3763/J XXIV. GP

Eingelangt am 19.11.2009
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Kickl

und weiterer Abgeordneter

 

an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten

betreffend Arbeitsverhältnisse in österreichischen Auslandsvertretungen

 

Nach österreichischem Arbeitsrecht sind sogenannte Kettenarbeitsverträge grundsätzlich verpönt. Sie sind zwar nicht generell verboten, ihre Zulässigkeit ist aber im einzelnen zu prüfen (vgl. Ausgabe GÖD Sept. 2009 Seite 9). Kettenarbeitsverträge sind zeitlich aneinander gereihte kurzzeitige befristete Arbeitsverhältnisse. Die Rechtsprechung fasst diese Kettenarbeitsverträge im Regelfall zu einem einzigen durchgehenden Arbeitsverhältnis – mit allen Konsequenzen – zusammen.

Im Gegensatz zu dieser dem österreichischen Recht innewohnenden Schutzvorschrift, die vor allem der arbeitsrechtlichen  Absicherung der sozial Schwächeren dient, herrscht im Bereich des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten offenbar eine seit Jahrzehnten und bis jetzt andauernde systematische Praxis in den österreichischen Auslandsvertretungen (Botschaften und Generalkonsulaten), die dort vor allem in den Residenzen beschäftigten Hausangestellten um die arbeitsrechtlichen Grundansprüche zu prellen.

Dies geschieht methodisch dadurch, dass als jeweiliger Arbeitgeber der Botschafter ad personam einen Arbeitsvertrag auf Zeit abschließt, diesen Arbeitsvertrag bei seinem Abgang – nach vorliegender Information meist ohne Kündigungsfrist – auflöst und der nachrückende Botschafter mit der betreffenden Arbeitskraft einen neuen Arbeitsvertrag abschließt.

Die Republik aber refundiert den jeweiligen Botschaftern, die mit diesen Verträgen verbundenen Entlohnungsbeträge, vermieden wird aber, dass die Republik Österreich als Arbeitgeber auftritt. Damit werden genau die nach österreichischem Arbeitsrecht strengstens verpönten Kettenarbeitsverträge praktiziert, die den Beschäftigten systematisch ihr Recht und vor allem ihre Abfertigungsansprüche vorenthalten.

So wurde zuletzt die seit 49 Jahren ununterbrochen bei der österreichischen Vertretung beim Europarat beschäftigte Carmina Barcale ohne entsprechende Kündigungsfrist und ohne einen Cent Abfertigungszahlung gekündigt bzw. entlassen. Ein derartiges Vorgehen ist ein spezifischer Missbrauch durch Ausnutzung des sozialen Ungleichgewichtes zu Lasten des Schwächeren und schadet dem Ansehen der Republik Österreich.

Die Zahl der betroffenen Personen ist von beachtlicher Größenordnung, da von 60 Botschaften im Ausland und 40 Generalkonsulaten die mögliche Zahl von solcherart Beschäftigen hochzurechnen ist, sodass einen Anzahl von 200 - 300 Personen auf diese Weise in einem sozial prekären Beschäftigungsverhältnis durch die Republik Österreich unter Verantwortung des Außenministeriums gehalten werden könnten.

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten folgende

 

ANFRAGE

 

1.      Wie viele Kettenarbeitsverträge gibt es im Bereich des Außenministeriums bzw. von Organwaltern, die im Rahmen von Vertretungsbehörden im Ausland tätig sind?

2.      Wie viele mit Kettenarbeitsverträgen beschäftigte Personen sind den jeweiligen Residenzen der Botschafter, Gesandten und Generalkonsuln zuzurechnen?

3.      In welchen Ländern werden solche Kettenarbeitsverträge abgeschlossen?

4.      Wie lange wird in den einzelnen Ländern eine derartige Praxis geübt?

5.      Werden die Lohnkosten (Bruttolohnkosten) den einzelnen als Arbeitgeber fungierenden Organwaltern refundiert?

6.      In welcher Höhe sind während Ihrer Amtszeit derartige Refundierungsbeträge aufgelaufen?

7.      Wie viele Individualarbeitsverträge durch Organwalter bei österreichischen Vertretungsbehörden im Ausland sind während Ihrer Amtszeit abgeschlossen worden?

8.      Sind Sie bereit, die aufgezeigte Praxis zu ändern oder werden Sie die bestehende Praxis weiter laufen lassen?