5217/J XXIV. GP

Eingelangt am 05.05.2010
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Dringliche Anfrage

gem. § 93 Abs. 2 GOG-NR

 

 

der Abgeordneten Bucher, Scheibner

Kolleginnen und Kollegen

an den Bundesminister für Finanzen

 

betreffend „Höhere Steuern für Fässer ohne Boden?“

 

 

 

Die alles entscheidende Frage lautet nicht, ob Griechenland gerettet werden muss oder nicht, sondern wie es am sinnvollsten zu geschehen hat. Es besteht jedoch die Befürchtung, dass der Finanzminister und ÖVP-Obmann Josef Pröll diese Frage allein aus Bankensicht ohne gesichertes Fundament beantwortet werden wird und letztlich ein Bankenrettungspaket II schnüren will, statt Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. Dafür sprechen diverse Anhaltspunkte, die es als Anwalt der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zu betrachten gilt:

 

 

Die Lage in Österreich

 

Wie nun sicher feststeht, ziehen die schwarzen Steuerwolken über Österreich auf, d.h. der Finanzminister wird den Bürgerinnen und Bürgern noch schonungsloser in die Geldbörsen greifen: neue Steuern kommen! Die viel gerühmte Steuerreform verpufft. Schmerzhafte Einsparungen werden auf die Bürgerinnen und Bürger abgewälzt, statt endlich Reformen durchzuführen, die das bestehende Proporzsystem und den aufgeblähten Verwaltungsapparat gesund schrumpfen.

 

Gleichzeitig verhöhnt der Finanzminister die Bürgerinnen und Bürger in Hinblick auf die Rekordverschuldung. Täglich findet sich die kostspielige Inseratenkampagne „Weniger Schulden. Mehr für Österreich!“ in den Medien. Dort verspricht er eine Reduktion der Staatsschulden, während er dem Parlament gleichzeitig eine weitere Erhöhung des Schuldenstandes vorlegt. Ein unglaublicher Hohn auf Kosten der Steuerzahler, die für ihre Verspottung auch noch zahlen müssen.

 

 


Die Lage in Griechenland

 

- Zutritt mit gefälschter Eintrittskarte!

 

Noch im März 1998 verhindern EU-Kommission und das Europäische Währungsinstitut (EWI), der Vorläufer der Europäischen Zentralbank (EZB), die Teilnahme Griechenlands beim Start der Währungsunion.

 

Aufgrund frisierter Haushaltszahlen, wie sich erst in der Folge herausstellen sollte, fälscht sich Griechenland die Eintrittskarte zum Euro und wird nach der vermeintlichen Erfüllung der Beitrittskriterien mit 1. Jänner 2001 Mitglied der Eurozone.

 

Schon im August 2002 berichten erstmals Medien über ausufernde Mogelei beim Euro-Stabilitätspakt. Unter anderem hat Griechenland künftige Einkommen verpfändet.

 

Zwei Jahre später wird offiziell bekannt, dass Athen jahrelang falsche Defizitzahlen nach Brüssel gemeldet hat, was die griechische Regierung auch zugibt und mitteilt, dass das Defizit Griechenlands bereits seit 2000(!) über drei Prozent liege.

 

Im Vergleich zum Status quo waren dies aber noch geradezu paradiesische Zustände. Mittlerweile liegt der öffentliche Schuldenstand Griechenlands bei rund 115 %. Das Defizit wurde erst im April auf 13,6 % nach oben korrigiert und der Einschätzung von Eurostat zufolge dürfte der Plafond noch nicht erreicht sein und erst im Juli Klarheit über das tatsächliche Ausmaß des Defizits und der Schulden herrschen.

