3986/J XXIV. GP
Eingelangt am 11.12.2009
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ANFRAGE
der Abgeordneten Mag.a Christiane Brunner, Dr.in Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde
an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie
betreffend höchst fragwürdiges Vorgehen der ASFINAG im Vorfeld von umstrittenen Straßenbauprojekten (2)
In mehreren Bundesländern wird von Betroffenen immer öfter umwelt- und bürgerfeindliches Vorgehen der ASFINAG im Vorlauf von Straßenbauprojekten beklagt. Nur wenige Monate, nachdem dieses so offenbar von der Regierung und besonders der zuständigen Verkehrsministerin tolerierte Vorgehen der ASFINAG Anlass einer Parlamentarischen Anfrage der Grünen war, gab es schon wieder mehrere entsprechende Vorfälle.
1. Erneut untragbare Vorkommnisse im Einflussbereich der ASFINAG rund um das Schnellstraßenprojekt S 7 in der Oststeiermark/Südburgenland
Die Vorgänge rund um die Schnellstraße S 7 waren bereits in der Anfrage 2721/J XXIV. GP ein zentrales Thema. Nunmehr war bei diesem verkehrspolitisch und angesichts der bestehenden und prognostizierten Verkehrsstärken keineswegs als Bundesstraße gerechtfertigten Projekt neuerlich skandalös umwelt- und bürgerfeindliches Vorgehen zu verzeichnen: Während ab 15.9.2009 in der Stadthalle in Fürstenfeld/Stmk die öffentliche mündliche Verhandlung im UVP-Verfahren zur geplanten Schnellstraße S 7 unter der Leitung eines BMVIT-Beamten stattfand, fanden auf und im Bereich der geplanten Trasse der S 7 im „Edelseewald“, einem ausgedehnten Waldgebiet zwischen den Gemeinden Großwilfersdorf, Hainersdorf (Ortsteil Riegersdorf) und Bad Blumau (Ortsteile Lindegg und Jobst) großflächige Schlägerungsarbeiten statt. Für diese Schlägerungen lag – soweit sie die Flächen von einem halben Hektar überschritten – weder eine forstrechtliche Bewilligung noch eine entsprechende Genehmigung im UVP-Verfahren vor, in welchem (als teilkonzentriertem Verfahren) auch die Bestimmung des Straßenverlaufes erfolgen muss.
Maßgeblich für eine Genehmigung der S 7 im UVP-Verfahren wäre eine „größtmögliche Schonung der Natur“ (O-Ton ASFINAG). Gegen diese offiziell von der ASFINAG präsentierte Zielsetzung wurde in rechtswidriger Weise massiv verstoßen. Der Edelseewald ist nach der UVE der ASFINAG und dem Gutachten des vom BMVIT beigezogenen Sachverständigen ein Gebiet mit einem bedeutenden und artenreichen Vorkommen an Fledermäusen, weshalb in diesem Bereich besondere Vorkehrungen für den Schutz dieser Arten im Sinne des Artikel 12 der FFH-Richtlinie der EU u.a. vom Sachverständigen des BMVIT vorgesehen wurden. Demnach wären Waldverbesserungsmaßnahmen in der der S 7-Trasse benachbarten Zone sowie die Anlage von Fledermaus-Nistkästen vorzunehmen - dies alles allerdings vor (!) Baubeginn, und zwar „zeitlich so umzusetzen, dass sie zum Zeitpunkt des erwarteten Eingriffs bereits wesentliche Funktionen erfüllen können. Dies bedeutet in der Regel eine Mindestvorlaufzeit von mehreren Monaten bis zu einem Jahr und ist bei der zeitlichen und organisatorischen Abwicklung des Projektes entsprechend zu berücksichtigen. Die fachgerechte Umsetzung der Maßnahme ist durch eine ökologische Bauaufsicht sicherzustellen“ (J. Trautner, Sachverständiger des BMVIT).
Die aktuellen Schlägerungen fallen in die Gestaltungssphäre der ASFINAG, wie das ASFINAG-Schreiben vom 22.9.2009 („Wichtige Information an alle Grundeigentümer betreffend die Schlägerung des Baumbestandes im Trassenbereich der S 7“) beweist: Leider“ und „zufällig“ erst nachdem vor Ort im Rambo-Manier Fakten geschaffen worden waren wird darin Bezug auf die allfällige verwaltungsstrafrechtliche Relevanz illegaler Schlägerungen und auf den im Grundeinlöse-Übereinkommen festgesetzten Termin für die Fällung des Baumbestandes genommen und dieser mit 31.10.2010 (anstatt bisher 31.3.2010) neu festgesetzt. Überdies wird mitgeteilt, dass „mit einer Bescheid-Ausstellung (im UVP-Verfahren) nicht vor Anfang 2010“ zu rechnen sei.
