3560/J XXIV. GP

Eingelangt am 05.11.2009
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

der Abgeordneten Gartelgruber, Ing. Hofer

und weiterer Abgeordneter

 

an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend den aktuellen Stand hinsichtlich des Baus der Zulassung von Tragschraubern in Österreich:

 

 

Seit einigen Jahren erfreuen sich Tragschrauber (sog. Gyrocopter) auch bei Österreichern großer Beliebtheit. Ein Tragschrauber ist ein Drehflügelflugzeug wie der Hubschrauber wobei aber der Rotor nicht durch ein Triebwerk, sondern durch den Fahrtwind in Drehung versetzt wird. Dies geschieht durch entsprechende Anstellung der Rotorblätter. Tragschrauber sind interessant für Anwendungen, bei denen geringe Geschwindigkeiten erwünscht, aber Senkrechtstart und -landung nicht notwendig sind. Vorteile sind weiterhin die Überzugfestigkeit, die geringen Bau- und Betriebskosten, das geringe Gewicht und der geringe Platzbedarf. Da der Rotor nur durch den Luftstrom angetrieben wird, ist er mechanisch gering belastet und es ist kein kompliziertes Getriebe notwendig. Der Antriebsausfall ist ebenfalls unkritisch.

 

Tragschrauber haben keine Mindestgeschwindigkeit und können somit nicht in einen überzogenen Flugzustand geraten. Der Antrieb erfolgt meist durch Kolbentriebwerke und Propeller. Der Rotor wird an einem Mast befestigt. Ein Schlaggelenk, das eine Winkeländerung des Rotorblattes zulässt, wenn es gegen den Wind läuft, ist zentrales Merkmal eines Autogyro. Eine Taumelscheibe wird nicht zwingend benötigt, zur Steuerung kann der komplette Rotor geschwenkt werden. Zusätzlich wird ein herkömmliches Seitenruder zur Steuerung benötigt. Aufgrund der geringen Geschwindigkeit wird meist ein festes Fahrwerk verwendet. Eine geschlossene Kabine ist eher selten. Einige Modelle setzen zusätzliche Tragflächen ein. Tragschrauber benötigen nur eine sehr kurze Startrollstrecke, von wenigen Metern bis etwa 100 m, und gehören damit zur Gruppe der STOL-Flugzeuge. Die Landerollstrecke liegt zwischen 0 und einigen 10 m. Zur weiteren Verkürzung der Startstrecke kann der Rotor vor dem Start durch den Motor auf die Startdrehzahl beschleunigt werden.

 

Diese Fluggeräte sind in Deutschland als „Ultraleichtflugzeug“ zugelassen, für ihre Benutzung benötigt man eine „Ultraleichtlizenz“. In Österreich sind Gyrocopter bisher für den Luftverkehr nicht zugelassen. Es besteht allerdings seit Jahren eine Vereinbarung mit Deutschland, wonach deutsche Ultraleichtflugzeuge (und damit auch Gyrocopter) nach Österreich einfliegen dürfen, ohne dass hierfür eine zusätzliche behördliche Bewilligung seitens der Republik Österreich erforderlich wäre (umgesetzt im Erlass betreffend die Voraussetzungen für die Verwendung deutscher Ultralightflugzeuge (UL) in Österreich, GZ 58537/9-III1/04).

 

Gemäß § 3 der Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie über Zivilluftfahrzeuge und ziviles Luftfahrtgerät (Zivilluftfahrzeug- und Luftfahrtgerät-Verordnung 2005 - ZLLV 2005), BGBl. II Nr. 424/2005 darf ein Luftfahrzeug jedenfalls nach Maßgabe der als zulässig bescheinigten Einsatz- und Navigationsarten sowie der festgelegten Betriebserfordernisse und Betriebsbeschränkungen betrieben werden. Ein Luftfahrzeug darf für die in der Verwendungsbescheinigung eingetragenen Einsatz- und Navigationsarten nur dann nicht verwendet werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Betriebssicherheit für diese Verwendungen nicht oder nicht mehr gegeben ist, wenn die Lufttüchtigkeit bzw. Betriebstüchtigkeit nicht beurkundet worden ist, der Weiterbestand der Lufttüchtigkeit nach Durchführung einer Nachprüfung nicht beurkundet worden ist, die erforderlichen Instandhaltungsarbeiten nicht bescheinigt oder nicht entsprechend den jeweils anwendbaren Bestimmungen durchgeführt worden sind, die erforderlichen Versicherungen nicht aufrecht sind, die Durchführung bestimmter Prüfungen nicht veranlasst worden ist oder die auf Grund einer dieser Prüfungen vorgeschriebenen Anordnungen nicht durchgeführt worden sind, bestimmte Anweisungen und Hinweise nicht beachtet worden sind, die zugehörigen Betriebsanweisungen nicht beachtet werden oder worden sind, oder das Kennzeichen, die Farben der Republik und die Beschriftung bzw. Bemalung nicht entsprechend geführt werden.