 

 

- Die budgetäre Situation bzw. die notwendigen Rettungsvolumina

 

Ein wesentliches Problem liegt darin, dass die notwendigen Rettungsvolumina noch nicht bekannt sind. Diese werden nämlich ständig nach oben korrigiert. So schätzt das deutsche Finanzministerium den Finanzbedarf Griechenlands offenbar noch weit höher ein als bisher bekannt. Demnach würden bis Ende 2012 insgesamt 150 Milliarden Euro gebraucht, berichtet die Online-Ausgabe der "Bild"-Zeitung am 3.05.2010. Das habe der Parlamentarische Staatssekretär Steffen Kampeter am Montag vor dem Haushaltsausschuss des Bundestags erklärt, Griechenland werde versuchen, neben den von Internationalem Währungsfonds (IWF) und den Euro-Staaten zugesagten Krediten über 110 Milliarden Euro im Jahr 2012 rund 40 Milliarden Euro am Kapitalmarkt aufzunehmen. Wenn dies nicht funktioniert, müssten die Euro-Länder diese 40 Milliarden Euro zahlen.

 

 

Die geplante Rettungsaktion

 

- Informationspolitik

 

Trotz der offensichtlichen finanziellen Folgeprobleme, die auf die Österreicherinnen und Österreicher zukommen, besteht eine Informationspolitik der Halbwahrheiten unter dem Motto „Was der Steuerzahler nicht weiß, macht den Steuerzahler nicht heiß“. So wurde beispielsweise die Änderung der nationalen Ermächtigungsgrundlage ohne großes Aufsehen eingeleitet. Über die genaue Ausgestaltung der Rettungsmaßnahme breitet Pröll den Mantel des Schweigens.

 

Gleichzeitig konzentriert sich der Finanzminister darauf, das Anliegen des BZÖ, mittels einer Sondersitzung des Nationalrates klare Informationen für die Österreicherinnen und Österreicher zu erzwingen, verächtlich zu machen. Sachliche Fragen zum Thema Griechenlandhilfe im gestrigen Budgetausschuss hat er primär damit beantwortet, dass das Land Kärnten das viel größere Problem darstelle. Sachliche Informationen waren nicht zu bekommen.

 

 

- Bestehende Rechtslage auf EU-Ebene

 

Zudem scheint unklar, ob die geplante Finanzhilfe EU-rechtlich überhaupt zulässig ist. Viele namhafte Juristen und Wirtschaftsexperten warnen vor einem Verstoß gegen den EU-Vertrag.

 

Eine finanzielle Unterstützung bzw. diesbezügliche Beschlüsse des Rates der Europäischen Union bzw. des Europäischen Rates würden – so die Meinung einer Vielzahl maßgeblicher Experten - gegen EU-Primärrecht verstoßen.

 

So normiert der Artikel 125 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union in der Fassung des Vertrages von Lissabon grundsätzlich folgendes:

„Die Union haftet nicht für die Verbindlichkeiten der Zentralregierungen, der regionalen oder lokalen Gebietskörperschaften (…) und tritt nicht für derartige Verbindlichkeiten ein.“ Selbiges gilt für die Mitgliedstaaten im Verhältnis zu Verbindlichkeiten anderer Mitgliedstaaten.

 

Nunmehr könnte mit Artikel 122 (2) argumentiert werden, wo folgende Ausnahme normiert ist:

„Ist ein Mitgliedstaat aufgrund von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Ereignissen, die sich seiner Kontrolle entziehen, von Schwierigkeiten betroffen oder von gravierenden Schwierigkeiten ernstlich bedroht, so kann der Rat auf Vorschlag der Kommission (…) beschließen, dem betreffenden Mitgliedstaat unter bestimmten Bedingungen einen finanziellen Beistand der Union zu gewähren.“

 

Das Argument „Naturkatastrophe“ ist im Fall Griechenland wohl nicht anzuwenden.

