verantwortlichen Massenmörder von Kefalonia
ausfindig zu machen.
Mit
dieser Unterlage konnten Tatverdächtige - auch Österreicher -
ausgeforscht werden, die
bei den Massakern in
Griechenland vor 61 Jahren dabei gewesen waren und aktiv an diesem
Massaker mitgewirkt hatten. An dieser grauenhaften Ermordung der italienischen
Kriegsgefangenen waren zirka 4.000
Wehrmachtsangehörige, darunter auch zirka 850
Südtiroler und Österreicher beteiligt. Deutsche
Staatsanwälte bestätigten auch, dass es eine
„Österreicher-Liste" gab, die ursprünglich 530 Personen
betroffen habe. Das österreichische
Innenministerium wurde gebeten, im
Rechtshilfeweg diese Leute ausfindig zu machen. „Dort
leistete man hervorragende Arbeit. Es wurde festgestellt, dass noch 145 am
Leben sind, die
nun als Zeugen vernommen werden"
- so Oberstaatsanwalt Ulrich Maaß (Dortmund).
Einvernahmen wurden - ohne
entscheidende Erkenntnisse für die Justiz - durch
Beamte des österreichischen Innenministeriums vorgenommen.
Trotz umfangreicher Recherchen und
der Einvernahme von über 400 ehemaligen
Wehrmachtsangehörigen konnte diesen
allerdings ein mordqualifizierendes Handeln nicht
nachgewiesen werden. Staatsanwalt Ulrich Maaß stellte die
Ermittlungen mit einer 48-
seitigen Begründung am 8.3.2007 ein.
Das Verfahren gegen zwei weitere
Verdächtigte (Johann Dehm und Othmar Mühlhauser)
musste vorher bereits
zuständigkeitshalber an das Landgericht München I abgetreten
werden.
Oberstaatsanwalt August Stern erkannte dabei auf Totschlag und stellte das
Verfahren gegen
Othmar
Mühlhauser - wie bereits dargestellt - im Jahr 2006 ein (Johann Dehm war
kurz
vorher verstorben). Auch das Rechtsmittel wurde zurückgewiesen.
Nur mehr wenige
Täter und Zeitzeugen leben noch, die politischen und militärischen
Hauptverantwortlichen sind bereits tot. Angesichts der fortgeschrittenen Zeit,
gibt es daher
nicht mehr viele Möglichkeiten, dieses Massaker und den brutalen Mord an
tausenden
gefangen genommenen und entwaffneten
Offizieren und Soldaten der Division Aqui
historisch und juristisch aufzuarbeiten. Es ist notwendig,
verantwortliche
Wehrmachtsangehörige für diesen
Massenmord, Wehrmachtsangehörige die verbrecherische
Befehle
weitergeleitet und vollstreckt haben, strafrechtlich zu verfolgen und vor ein
ordentliches Strafgericht zu bringen.
• Gebirgsjäger-Massaker in
„Kommeno" - Das Versagen der Justiz!
12. Kompanie des 3. Bataillon (98. Regiment)
Bereits ab dem Jahr 1945 wurden auf der
Grundlage von beeideten Zeugenaussagen in
Griechenland erstmals Protokolle über
die Morde und den Tathergang in „Kommeno" erstellt
und dieses Kriegsverbrechen dokumentiert, die allerdings laufend
ergänzt wurden.
•
Die
„Alliierte Kommission für Kriegsverbrechen" in London befasste
sich mit diesen
beeideten Aussagen und nahm die
verantwortlichen deutschen Wehrmachtsoffiziere in
die Fahndungsliste für deutsche Kriegsverbrecher auf.
•
Am 13.
September 1947 befasste sich eine „Richterliche Ratskammer" in Athen
mit
diesen Massakern und verfügte aufgrund
vorliegender Anklagepunkte die Festnahme der
verantwortlichen Offiziere.
•
Erst fünf Jahre später, am 9. September 1952, beantragte das
„Griechische Nationale
Büro für
Kriegsverbrechen" beim Staatsanwalt am Landgericht in Bonn die
Strafverfolgerung von Lanz, Stettner und Fahnler wegen
„Massenhinrichtungen,
Brandstiftungen und Plünderungen von Häusern, Festnahmen und
Folterungen von
Zivilisten, usw. und übermittle als Beweise die genannten Zeugenaussagen
und das
Protokoll des in Athen geführten Verfahrens. Zum Sachverhalt wurde noch
einmal
herausgestellt:
„Der
Gemeindevorsteher Zorbas (...) wurde mit einem
Messer abgeschlachtet, ferner
(...) der Bauch der schwangeren Frau Panagiota Zinbouki
(Tsinbouki) mit einem Messer
aufgeschnitten, der Embryo weggenommen (und) die Kinder von Efstathios
Koliokostas
und Christos Koliokostas, beide im Alter
von einem Jahre, von (Soldaten getötet, indem)
sie in deren Mund Baumwolle (gesteckt hatten), die mit Benzin durchtränkt
war, (was) sie
dann anzündeten. Mehr als 70 Leichen wurden verbrannt vorgefunden,
ohne dass sie
irgendwelche andere Verwundungen aufwiesen.