Mit diesen Ereignissen und Abläufen unter den Augen von ASFINAG und BMVIT wird auch klar, dass die Versprechungen der ASFINAG in der Vergangenheit („Die Umweltverträglichkeitsprüfung – Vorsorgender Schutz für Mensch und Umwelt“) nicht ernst zu nehmen sind und Beschwichtigungs-Charakter hatten. Angesichts der nunmehr „zufällig“ während der UVP-Verhandlung erfolgten illegalen Schlägerungen zeigt sich vielmehr die praktische Hinterhältigkeit der von den Projektbetreibern verfolgten Vorgangsweise abseits der offenbar nur als Fassade abgeführten Beschwichtigungs- und Beteiligungsschleifen. Zwischen rechtsstaatlichem Vorgehen einerseits und bloß simulierter Rechtsstaatlichkeit ohne praktische Konsequenzen andererseits besteht ein sehr grundlegender Unterschied.
Bei der von der Bürgerinitiative unter Beiziehung eines Biologen durchgeführten Beweissicherung auf den rechtswidrig geschlägerten Flächen zeigte sich, dass durch die großflächige Fällung zahlreicher für den Artenschutz wichtiger Bäume eine Betroffenheit für Spechte, Eulen und insbesondere Fledermäuse, die diese Bäume als Sommerquartiere und Tageseinstände benützten, gegeben ist. Ein klar EU-rechtswidriges Faktum, das die EU-Kommission sicher interessieren wird, die auch im ehemaligen „Umweltmusterland“ Österreich immer öfter die Umwelt gegen staatlich tolerierte oder aktiv vollzogene Übergriffe verteidigen und die Einhaltung geltender Gesetze zum Schutz von Natur und Umwelt einmahnen muss. Auch die für die Wahrnehmung und Verfolgung von rechtswidrigen und strafbaren Eingriffen in die Umwelt zuständigen Behörden werden auf Basis entsprechender Sachverhaltsdarstellungen nicht darum herumkommen, sich mit diesem vorsätzlichen Ignorieren geltenden Rechts zu befassen.
Dabei wird nicht außer Betracht bleiben können, dass auch das BMVIT als das die Eigentumsrechte der Republik Österreich an der ASFINAG ausübende Bundesministerium eine Verantwortung trifft.
Insbesondere wird das BMVIT politisch wie im Verfahren auch Stellung zu beziehen haben, wie mit einem Projektwerber umgegangen wird, der nicht einmal vor Erteilung der behördlichen Genehmigung die Einhaltung der von ihm selbst vorgeschlagenen Maßnahmen gewährleisten kann. Die Umweltverträglichkeit der geplanten S 7 ist, wenn das BMVIT die vorgeschlagenen Maßnahmen der ASFINAG selbst und das Gutachten des selbst beigezogenen Sachverständigen nur halbwegs ernst nimmt, nicht mehr gegeben. Dringend nötig und gerechtfertigt wäre angesichts dieser Vorkommnisse die sofortige Abweisung des Antrages der ASFINAG, Bau und Betrieb der geplanten S 7 zu genehmigen.
Befürchtungen, dass die ASFINAG von Anfang an – seit dem Jahre 2003 - die Bevölkerung zwischen Riegersdorf und Heiligenkreuz über die wahren nachteiligen Auswirkungen der geplanten S 7 täuscht, sind durch die rechtswidrigen Schlägerungen einmal mehr bestätigt worden. Das BMVIT darf im Interesse einer Restglaubwürdigkeit bei Verkehrspolitik und BürgerInnenrechten solchen Projektwerbern nicht länger bei ihrem Treiben zuschauen oder gar aktiv mit ihnen kooperieren, insbesondere eine Verkehrsministerin, deren Partei den letzten Wahlkampf mit dem Slogan „Politik für die Menschen“ bestritten hat.
2. ASFINAG will bei der A 4 im Raum Schwechat-Mannswörth nicht für im Zusammenhang mit Autobahnausbau entstandene Bauschäden an Privathäusern zahlen und ist bei der Reparatur von womöglich schadensvergrößernden Mängeln an der Autobahn sichtlich bemüht, „die Sache in die Länge zu ziehen“!
Als ein weiteres Beispiel bürgerfeindlichen Vorgehens der ASFINAG sei der Fall Schwechat-Mannswörth erwähnt.