 

Es handelt sich zwar um ein außergewöhnliches Ereignis, aber nicht um ein solches, das sich „der Kontrolle Griechenlands entzogen hätte“. Dies bestätigt auch unter anderem Martin Seidel vom Zentrum für Europäische Integrationsforschung, wenn er in diesem Zusammenhang festhält, dass allein die umfassende Machtbefugnis, die jeder Staat für sich in Anspruch nimmt, rechtlich ausreicht, um entsprechende Gegenmaßnahmen z.B. zur Besteuerung der Bevölkerung oder der Rückführung finanzwirksamer staatlicher Ausgaben durchzusetzen und er wird noch schärfer wenn er anschließt: „Ein Mitgliedstaat, der sich mit seinem Beitritt zur Wirtschafts- und Währungsunion zu deren Werteordnung bekannt hat, muss sich Verfehlungen seiner Wirtschaftspolitik, seine Haushaltspolitik und seiner Finanzpolitik als kontrollierbar und verantwortbar entgegenhalten lassen.“


Außergewöhnlich war lediglich die Unverfrorenheit Griechenlands, sich durch Falschinformationen und falsche Daten Zugang zur Eurozone zu ergaunern. Das heißt: Durch redliches Handeln hätte Griechenland sehr wohl selbst die Kontrolle zur Verhinderung des Eintritts des nunmehr „außergewöhnlichen“ Ereignisses gehabt. Somit ist – und diese Sicht wird auch von vielen Experten und Rechtsgelehrten geteilt – auch die Ausnahmebestimmung des Artikels 122 AEUV hier nicht anzuwenden!

 

Noch grotesker ist es aber, wenn der Kommissionspräsident in diesem Zusammenhang kürzlich auf Art. 136 AEUV verweist, der folgendes normiert:

„Im Hinblick auf das reibungslose Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion erlässt der Rat für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, Maßnahmen (…) um (a) die Koordinierung und Überwachung ihrer Haushaltsdisziplin zu verstärken,(…)“

 

Dem Vernehmen nach sollen sich nun die für 7. Mai 2010 geplanten Beschlüsse der Staats- und Regierungschefs der Euroländer unter anderem auf den genannten Artikel 136 AEUV als primärrechtliche Grundlage des Hilfspaktes für Griechenland stützen.

 

Die rechtliche Fragwürdigkeit der finanziellen Unterstützung Griechenlands wird darüber hinaus dadurch untermauert, dass EU-Primärrecht eine solche Unterstützung für Euroländer gerade nicht vorsieht, zumal in den Artikeln 143 sowie 144 AEUV ausdrücklich normiert ist, dass ausschließlich Länder, die nicht der Eurozone angehören, in den Genuss von so genannten Währungsbeiständen kommen können. Diese Maßnahmen sind insbesondere für den Fall vorgesehen, dass Mitgliedstaaten hinsichtlich ihrer Zahlungsbilanzen von Schwierigkeiten betroffen (…) sind und somit auch von einem Staatsbankrott bedroht sein könnten.

 

Aus den dargelegten Gründen ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass laut FAZ vom 15. April 2010 „viele Ökonomen die Hilfe der Euro-Länder als klaren Verstoß gegen die "No bail out"-Klausel (Artikel 125) im Vertrag von Maastricht werten.“

 

Letztlich stellt die Finanzhilfe, wegen der Unwahrscheinlichkeit der Kreditrückzahlung laut Prof. Gerke eine unzulässige Subvention dar und verstößt daher gegen geltendes EU-Recht.

 

 

- Bankenland Österreich: Hilfe für die Banken statt Mithilfe der Banken

 

Erschreckend aus Sicht der Österreicherinnen und Österreicher mutet an, dass die österreichischen Banken dem Ansuchen um einen finanziellen Beitrag eine Abfuhr erteilen konnten, während sich in Deutschland die Banken, Versicherer und Industriefirmen freiwillig beteiligen. Deutlich zeigt sich die Herrschaft der schwarzen Banken, die dadurch erneut ein Bankenrettungspaket ohne verbindliche Gegenleistungen erhalten. Unverbindliche Versprechen der Banken stehen verbindlichen Belastungen der Bürgerinnen und Bürger gegenüber.