• Das
Griechischen Außenministerium hat 1966 der zentralen Stelle in
Ludwigsburg
Unterlagen mit beeideten Zeugenaussagen aus
den Jahren 1945 und 1947 übergeben, so
dass es 1968 zur Eröffnung
eines Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft beim
Landgericht München I „gegen unbekannte
Angehörige der 12./98 wegen Verdachts
von Kriegsverbrechen in Griechenland" kam. Ehemalige Gebirgsjäger
wurden dazu
auch in Österreich vernommen.
Bei
der Verfahrenseröffnung in München wurde darauf hingewiesen wurde,
dass „Gegenstand
des
Ermittlungsverfahrens nicht die bewiesene Tötung von etwa 150 griechischen
Zivilisten
anlässlich der Kampfhandlungen (...)
ist, sondern das angeblich dabei begangene Gemetzel
(...). Das Gericht ging also
davon aus, dass die Zivilisten Opfer von Kampfhandlungen
geworden sind. Zu ermitteln war daher lediglich wegen der angeblichen
Vergewaltigungen
und der Behauptung, Soldaten hätten
„die Leiber von Frauen aufgeschnitten und die Kinder in
der Weise verbrannt, dass sie ihnen mit Benzin getränkte Watte in die
Münder stopfen und die
Watte dann anzündeten".
Die Vorkriegsadressen von 226
ehemaligen Angehörigen der 12. Kompanie konnte das
Bayrische Landes-Kriminalamt im Jahr 1971
recherchieren. Davon galten 68 als gefallen oder
vermisst, 70 lebten damals noch in Österreich.
150 ehemalige Angehörige der 12. Kompanie wurden
(nach Hermann Frank Meyer,
Blutiges Edelweiß), nach aufwendiger Suche in Deutschland und
Österreich befragt,
jedoch kein Zeuge (!) aus - beziehungsweise in - Griechenland.
Dabei
machten einige von ihrem Recht auf Aussageverweigerungen Gebrauch, wiederum
andere gaben vor,
sich nicht erinnern zu können. Einige beriefen sich auf einen
Befehlsnotstand. Die Vernehmungen konzentrierten sich auf den späteren
Bundeswehroberstleutnant, Major Reinhold Klebe, der als höchster Offizier
an diesem
Einsatz teilgenommen hatte und Anton Ziegler, der freimütig die
Erschießung der
Hochzeitsgesellschaft zugab. Leutnant Röser war bereits 1944 nachweislich
bei einem
Bombenangriff ums Leben gekommen.
In diesem
Zusammenhang ist es vermutlich auch zu kriminalpolizeilichen bzw. gerichtlichen
Einvernahmen in
Österreich gekommen sein. So war 1972 vermutlich der Richter beim LG
Salzburg Dr. Erwin Proksch mit Ermittlungen
- im Rahmen von Amtshilfe - betraut
(Strafsache „gegen unbekannte Angehörige
der 12./98 wegen des Verdachts von
Kriegsverbrechen in Griechenland"). Ergebnisse von Einvernahmen und/oder
Ermittlungen in
Salzburg sind leider nicht bekannt.
Die
Ermittlungen konzentrierten sich in Deutschland schließlich auf den
ehemaligen Major
Reinhold Klebe, der die Führung des Unternehmens nicht abstritt und sich
gut an viele
Einzelheiten
erinnerte, aber nicht „an Leichen von Frauen und Kindern". Ohne die
erdrückenden Zeugenaussagen zu
berücksichtigen, dass „keine Gegenwehr" aus dem Dorf
erfolgte, ging die Staatsanwaltschaft
damals davon aus, dass Kommeno „ein wichtiges
Versorgungszentrum der griechischen Partisanen" war, aus welchem das Feuer
eröffnet
worden sei. Da aber Röser „ohne Befehl des
Bataillonskommandeurs" die rechtswidrige
Tötung der Zivilbevölkerung
angeordnet hatte, wurde das Ermittlungsverfahren gegen Major
Klebe trotz der offensichtlichen Widersprüche „mangels
Beweisen" eingestellt. Ebenso gegen
Anton Ziegler (Oberstaatsanwalt Kleiser).
