3601/J XXIV. GP

Eingelangt am 11.11.2009
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr.in Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

 

betreffend Belastung der Anschlussbahnen durch Untätigkeit der Eisenbahnaufsicht

 

 

 

Die österreichischen Anschlussbahnen sind eine der wichtigsten Säulen für den österreichischen Eisenbahngüterverkehr. Nur dann, wenn entsprechende Tonnagen bereits direkt vor Ort auf die Schiene und von der Schiene umgeschlagen werden können, kann sich der Verkehrsträger Eisenbahn gegen die Straße auf lange Sicht behaupten.

 

Man sollte daher meinen, dass die Unterstützung und Förderung der österreichischen Anschlussbahnen ein wesentliches Anliegen des Verkehrsministeriums bzw. der Eisenbahnaufsicht sein müsste. Aus der Sicht vieler Anschlussbahnbetreiber ist jedoch in der Vergangenheit genau das Gegenteil geschehen.

 

Vor sechs Jahren wurden die Behördenaufsicht und die Zuständigkeit für die Anschlussbahnen praktisch über Nacht mit einer Gesetzesänderung im Eisenbahngesetz ohne jede Vorbereitung auf die Bezirkshauptmannschaften verschoben, um das Verkehrsministerium und die Ämter der Landesregierung von Aufgaben zu entlasten. Man hat den Eindruck, seither wäre gleichzeitig auch das Interesse des Verkehrsministeriums für die Anschlussbahnen weitgehend verloren gegangen. Dem Vernehmen nach sollen nicht einmal alle Anschlussbahn-Akten an die Bezirkshauptmannschaften übergeben worden sein.

 

Vor drei Jahren wurden den Anschlussbahnen mit der nächstfolgenden Gesetzesänderung im Eisenbahngesetz ebenfalls über Nacht umfangreiche Prüfpflichten (§ 19a) durch externe Prüfer aufdividiert, die die Einhaltung von alten Bescheiden zu überprüfen haben. Die massiven Kosten dieser Prüfungen brechen nach Ablauf der Übergangsfristen derzeit gerade über die Anschlussbahnen herein. Folgerichtig hat sich bereits eine gut verdienende „Gutachter-Lobby“ etabliert, die finanzielle Mittel aus den Anschlussbahnen abzieht.


Während es für andere Eisenbahnsysteme bereits seit Jahren entsprechende Rechtsvorschriften gibt, wie die Eisenbahn-Bau-Betriebsverordnung oder die Straßenbahn-Verordnung, wird eine gleiche einheitliche Regelung für die Anschlussbahnen seit Jahren immer wieder nur versprochen und immer weiter verschoben. Dem Vernehmen nach sollen die Anschlussbahnen mittlerweile selbst einen Verordnungsentwurf erstellt und dem Verkehrsministerium vorgelegt haben, doch soll sogar dieser Entwurf nicht einmal weiter behandelt worden sein.

 

Alles in allem muss man den Eindruck gewinnen, dass den Anschlussbahnen durch kleine und größere Nadelstiche so lange geschadet werden soll, bis sie sich nach und nach aus dem Verkehrsmarkt zurückziehen und der Straßen- und Frächterlobby das Feld überlassen. Dieses Ziel dürfte jetzt bald erreicht sein. Ob dies aus Absicht, Ungeschicklichkeit oder gar Unvermögen geschieht, ist schwierig einzuschätzen.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

  1. Wie viele Anschlussbahnen gibt es derzeit in Österreich (aktive Anschlussbahnen mit Güterumschlag), aufgeschlüsselt nach Bundesländern?

 

  1. Teilen Sie die Auffassung, dass die österreichischen Anschlussbahnen eine wichtige Säule für den österreichischen Eisenbahngüterverkehr darstellen oder erachten Sie die österreichischen Anschlussbahnen für nicht so besonders wichtig?

 

  1. Teilen Sie die Auffassung, dass die Verlagerung von Gütern auf die Schiene über Anschlussbahnen ein wesentliches Anliegen der österreichischen Verkehrs- und Umweltpolitik darstellen sollte oder erachten Sie das für nicht so besonders wichtig?

 

  1. Teilen Sie die Auffassung, dass die plötzliche Verlagerung der Behördenaufsicht und Zuständigkeit für die Anschlussbahnen praktisch über Nacht ohne jede Vorbereitung auf die Bezirkshauptmannschaften keine besonders gute Idee war oder halten Sie diesen Schritt aus heutiger Sicht noch immer für sinnvoll und richtig?

 

  1. Was können die Bezirkshauptmannschaften besser als Ihre bis dahin zuständigen MitarbeiterInnen?

 

  1. Weshalb haben die Bezirkshauptmannschaften nach der Aufgabenverschiebung im Eisenbahngesetz gar nicht alle Anschlussbahn-Akten erhalten?

 

  1. Weshalb wurden die umfangreichen Prüfpflichten (§ 19a) auch auf die Einhaltung von Bescheiden festgelegt, die teilweise noch von der Errichtung der Anschlussbahn stammen und daher Jahrzehnte alt sein können und deren Einhaltung daher teilweise gar nicht mehr möglich sein kann?

  1. Welchen Sinn macht es, nur die formale Prüfung alter Bescheide und nicht die Einhaltung von Sicherheitsstandards vorzuschreiben?

 

  1. .a) Welche Kosten entstehen den österreichischen Anschlussbahnen durchschnittlich pro Jahr durch die neu geschaffenen Überprüfungen nach dem Eisenbahngesetz (§ 19a)?

b) Wie hoch sind die Durchschnittskosten pro Anschlussbahn für eine derartige Prüfung?

 

  1. Was werden Sie unternehmen, um anstelle einer sündteuren Überprüfung alter Bescheide eine sinnvolle Überprüfung von Sicherheitsstandards vorzusehen?

 

  1. Was werden Sie unternehmen, um die Anschlussbahnen von den derzeit vorgeschriebenen hohen Kosten für Überprüfungen zu entlasten?

 

  1. Weshalb wurde gleichzeitig mit der Verlagerung der Behördenaufsicht und Zuständigkeit für die Anschlussbahnen nicht auch gleich eine Anschlussbahnverordnung erlassen?

 

  1. Weshalb wurde seit der Verlagerung der Behördenaufsicht und Zuständigkeit für die Anschlussbahnen und daher seit mehreren Jahren noch immer keine Anschlussbahnverordnung erlassen?

 

  1. Halten Sie es für richtig, dass sich die betroffenen Anschlussbahnunternehmen ihre Regelung praktisch selbst schreiben müssen, weil die Eisenbahnaufsicht im Verkehrsministerium eine derartige Regelung immer wieder nur versprochen und immer weiter verschoben hat?

 

  1. Gibt es noch andere Bereiche bei der Eisenbahn, wo sich die Unternehmen die Regelungen selber schreiben müssen?

 

  1. Halten Sie es für vertretbar, dass nicht einmal die von den Anschlussbahnunternehmen selbst geschriebene Verordnung wenigstens weiterbehandelt wird?

 

  1. Wann ist endlich mit der Fertigstellung und Vorlage einer Anschlussbahnverordnung zu rechnen?

 

  1. Was werden Sie unternehmen, dass die österreichischen Anschlussbahnen durch die Eisenbahnaufsicht künftig besser behandelt werden als bisher?

 

  1. Was werden Sie unternehmen, dass anstelle der Straßen- und Frächterlobby und anstelle der Gutachterlobby von der Eisenbahnaufsicht nun auch endlich die für die oft und gerne beschworene Verlagerung auf die Schiene wichtigen Akteure selbst wie insbesondere die Anschlussbahnen unterstützt werden?