5316/J XXIV. GP

Eingelangt am 11.05.2010
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Petra Bayr und GenossInnen

an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Partnerschaftliches Fischereiabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Marokko.

Selbstbestimmungsrecht und wirtschaftliche Ressourcen

Das Selbstbestimmungsrecht des saharauischen Volkes umfasst nach seiner Definition in den UN-Menschenrechtspakten auch das Recht über seine natürlichen Ressourcen frei zu verfügen[1]. In seiner Anfragebeantwortung an den UN-Sicherheitsrat 2002, erklärte der damalige Under-Secretary-General for Legal Affairs and the Legal Counsel of the United Nations, dass das Aufsuchen und Ausbeuten der natürlichen Ressourcen der Westsahara unter Missachtung der Interessen und Wünsche der saharauischen Bevölkerung die Grundsätze des Völkerrechts verletzten würde[2].

Das partnerschaftliche Fischereiabkommen

Am 28. Februar 2007 ist ein partnerschaftliches Fischereiabkommen ("FPA") zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Marokko in Kraft getreten. Das FPA wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 764/2006 des Rates vom 22. Mai 2006 von der Gemeinschaft im Namen des Rates durch Ratspräsidenten Josef Pröll genehmigt. Als einziges europäisches Land stimmte Schweden gegen den Abschluss des FPA, Finnland enthielt sich der Stimme[3].

Das FPA wurde im Hinblick auf Aktivitäten in den Gewässern der Westsahara von zahlreichen Rechtsexperten, wie etwa auch dem Verfasser der Anfragebeantwortung an den UN-Sicherheitsrat, Hans Corell, als völkerrechtswidrig eingestuft[4]. Der juristische Dienst des europäischen Parlaments erklärte in seinem Rechtsgutachten vom 13. Juli 2009, dass wirtschaftliche Aktivitäten in der Westsahara nur zum Wohle und unter Beachtung der Wünsche der saharauischen Bevölkerung durchgeführt werden dürfen. Sollten diese Voraussetzungen nicht erfüllt werden, sollte das FPA ausgesetzt-, bzw. die Gewässer der Westsahara explizit vom FPA ausgenommen werden.


Diese Voraussetzungen scheinen bis heute nicht erfüllt. Herr Mohamed Sidati, Vertreter der Frente POLISARIO für Europa, hat in seinem Schreiben an die europäische Kommission vom 1. März 2010 nochmals klar dargelegt, dass die Bevölkerung der Westsahara über die Ausbeutung ihrer Ressourcen weder befragt wurde, noch einen Nutzen daraus zieht und die Aktivitäten im Rahmen des FPA gegen die Interessen der saharauischen Bevölkerung verstoßen[5]. Die Frente POLISARIO ist von der UNO als Vertreter der saharauischen Bevölkerung anerkannt und führt die Regierung der Demokratischen Arabischen Republik Sahara (DARS"), einem Gründungsmitglied der Afrikanischen Union.

Die Europäische Gemeinschaft zahlt im Rahmen des - zumindest vierjährigen - FPA 36,1 Mio. EUR jährlich an Marokko.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten folgende

Anfrage:

1.             Wie beurteilt Österreich die Zulässigkeit der Ausbeutung natürlicher Ressourcen der Westsahara gegen den Wunsch und die Interessen der saharauischen Bevölkerung im Allgemeinen?

2.      Wie beurteilt Österreich die Zulässigkeit des FPA aus völkerrechtlicher und europarechtlicher Sicht, insbesondere im Lichte des oben genannten Gutachtens des juristischen Dienstes des europäischen Parlaments?

3.      Trägt Österreich zu den Zahlungen an Marokko im Rahmen des FPA bei?

4.      Bestehen  Bestrebungen,  dass sich Österreich  in  der Frage des  FPA  der schwedischen Position annähert bzw. die schwedische Position überprüft?



[1] Art 1 Abs. 2 der der UN-Menschenrechtspakte I und II.

[2] UN Doc. S/2002/161, February 2002, Letter dated 29. January 2002 from the Under-Secretary-General for Legal Affairs, the legal Counsel, addressed to the President of the Security Council.

[3] Pal Wrange, Principal legal advisor on public international law of the Swedish Ministry for Foreign Affairs, The Swedish Position on Western Sahara and International Law, in: International Law and the Question of Western Sahara, Oporto, 2007, S. 302.

[4] u.a. Ambassador Hans Corell, Conference on Multilateralism and International Law with Western Sahara as a Case Study, The legality of exploring and exploiting natural resources in Western Sahara; Lauri Hannikainen, Professor of International Law, University of Turku, The Case of Western Sahara from the Perspective of Jus Cogens, in: International Law and the Question of Western Sahara, Oporto, 2007, S. 59ff; Vincent Chapaux, Research Fellow in International Law and Political Science, Universite Libre de Bruxelles, The Question of the European Community- Morocco Fisheries Agreement, in: International Law and the Question of Western Sahara, Oporto, 2007, S. 217ff.

[5] http://www.fishelsewhere.eu/files/dated/2010-03-07/letter fp-commission 05.03.2010.pdf.