Im Zuge der Verbreiterung der A 4 Ostautobahn auf sechs Spuren kam es im Bereich Autobahnweg – Franz Wlk Gasse zu Bauschäden an Privathäusern, offenkundig dadurch, dass Baustellenverkehr mit schweren Raupenfahrzeugen und Schwer-Lkw auf einer dafür ungeeigneten kleinen Anwohnerstraße mit den entsprechenden Erschütterungen stattfand.
Dieser Baustellenverkehr war zudem offensichtlich teilweise unnötig – zB Transport von Bierkisten mit Schaufelbagger - und wurde teilweise unsachgemäß – überhöhte Geschwindigkeit von Lkw u.dgl. – abgeführt.
Nachdem Betroffene den Rechtsweg bestritten, um Schadenersatzzahlungen der ASFINAG zu erreichen, erlebten sie einige Überraschungen. So schickte die ASFINAG einen Gutachter, der zwar die Schäden an den Häusern dokumentierte, aber vor allem durch die erstaunliche Bemerkung „Ihr müsst aber viel Geld haben, wenn ihr euch mit der ASFINAG anlegt“ auffiel.
Weiters erhielten sie zwar nach nahezu zwei Jahren (!) des Prozessierens in erster Instanz Recht und es wurden ihnen – in Relation zu den entstandenen Schäden bescheidene – Entschädigungen zugesprochen. Die ASFINAG hat dieses Urteil nun jedoch beeinsprucht und lässt nichts unversucht, sich mit ansehnlichem rechtlichen und finanziellen Risiko aus der Verantwortung für die Schäden davonzustehlen. Dabei wird auch nicht davor zurückgescheut, Bauschäden faktenwidrig zu verharmlosen, indem von ASFINAG-Beauftragten zB herunterhängende Teile zu „Farbtropfen“ umdefiniert wurden. Solche „sachverständige“ Fehlleistungen wurden dadurch möglich, dass man sich mühsame kontroversielle Lokalaugenscheine von ASFINAG-Seite möglichst ersparte und lieber auf Basis von Fotos arbeitete, anhand derer man die Realität günstig für den Auftraggeber ASFINAG zurechtbiegen konnte.
Falls die ASFINAG mit diesen Versuchen nicht durchkommt, haben für die unnötig in die Höhe getriebenen Gerichts- und Sachverständigenkosten dann die Autofahrerinnen und Autofahrer über ihre Vignettenzahlungen an die ASFINAG aufzukommen – ob das wirklich ein Vorgehen im Interesse der Mautzahler ist?
Die Anrainerinnen und Anrainer werden damit ein weiteres Mal von ASFINAG und BMVIT im Regen stehen gelassen. Denn der Ausbau der A 4, in dessen Rahmen diese Schäden entstanden, hat zudem eines seiner wichtigsten Ziele – Lärmschutz für die Menschen in Mannswörth – nicht erreicht hat: Auch in der erhöhten Lärmschutzwand sind Lücken verblieben, und die zur Umsetzung des Lärmschutzziels nötige Verhängung eines Tempolimits (zB 80 km/h) wird vom BMVIT kategorisch abgelehnt, ebenso werden die bereits jetzt geltenden Tempolimits nicht ausreichend überwacht, vor allem in der Nacht.
Den Missständen an der A 4 wird nun die Krone aufgesetzt: Durch Baumängel an der erneuerten Autobahn: Gelockerte Betonplatten sorgen bei jedem Überfahren durch einen Lkw o.dgl. für Erschütterungen bis in die Häuser der AnrainerInnen, welche die aufgetretenen Bauschäden sicher nicht kleiner machen. Die Baumängel werden nun aber keineswegs schnellstmöglich saniert, sondern jeder Schritt wird monatelang verzögert. Will die ASFINAG in dieser unsäglichen Weise die Anrainerinnen und Anrainer mürbe machen? Am Geld kann der Aufschub der Reparaturen nicht liegen, werden von der ASFINAG doch laufend aufwendigste Neu- und Ausbauprojekte umgesetzt und auch neu begonnen.
Die Verkehrsministerin muss diese Missstände und auch vom Rechnungshof kritisierten völlig falschen Prioritäten bei der ASFINAG abstellen und in diesem Sinn über ihre Vertreter im Aufsichtsrat eingreifen. Dann könnte sich dieser Aufsichtsrat mit seiner Spitze einmal für die Menschen und einen sinnvollen, zielgerichteten Mitteleinsatz nützlich machen statt durch Skandale (Extra-Honorare des Vorsitzenden, …) negativ aufzufallen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE: