4012/J XXIV. GP

Eingelangt am 11.12.2009
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

des Abgeordneten Ing. Hofer

und weiterer Abgeordneter

 

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft

betreffend Kostentragung der Entsorgung illegaler Lager von gefährlichen Abfällen

 

 

Wie die Tageszeitung „Die Presse“ am 23. November 2009 berichtete, ging ein Abfallentsorger, der eine Liegenschaft in Wien-Simmering gemietet hatte, pleite und stellte seine Arbeit ein. Umweltschützer schlugen Alarm, weil hunderte Fässer voller giftiger Abfälle inmitten eines Wohngebietes lagerten. Die Stadt Wien ließ das Depot räumen. Weil der Betreiber nicht mehr greifbar war, hielt sich die Stadt wegen des Kostenersatzes an den Grundeigentümer, der allerdings nie Betreiber der Anlage war. Der Verfassungsgerichtshof verneint nunmehr die Haftung des Grundeigentümers.

 

Trotz Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes beharrt aber die Behörde laut „Die Presse“ offensichtlich weiterhin auf der Rechtsauffassung, dass der Grundeigentümer nach Beendigung des Mietvertrags Anlageninhaber und daher jedenfalls für die von seinem Mieter verursachten Missstände verantwortlich ist.

 

Im konkreten Fall hatte der Mieter, der seit dem Jahr 1985 auf den Liegenschaften in Wien-Simmering eine Anlage zur chemisch-physikalischen Behandlung auch von gefährlichen Abfällen betrieben hatte, große Mengen an Abfällen nur mehr eingelagert, ohne die Abfälle zu behandeln oder weiterzugeben. Die gemieteten Hallen waren bis zum Dach mit gefährlichen Abfällen angefüllt; das gesamte Areal befand sich in einem bedenklichen Zustand. Mietzins wurde seit Jahren keiner bezahlt, weshalb vom Grundeigentümer eine gerichtliche Mietzins- und Räumungsklage eingebracht wurde. Bald danach wurde über den Mieter der Konkurs eröffnet und das Räumungsbegehren vom Masseverwalter anerkannt. Der Mietvertrag war damit aufgelöst.

Als Reaktion auf das Drängen des Grundeigentümers zum Einschreiten gegen den Mieter forderte die – bis dahin eher zahm agierende – Behörde den Grundeigentümer auf, er möge als nunmehriger „Anlageninhaber“ die Anlage ordnungsgemäß auflassen, sprich: alle Abfälle aus der Anlage entfernen. Weil sich der Grundeigentümer weigerte und die Medienberichterstattung für die Stadtpolitik nicht eben vorteilhaft ausfiel, wurde die Kompletträumung dann wegen Gefahr im Verzug amtswegig durchgeführt. Dem Grundeigentümer wurde der Ersatz der Kosten im Umfang von rund 1,2Millionen Euro vorgeschrieben. Das war für ihn umso unverständlicher, als die Behörde vom Treiben des Mieters gewusst hatte und sie nicht dagegen eingeschritten war.

 

Der Verfassungsgerichtshof hat in den letzten Jahren bereits mehrere ähnliche Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenats aufgehoben. Laut Verfassungsgerichtshof sei es willkürlich, den Grundeigentümer – ohne dass dieser die Anlage je betreiben wollte – nur aufgrund der Beendigung des Mietverhältnisses als Anlageninhaber zur Haftung heranzuziehen. Da der Unabhängige Verwaltungssenat von seiner Argumentation, einzig maßgebliches Zurechnungskriterium sei die tatsächliche Sachherrschaft und auf einen Betreiberwillen komme es nicht an, beharrte, musste der Verfassungsgerichtshof ein zweites Mal erkennen.

 

Hätte der Unabhängige Verwaltungssenat recht behalten, wären die Konsequenzen höchst unbefriedigend: Jeder Vermieter einer Gewerbeimmobilie wäre de facto gehindert, eine Räumungsklage gegen seinen Mieter einzubringen, wenn er befürchten müsste, für die von seinem Mieter verursachten Missstände zu haften. Jedem Eigentümer, auf dessen Grundstück illegal und ohne sein Wissen Abfälle abgelagert wurden, könnte ohne Einschränkung die Entfernung der Abfälle auf seine Kosten aufgetragen werden. Das bloße körperliche Naheverhältnis ist aber nach Meinung des VfGH noch kein ausreichendes Zurechnungskriterium für eine Haftung, und das ist gut so, so „die Presse“ abschließend.

