5713/J XXIV. GP

Eingelangt am 11.06.2010
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Rädler

und Kollegen

an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

betreffend Wiener Linien - Missstände 2: fragliche Geschäftspraktiken

Bei den Wiener Linien ist folgender Vorfall bekannt geworden:

Eine minderjährige Schülerin wurde am 27. Februar 2010 von einer Kontrolle ohne Fahrschein angetroffen, weil sie geglaubt hatte, dies sei an diesem schulfreien Tag für Schüler/innen erlaubt, was sich allerdings als Irrtum herausstellte.

Die Schülerin sah ihren Irrtum ein, zeigte ihren Ausweis und gab bereitwillig Namen und Adresse an. Es wurde ihr ein Erlagschein mit der Referenznummer 3487115 ausgehändigt und mitgeteilt, binnen 3 Tagen müssten 70,- € eingezahlt werden.

Die Schülerin befolgte diesen Auftrag, die Überweisung wurde laut Erlagschein 1 Stunde später vorgenommen und laut Kontoauszug am 3. Werktag nach dem Vorfall dem Konto der Wiener Linien gutgeschrieben.

4 Wochen später erhielt die Schülerin ein Mahnschreiben der Wiener Linien, in dem sie unter Hinweis auf eine sonst drohende Verwaltungsstrafe aufgefordert wurde, einen Betrag von 138,20 € zu bezahlen, andernfalls auch ein Inkassobüro beauftragt würde. Ein sofortiger Anruf bei der angegebenen Telefonnummer der Wiener Linien mit Hinweis auf die fristgerecht erfolgte Zahlung der ursprünglichen Mehrgebühr ergab keine Bereitschaft der Wiener Linien, den Vorgang zu überprüfen.

Weiter 6 Wochen später erhielt die Schülerin ein Schreiben des Salzburger Inkassobüros „Intrum Justitia GmbH“, in dem sie aufgefordert wurde, einen Betrag von 206,91 € zu bezahlen. Neuerliche Anrufe, sowohl beim Inkassobüro als auch bei den Wiener Linien, ergaben wiederum keine Bereitschaft, den Vorgang zu überprüfen. Man könne ja die Zahlungsbelege in einem Büro im 17. Wiener Gemeindebezirk vorlegen.

Niemand wird es unterstützen, wenn durch „Schwarzfahren“ ein erheblicher Schaden zu Lasten der Steuerzahler entsteht. Dies kann aber die Wiener Linien nicht von ihrer Verpflichtung entbinden, die Rechte der Konsumenten und insbesondere von Minderjährigen zu respektieren und seriöse Geschäftspraktiken und Abläufe zu beobachten.


Die geschilderte Geschäftspraxis der Wiener Linien erscheint aus Sicht des Konsumentenschutzes kritikwürdig und klärungsbedürftig.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz folgende

Anfrage:

1.  Beruht diese Geschäftspraxis auf allgemeinen Geschäftsbedingungen der Wiener Linien?

2.             Wie lauten die entsprechenden Passagen der AGB der Wiener Linien?

3.             Entsprechen diese Passagen den konsumentenschutzrechtlichen Bestimmungen?

4.             Sind alle in der Einleitung beschriebenen Kostenfolgen einer festgestellten Fahrt ohne gültigen Fahrausweis aus Sicht des Konsumentenschutzes ausreichend konkret in den AGB dargestellt?

5.             Wo sind die ABG der Wiener Linien und insbesondere die bezughabenden Passagen kundgemacht?

6.             Genügt diese Kundmachung den konsumentenschutzrechtlichen Anforderungen um generell sowie im konkreten Fall gegenüber einem/r Minderjährigen Bestandteil des Beförderungsvertrages werden zu können?

7.             Kann sich im konkreten Fall ein/e Minderjährige(r) ohne eigenes Einkommen und ohne ausdrückliche Einwilligung der gesetzlichen Vertreter rechtswirksam aufgrund dieser AGB verpflichten, gegebenenfalls ein zusätzliches Beförderungsentgelt sowie Kosten von mehreren hundert Euro zu bezahlen?

8.             Ist es (konsumentenschutz-)rechtlich für die Wiener Linien zulässig, Zustellungen mit rechtlichen bzw. erheblichen Kostenfolgen direkt an Minderjährige vorzunehmen?

9.             Sollen aus Sicht des Konsumentenschutzes die Wiener Linien gerade bei Minderjährigen eine Überprüfung eines derartigen Vorganges ablehnen dürfen?

10.      Sollen aus Sicht des Konsumentenschutzes die Wiener Linien gerade bei Minderjährigen ohne Überprüfung des Vorganges ein Inkassobüro einschalten dürfen?

11.      Dürfen die Wiener Linien persönliche Daten von Minderjährigen an Dritte, z.B. an ein Inkassobüro, weitergeben?

12.      Was würden Sie aus Sicht des Konsumentenschutzes der Schülerin raten?

13.      Wurden die AGB und die Geschäftspraktiken der Wienere Linien bisher schon konsumentenschutzrechtlich überprüft?

14.      Wenn nein, warum nicht?

15.  Wenn ja, wann und was war jeweils das Ergebnis?


16.      Sollten aus Ihrer Sicht öffentliche Unternehmen ein Vorbild sein, was die Rechte der Konsumenten und insbesondere von Kindern betrifft?

17.      Sind die Wiener Linien im konkreten Fall ein Vorbild?

18.      Wenn ja, warum?

19.      Wenn nein, was werden Sie unternehmen?