5889/J XXIV. GP

Eingelangt am 25.06.2010
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Ferdinand Maier

Kolleginnen und Kollegen

an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend aktuelle Bestandsaufnahme zu Großprojekten im

Infrastrukturbereich Schiene und Straße

Mit dieser Anfrage wollen die unterfertigten Abgeordneten im Sinne ihrer Verantwortung für den Steuereuro eine aktuelle Bestandsaufnahme zu ausgewählten Großprojekten im Infrastrukturbereich Schiene und Straße vornehmen. Schließlich hat die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie im März 2010 erklärt, dass man angesichts der angespannten Budgetlage "alle Projekte neu überdenken" müsse.

Hauptbahnhof - warum wird der Kritik des Rechnungshofes

keine Beachtung geschenkt?

Die Stadt Wien hat den Hauptbahnhof als ein Jahrhundertprojekt gefeiert. Laut aktueller Kritik des Rechnungshofes zeichnet sich jedoch ein Jahrhundert-Flop ab: Bei den ursprünglichen Planungen ging man von rund 423 Mio. EUR aus. Aus dem Halbjahresbericht I/2009 der Gesamtprojektleitung geht hervor, dass sich die Kosten mittlerweile auf 1.190 Mio. EUR belaufen (ein sattes Plus von 767 Mio. EUR bzw. eine Kostenexplosion von rund 182%).

Die Stadt Wien beteiligt sich ebenfalls an diesem Projekt in Form zugesagter Infrastrukturprojekte. 2005 erklärte sich die Stadt Wien bereit, die Finanzierung der technischen und sozialen Infrastruktur für das Stadtentwicklungsgebiet südlich des Bahnhofes zu übernehmen. Die erste Grobschätzung dieser Projekte belief sich auf 88,50 Mio. Euro. 2007 hat die Stadt hierfür 123,4 Mio. Euro veranschlagt. Diese Kosten belaufen sich mittlerweile auf 259,8 Mio. Euro. Die Kosten haben sich somit mehr als Verdoppelt.

Laut Projektkoordinator der Stadt Wien stiegen diese Kosten aus folgenden Gründen an: Erweiterung der vorgesehenen Straßenbauflächen um 50% bei der Erstellung der Unterlagen für die UVP Straßenbau, Preissteigerung im Straßenbau in den Jahren 2007 und 2008 sowie Auflagen aus dem im September 2008 erteilten UVP- Bescheid Straßenbau.


Der Rechnungshof sieht hier dringenden Handlungsbedarf und fordert die Stadt Wien auf, bei der zukünftigen Kostenentwicklung bei der technischen und sozialen Infrastruktur für die Stadtentwicklungsgebiete südlich des Hauptbahnhofes ein besonderes Augenmerk auf ein verstärktes Kostencontrolling zu legen.

Auch wurde vom Rechnungshof der Beitrag der Stadt Wien zu speziellen Infrastrukturmaßnahmen - die sich auf 40 Mio. Euro belaufen - bemängelt. Der

Rechnungshof kritisierte, dass dieser Beitrag pauschal und ohne Berücksichtigung einer Vorausvalorisierung festgelegt wurde. Der Rechnungshof empfahl der Stadt Wien und den ÖBB, bei künftigen Übereinkommen der Bemessung von Kostenbeiträgen das tatsächlich zur Realisierung kommende Projekt zu Grunde zu legen.

Der Rechnungshof ortet auch im Bereich der Verkehrserschließung massive Fehlplanungen. So wird aus verkehrstechnischer Sicht angemerkt, dass sich die Kostenschätzungen für den geplanten Cable Liner allein zwischen Jänner 2008 und April 2009 von 25,4 Mio. Euro auf 32 Mio. Euro erhöht haben. Die Betriebskostenschätzungen wurden von 1,2 Mio. Euro nach oben revidiert und solle laut neuen Schätzungen rund 2,4 Mio. Euro ausmachen.