Dies ging schnell,
nur knapp drei Wochen, nachdem Anton Ziegler und Major Klebe ihre
Aussagen gemacht hatten. Aus einem Brief, den Oberstaatsanwalt Kleiser dem
ebenfalls
ermittelnden österreichischen Untersuchungsrichter beim Landesgericht
Salzburg,
Dr. Proksch, schrieb, gehen die Gründe
für die skandalöse Einstellung des Verfahrens hervor:
„Nach den
bisherigen gewonnenen Erkenntnissen dürfte die Einlassung des
Beschuldigten
Dr. Klebe insoweit nicht zu widerlegen sein, als der Einsatz jedenfalls
zunächst als
Kampfmaßnahme gegen in Kommeno vermutete Partisanen angesehen und
durchgeführt
wurde und der sich unwiderlegbar
außerhalb der Ortschaft aufhaltende Bataillonschef nicht
erkannte, dass die Aktion zu einem nicht mehr festzustellenden
Zeitpunkt, als nämlich
Gegenwehr nicht oder nicht mehr
festgestellt werden konnte, rechtswidrig geworden war.
Dem Beschuldigten Anton Ziegler kann nicht widerlegt werden, bei der Abgabe der
Schüsse
sich im Befehlsnotstand befunden zu haben ".
Alle strafrechtlichen Verfahren
und Ermittlungen gegen weitere unbekannte
Angehörige der 12. Kompanie des
Gebirgsjägerregiments 98 wurden 1972 vom
Landgericht München I eingestellt.
Die deutsche
Staatsanwaltschaft hat dabei nicht einmal ansatzweise die vielen belegten
Zeugenaussagen berücksichtigt, dass
bereits am Vorabend des Unternehmens, während der
Ansprache von Obersleutnant Salminger und am Morgen des 16. August unter
den
Gebirgsjägern von einer „Vergeltungsaktion" und
„Sondereinsatz" die Rede war.
In Österreich
sind in diesem Zusammenhang auch Erhebungen gegen den ehemaligen
Leutnant Karl Delacher aus Linz (12. Kp) wegen des Massakers in Kommeno
bekannt, die
allerdings rasch eingestellt wurden, nachdem dieser behauptete, sich wegen
seiner neun
Kriegsverletzungen an nichts mehr erinnern
zu können. Im Zivilberuf schaffte er es als Lehrer
trotz seiner Gedächtnislücken zum Hauptschuldirektor in Linz.
Auf zielgerichtete
Maßnahmen der NS-Militärführung, diese Tat zu vertuschen,
verweist die
Aussage von Johann Ecker, wonach
„damals von Röser Richtlinien für den Fall ausgegeben"
worden sind, dass Angehörige der 12./98 über den Einsatz befragt
würden. „ Wir sollten in
Befragungsfalle angeben, wir wären von Partisanen beschossen worden, oder
die Partisanen
hätten das Feuer eröffnet, was natürlich nicht der Wahrheit
entsprach ".
Bereits 1949 hatte sich eine „Kameradschaft" der ehemaligen
Angehörigen der 12. Kompanie
gebildet. Bei ihren jährlichen Treffen wurden zweifelsohne
Absprachen getroffen, wie man
sich bei den Befragungen durch die Kriminalpolizei zu verhalten hat.
• Gebirgsiägerkameraden in der Nachkriegszeit - Wehrmachtstradition
Über Jahrzehnte
erfolgten jährlich zu Pfingsten im bayrischen Mittenwald durch den
„Kameradenkreis der Gebirgstruppe" Veranstaltungen zum Kameraden-
und
Wehrmachtsgedenken. 2003 wurde für die Gebirgsjäger am Hohen Brendten
(Mittenwald)
auch ein Ehrenmal errichtet.
Kriegsverbrechen wurden bei diesen Veranstaltungen
verharmlost und verleugnet, auch die Beteiligung an Deportationen durch
deutsche
Gebirgsjäger. In den letzten Jahren wurde dabei versucht, Kriegsverbrechen
von
Gebirgsjägern als schuldhaftes Verhalten Einzelner zu relativieren als
vereinzelte Exzesse
weniger Gebirgsjäger. Morde und Massaker an tausenden Zivilisten durch
deutsche
Gebirgsjäger wurden öffentlich als „Überreaktion"
verharmlost. Vergleiche mit dem
Militäreinsatz in Afghanistan wurden hergestellt und mit der Kriegsführung
der Alliierten.
„Die Zeitschrift Gebirgstruppe
befasst sich im Dezember 2008 mit der Frage, ob nicht die
heutigen Soldaten der Bundeswehr - in Situationen - geraten
könnten, in denen sie wie einst
die Wehrmacht „ überreagieren
und dann ebenfalls befürchten müssten, noch nach
Jahrzehnten vor Gericht gestellt zu werden. Die Gebirgstruppe weiter: In
der öffentlichen
Meinung gilt heute jeder bereits als schuldig, dem eine Beteiligung an der
Partisanenbekämpfung im letzten Weltkrieg vorgeworfen wird, während
unsere Alliierten
längst die Vorschriften und Erfahrungen der Deutschen auswerten und zur
Rate ziehen für
ihren aktuellen „Kampf gegen der Terror".
(Vereinigung der Verfolgten des
Naziregimes; VVN; 10.07.2009)
Es gab auch wenige Ausnahmen. Der ehemalige Brigadegeneral der Bundeswehr Gerd
R.
Meyer räumte in einem veröffentlichen Beitrag ein, dass „von
deutschen Gebirgstruppen auf
Kefalonia ... Kriegsverbrechen
begangen wurden ...".
Ehrenvorsitzender dieses Kameradenkreises u.a. war der in Nürnberg rechtskräftig verurteilte
Kriegsverbrecher General Hubert Lanz. An den Veranstaltungen der letzten Jahrzehnte
nahmen nicht nur ehemalige Wehrmachtssoldaten und SS-Angehörige (denen
Kriegsverbrechen nachgewiesen wurden) teil, sondern auch bekannte Personen aus der
aktuellen rechtsextremen Szene. Ehemalige Gebirgsjäger aus Österreich traten im Jahr 2005
mit Hakenkreuzorden und NS-Abzeichen auf, die deutsche Staatsanwaltschaft musste
einschreiten. Auch aktive österreichische Militärangehörige - wie der jetzt pensionierte
Brigadier Josef Paul Puntigam - waren dort jahrelang in Uniform aufgetreten.
BM Norbert Darabos hat daher bereits 2007 Angehörigen des Österreichischen
Bundesheeres per Weisung untersagt, in Uniform an dieser Veranstaltung
teilzunehmen.
1956 stellte die Bundeswehr wieder eine 1. Gebirgs-Division auf (mit dem Edelweiß im
Verbandszeichen), wo sich alsbald Unteroffiziere und Offiziere der Gebirgsdivisionen der
Wehrmacht in höchsten Positionen fanden. Darunter auch Gebirgsjäger der
1. Gebirgsdivision, die schwersten Kriegsverbrechen am Balkan und in Griechenland
beschuldigt wurden.
Zahlreiche Täter von damals gelangten in den folgenden Jahren in höchste militärische
Positionen. Kriegsverbrecher wurden als Ehrenmänner hofiert und machten Karriere in der
Bundeswehr. Zu ihrer Wehrmachtsvergangenheit haben diese sich immer bekannt.
So wurde Karl-Wilhelm Thilo - 1943 in Griechenland Chef des Stabes der
1.Gebirgsdivision - in der deutschen Bundeswehr Generalmajor, Kommandeur der neu
aufgestellten 1.Gebirgsdivision und stellvertretender Heeresinspektor. Als Wehrmachtsoberst
(1.Generalstabsoffizier) der Gebirgsjäger unterzeichnete er u.a. Massenmordbefehle (z.B.
Sühnemaßnahmen gegen Zivilisten).
Der spätere Bundeswehroberstleutnant Reinhold Klebe war als Kommandant des 3. Bataillon
des 98. Regiments für zahlreiche Gräueltaten und Massaker unmittelbar verantwortlich. So
auch für die Massaker an unschuldige Zivilisten in Mouotsitsa, Kommeno sowie für die
Massentötung italienischer und griechischen Soldaten und Zivilisten auf Kefalonia. In der
deutschen Bundeswehr brachte er es in der 1. Gebirgsdivision zum Standortältesten in
Mittenwald.
• Die österreichische Justiz und das Gebirgsjägermassaker auf Kefalonia
In der
letzten Beantwortung (6/AB XXIII. GP vom 18.12.2006) meiner Anfrage betreffend
„Ermordung von
über 4.000 italienischen Soldaten auf Kefalonia durch die deutsche
Wehrmacht" wies die damalige Innenministerin daraufhin, dass im
anfragerelevanten
Zeitraum dem Bundesministerium für Inneres keine konkreten Informationen
oder
Beweismittel vor lagen. Allerdings wurden durch das BMI 145 noch lebende
ehemalige
Angehörige der 1. Gebirgsdivision ausgeforscht und diese als Zeugen
einvernommen und
befragt.
