3137/J XXIV. GP

Eingelangt am 28.09.2009
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

 

betreffend "Natürlich nichts gewusst" von ÖBB-Skandalen

 

 

Am 17. September 2009 wurde Verkehrsministerin Doris Bures im Zusammenhang mit dem ÖBB-Krankendaten-Skandal von der APA im Untertitel einer Meldung („… - Bures hat von Vorgängen "natürlich nichts gewusst") und im Meldungstext selbst dahingehend zitiert, dass sie selber „natürlich“ nichts davon gewusst habe, dass Daten gesammelt wurden, denn „sonst hätte ich Schritte dagegen gesetzt“.

 

Am 22. September 2009 antwortete der vormalige Verkehrsminister und jetzige Bundeskanzler Werner Faymann im ORF-Hörfunk-Mittagsjournal auf die Frage, ob er informiert gewesen sei, mit „Nein, natürlich nicht.“

 

Beide Aussagen sind höchst erstaunlich, da ja mittlerweile durch Medienberichte allgemein bekannt ist, dass der ÖBB-Aufsichtsrat bereits in seiner Sitzung am 26.5.2008 mit dem Thema Datenschutz und der Problematik befasst wurde. Dass dies trotz des aus Wiener Wohnbaustadtrat- bzw. Porr-Zeiten stammenden Naheverhältnisses zwischen dem vormaligen Verkehrsminister Werner Faymann und ÖBB-Aufsichtsratschef Pöchhacker (der ja in dieser Funktion sogar in einem Büro im BMVIT in unmittelbarer Nähe von Faymanns Büro ansässig wurde) nie ein Thema zwischen diesen beiden gewesen sein soll, ist nicht rasend glaubwürdig.  Auch wäre zu erwarten, dass ein Thema von solcher Brisanz sowohl Belegschafts- als auch Ministeriumsvertreter im Aufsichtsrat mit Argusaugen weiterverfolgen.


Es ist auch nicht so, dass es am generellen, oft genug menschlich unwürdigen und rechtlich fragwürdigen und deshalb oft vor dem Arbeits- und Sozialgericht mit beträchtlichen Folgekosten gescheiterten Vorgehen des unmittelbar verantwortlichen ÖBB-DLG-Chef Franz Nigl in Personalfragen nicht vor und ebenso nach dieser Aufsichtsrats-Konfrontation am 26.5.2008 laufend Kritik ua der Grünen gegeben hätte. Auch dies hat aber sichtlich niemand an der Spitze des BMVIT dazu bewogen, endlich genauer hinzuschauen.

 

Noch erstaunlicher ist aber, dass der/die BM für Verkehr, Innovation und Technologie sich den Luxus von Staatskommissären – meist Spitzenbeamte des BMVIT – leistet, die dem Minister bzw. der Ministerin quasi „nebenberuflich“ aus den Aufsichtsratssitzungen zB der ÖBB berichten, wofür auch Sitzungsgelder gezahlt werden. Die allseitig betonte Unwissenheit der politisch Verantwortlichen über die Datenschutz-Diskussion am 26.5.2008 kann – falls sie den Tatsachen entspricht – wenn überhaupt so nur mit einem völligen Versagen dieses Modells „BMVIT-Staatskommissär“ erklärt werden. Dieses ist spätestens auf Grund dieses Anlassfalls endlich dringend zu hinterfragen, was die Grünen in den letzten Jahren aufgrund mehrfach vorgefallener Fragwürdigkeiten bereits wiederholt gefordert haben.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

ANFRAGE:

 

1.             Wer hat das BMVIT in der ÖBB-Aufsichtsratssitzung am 26.5.2008 als Staatskommissär/in vertreten?

 

2.             Was wurde dem Verkehrsminister a) über diese Sitzung, b) über die Befassung des Aufsichtsrats in dieser Sitzung zum Thema Datenschutz und gesetzwidrige Krankendatenerfassung etc. berichtet?

 

3.             Falls nichts im Sinne von Frage 2 a) berichtet wurde – warum nicht?

 

4.             Falls nichts im Sinne von Frage 2 b) berichtet wurde – warum nicht?

 

5.             Falls doch etwas berichtet wurde – wie kommt es, dass Werner Faymann dennoch „natürlich nicht informiert“ wurde, wie er im ORF-Mittagsjournal am 22.9.2009 angab?

 

6.             Wie erklären Sie, dass Sie – wie am 17.9.2009 gegenüber der APA angegeben – zum Thema Datenschutz und gesetzwidrige Krankendaten-Erfassung „natürlich nichts gewusst“ haben, obwohl die Staatskommissäre, die Zuständigen im Kabinett und der Aufsichtsratspräsident nach wie vor dieselben wie im Mai 2008 sind, das Thema rechtlich und politisch wohl brisant genug für ständige Beobachtung ist, der Vorsitzende des ÖBB-Personalvertretung prominenter Politiker Ihrer Partei ist und überdies die aktuelle Berichterstattung von Medien – vgl. zB FORMAT – keinen Zweifel daran lässt, dass  ÖBB-Aufsichtsratsvorsitzender Pöchhacker und ÖBB-Chef Klugar die BMVIT-Spitze informiert hatten?

 

7.             Wie viele Aufsichtsratssitzungen der ÖBB und ihrer Teilfirmen fanden a) 2005, b) 2006, c) 2007, d) 2008 und e) im Jahr 2009 bis zur Beantwortung dieser Anfrage im einzelnen statt?

 

8.             An welchen dieser Aufsichtsratssitzungen der ÖBB und ihrer Teilfirmen in den Jahren a) 2005, b) 2006, c) 2007, d) 2008 und e) im Jahr 2009 bis zur Beantwortung dieser Anfrage nahmen welche Staatskommissäre teil?

 

9.             Wie viel wurde an Sitzungsgeldern in den Jahren a) 2005, b) 2006, c) 2007, d) 2008 und e) im Jahr 2009 bis zur Beantwortung dieser Anfrage an BMVIT-Staatskommissäre ausgezahlt?

 

10.         Wie erklären Sie - angesichts der offensichtlich geringen Wirksamkeit der Tätigkeit von Staatskommissären, die durch die Unwissenheit bzw. Uninformiertheit von VerkehrsministerInnen über zentrale rechtlich und politisch brisante Inhalte der Aufsichtsratssitzungen dokumentiert ist – dass ausgerechnet dieses Wirken von Staatskommissären und die Festlegung ihrer Sitzungsgelder (!) im derzeit aktuellen Entwurf für einen SPÖ-ÖVP-Initiativantrag für eine Novelle des Eisenbahngesetzes ganz zuoberst Thema und somit offenbar eine große politische Priorität Ihrerseits bzw Ihres Hauses ist?

 

11.         Werden Sie das Staatskommissärs-Wesen im BMVIT weiter pflegen – wenn ja, warum und zu wessen Nutzen?