 


- Argumente der Finanzexperten – Ohne Umschuldung wird’s nicht gehen – Finanzexperten erwarten Staatsbankrott

 

Namhafte Experten, darunter der deutsche ifo-Chef Hans-Werner-Sinn, sind der Ansicht, dass Griechenland die Hilfen wohl nie zurückzahlen werde, da die Regierung in Athen letztlich nicht in der Lage sein wird, einen harten Sparkurs zu fahren. (dpa vom 28.04.2010)

 

Ebenso ist IHS-Chef Bernd Felderer der Meinung, dass es Griechenland ohne Umschuldung nicht schaffen könne, seine Schulden zurückzuzahlen. Darüber hinaus merkt er an, dass kein heimischer Politiker garantieren kann, ob der österreichische Beitrag zur Rettung Griechenlands auch wirklich gesichert wieder zurückkommt. Zudem glaubt Felderer, dass das Griechenlandpaket eine Belastung für die österreichischen Österreicherinnen und Österreicher wird, da durch die Griechenlandhilfe die Verschuldung erhöht wird. (ORF-Pressestunde vom 02.05.2010)

 

Ohne Umschuldung wird Griechenland nicht aus dem Dilemma kommen. Simon Tilford, Chefökonom des Center of European Reform (CER) ist der Ansicht, eine Restrukturierung der Schulden sei unvermeidlich. Der Point of no Return sei bereits vorbei. (SN vom 1. Mai 2010)

 

Daniel Gros, Direktor des Centre for European Policy Studies schließt sich der Ansicht an, dass an der Umschuldung kein Weg vorbeiführe. Ein Staatsbankrott Griechenlands würde zwar die Wirtschaft des Landes kollabieren lassen, jedoch seien die Folgen für die übrige Eurozone geringfügig. (SN vom 1. Mai 2010)

 

Prof. Joachim Starbatty, Vorstandsvorsitzender der Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft aus Tübingen, und Prof. für Volkswirtschaftslehre, befürwortet einen Austritt Griechenlands aus der Währungsunion, da sich das Land neben der Finanzkrise auch in einer Wirtschaftskrise befinde. Der Austritt wäre ganz einfach möglich – wenn Zahlungen an Griechenland eingestellt würden, so müsse Griechenland freiwillig aus der Währungsunion austreten. Um ihre Konkurrenzfähigkeit zurück zu gewinnen, müsste die griechische Währung abgewertet werden. So würden wieder mehr Touristen ins Land kommen und Griechenland könnte ausländische Produkte durch eigene ersetzen. Durch die jetzigen Importe würden keine neuen Arbeitsplätze mehr entstehen. (Quelle: swr cont.ra vom 26.03.2010)

 

Griechenland kann laut Starbatty nur gerettet werden, wenn es wieder wirtschaftlichen Grund unter dem Boden hat. Man müsse Griechenland fit machen für die eigene Selbständigkeit. Wenn man anfange einem Land zu helfen, dann würden auch andere dies erwarten. Man öffne ein Fass ohne Boden. Andere gefährdete Mitgliedsstaaten würden ihre Staatsfinanzen nicht sanieren, sondern nach griechischem Muster auf Finanzhilfe warten. Das harte Sparprogramm – ganz gegen die Grundsätze von Keynes – sei der falsche Weg. Dieser prozyklische Effekt stürze das Land noch stärker in die Krise. Die bereits radikalisierte Stimmung sei ein Vorbote. Griechenland könne seine Sparmaßnahmen von 30 Mrd. Euro über 3 Jahre nicht umsetzen. Die Hilfe für die Griechen sei in Wahrheit nicht für die Griechen sondern für die Banken. Was an der Vordertür einbezahlt werde, holten die Banken an der Hintertür wieder ab. Die Banken hätten an den hohen Zinsen der Griechenlandanleihen gut verdient. Es gehe kein Weg an der Umschuldung mehr vorbei. Die Gläubigerbanken müssten nunmehr für ihr Risiko die Verantwortung tragen und ihr Schärflein zur Griechenlandhilfe im Sinne eines Forderungsverzichtes nach Maßgabe des Abwertungssatzes beitragen. (Quelle: dradio.de vom 30.04.2010)

 