Aus der
diesbezüglichen Anfragebeantwortung der damaligen Justizministerin vom
21.12.2006
wurde u.a. auf die Ergebnisse dieser Zeugeneinvernahmen wie folgt
hingewiesen (AB 12/XXIII. GP):
„Die Niederschriften der Zeugenaussagen der 145 ausgeforschten
ehemaligen Mitglieder der
1.
Gebirgsdivision wurden vom Bundesministerium für Inneres dem Leiter der
für die
Verfolgung von NS-V'erbrechen
zuständigen Fachabteilung meines Hauses im März 2005
übergeben.
Eine
aussagekräftige Aufschlüsselung nach den seinerzeitigen Dienstgraden
der Befragten ist
nicht möglich, weil in den meisten Niederschriften dazu keine Angaben
festgehalten wurden;
soweit auf
diese Frage eingegangen wurde, handelte es sich großteils um Soldaten und
Chargen.
Die Durchsicht dieser Unterlagen erbrachte folgendes Ergebnis: Der
überwiegende Teil der
Befragten gab
an, entweder zum Zeitpunkt der Massaker nicht auf Kefalonia eingesetzt
gewesen zu sein oder keine konkreten
Erinnerungen an den Einsatz mehr zu haben bzw. aus
eigener Wahrnehmung nichts über die Massaker zu wissen.
Demgegenüber beschrieb etwa
ein Fünftel der befragten Personen
teilweise sehr konkret deren näheren Umstände,
wenngleich eine eigene unmittelbare Täterschaft daran durchwegs und
unwiderlegbar
verneint wurde. Auch fehlen konkrete
Angaben über die Identität jener Personen, die nach
den Schilderungen allenfalls als unmittelbare Täter in Betracht
kommen. Die teilweise
eingestandene Mitwirkung an den Massakern
stellt lediglich einen entfernten Tatbeitrag dar,
der zufolge der geringeren
Strafdrohung einer kürzeren Verjährungszeit unterlag und daher
heute nicht mehr verfolgt werden kann. Diesbezüglich darf ich auf die
Anfragebeantwortung
2185, XXII. GP, vom 10. Dezember 2004 betreffend
die Fragen 9. bis 12. verweisen".
Lebende Kriegsverbrecher von
damals müssen in Österreich und in anderen Ländern auch
nach 66 Jahren noch für ihre Taten zur Verantwortung gezogen werden
können. Eine
Aufarbeitung dieser Kriegsverbrechen unter Berücksichtigung der
vorliegenden historischen
Erkenntnisse und neuer Fakten muss für die Justiz in Österreich,
Deutschland, Griechenland
und Italien ein klarer demokratiepolitischer Auftrag sein. Diese Verbrechen
müssen
gerichtlich verfolgt und geächtet werden. Die wenigen Überlebenden,
die Angehörigen von
tausenden Opfern sowie die
Zivilgesellschaft fordern eine Aufklärung über dieses grauenvolle
Geschehen. Kriegsverbrechen und Mord können nie verjähren,
Kriegsverbrecher
müssen daher zur Verantwortung gezogen und Opfer dieser
NS-Militärjustiz müssen
entschädigt werden.
• Kriegsverbrechen der Wehrmacht - Die aktuelle Entwicklung
In den Jahren 2004 bis 2009 wurden
nun in Italien dutzende deutsche Kriegsverbrecher,
einige aus dem Kreis der Gebirgstruppe in Abwesenheit strafrechtlich zu
Freiheitsstrafen
verurteilt. Weitere ehemalige
Wehrmachtsangehörige stehen noch vor Gericht, die Verfahren
sind noch nicht abgeschlossen. Deutschland weigerte sich die Verurteilten
auszuliefern. Nun
reichte die Bundesregierung sogar gegen rechtskräftige Urteile
italienischer und griechischer
Gerichte, die Deutschland zu Entschädigungszahlen verpflichten,
Klage vor dem
Internationalen Gerichtshof in Den Haag ein.
Dabei beruft sie sich auf die Staatenimmunität.
