4183/J XXIV. GP

Eingelangt am 23.12.2009
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Dr.in Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

 

betreffend leere Brenner-Basistunnel-Versprechen – Teil Begleitmaßnahmen und Finanzen

 

 

Am 18. Mai 2009 wurde mit gewaltigem begleitenden Mediengetöse in Rom eine (weitere) Absichtserklärung „über die Umsetzung des vorrangigen Vorhabens Nr. 1 Eisenbahnachse Berlin-Verona/Mailand-Bologna-Neapel-Messina-Palermo mit besonderem Augenmerk auf den Abschnitt zwischen München und Verona“ – also den Brenner-Basistunnel und seine Zulaufstrecken – unterfertigt.

Dieser unverbindlichen Absichtserklärung wurde eine weitere Unverbindlichkeit wörtlich „im Anhang beigelegt“: Ein 32-seitiger sogenannter „Aktionsplan Brenner“. Dass bereits ein vorangegangener ähnlicher „Aktionsplan“ von 2005 in weiten Bereichen ohne Umsetzung geblieben ist, kommen selbst die AutorInnen des neuen Werks nicht umhin kritisch anzumerken.

Schließlich liegt auch noch eine – halbseitige, und erst recht völlig unverbindliche – „Unterstützungserklärung der EU“ zu dieser Absichtserklärung vor, die vom mittlerweile verstorbenen EU-Brenner-Koordinator Van Miert und vom künftig nicht mehr für diesen Bereich zuständigen EU-Kommissar Tajani unterfertigt wurde und an die sich somit hoffentlich überhaupt noch jemand in Brüssel erinnern kann.

 

Zwar behaupteten die Beteiligten, mit den diversen Unterschriftsleistungen wäre eine Verpflichtung zum Setzen von Maßnahmen – zB derer, die im Aktionsplan angeführt sind – für alle Seiten entstanden. Rechtlich besteht aber keinerlei Bindungswirkung, vielmehr hat dieses Konvolut erneut den Stellenwert eines rechtlichen Nullums, ebenso wie die zahlreichen zuvor zB 2004 und 2007 unterfertigten Absichtserklärungen, Memoranden etc. zum Thema. Dennoch wurde nicht zuletzt von Österreichs Verkehrsministerin die Bedeutung dieses jüngsten „Memorandums von Rom“ und seiner Begleit-Papiere außerordentlich betont und deren Bedeutung und Verbindlichkeitsgrad bisweilen krass überhöht: So erklärte BM Bures am 16.10.2009 in einer Aussendung tatsächlich „Und wir haben im Mai die verkehrspolitischen Rahmenbedingungen beschlossen, damit sichergestellt ist, dass der Verkehr auf die Schiene verlagert wird.“ Auch in parlamentarischen Schriftstücken war BM Bures bemüht, diesen irreführenden Eindruck verbindlicher, also: wirksamer Abmachungen zu betonen: „Die verkehrspolitischen Rahmenbedingungen wurden in einer gemeinsamen Erklärung festgeschrieben, damit sichergestellt ist, dass der Verkehr auf die Schiene verlagert wird“ (aus Ihrer Anfragebeantwortung 3053/AB XXIV.GP).

 

Von „Beschlüssen“, die irgendetwas, gar die nötige Verlagerung, „sicherstellen“ würden, kann selbstverständlich keine Rede sein. Angesichts des großen Gewichts, das die Regierung diesen Unverbindlichkeiten zuzuschreiben bemüht ist, stellt sich aber nichtsdestotrotz die Frage, wie die konkrete Umsetzung dieser Absichtserklärungen, Anhang-Beilagen, Unterstützungserklärungen etc vorankommt. Dies umso mehr, als zahlreiche im Aktionsplan Brenner angeführte Maßnahmen mit Fristen wie „Ende 2009“ oder „laufend“ versehen sind, also bereits in vielen Bereichen höchste Aktivitäten und zahlreiche Ergebnisse zu verzeichnen sein müssten.

 

Im „Aktionsplan Brenner“ mit seiner teilweise recht konkreten Maßnahmenauflistung samt Fristen und Zuständigen sind immerhin 15 der insgesamt 50 Maßnahmen ausdrücklich dem Thema „Begleitende Maßnahmen“, also diversen organisatorischen, finanziellen, ordnungspolitischen, koordinativen oder Monitoring-Maßnahmen im Sinne der Kostenwahrheit und der Verlagerung Straße->Schiene gewidmet.

 

Mutige und zügige Maßnahmen in diesem Sinn sind entscheidend dafür, ob das Projekt Brenner-Basistunnel jemals wenigstens einen Teil seiner Ziele erreichen und damit den Multi-Milliarden-Aufwand wenigstens ansatzweise rechtfertigen wird können.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

  1. Welche Ergebnisse liegen zum Zeitpunkt der Beantwortung dieser Anfrage zu den Maßnahmen 34. bis 48. des „Aktionsplans Brenner“ im einzelnen vor? Wir ersuchen um Beantwortung je Maßnahme unter besonderer Berücksichtigung auch von „Nicht-Ergebnissen“ wie zB bereits zum Beantwortungszeitpunkt gegenüber der im Aktionsplan gesetzten Frist ganz oder teilweise verzögerten Maßnahmenumsetzungen.