Nur als Schildbürgerstreich ist zu bezeichnen, dass der in Errichtung befindliche neue Wiener Zentralbahnhof keinen U-Bahn-Anschluss hat und auch keinen bekommen soll, obwohl die geplante Verlängerung der U 2 auf der anderen Seite einige hundert Meter vorbei führen wird. Der Rechnungshof hält fest, dass die U- Bahn Linie U1 bereits jetzt voll ausgelastet ist. Weiters beurteilt der Rechnungshof die Gehzeiten zwischen dem zukünftigen Hauptbahnhof und der U1-Station Südtiroler Platz als zu lange: Während man sich seitens der Stadt Wien freut, dass die Wegzeiten von 6,5 Minuten - mit schwerem Gepäck und beim prognostizierten Anstieg der Fahrgäste ein Spießrutenlauf- erreicht werden, betragen zum Vergleich die Gehzeiten in den Bahnhöfen Wien-Mitte und Meidling rund 4 bzw. 5 Minuten.

Auch die Argumentation der Stadt Wien, dass das heran bauen" (Anm.: Investitionskosten der Fußgängerpassage in der Höhe von 95,27 Mio. Euro) des Hauptbahnhofes näher an die U1 ausreicht und daher eine Anbindung durch die U2 nicht notwendig wäre, findet in den Ausführungen des Rechnungshofes keine Unterstützung.

Im Gegenteil: Die offensichtlichen Fehlleistungen der Wiener Verkehrsplanung betreffend die U2-Verlängerung entlocken dem Rechnungshof dann auch gleich eine globale und eher vernichtende Kritik am gesamten Wiener U-Bahnbau. Der Rechnungshof wörtlich: Nach 40 Jahren U-Bahn-Planung fehlte noch immer eine systematische Zusammenstellung von Planungsgrundsätzen."

Der Rechnungshof bestätigt in seiner Kritik auch das befürchtete Verkehrschaos. Er hält in seinem Bericht fest, dass bei den Planungen für den Hauptbahnhof veraltete Verkehrsprognosen herangezogen wurden. Die betroffenen Bezirke weisen, nicht wie ursprünglich im Masterplan Verkehr angenommen, einen 25 prozentigen Anteil des motorisierten Verkehrs auf. Laut Fortschreibung desselben Masterplanes beläuft sich dieser Anteil auf 36 Prozent. Die Straßen und Stellplätze wurden jedoch nach den alten Prognosen dimensioniert, sodass die nun gültigen Planungen nicht mehr den zu erwartenden Anforderungen entsprechen werden können.


Die Stadt Wien ist gefordert, die Kritik des Rechnungshofes ernst zu nehmen und zu handeln. Die unterfertigten Abgeordneten treten daher für die Abhaltung eines Runden Tisches gemeinsam mit Stadtplanern und Verkehrsexperten ein, um die Direktanbindung der U2 an den Hauptbahnhof zu diskutieren. Noch besteht die Möglichkeit, Planungsfehler zu korrigieren.

 

Einhaltung der Kostenschätzung

für den Umbau des Wiener Westbahnhofes

Der Wiener Westbahnhof war jahrzehntelang ein zentrales Verkehrsbauwerk Wiens. Im Zuge der Bahnhofsoffensive der ÖBB wurde beschlossen, in Ergänzung zu dem derzeit in Planung befindlichen Hauptbahnhof, auch den Westbahnhof weitgehend neu zu gestalten. Hierzu wurde ein Masterplan erstellt, der neben dem Umbau der Bahnhofshalle auch eine Nutzung der freiwerdenden Areale des Bahnhofsgeländes für ein Einkaufszentrum sowie für Büro- und Wohngebäude vorsieht. Derzeit laufen die Bauarbeiten, die bis 2011 abgeschlossen werden sollen.