Auch
der ehemalige Leutnant der Gebirgspioniere Josef Scheungraber (Ottobrunn in
Bayern)
war bereits 2006 in
Italien wegen des Mordes an 10 Zivilisten in Falzano die Cortona zu
lebenslanger Haft in Abwesenheit verurteilt worden. Am 10. August 2009 wurde
dieser
ehemalige Wehrmachtsoffizier - in einem Kriegsverbrecherprozess - durch ein
Münchner
Schwurgericht wegen Mordes an 10 Italienern in Falzano di Cortona ebenfalls zu
einer
lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt
(noch nicht rechtskräftig).
Weitere
Strafverfahren gegen NS-Kriegsverbrecher werden in Deutschland folgen. So kommt
der mutmaßliche NS-Verbrecher Johann Demanjuk in München vor
Gericht. Er soll als KZ-
Wärter in Sobibor am Mord an 27.900 Juden beteiligt gewesen sein.
Ende 2007 hat der
römische Militärstaatsanwalt Antonio Intelisano ein
Ermittlungsverfahren gegen sieben
Gebirgsjäger wegen des Massakers auf Kefalonia
eröffnet.
Am 5. Mai
2009 hat vor dem Militärgericht in Rom die Vorverhandlung gegen den 89-
jährigen
ehemaligen Gebirgsjäger Leutnant Otmar Mühlhauser stattgefunden. Es
wurde
jedoch von der Verteidigung auf
Verhandlungsunfähigkeit plädiert. Der nächste
Verhandlungstermin ist für den 5. November 2009 anberaumt worden. Als
Nebenkläger
zugelassen wurden der italienische Partisanenverband „Associazione
Nazionale Partigiani
Italiani" (ANPI), sowie Marcella De
Negri und Paola Fioretti, deren Väter am 24. September
1943 auf Kefalonia erschossen wurden.
Viele
weitere Wehrmachtsverbrechen des 2. Weltkrieges werden aber immer noch
verdrängt,
verschwiegen und die Täter nicht verfolgt. Viele Gebirgsjäger, die
damals Kriegsverbrechen
begangen oder
verbrecherische Befehle weitergeleitet und vollstreckt haben, wurden in
Deutschland und Österreich noch nie zur Verantwortung gezogen. So auch
nicht die
ehemaligen Angehörigen der 12. Kp. des 98. Regiments der 1.
Gebirgsdivision, die u.a. für
das unfassbare Morden in „Kommeno" am 16. August 1943 verantwortlich
sind. Aber auch
für die Massaker an unschuldigen Zivilisten in griechischen,
montenegrinischen, serbischen
und albanischen Ortschaften sowie für die Massentötungen von
entwaffneten italienischen
Kriegsgefangenen auf Kefalonia (Division
Aqui).
Zahlreiche
Österreicher - aus fast allen Bundesländern - wirkten bei diesen
Massakern mit,
wie Protokolle und Zeugenaussagen beweisen.
Bis heute wurde aber in Österreich noch nie
ein Gebirgsjäger der
1.Gebirgsdivision - trotz zahlreicher dokumentierter Kriegsverbrechen
in Griechenland und auf dem Balkan - vor einem ordentlichen Gericht
angeklagt und
verurteilt. Keine Opfer - oder deren
Angehörigen - haben jemals eine Entschädigung
erhalten.
Die
bedingungslose Ablehnung des Nationalsozialismus stellt nach mehreren
Entscheidungen
des VfGH ein grundlegendes Element der 1945 wieder erstandenen Republik dar.
Abgeleitet
hat dies der
Verfassungsgerichtshof aus dem Umstand, dass in der Zeit nach 1945 im
Verfassungsrang das Verbotsgesetz erlassen wurde. Politisch ergibt sich daraus
der
antifaschistische Grundkonsens, so der
Präsident des österreichischen
Verfassungsgerichtshofes (VfGH), Dr. Gerhard Holzinger.
Dieser
Grundkonsens schließt natürlich die Justizbehörden mit ein und
verlangt die
entsprechende Strafverfolgung von NS-Kriegsverbrechern.
Die
unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für
Justiz
nachstehende
Anfrage:
1. Wie viele
ehemalige Mitglieder der 1. Gebirgsdivision deren Namen u.a. durch die
Staatsanwaltschaft
Dortmund (Zentralstelle im Land Nordrhein-Westfalen für die
Bearbeitung nationalsozialistischer
Massenverbrechen) Österreich übermittelt wurden,
wurden dem Ressort bekannt und durch
das Ressort in Österreich bisher insgesamt
ausgeforscht (Ersuche um Bekanntgabe jeweils der Anzahl)?
2.
Aus welchen
österreichischen Bundesländern stammten die ausgeforschten und vom
Innenministerium bereits einvernommenen
ehemaligen Mitglieder der 1. Gebirgsdivision
(Ersuche um Aufschlüsselung der
Zahlen auf die Bundesländer)?
3.
Welchen Einheiten der 1. Gebirgsdivision waren laut den
Einvernahmeprotokollen des
BMI die in
Österreich 2005/2006 einvernommenen ehemaligen Gebirgsjäger im
September 1943 zugeteilt (Angabe der Einheiten d.h. Bataillon Kompanie und
Zugszugehörigkeit) ?
4.
Welche konkreten Ergebnisse für weitere kriminalpolizeiliche
Ermittlungen zu den
Maßnahmen auf
Kefalonia erbrachten bisher die in Österreich vorgenommenen
Zeugeneinvernahmen an den ausgeforschten ehemaligen Gebirgsjägern der
1. Gebirgsdivision?
5.
Welche Personen sind aus Sicht des Ressorts nach den Ergebnissen der
Zeugenbefragungen
für die Massaker von Kefalonia verantwortlich?
6.
Wie viele
Österreicher, die für Erschießungen und andere Straftaten
gegenüber
italienischen Soldaten und der griechischen Zivilbevölkerung auf Kefalonia
verantwortlich oder an solchen beteiligt
waren, konnten bisher namentlich ermittelt
werden?
Welchen Einheiten gehörten diese an?
7. Gegen wie viele
ehemalige Mitglieder der 1. Gebirgsdivision ergibt sich aus Sicht des
Ressorts aufgrund der vorliegenden Zeugeneinvernahmen, vorliegender
Ermittlungsergebnisse und neuer aktueller
Dokumente der Verdacht wegen Mordes (bzw.
Beihilfe zum Mord) auf Kefalonia, sodass strafrechtliche Ermittlungen
(Vorerhebung oder
Voruntersuchung)
eingeleitet werden können (Aufschlüsselung auf Offiziere,
Unteroffiziere,
Chargen und Soldaten)?
8. Wie ist der Stand dieser strafrechtlichen Ermittlungen?
Sind diese bereits abgeschlossen bzw. wann werden diese abgeschlossen sein?
9. Haben
deutsche Staatsanwaltschaften (z.B. Dortmund) seit dem Jahr 2006 weitere
österreichische Verdächtige ermittelt und die Namen dieser
Personen Österreich
übermittelt?
Wenn ja, welche Maßnahmen wurden ergriffen?
Wurden von Deutschland entsprechende Strafverfahren an Österreich zur Strafverfolgung
abgetreten?
Wenn ja, in welchen Strafsachen?
10.
Welche Informationen liegen dem Ressort in diesem Zusammenhang
(Kefalonia u.a.) über
den letzten Stand von
polizeilichen oder gerichtlichen Ermittlungen bzw. über
Strafverfahren gegen ehemalige
Gebirgsjäger der 1. Gebirgsdivision wegen
Kriegsverbrechen, insbesondere wegen Mordes bzw. Beihilfe zum Mord in Deutschland
vor?
11.
Welche Informationen liegen dem Ressort in diesem Zusammenhang
(Kefalonia u.a) über
den letzten Stand von
polizeilichen oder gerichtlichen Ermittlungen bzw. über
Strafverfahren gegen ehemalige
Wehrmachtsangehörige wegen Kriegsverbrechen (z.B.
Gebirgsjäger der 1.
Gebirgsdivision), insbesondere wegen Mordes bzw. Beihilfe zum Mord
in Italien vor?
12. Welche
Informationen liegen dem Ressort in diesem Zusammenhang (Kefalonia u.a)
über
den letzten Stand von
polizeilichen oder gerichtlichen Ermittlungen bzw. über
Strafverfahren gegen ehemalige
Wehrmachtsangehörige aus Südtirol (z.B. Gebirgsjäger
der 1. Gebirgsdivision) wegen
Kriegsverbrechen, insbesondere wegen Mordes bzw.
Beihilfe zum Mord vor?
13. Welche
Informationen liegen dem Ressort in diesem Zusammenhang (Kefalonia u.a.)
über
den letzten Stand von polizeilichen oder gerichtlichen
Ermittlungen bzw. über
Strafverfahren
gegen ehemalige Wehrmachtsangehörige (z.B. Gebirgsjäger der
1.
Gebirgsdivision) wegen Kriegsverbrechen, insbesondere wegen Mordes bzw.
Beihilfe
zum Mord in Griechenland vor?