 

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft folgende

 

Anfrage

 

1.      Seit wann ist Ihnen der in der Zeitung „Die Presse“ geschilderte Fall in Wien-Simmering bekannt?

 

2.      Welche Schritte haben Sie seitens Ihres Ministeriums konkret in diesem Fall gesetzt?

 

3.      Welche Schritte werden Sie seitens Ihres Ministeriums nicht zuletzt aufgrund dieses Falles setzen, um ähnliche Vorfälle, insbesondere eine mögliche Gefährdung für die Bürger, zu verhindern?

 

4.      Wie viele Lager mit gefährlichem Abfall gibt es derzeit in Österreich und wo befinden sich diese?

 

5.      Gibt es Schätzungen über die Anzahl illegaler Lager mit gefährlichem Abfall in Österreich?

 

6.      Wie viele Anzeigen betreffend illegale Abfalllager hat es jeweils in den letzten 5 Jahren gegeben?

 

7.      Bei wie vielen dieser Anzeigen konnte tatsächlich ein illegales Abfalllager erhoben werden?

 

8.      Welche Abfälle, insbesondere gefährliche Abfälle, wurden dabei jeweils in welcher Form und welchen Mengen gelagert?

 

9.      Inwieweit werden Vermieter von Liegenschaften von Amts wegen über die Lagerung gefährlicher Abfälle informiert?

 

10. In welchen Fällen konnte der Urheber der Lager mit gefährlichem Abfall eindeutig festgestellt werden?

 

11. Wie viele dieser (illegalen) Lager mit gefährlichem Abfall wurden seit deren Bekanntwerden entsorgt, wer hat in den einzelnen Fällen die Entsorgung durchführen lassen, wer ist für die Entsorgungskosten aufgekommen und wer hat die Kontrolle über die fachgerechte Entsorgung durchgeführt?

 

12. Inwieweit ist es geplant, eine gesetzliche Regelung einzuführen, die genau vorschreibt, wie nach dem Feststellen von illegalen Lagerungen gefährlicher Abfälle vorgegangen werden muss, insbesondere, wie die gelagerten gefährlichen Abfälle gesichert werden, in welchem zeitlichen Rahmen die Entsorgung der gefährlichen Abfälle zu erfolgen hat und wer für die dabei anfallenden Kosten aufzukommen hat?

 

13. Was geschieht derzeit mit illegalen Lagerungen gefährlicher Abfälle, bei denen kein Verursacher festgestellt werden kann?

 

14. Wird regelmäßig erhoben, welche Abfälle mit Gefahrenpotential wo in Österreich lagern und wenn ja, wer führt diese Erhebungen durch und in welchem Abstand?

 

15. Wenn ja, wann und mit welchem konkreten Ergebnis wurde die letzte diesbzgl. Erhebung durchgeführt?

 

16. Wenn nein, weshalb wird darauf verzichtet?

 

17. Wird regelmäßig erhoben, welche Abfälle, insbesondere aber gefährliche Abfälle, nach Österreich importiert werden und wo bzw. unter welchen Bedingungen diese Abfälle gelagert, verarbeitet bzw. wieder exportiert bzw. mit unabsehbaren Freisetzungen verbrannt werden?

 

18. Ist Ihnen bekannt, welche (nach EU-Recht) Gefahrenmüll-Kategorien die von ihrem Ministerium genehmigten Gefahrenmüll-Importe umfassen?

 

19. Ist Ihnen bekannt, ob die von Ihrem Ministerium genehmigten Gefahrenmüll-Importe auch (nach EU-Recht) infektiöse oder krebserzeugende Stoffe beinhalten?

 

20. Wenn ja, welche inkfektiösen oder krebserzeugenden Stoffe haben die Gefahrenmüll- Importe jährlich seit dem Jahr 2005 in welcher Menge beinhaltet?

 

21. Wer bzw. welche Behörde kontrolliert, ob bei einzelnen Fällen von Gefahrenmüllimporten vorsätzliches umweltgefährdendes Behandeln und Verbringen von Abfällen gemäß § 181b StGB vorliegt?

 

22. Wie viele und welche Fälle gab es seit dem Jahr 2005, in denen es nach Importen von Gefahrenmüll zu Verurteilungen nach § 181b StGB kam?

 

23. Ab wann wird es eine jährliche Meldepflicht des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft geben, aufgrund derer Bürgermeister und Gemeinderat über Art und Menge des in die betreffende Gemeinde verbrachten gefährlichen Abfalls informiert werden?