 

  1. Wie erklären Sie, dass im „Aktionsplan Brenner“ zum inhaltlich entscheidenden Thema „Internalisierung der externen Kosten“ weder Zuständige für die Realisierung noch Fristen für die Durchführung/Umsetzung genannt sind und für das Monitoring dieser Null-Vorgabe ausgerechnet die EU-Kommission für zuständig erklärt wird, und all das laut Aktionsplan im Konsens, also auch mit Ihrer Zustimmung?

Wie erklären Sie den Widerspruch zwischen diesem völligen „Aktions-Nullum“ in einem angeblichen „Aktionsplan“ und Ihrer öffentlichen Behauptung, sie hätten in Rom „die verkehrspolitischen Rahmenbedingungen beschlossen, damit sichergestellt ist, dass der Verkehr auf die Schiene verlagert wird“?

 

  1. Je geringer der Fortschritt bei den marktwirtschaftlichen (zB preislichen) Rahmenbedingungen ist, desto wichtiger werden ordnungspolitische Maßnahmen, wie sie insbesondere in Maßnahme 42, 43 und 44 des Aktionsplans Brenner angesprochen sind. Welche Fortschritte wurden bei diesen wichtigen, laut Aktionsplan noch nicht einmal in der Zielsetzung konsensfähigen Maßnahmen im Hinblick auf a) Konsensbildung, b) Umsetzung erzielt?

 

  1. In der dem Rom-Event von Mai 2009 vorangegangenen Brenner-Polit-Event, dem im Juli 2007 in Wien von Ihrem Amtsvorgänger Werner Faymann unterzeichneten Brenner-„Memorandum“, erklärten sich Österreich und Italien bereit, die Möglichkeit der Erhebung von Gebührenzuschlägen (Mautaufschläge) zur Querfinanzierung des Brenner Basistunnels in vollem Umfang zu nützen.

a) Warum haben weder Ihr Amtsvorgänger noch Sie diese Erklärung bisher im Unterinntal in die Tat umgesetzt?

b) Wann werden Sie den EU-rechtlich zulässigen LKW-Mautzuschlag im Unterinntal endlich umsetzen?

c) Wie ernst sind neuerliche politische Absichtserklärungen wie diejenigen von Rom im Mai 2009 zu nehmen, wenn die vorangegangenen nicht einmal dort umgesetzt werden, wo dies allein im eigenen Wirkungsbereich möglich wäre wie beim LKW-Mautzuschlag im Unterinntal?

 

  1. Welche sachliche Stabilität haben die dem Thema „Begleitende Maßnahmen“ (Schienen-Infrastruktur, Schienen-Betrieb und Zugsangebot) gewidmeten Maßnahmen des „Aktionsplan Brenner“, wenn dieser schon von Haus aus „gegebenenfalls“ alle halben Jahre „überarbeitet“ (sprich wohl: der Realität der Nichtumsetzung nachgeführt) werden soll, sich selbst also nicht über die Maßen ernst nimmt?

 

  1. In Ihrer Parl. Anfragebeantwortung 3053/AB XXIV.GP führen Sie zur Finanzierung des Brenner-Basistunnels aus: „Das Modell für die Finanzierung des Brenner Basistunnels (BBT) in Österreich sieht vor, dass der BBT durch TEN-Zuschüsse der EU, Querfinanzierungsmittel sowie durch eine Sonderzeile zum ÖBB-Rahmenplan durch den Bund finanziert wird.“

a) Wie sieht ein Finanzierungsmodell „durch eine Sonderzeile zum ÖBB-Rahmenplan“ konkret aus?

b) Bedeutet eine „Sonderzeile“ zum ÖBB-Rahmenplan, dass letztlich die österreichischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler diese Milliarden aufbringen bzw. für diese geradestehen müssen?

c) Wird beim Brenner-Basistunnel die bei den übrigen ÖBB-Großprojekten gängige Vorgangsweise weiterverfolgt, dass die Mittel nicht direkt zur Verfügung gestellt, sondern zunächst von den ÖBB am Finanzmarkt aufgebracht werden müssen?

d) Kann angesichts der Tatsache, dass hinsichtlich des Finanzbeitrags des Landes Tirol die Vorstellungen der Beteiligten meilenweit auseinanderklaffen, dass kein LKW-Querfinanzierungszuschlag im Unterinntal eingehoben wird, dass Deutschland real keinerlei Anstalten macht Geld in die Hand zu nehmen, … wirklich die Rede davon sein, dass die Finanzierung des Gesamtprojekts sichergestellt ist, wie Sie u.a. in 3053/AB XXIV.GP behaupten?

 

  1. Können Sie die aktuellen Kosten des Brennerbasistunnels inklusive (!) Finanzierungskosten genau beziffern?

 

  1. Wenn ja: Welche Parameter haben Sie zur Bezifferung der Finanzierungskosten angelegt?

 

  1. Wenn nein: Warum nicht?