14. Gab es in Österreich
jemals Ermittlungen durch das BMI gegen ehemalige Angehörige
des Gebirgsjäger-Bataillon 54 aus Österreich, die
ebenfalls an den Massakern in
Kefalonia beteiligt waren und sogar die Exekutionskommandos stellten (Blutiges
Edelweiß, Seite 390 f)?
Wenn
ja, mit welchen Ergebnissen?
Wenn
nein, warum nicht?
15. Gab es in Österreich jemals
strafrechtliche Ermittlungen durch das BMI gegen ehemalige
Angehörige des Gebirgs-Artillerie-Regiments 79, die
ebenfalls an den Kämpfen und
Massakern in Kefalonia beteiligt waren?
Wenn
ja, mit welchen Ergebnissen?
Wenn nein, warum
nicht?
16. Gab es in Österreich
jemals strafrechtliche Ermittlungen durch das BMI gegen ehemalige
Angehörige des 1. Bataillon 724. Regiments (104. Jägerdivision), das
ebenfalls an den
Kämpfen und Massakern in Kefalonia beteiligt waren? Wenn ja, mit
welchen
Ergebnissen?
Wenn nein, warum nicht?
17. Gab es in Österreich
jemals strafrechtliche Ermittlungen durch das BMI gegen ehemalige
Angehörige des Festungsgrenadierbataillon 910
(Festungsgrenadierregiment 966),
das
ebenfalls an den Kämpfen und Massakern in Kefalonia beteiligt waren?
Wenn ja, mit welchen
Ergebnissen?
Wenn nein, warum nicht?
18. An welchen Kriegsverbrechen in
Griechenland, Italien, Albanien und im ehemaligen
Jugoslawien waren nach Kenntnis des
Ressorts deutsche Gebirgsjäger (österreichischer
Herkunft) beteiligt?
19. Wurden in
Österreich seit 1945 jemals strafrechtliche Ermittlungen gegen ehemalige
Mitglieder der 1. Gebirgsdivision geführt,
die Kriegsverbrechen in Polen, Russland,
Griechenland, Italien, Albanien und im ehemaligen
Jugoslawien direkt begangen haben
oder an diesen beteiligt waren?
20. Wenn ja, wie viele
Vorerhebungen bzw. Ermittlungen wurden geführt?
Wann wurden diese geführt?
Gegen wie viele Personen wurde ermittelt?
Welche Ermittlungsergebnisse wurden erzielt?
Wie viele Anklagen wurden jemals erhoben, wie endeten die Strafverfahren?
21.
Vertritt das Innenministerium weiterhin die Auffassung, dass lebende
NS-Täter, die
verdächtigt werden Kriegsverbrechen begangen zu haben, strafrechtlich
verfolgt und
gegen diese durch die
Staatsanwaltschaft ermittelt werden muss?
22.
Sind dem
Ressort die Erkenntnisse und die neuen - im Buch „Blutiges
Edelweiß"
Hermann Frank Meyer (2008) - zitierten
Quellen und Dokumente sowie Zeugenaussagen
über die Kriegsverbrechen von Angehörigen der 1. Gebirgsdivision und
anderer Einheiten
- bekannt?
23.
Hat das
Ressort nun Schlussfolgerungen zum Buch „Blutiges Edelweiß"
von Hermann
Frank Meyer (2008) getroffen, der detailliert und akribisch den Werdegang der
1.
Gebirgsdivision dargestellt und unter Namensnennung auch die Verbrechen von
Einheiten beschrieben hat, an denen auch Gebirgsjäger aus
Österreicher beteiligt waren?
Wenn ja, welche?
Wurden deswegen strafbehördliche Ermittlungen eingeleitet bzw. wieder
aufgenommen?
24.
Sind die im
Einleitungstext dieser Anfrage beispielhaft genannten ehemaligen
Gebirgsjäger, die an mehreren
Kriegsverbrechen mitbeteiligt waren, und u.a. im Buch
„Blutiges Edelweiß" namentlich zitiert werden, dem
Ressort bekannt?
25.
Wurden entsprechende Ermittlungen gegen diese noch lebenden ehemaligen
Gebirgsjäger
aus Österreich
eingeleitet?
Wenn ja, wann und gegen welche Personen?
26. Gab es seit 1945 in Österreich
Ermittlungen und Strafanklagen gegen österreichische
Angehörige der 117.
Jägerdivision, die am Massaker von Kalavryta bei dem mindestens
681 Zivilisten ermordet wurden aktiv mitgewirkt haben?
Wenn ja, zu welchem Ergebnissen führten diese Ermittlungen und Strafanklagen?