3822/J XXIV. GP

Eingelangt am 30.11.2009
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr.in Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

 

betreffend eigenartige Absichten bei Eisenbahn-Begutachtungsverfahren

 

 

Bei der Neuerlassung von Gesetzen und Verordnungen ist das vorangehende Begutachtungsverfahren eine wichtige Entscheidungshilfe. Für die von den Regelungen Betroffenen ist dieses oft die einzige Möglichkeit, ihre Einwände gegen ein Regelungsvorhaben vorbringen zu können.

 

Um eine ausreichend intensive Auseinandersetzung mit den Gesetzes- und Verordnungsentwürfen zu ermöglichen, ist zur Begutachtung eine ausreichende Frist für die begutachtenden Stellen vorzusehen. Diese soll im „Regelfall“ grundsätzlich wenigstens sechs Wochen umfassen. Eine Abkürzung dieser Frist ist nur in Ausnahmefällen, zB besonders kurze Entwürfe, erlaubt; bei komplexeren Vorschlägen (wie es diejenigen im Eisenbahnrecht in aller Regel sind) sollte diese Frist umgekehrt länger als in den im „Regelfall“ angemessenen sechs Wochen sein und zB acht Wochen umfassen. Erst Mitte 2008 sah sich der Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt nach zahlreichen Anlassfällen genötigt, mit einem Rundschreiben an alle Ressorts (GZ BKA-600.614/0002-V/2/2008) an diese seit dem Rundschreiben vom 19. Juli 1971, GZ 53.567-2a/71, bekannten Tatsachen zu erinnern.

 

Im Eisenbahnbereich werden die vorgesehenen Begutachtungsfristen immer wieder nicht eingehalten. So wurde die Eisenbahn-Gesetz-Novelle für das zweite Eisenbahnpaket mit einer so kurzen Frist über die Weihnachtsfeiertage 2005/2006 in Begutachtung versendet, dass praktisch gar keine seriöse Begutachtung stattfinden konnte.

 

Dem Vernehmen nach wollen Sie bzw. Ihr Haus dieses „Erfolgsmodell“ jetzt bei einer Reihe von wichtigen, umfangreichen und teilweise seit vielen Jahren in Entwicklung befindlichen eisenbahnrechtlichen Verordnungen bzw. Verordnungs-Änderungen über die Weihnachts- und Neujahrszeit 2009/2010 wiederholen.

 

 


Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

1.      Teilen Sie die Auffassung, dass das Begutachtungsverfahren für Gesetze und Verordnungen in einem Rechtsstaat eine wichtige Qualität und Entscheidungshilfe darstellt - oder ist das für Sie nicht so wichtig?

 

2.      Teilen Sie die Auffassung, dass für Gesetze und Verordnungen in einem Rechtsstaat daher

a) Begutachtungsverfahren in geordneter Weise durchgeführt werden sollten,

b) die Betroffenen in Begutachtungsverfahren ausreichend Zeit und Gelegenheit haben sollten, Einwände und Verbesserungsvorschläge fundiert vorzubringen,

c) die Dauer von Begutachtungsverfahren daher nicht künstlich verkürzt werden darf, sondern den Vorgaben des Bundeskanzleramt-Verfassungsdienstes entsprechend im Regelfall mit zumindest 6 Wochen, bei komplexeren Vorhaben auch länger bemessen sein muss

- oder ist das für Sie nicht so wichtig?

 

3.      Trifft es zu, dass derzeit eine Reihe von Verordnungsentwürfen bei der Leitung der Eisenbahnaufsicht gesammelt werden, einige schon über einen längeren Zeitraum hinweg, und zwar eine „Eisenbahnkreuzungs-Verordnung“, eine „Anschlussbahnen-Verordnung“, eine „Genehmigungspflichten-Verordnung“, eine „Straßenbahnen-Verordnung“ und eine „Eisenbahn-Bau-Betriebs-Verordnung“?

 

4.      Trifft es zu, dass alle Verordnungsentwürfe gemeinsam mit einer kurzen Frist über die Weihnachtsfeiertage in Begutachtung verschickt werden sollen, um die Einwände so gering wie möglich zu halten?

 

5.      Würden Sie eine derartige Vorgangsweise begrüßen?

 

6.      Teilen Sie die Auffassung, dass eine derartige Vorgangsweise das Vertrauen in die Eisenbahnaufsicht untergraben und den Eindruck erwecken würde, man möchte die Betroffenen in wichtigen Bereichen nun mit Regelungen „flott überfahren“?

 

7.      Teilen Sie die Auffassung, dass es einen merkwürdigen Eindruck erwecken könnte, wenn jahre- und teilweise jahrzehntelang überfällige Verordnungen jetzt plötzlich alle auf einmal mit kurzen Fristen über die Weihnachtsferien durchgezogen werden?

 

8.      Beim (befristet bestellten) Leiter der Eisenbahnaufsicht steht in wenigen Wochen die Entscheidung über eine eventuelle Verlängerung an. Können Sie ausschließen, dass zuerst die Verzögerung der Begutachtungen und dann das durch kurzfristiges Durchpeitschen vieler Regelungen auf einmal simulierte hohe Aktivitätsniveau als „Wahlzuckerl“ für eine Wiederbestellung vorgesehen sein könnten?

 

9.      Falls Sie das nicht ausschließen können, was werden Sie unternehmen?

 

10. Werden Sie Ihren Apparat anweisen, erstens die auch im Sinne der Rundschreiben des Bundeskanzleramt-Verfassungsdienstes angebrachte achtwöchige Begutachtungsfrist einzuhalten und zweitens diese Frist nicht mutwillig abzukürzen, indem die Begutachtungsfrist über die Weihnachtszeit gelegt wird?

 

11. Welche Maßnahmen werden Sie treffen, damit in Gegensatz dazu die erforderlichen Regelungen im Eisenbahnbereich endlich vollständig erarbeitet werden und anschließend ordentlichen, ausreichend bemessenen Begutachtungsverfahren unterzogen werden?