3533/J XXIV. GP

Eingelangt am 28.10.2009
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ANFRAGE

 

 

des Abgeordneten Mayerhofer

und weiterer Abgeordneter

an die Frau Bundesministerin für Inneres

betreffend Aufnahme in den Polizeidienst –Explorationsgespräch

 

Am 14. Mai 2009 zwischen 14.00 – 15.15 Uhr fand ein Aufnahmegespräch (Explorationsgespräch), geführt von Herrn Oberstleutnant Kienzl und SB Bicek, statt. Die Bewerberin wurde mit ungebührlichen Fragen, Kommentaren und Feststellungen konfrontiert. Die Fragen bezogen sich neben Fragen nach ihren Interessen, nach den wechselnden Arbeitsplätzen (hatte Studentenjobs), unter anderem auf ihre Familienplanung, auf ihre familiäre und eheliche Situation, auf den Kontakt zu den Kindern ihres Ehemannes.

 

Gedächtnisprotokoll einer Bewerberin des Explorationsgespräches vom 14. Mai 2009, 14.00 bis 15.15 Uhr mit Obstlt. Kienzl und FOI Bicek:

 

(…)

Bicek: Zum Thema Familienplanung. Wollen Sie Kinder?
Antwort: Nein, ich will keine Kinder.
Bicek: Kopfschütteln – das ist unglaubwürdig, weil Sie doch gerade vorhin gesagt haben, dass Sie ein Familienmensch sind.
Antwort: Ich habe doch Familie!
Bicek: Wenn Sie keine Kinder haben, dann ist das keine Familie – Familie gibt es nur mit Kindern!

Kienzl: Sie wollen keine Kinder, obwohl Sie doch angeblich so eine schöne Kindheit hatten? Das ist unglaubwürdig!
Sie wollen keine Kinder, aber heiraten war Ihnen schon wichtig? Wie passt das zusammen?
Antwort: Das eine hat doch mit dem anderen nichts zu tun!
Kienzl: Warum haben Sie geheiratet?
Antwort: Man heiratet den Menschen den man liebt, bei dem man sich wohl und geborgen fühlt, wenn alles passt.

Kienzl: Wie viele Kinder hat Ihr Mann? 2 oder?
Antwort: 3

Kienzl: Wo sind diese Kinder? Bei der Mutter?
Antwort: Ja!

Bicek: Haben Sie Kontakt zu diesen Kindern?
Antwort: Zum Jüngsten.

Kienzl: Warum zu den anderen nicht?
Antwort: Weil ich nur zum Jüngsten Kontakt habe.

(…)

Kienzl: Ja, was lesen Sie gerade?
Antwort: Ich bin dann mal weg von H.P. Kerkeling.
Kienzl: Worum geht es da?
Antwort: Er beschreibt seine Erfahrungen auf dem Jakobsweg.
Bicek: Wollen Sie den Jakobsweg auch einmal gehen?
Antwort: Nein.
Kienzl: Warum nicht?
Antwort: Ich glaube, das ist nichts für mich. Wochenlang alleine zu wandern würde ich nicht wollen.
Bicek: Man muss ihn ja nicht alleine gehen, man kann ihn auch in der Gruppe.
Antwort: Das ist mir schon klar, aber ich glaube, dass man das wirkliche Erlebnis, das Zu-sich-selbst-finden, das Erkennen wer man wirklich ist, nur erfahren kann, wenn man alleine geht und sich auf diese Weise intensiv mit sich selbst beschäftigen muss.
Kienzl+Bicek: Das ist unglaubwürdig. Sie lesen über den Jakobsweg, wollen ihn aber selbst nicht gehen.

(…)

 

In der Anfragebeantwortung 1323/AB, XXIII.GP, vom 6. September 2007 zur Anfrage 1321/J, XXIII.GP, wurde auf die Frage im Zusammenhang mit dem Aufnahmegespräch (Exploration) „Werden auch private Belange abgefragt?“ folgendes erläutert:

„Hier ist der Fragenkatalog sehr restriktiv; außerdem wird in der obligatorischen Ausbildung und jährlichen Follow-up-Veranstaltung eigens darauf hingewiesen, dass Fragen nach Partei-, Kirchen- oder Gewerkschaftszugehörigkeit den finanziellen Verhältnissen, Familienplanung, Abstammung und Herkunft, sowie Familienverhältnissen, soweit sie sich auf Aussagen zu Scheidungen, getrennten Lebensverhältnissen oder außereheliche Lebensgefährten beziehen, zu unterlassen sind.“

 

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Frau Bundesministerin für Inneres nachstehende

 

 

Anfrage:

 

1.      Wie sind die Ausführungen zum Explorationsgespräch aus der Anfragebeantwortung vom 6.9.2007 mit der Vorgangsweise im oben geschilderten Fall zu vereinbaren?