 

§ 4 ZLLV beschreibt nun die Arten von Luftfahrzeugen, wobei im Gegensatz zu Deutschland unter Z. 1 die Tragschrauber nicht als Ultraleichtflugzeuge gesehen werden:

 

§ 4. Arten von Luftfahrzeugen im Sinne dieser Verordnung sind:

1.Luftfahrzeuge schwerer als Luft, mit eigenem Antrieb, und zwar

(…)

d) Ultraleichtflugzeuge/Microlight-Flugzeuge (Flugzeuge gemäß Anhang II lit. e der Verordnung (EG) Nr. 216/2008 zur Festlegung gemeinsamer Vorschriften für die Zivilluftfahrt und zur Errichtung einer Europäischen Agentur für Flugsicherheit, zur Aufhebung der Richtlinie 91/670/EWG des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1592/2002 und der Richtlinie 2004/36/EG, ABl. Nr. L 79 vom 19.3.2008 S.1

(…)

f) sonstige (zB Tragschrauber);“

 

Es ist bekannt, dass in Österreich versucht wird, den Betrieb von Tragschraubern zu unterbinden bzw. zu verhindern (Anm.: In Spanien werden seit kurzem 10 Tragschrauber bei der Polizei eingesetzt, in Deutschland testet die Polizei in Brandenburg seit längerer Zeit den Einsatz des Tragschraubers für die Polizeiarbeit. Der Tragschrauber verbraucht pro Stunde ca. 20 Liter Tankstellen-Benzin, die Betriebs- und Servicekosten betragen lediglich einen Bruchteil der Kosten eines Hubschraubers).

 

Seitens der Austro Control GmbH wird nunmehr verlangt, dass für den Betrieb von im Ausland rechtmäßig zugelassenen Tragschraubern in Österreich ein eigener Antrag gemäß §18 Luftfahrtgesetz eingebracht werden müsse. Laut dieser Bestimmung dürfen ausländisch registrierte Zivilluftfahrzeuge im Fluge nur verwendet werden, wenn die von einem anderen Staat erfolgten Bestätigungen der zulässigen Verwendung im Fluge von der Austro Control GmbH oder von einer auf Grund einer Übertragung gemäß § 140b leg. cit. zuständigen Behörde durch Bescheid anerkannt worden sind oder die Zulässigkeit der Verwendung im Fluge auf Grund einer zwischenstaatlichen Vereinbarung oder auf Grund von gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen als anerkannt gilt und die dem § 164 leg. cit. oder der Verordnung (EG) Nr. 785/2004 entsprechenden Versicherungen aufrecht vorhanden sind. Ausländische Bestätigungen der zulässigen Verwendung von Zivilluftfahrzeugen im Fluge sind auf Antrag des Halters von der Austro Control GmbH oder von einer auf Grund einer Übertragung gemäß § 140b leg. cit. zuständigen Behörde durch schriftlichen Bescheid anzuerkennen, wenn in dem betreffenden Staat die Vorschriften über die Lufttüchtigkeit, den Flugbetrieb einschließlich der für die jeweilige Verwendung erforderlichen Ausrüstung, die Betriebstüchtigkeit sowie die Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit mindestens die gleichen Anforderungen stellen wie die entsprechenden in Österreich anwendbaren Vorschriften (Gleichwertigkeit), der Antragsteller dem § 164 leg. cit. oder der Verordnung (EG) Nr. 785/2004 entsprechende Versicherungen nachweist und die Verwendung österreichischer Zivilluftfahrzeuge im Fluge in dem betreffenden anderen Staat unter vergleichbaren Voraussetzungen als zulässig anerkannt wird (Gegenseitigkeit).

 

Das Erfordernis der Gegenseitigkeit gilt nicht, wenn der betreffende Staat Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) ist. Die Gleichwertigkeit der ausländischen Beurkundungen kann von der Austro Control GmbH oder von einer auf Grund einer Übertragung gemäß § 140b leg. cit. zuständigen Behörde als erwiesen angenommen werden, wenn von der ausländischen Behörde oder einer von dieser anerkannten Stelle schriftlich bestätigt worden ist, dass die den österreichischen Vorschriften entsprechenden Anforderungen erfüllt werden.

 

Diese Anerkennung ist insoweit bedingt, befristet oder mit Auflagen zu erteilen, als dies im Interesse der Sicherheit der Luftfahrt erforderlich ist. So wurde in einem aktuellen Fall die erteilte Bewilligung für die Benutzung eines in Deutschland registrierten Tragschraubers für maximal ein Jahr ausgestellt und hat 240 Euro gekostet.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen nunmehr an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie folgende

 

Anfrage

 

1.      Warum gilt ein Tragschrauber, der in Deutschland als 'Ultraleichtflugzeug' zugelassen ist, in Österreich nicht ebenso als 'Ultraleichtflugzeug', sondern wird nach der Zivilluftfahrzeug- und Luftfahrtgerät-Verordnung als 'sonstige' (zB Tragschrauber) bezeichnet?

 

2.      Welche Gründe standen bisher einer Zulassung des Gebrauchs von in Österreich angemeldeten Tragschraubern im Luftverkehr entgegen?

 

3.      Inwiefern können die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Verwendung von Tragschraubern in Österreich im Vergleich zu anderer Staaten innerhalb der EU, wie Frankreich, Italien oder Spanien, wo Tragschrauber ohne Probleme und ohne Hürden zugelassen sind, gerechtfertigt werden?


 

4.      Gibt es Absichtserklärungen bzw. konkrete Maßnahmen, um die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Verwendung von Tragschraubern in Österreich zu ändern?

 

5.      Wenn ja, welchen Inhalts sind die geplanten Änderungen?

 

6.      Von welchen Umständen hängt die zeitliche Geltung der Zulassung in Deutschland registrierter Tragschrauber in Österreich nach § 18 LFG ab?