Dem Vernehmen nach soll es nun schon derzeit bereits zu Kostenüberschreitungen gekommen sein. Die Situation erinnert daher stark an jene im Zusammenhang mit dem Hauptbahnhof. Bei diesem Projekt hat der Rechnungshof in einem Bericht von massiven Kostenüberschreitungen gesprochen. So haben sich die Kosten des Hauptbahnhofprojektes von 2005 von 423 Mio Euro auf derzeit 1,2 Mrd Euro erhöht, während die Erwartungen in den Erlös aus Immobilienverkäufen von 328 auf 263 Mio Euro gesunken sind. Auch die von der Stadt Wien geleisteten Infrastrukturinvestitionen haben sich laut Rechnungshof verdoppelt. Nachdem bei beiden Projekten die ÖBB die Verantwortung trägt und die Stadt Wien als Kooperationspartner auftritt, ist es durchaus möglich, dass es beim Westbahnhof zu einer ähnlichen negativen Kostenentwicklung wie beim Hauptbahnhof kommt.

Lobau-Untertunnelung

Verkehrspolitisch fragwürdig und allein aus Kosten-Gründen zu hinterfragen ist das ASFINAG-Projekt der Lobau-Untertunnelung im Zuge der S1-Verbindung zwischen Schwechat und Süßenbrunn. Dabei würde nach Medienberichten eine Brücken- Variante anstelle des Tunnels die insgesamt 1,7 Milliarden Euro teure Nordost- Umfahrung um 500 Millionen Euro günstiger machen! Nur die Wiener SPÖ Stadtregierung wehrt sich wegen der bevorstehenden Landtagswahlen gegen für den Steuerzahler kostengünstigere Varianten.

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie folgende

Anfrage:

Hauptbahnhof

1.    Ist der Wiener Hauptbahnhof ein Projekt von überregionaler Bedeutung für den öffentlichen Personenverkehr?


2.       Hat das Verkehrsministerium Zuständigkeiten auf dem Gebiet der Verkehrsplanung?

3.       Wenn ja, welche?

4.       In welcher Form ist das BMVIT in die Planungen für den Hauptbahnhof in Wien einbezogen?

5.       In welcher Form ist das BMVIT in die Errichtung des Hauptbahnhofs in Wien einbezogen?

6.       War die Oberste Eisenbahnbaubehörde in diesem Verfahren involviert?

7.       Wenn ja, in welcher Form?

8.       Wenn nein, warum nicht?

9.       Welche Gesamtkosten inkl. Planung haben Sie im Rahmenplan 2009-2014 ÖBB-Infrastruktur Bau AG Eisenbahninfrastruktur für das Projekt Hauptbahnhof Wien (inkl. Südtirolerplatz) vorgesehen?

10.   Wie stellen sich die Gesamtkosten heute, zum Zeitpunkt der Einbringung der gegenständlichen Anfrage dar?

11.   Wie hoch werden die Kosten für den Hauptbahnhof insgesamt sein (aufgliedern in Planungs-, Abbruch-, Umsiedelungs-, Errichtungs- und Gleisarbeiten sowie Kosten der Anbindung an die Westbahn)?

12.   Wie erfolgt konkret die Abstimmung zwischen den einzelnen Projektbeteiligten - sprich zwischen den ÖBB, der Stadt Wien und dem BMVIT?

13.   Wie stellen Sie sicher, dass der oben zitierten Kritik des Rechnungshofes Beachtung geschenkt wird?

14.   Haben Sie hinsichtlich der Anbindung an das U-Bahnnetz Gespräche mit den Verantwortlichen der ÖBB und der Stadt Wien geführt?

15.   Wenn ja, wann genau, mit wem, und was war jeweils das Ergebnis?

16.   Wenn nein, warum nicht?

17.   Wer in der Wiener Stadtregierung ist zuständig für die U-Bahn-Planung?

18.   Wie hoch werden die Kosten für die Verlängerung der U 2 sein?

19.   Sind Sie der Ansicht, dass dieses Geld der Steuerzahler im Sinne der überregionalen Verkehrsplanung gut eingesetzt ist, wenn die U-Bahn am Wr. Zentralbahnhof vorbeiführen wird?

20. Was haben Sie sonst noch unternommen, um diesen Schildbürgerstreich zu verhindern und für die unmittelbare Anbindung des Wiener Zentralbahnhofs an das Wiener U-Bahnnetz zu sorgen?