Börsen Experte Dirk Müller: Selbst wenn Griechenland jetzt mit EU-Milliarden über die nächste Runde komme, seien die Strukturprobleme nicht gelöst. (Quelle: Bild.de 03.05.2010)

 

Prof. Ulrich Blum, Präsident des Wirtschaftsinstituts IWH: Es sei zu befürchten, dass Griechenland weit über 2012 hinaus noch Hilfen benötigen werde. Griechenland werde bis 2015 auf Hilfen der EU-Staaten angewiesen sein. Der Umschuldungsbedarf betrage bis dahin rund 200 Mrd. Euro. Es dauere mindestens bis 2020, bis Griechenland die Verschuldung auf Normalstandard gesenkt hat. (Quelle: Bild.de 03.05.2010)

 

Thomas Plümper, Ökonom der Universität Essex: Wer Dominoeffekte ausschließen will, hindere entweder Dominosteine am Umfallen oder er schirmt die anderen Dominos vor fallenden Steinen ab. Die 110 Milliarden solle man nicht in das bodenlose Fass an der Ägais kippen, sondern den anderen gefährdeten Staaten geben. Griechenland müsse sich selbst helfen.

 

Der deutsche Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble will Konsequenzen ziehen. Schäuble spricht sich für die Möglichkeit einer „geordneten Insolvenz“ von EU-Staaten aus. „Wir müssen uns überlegen, wie im Extremfall Mitgliedsländer in die geordnete Insolvenz gehen können, ohne dass die Euro-Zone insgesamt gefährdet ist“, sagte Schäuble der „Rheinischen Post“. Die EU-Arbeitsgruppe zur Zukunft des Stabilitätspakts müsse eine Art Insolvenzverfahren für Staaten schaffen.

 

 

Resümee:

 

In Betracht der „selbstverschuldeten Krise Griechenlands“ ist es den stark belasteten Österreicherinnen und Österreichern nicht zu verdenken, dass die geplanten Hilfsmaßnahmen hinterfragt und kritisiert werden. Insbesondere die Tatsache, dass ihnen kein „reiner (griechischer) Wein“ eingeschenkt wird, dürfte den Unmut verständlicherweise schüren. Gleiches gilt für die wohlbekannte Schonung der Banken, denen wie beim ersten Bankenrettungspaket keine ausreichenden Auflagen und Bedingungen auferlegt werden.

 

 

Daher wollen wir im Sinne der Menschen in Österreich und Griechenland:

 

1.      Keine Finanzhilfe an Griechenland, solange nicht sichergestellt ist, dass ein nachhaltiger Sanierungsplan auf Basis fundierter Kennzahlen umgesetzt werden kann.

 

2.      Der Finanzminister soll Griechenland auffordern, freiwillig aus der Währungsunion auszutreten, bis die Defizitkriterien wieder erreicht sind – als Hilfe zur Selbsthilfe.


3.      Die Banken müssen für eine allfällige Hilfe ihren Beitrag leisten und darüber hinaus bindende Verpflichtungserklärungen abgeben, nicht mehr gegen Staaten zu spekulieren – mehr als nur ein Stillhalteabkommen!

 

Die EU sollte die Finanzhilfen an eine Volksabstimmung in Griechenland koppeln, weil nur damit feststellbar ist, ob die notwendigen Einsparungsschritte demokratisch durchsetzbar sein werden. Die griechische Bevölkerung soll damit selbst entscheiden, ob sie den Austritt des Landes aus der Euro-Zone oder das massive Sparpaket haben will. Der freiwillige Austritt aus der Euro-Zone - wie vom BZÖ präferiert - würde es den Griechen erlauben, mittels einer neuen Währung und einer Abwertung die Finanzprobleme auf ein bewältigbares Ausmaß zu reduzieren. Wählen die Griechen den Verbleib in der Euro-Zone, dann müssen sie sich auch bewusst sein, dass sie ein Sparpaket erwartet, wie es noch kein europäisches Land in den letzten Jahrzehnten erlebt hat. Griechenland müsste nämlich 15 Prozent des BIP einsparen, ein "normales" Sparpaket, das bereits massive Einschnitte für die Bevölkerung bringt, liegt aber bei nur ein bis zwei Prozent. Es ist aber völlig utopisch, dass die griechische Regierung Einsparungen in der Höhe von 15 Prozent des BIP gegen die Bevölkerung und die Gewerkschaften durchsetzt oder überlebt! Der "griechische Patient" wird mittels EU-Geldern künstlich am Leben erhalten und zwar ohne Aussicht auf Heilung bei der jetzigen Therapie. 
 
