4032/J XXIV. GP

Eingelangt am 11.12.2009
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr.in Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

 

betreffend Endlos-Frage Verkehrsprognose 2025+

 

 

Die Arbeiten an der Verkehrsprognose 2025+ im Auftrag des BMVIT und weiterer Kooperationspartner wurden nicht lang nach Beginn dieses Jahrzehnts gestartet. Nach Verzögerungen konnten die Arbeiten an der Prognose einer Anfragebeantwortung Ihres Vorgängers (2688/AB XXIII.GP) zufolge Anfang 2006 abgeschlossen werden.

 

Als Begründung für die Ende 2007 noch immer nicht erfolgte Veröffentlichung wurde damals angeführt, dass sich nach Abschluss der Arbeiten „zusätzliche wesentliche Änderungen im demographischen, wirtschaftlichen, verkehrspolitischen und infrastrukturellen Umfeld ergeben“ hätten. So läge mittlerweile eine neue Bevölkerungsprognose vor, sei (mit 26.3.2007) ein neues Infrastrukturprogramm vorgelegt worden, sei die LKW-Maut erhöht worden und hätten sich die Treibstoffpreise deutlich erhöht. Ergebnisse zu veröffentlichen, die diese Entwicklungen nicht berücksichtigen, würde Qualitätsansprüchen an die Prognoseerstellung nicht entsprechen und wäre nicht zu verantworten, so Werner Faymann im Februar 2008. Es sei daher beschlossen worden, die Prognose im ersten Halbjahr 2008 unter Berücksichtigung aller aktuellen Entwicklungen noch einmal zu rechnen.

 

Interessanterweise waren diese Qualitätsansprüche und dieses Verantwortungsbewusstsein offenbar nur für die Veröffentlichung ein Hindernis. Denn: „Unbeschadet der anstehenden Aktualisierungen wurden die bisherigen Ergebnisse nach Wissensstand des BMVIT bei den Infrastrukturgesellschaften bereits für Planungsaufgaben verwendet und hatten Einfluss auf Entscheidungen.“

 

Warum eine für überholt erklärte, weil aktuelle Entwicklungen und Erkenntnisse nicht berücksichtigende Prognose zwar Grundlage weitreichender Planungs- und Bauentscheidungen mit den entsprechenden Kostenfolgen sein kann, aber zugleich nicht veröffentlichungswürdig sein soll, ist weder logisch noch selbsterklärend.

 

Jedenfalls war die gerade in Beauftragung befindliche Neurechnung der Prognose im Februar 2008 ein guter Vorwand für den damaligen Amtsinhaber, einige brisante Fragen etwa zu den Auswirkungen der Prognoseergebnisse auf das Straßenbauprogramm der Bundesregierung (irreführenderweise so genannte „Prioritätenliste“ vom März 2007) nicht zu beantworten.


 

Wenngleich es sich um kein völlig isoliertes Problem handelt – so hat eine aktuelle Studie des Instituts für Transportwirtschaft und Logistik der Wirtschaftsuniversität Wien beispielsweise auch für den Bereich der Verkehrsstatistik die „Verkürzung der Zeit zwischen Erhebung und Verfügbarkeit der Daten“ als zentrale zu lösende Herausforderung ergeben -, ist die extreme Verzögerung der Veröffentlichung gerade beim politisch regelmäßig brisanten Thema Verkehrsprognosen einerseits besonders bedauerlich, andererseits wohl kaum zufällig.

Auch ist die Argumentation, dass Ergebnisse wegen des Auftretens neuer Entwicklungen überholt und daher nicht veröffentlichungswürdig seien, nicht nachvollziehbar, denn eine Veröffentlichung zur Dokumentation sollte allein schon im Sinne der Transparenz über mit öffentlichen Geldern erzielte Ergebnisse selbstverständlich sein,

 

Würde dieses Argument ernstgenommen, so dürfte überdies eigentlich nie eine Prognose oder überhaupt ein Studienergebnis veröffentlicht werden, denn es wird in der Phase zwischen Auftrag und Fertigstellung und auch zwischen Fertigstellung und Publikation stets zu neuen Entwicklungen in irgendeinem der zahlreichen Eingangsparameter der Prognose oder Studie gekommen sein, das liegt in der Natur der Sache. Auch in den letzten beiden Jahren sind schließlich laufend zahlreiche „neue Entwicklungen“ erfolgt, von neuen kurz-, mittel- und langfristigen Ölpreisschätzungen bis hin zur Wirtschaftskrise.

 

Letztlich bleibt als zentraler Punkt stehen, dass dann, wenn Prognosen für Entscheidungen mit weitreichenden Wirkungen für Mensch, Umwelt, Klima und nicht zuletzt Finanzen gut genug sind, eine Nichtveröffentlichung derselben Prognosen und ihrer Grundlagen wegen angeblicher Qualitäts-Bedenken untragbar ist.

 

Jedenfalls sagte der damalige Verkehrsminister Werner Faymann im Februar 2008 in seiner Anfragebeantwortung an die Grünen zu, dass die „vollständige Prognose einschließlich der zugrunde gelegten Prognoseannahmen, die angewendete Methode und alle Ergebnisse der Öffentlichkeit zugänglich gemacht“ werde, und zwar „unmittelbar“ nach Fertigstellung zum Ende des ersten Halbjahrs 2008.

 

Weiters stellt sich unabhängig davon die Frage, ob und wie mittlerweile in der praktischen Anwendung auf konkrete Infrastrukturprojekte die zentralen Basisannahmen zB bei Wirtschaftswachstum und Energiepreisentwicklung an die realen Veränderungen, insbesondere die Einschnitte des Jahres 2008, angepasst wurden.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

  1. Wann wurde die Zusage Ihres Vorgängers, die vollständige Anfang 2008 neu berechnete Verkehrsprognose 2025+ incl. Annahmen, Methode und allen Ergebnissen unmittelbar nach Fertigstellung Mitte 2008 zu veröffentlichen, umgesetzt, und wo erfolgte diese Veröffentlichung?

 

  1. Falls diese Zusage nicht umgesetzt wurde – warum nicht?

 

  1. Falls diese Zusage nicht umgesetzt wurde – wann werden Sie für die Umsetzung sorgen?

 

  1. Welche Veränderungen ergeben sich aus der 2008 fertig gestellten Verkehrsprognose für das Verkehrsaufkommen 2025 für die einzelnen Projekte, die sich in der „Prioritätenliste“ vom März 2007 für die Straße befinden?

 

  1. Falls Sie diese Frage wie Ihr Amtsvorgänger erneut nicht beantworten können oder wollen – warum nicht?

 

  1. Welche Konsequenzen werden Sie aus den in Frage 4 angesprochenen Veränderungen im einzelnen ziehen? Welche Straßenbauprojekte werden im Vergleich zum Planungsstand 2007 insbesondere nicht als hochrangige Bundesstraßen oder nur mit reduzierten Querschnitten etc umgesetzt?

 

  1. Falls Sie diese Frage wie Ihr Amtsvorgänger erneut nicht beantworten können oder wollen – warum nicht?

 

  1. Die Verkehrsprognose 2025+ operiert den indirekt durchgesickerten Informationen zufolge mit einem jährlichen Wirtschaftswachstum von 2% und einem nur geringen Treibstoffpreisanstieg. Beides ist spätestens seit 2008 obsolet, ein entsprechendes jährliches Wirtschaftswachstum bis 2025 ist nicht mehr erreichbar, die Angaben aller seriösen Instiutionen (bis hin zur IEA) gehen von scharfen Ölpreisanstiegen nach der Krise aus, die zu Treibstoffpreisanstiegen in der Größenordnung von 7 bis 10% jährlich führen würden. Wurden diese Fakten in der praktischen Anwendung auf konkrete Infrastrukturprojekte oder -planungen mittlerweile berücksichtigt, die zentralen Basisannahmen zB bei Wirtschaftswachstum und Energiepreisentwicklung also an die realen Veränderungen, insbesondere die Einschnitte des Jahres 2008, angepasst?

 

  1. Wenn nein, warum nicht?

 

  1. Wie erfolgte diese in Frage 8 angesprochene Anpassung an reale Basisannahmen insbesondere im Bereich der Straßenbauprojekte der ASFINAG? Wir ersuchen um Antwort im einzelnen, möglichst je Bauprojekt.

 

  1. Falls keine Beantwortung je Bauprojekt erfolgt – warum nicht?