2.      Wie können sich diese Herrschaften erdreisten, einen Bewerber über den Wunsch nach Kindern zu befragen und dann die Antwort noch als unglaubwürdig abqualifizieren?

3.      Ist die Frage nach der Familienplanung, worunter auch der Wunsch nach Kindern fällt, in diesem Gespräch zulässig?

4.      Wenn ja, warum wurde in der Anfragebeantwortung aus Ihrem Ressort dies anders dargestellt?

5.      Wem steht es zu, die Meinung einer Person zu bewerten, was für diese Person Familie bedeutet oder nicht?

6.      Steht dies Obstlt Kienzl und FOI Bicek zu?

7.      Wenn ja, warum?

8.      Wenn nein, warum nicht?

9.      Waren die Fragen absichtlich darauf abgezielt, eine Bewerberin auf Grund ihrer Familienplanung negativ zu beurteilen?

10. Wollen Sie, dass Bewerberinnen, welche noch keine Kinder haben, aber vielleicht einmal bekommen könnten, automatisch schlechter gestellt werden bei diesem Aufnahmegespräch?

11. Ist die Frage ob jemanden eine Heirat wichtig erscheint oder nicht zulässig?

12. Wenn ja, warum?

13. In wie weit sind diese Fragen für die Bewerbung bei der Exekutive von Belang?

14. Halten Sie diese Art der Diskriminierung von Bewerberinnen in Hinblick auf ihre Familienplanung als gerechtfertigt?

15. Wenn ja, warum?

16. Wenn nein, warum nicht?

17. Wie kommen die Befrager Obstlt Kienzl und FOI Bicek auf die Idee eine Bewerberin als unglaubwürdig einzustufen, nur weil diese ein Buch über den Jakobsweg liest, aber den nicht selbst gehen möchte?

18. Wird ein Bewerber, welcher beim Aufnahmegespräch angibt einen Science-Fiction Roman zu lesen auch als unglaubwürdig eingestuft, wenn er nicht auf den Mond fliegen möchte?

19. Ist diese unterstellende Vorgehensweise der Befrager legitim?

20. Wenn ja, warum?

21. Wenn nein, warum nicht?

22. Wie kommen die Befrager Obstlt Kienzl und FOI Bicek dazu, der Bewerberin zu unterstellen, diese hätte ein Problem, wenn sie in einer Bank nicht im Management eingestellt würde, sondern „von vorne“ beginnen müsste?

23. Ist es üblich bei diesen Gesprächen mit derartig letztklassigen Unterstellungen und Bewertungen zu agieren?

24. Wenn ja, warum?

25. Wenn nein, warum nicht?

26. Wurde versucht – anhand des Explorationsgesprächs -, das sehr gute Ergebnis der Probandin, das eine Aufnahme im Polizeidienst bewirkt hätte, mit unfairen Befragungen zu verhindern, um auf ihre Kosten die Diskrepanzen zwischen dem Ehemann der Bewerberin und dem LPK Kärnten zu führen?

27. Liegt bei dieser Befragung ein Fall einer Diskriminierung einer Bewerberin vor?

28. Wenn ja, warum?

29. Wenn nein, warum nicht?

30. Wurde der Gleichbehandlungsbeauftragte informiert?

31. Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

32. Wenn nein, warum nicht?

33. Hat die Befragung der Bewerberin Konsequenzen für den Fragesteller und die Fragestellerin?

34. Wenn ja, welche?

35. Wenn nein, warum nicht?

36. Wird es eine disziplinäre Würdigung der Befrager Obstlt Kienzl und FOI Bicek geben?

37. Wenn nein, warum nicht?

38. Welche Schritte werden Sie setzen, damit solche diskriminierenden Befragungen nicht mehr stattfinden?