Einhaltung der Kostenschätzung

für den Umbau des Wiener Westbahnhofes

21.   In welcher Form ist das BMVIT in die Planungen für den Umbau des Wiener Westbahnhofes in Wien einbezogen?

22.   In welcher Form ist das BMVIT in den Umbau des Wiener Westbahnhofes einbezogen?

23.   War die Oberste Eisenbahnbaubehörde in diesem Verfahren involviert?

24.   Wenn ja, in welcher Form?

25.   Wenn nein, warum nicht?

26.   Gibt es Hinweise für eine Kostenüberschreitung bei der Neugestaltung des Westbahnhofes?

27.   Wenn ja, wie hoch sind diese anzusetzen?

28.   Sind beim Westbahnhof vom ursprünglichen Plan abweichend Bauten und Anlagen zu errichten?

29.   Wenn ja, welche sind dies, bzw. wie hoch sind die Kosten hierfür?

30.   Kann der vorgesehene Fahrplan für die Fertigstellung des Westbahnhofes eingehalten werden oder könnten aus einer längeren Bauzeit noch Baukostensteigerungen entstehen?

31.   Welche infrastrukturellen Einrichtungen werden gemeinsam von der ÖBB und der Stadt Wien finanziert, wie hoch sind die Aufwendungen hierfür und wie lautet der Aufteilungsschlüssel?

32.   Welche Finanzierungsanteile des Westbahnhofs hat der Bund übergenommen?

33.   Welche Gesamtkosten haben Sie im Rahmenplan vorgesehen?

34.   Wie erfolgt konkret die Abstimmung zwischen den einzelnen Projektbeteiligten - sprich zwischen den ÖBB, der Stadt Wien und dem BMVIT?

35.   Inwieweit können die geplanten Einnahmen aus der Immobilienverwertung auch tatsächlich lukriert werden?

36.   Inwieweit ist es möglich, die geplanten Büro- und Wohnbauprojekte entlang der Felberstraße im vorgesehenen Zeitraum zu realisieren?

37. Wie weit ist die Verwertung der im Einkaufszentrum vorgesehenen Einkaufsflächen fortgeschritten?


38.   Welche Kosten sind den ÖBB aus der Schaffung von Ausweicheinrichtungen und Umbauten entstanden, die den Betrieb auch während der Bauzeit ermöglichen?

39.   Wie hoch sind die Kosten für die Schaffung von baulichen und verkehrstechnischen Anbindungen in Richtung Äußerer und Innerer Mariahilfer Straße.

40.   Welche Kosten sind für die Sanierung des Geländes von Altlasten entstanden und wer hat diese übernommen?

41.   Von welchen Fahrgastzahlen ist man bei den Planungsüberlegungen für die verkehrstechnische Erschließung, die Bereitstellung von Parkplätzen sowie die Auslegung der Zufahrtsmöglichkeiten zum Bahnhof ausgegangen?

Lobauquerung Schwechat -Süßenbrunn

42.   Welche Varianten zur S1-Verbindung zwischen Schwechat und Süßenbrunn im Bereich der Lobau liegen Ihnen derzeit vor?

43.   Welcher Variante geben Sie warum den Vorzug?

44.   Wie beziffern Sie die Variante der Lobau-Brücke?

45.   Wie beziffern Sie die Variante des Lobau-Tunnels?

46.   Liegt bereits eine Zusage einer Kofinanzierung durch den Bund vor?

47.   Wenn ja, in welcher Höhe?

48.   Was unternehmen Sie, um die Kosten dieser Verbindung zu reduzieren?

49.   Haben Sie diesbezüglich mit der Wiener Stadtregierung bereits Kontakt aufgenommen und was waren die Ergebnisse dieser Gespräche??

50.   Wenn Nein, warum nicht?

51.   Wann rechnen Sie mit dem Baubeginn dieses Abschnitts?

52. Wann rechnen Sie mit der Verkehrsfreigabe dieses Abschnitts?