4245/J XXIV. GP

Eingelangt am 15.01.2010
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Pilz, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Inneres

 

betreffend Novomatic und die Polizei

 

 

Ein ehemaliger Mitarbeiter aus dem Novomatic-Komplex, der am 13.1.2010 bei einem Notar eine Erklärung über seine Beobachtungen im Zeitraum 2000 bis 2002 unterfertigte, berichtet über das Verhältnis „Novomatic – Polizei“:

 

In einem Lokal aus dem Novomatic-Komplex habe es sehr oft Geschäftsessen und Treffen mit wichtigen Persönlichkeiten gegeben. An diesen Treffen hätten auf der einen Seite Vertreter von Novomatic und anderen Glückspielunternehmen, auf der anderen Seite ranghohe Offiziere der Wiener Polizei nebst einem Vertreter des Vereins der Freunde der Wiener Polizei teilgenommen. Die Treffen hätten teils zu Mittag („geschäftliche Treffen“) und teils am Abend stattgefunden.

 

Der Mitarbeiter ergänzt:

 

Oft auch ausländische Gäste, zB aus Tschetschenien, Georgien, Weißrussland. Diese Personen hätte ich lieber nicht im Dunkeln auf der Straße getroffen. […]

 

An einigen (ca. 2-3) rein geschäftlichen Treffen untertags nahm auch Dr. Johannes Hahn, der Vorstand der Novomatic AG, teil.“ […]

 

„Es haben auch sonst bei einigen Anlässen Polizeioffiziere in Uniform im Lokal gegessen.“ […]

 

„Häufig gingen die Treffen bis spät in die Nacht und waren dann sehr ausgelassen, auch mit Prostituierten. Herr X  war dabei sehr großzügig, und zahlte mit Tausend- und Fünftausendschillingscheinen aus seinen Hosentaschen.“

Der ehemalige Mitarbeiter des Novomatic-Konzerns berichtet weiters:

 

Vor Weihnachten war es jeweils so, dass wir Geschenke in ca. 6-10 Wachzimmer bzw. Kommissariate bringen mussten. Es handelte sich dabei jeweils um eine

„Bananenschachtel“ mit ca. 15 Flaschen Spirituosen und Wein, wobei es sich aber um sehr edle Sorten Whiskey, Cognac, etc. handelte. Dabei war auch immer eine offizielle Weihnachtskarte, und ein verschlossenes Kuvert. Ob in dem Kuvert Geld war, weiß ich nicht.

 

Nach meiner Erinnerung war jedenfalls dabei das Kommissariat in 1030 Wien, Juchgasse, und das in 1020 Wien, Leopoldsgasse.“

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

1.      Welche Beamten des BMI haben an diesen Treffen teilgenommen?

2.      Was war der Zweck dieser Treffen?

3.      Welche Rolle spielte dabei seitens Novomatic deren Vorstand Dr. Johannes Hahn?

4.      Haben die Beamten diese Treffen im BMI gemeldet?

5.      Wann hat das letzte Treffen von Beamten des BMI mit Vertretern des Novomatic-Konzerns stattgefunden?

6.      Haben die Beamten für

a)     Essen

b)     Trinken

c)      Prostituierte

      selbst bezahlt oder sind sie vom Novomatic-Konzern oder dessen Mitarbeitern oder Organen eingeladen worden?

7.      Welche Wahrnehmungen über die „Gäste aus Tschetschenien, Georgien und Weißrussland“ haben die Beamten gemacht?

8.      Wurden diese Wahrnehmungen ordnungsgemäß dienstlich protokolliert und in Akten vermerkt?

9.      Ist es mit den Dienstpflichten von führenden Exekutivbeamten vereinbar, sich von einem Glückspielkonzern auf Essen, Getränke und Prostituierte einladen zu lassen?

10. Ist es mit den Dienstpflichten von führenden Exekutivbeamten vereinbar an privaten Feierlichkeiten in Uniform teilzunehmen?

11. Haben die an solchen Treffen teilnehmenden Beamten Gegenleistungen für den Novomatic-Konzern oder seine Mitarbeiter und Organe erbracht?

12. Welche internen Richtlinien existieren für den Umgang von Exekutivbeamten mit Vertretern von dubiosen Unternehmen wie etwa den Betreibern von Spielautomatenhallen und wie lauten diese?

13. Hat es seit dem Jahr 2000 Disziplinar- bzw. Strafverfahren wegen Verstößen gegen diese Richtlinien im Zusammenhang mit dem Novomatic-Konzern und seiner Tochterunternehmen bzw. wirtschaftlich verbundener Unternehmen gegeben?

14. Falls ja: wie viele und in welchem Stadium befinden sich diese?

15. Welche Rolle spielt der Verein der Freunde der Wiener Polizei in der Verfilzung von organisiertem Glücksspiel und Spitzen der Wiener Polizei?

16. Ist es üblich, dass Wachzimmer und Kommissariate von Unternehmen Weihnachtsgeschenke wie insbesondere teure Spirituosen erhalten und entgegennehmen?

17. Entspricht eine solche Vorgehensweise der Rechtslage?

18. Hat es seit dem Jahr 2000 Disziplinar- bzw. Strafverfahren wegen der Annahme von Geschenken durch Exekutivbeamte im Zusammenhang mit dem Novomatic-Konzern und seiner Tochterunternehmen bzw. wirtschaftlich verbundener Unternehmen gegeben?

19. Falls ja: wie viele und in welchem Stadium befinden sich diese?

20. Was werden Sie unternehmen, um die Verfilzung von Polizei und Novomatic aufzuklären und zu beenden?