Dem BZÖ geht es darum, dass Griechenland und damit die gesamte EU diese Krise möglichst unbeschadet überstehen, dass nachhaltig saniert und eine Kettenreaktion vermieden wird. Als konstruktiven Lösungsansatz vertritt das BZÖ die Schaffung eines Kerneuropas der Nettozahler mit verschiedenen Integrationsstufen für die Nettoempfänger.

 

 

 

Aus gegebenem Anlass stellen daher die unterfertigten Abgeordneten an den Herrn Bundesminister für Finanzen folgende

 

 

Dringliche Anfrage:

 

 

1.        Welche Szenarien bis hin zur Zahlungsunfähigkeit aller PIIGS-Staaten und welche Handlungsoptionen haben Sie geprüft bzw. prüfen lassen und welche konkreten Ergebnisse lagen Ihnen vor Ihrer Zustimmung zur Finanzhilfe für Griechenland beim informellen Treffen der Euro-Finanzminister am 2. Mai vor?

2.        Wie verlässlich sind die dem Rettungskonzept zugrunde liegenden Zahlen aus Griechenland, zumal der behauptete Finanzbedarf laufend steigt, Eurostat erst frühestens im Juli sichere Zahlen zum Budgetdefizit und zur Verschuldung Griechenlands vorlegen kann und gestern der Finanzbedarf von der deutschen Bundesregierung nun schon auf 150 Mrd. Euro geschätzt wurde? Glauben Sie, eine Bank würde einem Kunden einen Kredit ohne fundierte Informationen über seine Finanzlage überweisen? Wenn nein, warum tun Sie dies dann im Fall Griechenlands?

3.        Welche Vereinbarungen sollen mit Griechenland am 7. Mai konkret getroffen werden?

a.    Wie sollen insbesondere die Zahlungen an Griechenland zeitlich und betraglich im Hinblick auf ihre Wirkung auf Österreich gestaffelt sein?

b.    Können Sie ausschließen, dass Griechenland auch über 2012 hinaus Finanzhilfen braucht? Wenn nein, mit welchem maximalen Zeitraum ist zu rechnen und welcher finanzielle Gesamtaufwand droht Österreich?

c.    Wann und in welcher Höhe sollen Zinszahlungen erfolgen?

d.    Wie sollen die Rückzahlungen von Griechenland gestaffelt sein?

4.        Wie hoch ist der Anteil Österreichs respektive der Nationalbank bei der Rettung von „Pleitestaaten“, insbesondere im Zuge der Erhöhung der Gesamtmittel des IWF um 375 Milliarden Euro? Wie hoch ist die Beteiligung Österreichs bzw. der Nationalbank an der Rettung Griechenlands im Rahmen des IWF?

5.        Stimmt es, dass Österreich eine zusätzliche Gesamtbelastung von bis zu 5,6 Milliarden für Griechenland zu tragen hätte, wenn man die IWF-Zahlungen mitberücksichtigt?

6.        Wie hoch sind die derzeitigen Rücklagen der Nationalbank in Gold und Währungen? Wie hoch werden Ihrer Meinung nach diese Rücklagen im Jahr 2012 sein?

7.        Wie ist die Rückzahlungswahrscheinlichkeit einzuschätzen, zumal aufgrund der IWF-Auflagen mit einer Rezession gerechnet werden muss und keine Reduktion der Forderungen der Gläubiger angedacht ist? Wenn sie gering ist, warum soll Österreich in ein Fass ohne Boden zahlen?

8.        Wer profitiert letztlich von den Zahlungen der Euro-Länder und des IWF an Griechenland – die Banken oder die Bevölkerung?

9.        Wie hoch sind die von der Raiffeisen-Gruppe durch die Zahlungsunfähigkeit Griechenlands gefährdeten Veranlagungen?

10.     Sie sprechen von sicheren Darlehen an Griechenland und sogar von einem möglichen „Geschäft“ für Österreich. Wären Sie grundsätzlich bereit, persönliche Haftungen in der Höhe Ihres Jahresgehalts für Griechenland einzugehen? Wenn nein, warum nicht?

11.     Warum argumentieren Sie damit, dass die österreichischen Banken rund sechs Milliarden Euro zu verlieren hätten und deshalb der Steuerzahler einspringen muss – die Banken und Spekulanten haben doch bewusst in hoch verzinste weil riskante griechische Staatsanleihen investiert, sollen nun aber angesichts der jetzt eingetretenen Zahlungsunfähigkeit Griechenlands auf Kosten des Steuerzahlers vor Verlusten geschützt werden, warum also Milliarden für ein Bankenpaket II?

12.     Warum haben Sie von den österreichischen Banken, Versicherungen und Industriefirmen nicht so wie die deutsche Bundesregierung eine freiwillige Beteiligung verlangt?

13.     Können Sie ausschließen, dass auch nach einem Verhindern des griechischen Staatsbankrotts gegen die anderen angeschlagenen Euro-Länder spekuliert wird und daher weiterer Finanzierungsbedarf in der Euro-Zone entsteht?

14.     Bundeskanzler Faymann schließt nicht aus, dass „mehr Löschwasser“ – also noch mehr Milliarden an österreichischen Steuereuros – nach Griechenland fließen wird. Ab welchem Gesamtbetrag würden Sie eine Beteiligung Österreichs an der Rettung auch anderer Euro-Länder ablehnen, weil die potentiellen Belastungen für das Budget zu hoch oder die Auswirkungen auf die Kreditwürdigkeit Österreichs zu negativ wären?

15.     Werden Sie es in der EU zur Bedingung der österreichischen Beteiligung machen, dass gegen die Währungsspekulationen wirksame Maßnahmen unternommen und endlich die notwendigen Schritte wie beispielsweise die Einführung einer Spekulationssteuer zur Vermeidung einer weiteren Finanzkrise gesetzt werden? Wenn nein, warum nicht?

16.     Sie inserieren Ihr Versprechen, Österreichs Schulden zu reduzieren, legen aber gleichzeitig dem Parlament ein Bundesfinanzrahmengesetz vor, das für die nächsten vier Jahre eine weitere Steigerung der Schulden vorsieht. Helfen Ihrer Meinung nach sündteure Inseratkampagnen dabei, Österreichs Schuldenstand zu verringern und wenn nein, warum schalten Sie dann diese Inserate und was haben die Einschaltungen bis jetzt gekostet?

17.     Um wie viele Euros steigt die Pro-Kopf-Verschuldung jeder Oma, ihres Nachbarn und jeden Kindes (Zitat Inserat) wenn die gesamten 2,3 Milliarden und der gesamte Anteil Österreichs an der IWF-Hilfe schlagend werden? Wie hoch wäre dann die jährliche Zinsbelastung für jeden Steuerzahler – laut Inserat sind es derzeit bereits 1.100 Euro?

18.     Was halten Sie von der Möglichkeit eines vorübergehenden Ausstiegs aus dem Euro und einer „geordneten Insolvenz“ von zahlungsunfähigen Staaten der Euro-Zone unter Reduktion der Gläubigerforderungen, wie sie der deutsche Finanzminister Schäuble und viele Experten vorschlagen?

19.     Weshalb wird dieser Weg nicht beschritten, außer um jede finanzielle Belastung von Banken und Spekulanten zu vermeiden?

 

 

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs. 2 GOG-NR zum frühestmöglichen Zeitpunkt dringlich zu behandeln und dem Erstanfragesteller Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.